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Hans-Peter Heine, Executive Chef bei Norwegian Cruise Line

„Für mich zählt nur: Vernünftig kochen oder gar nicht“

Luxus-Restaurant, Großbetrieb und Logistik-Albtraum: Nur die besten Köche der Welt haben die Galleys eines Kreuzfahrtschiffs wirklich im Griff. Über die Herausforderungen und Freiheiten im Restaurantbetrieb eines Schiffs wie der Norwegian Jade haben wir uns mit Executive Chef Hans-Peter Heine unterhalten. Wir trafen ihn  im Sommer zum Interview und stießen auf einige überraschende Aspekte und Dinge, die wir von Kreuzfahrtschiff-Küchen bislang so nicht kannten.

Update mit einer traurigen Nachricht: Hans-Peter Heine ist am 17. Juni 2013 überraschend verstorben ist. Unser Beileid gilt seiner Frau Sherry. Möge Hans-Peter Heine in Frieden ruhen und seine Leidenschaft für Kochen und gutes Essen in denen weiterleben, die für und mit ihm gearbeitet haben.

Hans-Peter Heine hat in seinem Leben fast alles geschafft, er ist ein faszinierender Mensch. Erst Bäcker, dann Inhaber seiner eigenen Kneipe, dann Koch in Hotelrestaurants, 1980 zum ersten Mal auf einem Kreuzfahrtschiff. „Aber bei mir ist es anders“, sagt er. „Ich bin nicht nur auf Schiffen. Wenn ich einen Anruf kriege und sie brauchen mich, um ein neues Hotel herauszubringen, dann bringe ich ein neues Hotel heraus. Und wenn ich genug habe an Land, dann gehe ich wieder auf ein Schiff.“

Deshalb hat er auch schon Beförderungen zum Corporate Chef einer ganzen Cruise Line oder auf ähnliche Positionen abgelehnt – er ist lieber frei, sein eigener Herr. Er liebt das Reisen auf den Schiffen, kann sich einen dauerhaften Job irgendwo in einem Headquarter an Land nur schwer vorstellen.

Hans-Peter Heine
Hans-Peter Heine auf der Norwegian Jade

Bis 1995 arbeitete Hans-Peter Heine auf kleinen Luxus-Schiffen für Sea Godess, Seabourn und Renaissance Cruises, danach dann auch auf großen Schiffen bei Celebrity Cruises, Royal Caribbean International, Princess Cruises. „Als Princess Cruises nach 15 Jahren das erste Mal wieder die Menüs komplett wechseln wollte und über Tischdecken bis Gläser und Teller alles neu gestalten wollte“, erzählt Heine, „da wurde ich angerufen. Wir kamen mit fünf Leuten rein und haben alles gewechselt.“ Und was wir in dem Interview noch oft hören: „Man kann mich nicht irgendwo in eine Schublade stecken.“

Seit vier Jahren ist Chefkoch Hans-Peter Heine nun bei Norwegian Cruise Line: Norwegian Jade, Norwegian Gem, Norwegian Spirit und Norwegian Dawn: „Überall, wo sie mich brauchen, gehe ich hin.“

Wer mit Norwegian fährt, frägt also am besten vorher, wer der Küchenchef auf der jeweiligen Reise sein wird?

Oh ja, das machen viele, die gerne mit mir fahren wollen. Ich habe immer wieder Gäste hier auf der Jade, wie beispielsweise vor zwei Wochen – die waren vorher schon zweimal mit mir auf der Spirit und haben extra nachgefragt; sind rübergekommen aus Boston, um mit mir zu fahren. Ein anderer Gast ist auch schon fünfmal mit mir gefahren.

Was reizt Dich mehr: große oder kleine Schiffe?

"Wir packen  immer ein bisschen Liebe rein."
„Wir packen immer ein bisschen Liebe rein.“

Die kleinen Schiffe wie damals Sea Godess, da ist Witzigmann gekommen und hat gefragt: „Wie macht Ihr das?“ – weil das war wirklich 5 Sterne. Das war extrem perfekt. Und die Größeren – okay, ich versuche immer, das Beste herauszuholen und auch vernünftig zu kochen. Ich habe ja mal eine Pause mit Schiffen gemacht von sieben Jahren und als ich wiederkam sagten die Leute, dass man auf einem Schiff nicht so kochen kann wie an Land. Da habe ich gesagt, das gibt’s nicht. Land und Schiff ist das Gleiche. Für mich zählt nur: vernünftig kochen oder gar nicht. Und das wird gemacht. Deshalb sage ich zu meinen Gästen: Wir packen  immer ein bisschen Liebe rein.

Geht’s da hauptsächlich um das Budget oder ist es auch eine Frage, ob man geeignetes Personal bekommt?

Das ist eine Generation, wie an Land auch, die sagt: „Alles Einfache ist gut.“ Ich bin noch von der „Alles Gute ist einfach“-Generation. Ich liebe Kochen, habe ich schon immer getan. Und ich bin für das Genaue: Kartoffel gehört oben links hin, Gemüse oben rechts, Fleisch unten. Warum? Weil man es dann vernünftig essen kann. Es kommt also immer auf die Leute an, die die Köche ausbilden und trainieren.

Was ist der Reiz, auf einem einzelnen Schiff einer großen Reederei, wo ja sehr viel von oben vorgegeben ist?

Galley der Norwegian Jade
Galley der Norwegian Jade

Ich war immer ein Küchenchef, der seine eigenen Ideen mit eingebracht hat. Aber ich sehe auch, dass immer mehr vorgegeben wird. Trotzdem: Überall in der Welt, wo man kocht, auch zu Hause, gilt: Zehn Leute kochen das gleiche Rezept und zehn Leute haben ein ganz anderes Essen. Also, man ist immer noch flexibel. Das ist wirklich so.

Wie weit wird diese Flexibilität von der Reederei akzeptiert? Der Gast geht ja von Schiff zu Schiff und erwartet gleiches Niveau.

Ganz anders ist es ja nicht und es sieht gleich aus. Es ist mehr die Liebe, die man schmeckt. Ich glaube, kein Gast erwartet, dass er überall dasselbe isst. Jeder Mensch, der kocht, ist anders. Und wenn ich im Rezept stehen habe „10g Zwiebeln“ und „anbraten, goldgelb“, dann versteht der Eine „goldgelb“ ein bisschen brauner und der Andere etwas weniger und schon ist der Geschmack anders.

Deswegen liebe ich den Job. Man kann wirklich flexibel sein, man kann auf die Leute eingehen. Ob sie das jetzt zum Beispiel auf der Norwegian Gem so gegessen haben oder so. Das ist auch das Gute hier bei Norwegian Cruise Line: Von ganz oben kommt auch, dass wir flexibel sein können und das beste Produkt rausgeben können. Das wollen die sogar und das finde ich gut.

Wie große ist die Herausforderung des Freestyle-Konzepts, beispielsweise bei den flexiblen Essenszeiten?

Menü des "Chef's Table" auf der Norwegian Jade
Menü des „Chef’s Table“ auf der Norwegian Jade

Ich sehe darin nur Vorteile. Okay, Nachteil ist, man braucht mehr Leute. Aber für die Gäste gibt’s nur Vorteile. Es wird ja ganz anders gekocht. In den kleinen Restaurants wird alles extrem frisch gemacht, also auf die Sekunde, a la Minute. In der Main Galley werden auch nur zehn, maximal 15 Portionen vorgekocht und dann wieder frisch gemacht.

Ich war schon bei vielen Reedereien. Und es gibt viele, die wirklich für eine Sitzung alles fertig machen und dann wird nur noch geschnitten und herausgegeben. Das machen wir bei uns nicht. Also, Norwegian Cruise Line ist da schon zig Mal besser, weil das Essen wirklich so frisch wie möglich herausgegeben wird.

Gewöhnlich weiß man aus Erfahrung, wie viel von jedem Gericht jeweils bestellt werden wird. Ist das bei den vielen Restaurants und flexiblen Essenszeiten immer noch so gut einschätzbar?

"Weil wir alles frisch machen ..."
„Weil wir alles frisch machen …“

Weil wir alles frisch machen, ist das sogar viel einfacher. Man macht ja nicht ganze Charge fertig und hat dann die ganzen Reste übrig. Insgesamt ist genauso vorhersehbar, welche Mengen gebraucht werden. Und wenn doch mal Rohmaterial übrig bleibt, dann ist das ja noch nicht gekocht und geht in die Crew Galley. Wenn man viel Abfall hat, dann ist man schlicht ein schlechter Küchenchef.

Immer mehr Schiffe fahren in Europa. Merkt man einen Unterschied bei den Anforderungen an das Essen, an Spezialitätenrestaurants, bei den Gerichten?

Ja, das merkt man. Die Leute wollen zum Beispiel dunkles Brot. Dann mache ich das halt, kein Problem. Schließlich bin ich ja auch Bäcker. Oder wir haben dieses Oktoberfest oder Bierfest an Bord. Wie viele Gäste haben wir auf dieser Reise aus Deutschland – 300? Das ist ja jetzt nicht so viel [Anmerkung: Die Norwegian Jade bietet Platz für insgesamt 2.224 Passagiere].

Aber ich gehe schon auf besondere Anforderungen ein. Ich laufe normalerweise den ganzen Tag herum, wenn ich Zeit dazu habe, und rede mit allen. Da versuche ich immer, etwas herauszufinden und das packe ich dann mit rein. Da ist dann wieder die Flexibilität von Norwegian Cruise Line. Das finde ich sehr gut.

Das Essen ist also wirklich abhängig vom einzelnen Schiff, vom jeweiligen Nationalitäten-Mix auf einer Reise?

Fleischerei der Norwegian Jade
Fleischerei der Norwegian Jade

Oh ja. Als ich in New Orleans war, mit der Norwegian Spirit, bin ich mit einem Agenten an Land in ein paar Restaurants gegangen, habe alles ausprobiert. Wenn ich etwas schmecke, dann weiß ich, was drin ist – und das habe ich dann am Schiff gekocht und die Leute waren happy, weil wir viele Gäste aus New Orleans hatten. Bei New Yorkern ist ein Steakhaus gefragt und da kochen wir dann eben Steaks. Die Pfeffersauce – ein Traum, so wie sie sein soll. In Mexiko kocht man halt ein paar Enchilladas.

Was ist Dein Lieblingsrestaurant auf der Norwegian Jade? Wo würdest Du selbst Essen gehen?

Wenn meine Frau in drei Wochen wieder kommt, gehen wir sehr gerne ins Steakhaus. Einmal muss es Steakhaus sein. Eigentlich einmal in jedes Restaurant. Auch wenn meine Gäste mich fragen, was mein Lieblingsessen ist? – Hab’ ich nicht. Mein Geschmack ist jeden Tag anders. Wenn ich nach Deutschland komme, esse ich ganz gerne Rinderwurst, aber nicht immer. Mal so, mal so. Und wenn ich hier am Schiff in ein Restaurant gehe – ich selbst kann mir natürlich auch etwas ganz Anderes bestellen.

Wie flexibel seid Ihr dem normalen Gast gegenüber, wenn er beispielsweise auf der Karte nichts findet, was ihm gefällt?

Das habe ich oft. Ich bin da ganz flexibel. Meine Gäste kriegen von mir alles. Wenn ich das nicht mehr machen kann, dann gehe ich nach Hause. Wirklich wahr, mein Gast kriegt alles. Ich will meinen Gast happy sehen, wenn er nach Hause geht. Deswegen bin ich hier.

Wie ist das denn in einem so großen Restaurant überhaupt zu organisieren?

"Meine Gäste kriegen von mir alles."
„Meine Gäste kriegen von mir alles.“

Das ist alles easy. Ich würde sagen, in jedem Restaurant der Welt kann man es dem Gast so machen, wie er es gerne haben möchte. Es sind nur die Kellner und Köche, die das wollen oder nicht. Es gibt viel zu viele faule Leute.

Abgesehen davon hat man ja nicht so viele Gäste mit Sonderwünschen. 99,9 Prozent sind ja happy mit dem, was da ist. Und die paar Leute, die etwas Anderes möchten – das ist doch kein Problem. Dafür sind wir doch da, es allen so angenehm wie möglich zu machen. Ist das die richtige Einstellung? Ich glaube ja. Für mich ist das normal.

Es ist sicherlich die richtige Einstellung, wenn die Reederei das zulässt …

Oh ja! Wenn die das nicht zulässt, dann muss ich woanders hingehen. Ganz einfach. Wenn die Company gute Küchenchefs haben will … Sie wollen ja die Gäste happy machen, das ist das Wichtige. Und dann muss man dem Küchenchef schon etwas freie Hand geben. Und deswegen bin ich hier, weil Norwegian Cruise Line da wirklich gut ist.

Was machst Du, wenn Du nicht am Schiff bist? Urlaub?

"Deswegen bin ich glücklich."
„Deswegen bin ich glücklich.“

Jein. Mich haben Gäste mal gefragt, ob ich nicht Kochkurse machen könnte. Und ich hab’ gesagt, klar, das kann ich bei ihnen zu Hause machen und ihnen zeigen, was sie mit ihren eigenen Töpfen machen können. Und das hat sich ganz gut entwickelt. Das mache ich aber nur, wenn ich Lust habe. Ansonsten gehe ich in meinen Garten und arbeite im Garten. Gehe auf meine Harley und fahre ein bisschen mit der Harley herum. Was jeder normale Mensch macht. Ich koche sehr gerne zu Hause mit meiner Frau zusammen.

Du kochst also auch zu Hause? Bei vielen Küchenchefs kocht zu Hause ja eher die Frau …

Wir machen alles zusammen. Alles, was ich nicht kochen mag, oder zum Beispiel Gemüse schälen, das macht sie gerne. Und was sie nicht machen will, das mache ich. Wir arbeiten wirklich sehr gut zusammen. Deswegen bin ich glücklich.

6 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

6 Gedanken zu „„Für mich zählt nur: Vernünftig kochen oder gar nicht““

  1. Da ich vor kurzem auf der Jade war, bin ich über das Statement des Küchenchefs etwas erstaunt. Ich fand das Essen zwar gut, aber etwas besonderes war es nicht. Auch die „Chef Spezial“ waren nichts zum niederknien. Überall fehlte der Pfiff, egal ob Geschmack oder Präsentation. Alles schmeckte normal und war auch nicht besonders angerichtet. Auf der Adventure gab jedesmal ein -Ohhhhhh- was hat da er da gezaubert-. Selbst das Schokoladenbuffett auf der Jade war mehr der Optik als dem Geschmack zugetan. Mir hat es bei RCCL besser geschmeckt, dort wurde auch auf die Optik mehr wert gelegt

  2. @Christian: Die entscheidende Frage ist da wirklich: Was Hans-Peter Heine Chefkoch auf genau dieser Reise? Er ist ja nicht permanent auf dem Schiff, sondern wechselt sich mit anderen Chefköchen ab. Unsere Erfahrung war, dass mit Hans-Peter Heine als Executive Chef das Essen tatsächlich deutlich besser war als auf früheren Norwegian-Kreuzfahrten mit anderen Chefköchen …

  3. Doch das war er denn über ihn habe ich mich auch mit Cruisedirektor Gary unterhalten – der Mensch hat mich fasziniert -. Das war der 22.11 bis 01.12. Ich kann dir gerne mal Bilder zum Vergleich schicken. Ich kann ja nur sagen das es mich nicht vom Hocker gefegt hat auf dieser Reise. Wie es vorher war kann ich nicht beurteilen und es war ja nicht so das es nicht genießbar war!

  4. Hmmm, dann unterscheiden sich unsere Erfahrungen da einfach … Natürlich kann man bei Norwegian kein Essen in Sterne-Qualität erwarten, aber ich habe doch einen deutlichen Unterschied zu unserer Reise auf der Epic 2011 gesehen. Paradebeispiel ist der Lachs im italienischen Spezialitätenrestaurant, der bei Norwegian (sorry) leider immer trocken bis staubtrocken ist. Auf der Jade war er zart und perfekt auf den Punkt gebraten.

    Wo ich Dir uneingeschränkt zustimme ist Gary – vielleicht der beste Cruise Director, den ich je erlebt habe. Der Mann ist absolut faszinierend und hat eine unglaubliche Energie, von früh morgens bis am späten Abend.

  5. Wie kann ich den Bilder schicken damit du einen Vergleich hast? Es ist natürlich immer wieder schön zu hören das die Geschmäcker verschieden sind, ohne dem Hans-Peter sein Können abzusprechen. Das Le Bistro war ne Wucht, allem voran die Schnecken. Die gab es bei Royal Carrebean z.B ohne Aufpreis! Ein Wort zum Schokobuffett vielleicht. Es schmeckte halt nach Ami-Schokolade, klar es waren viele Amerikaner auf dem Schiff, aber wenn sich mir die Zähne bei der Süße zusammenziehen ist das nunmal nix gescheit´s. Ich kann nur sagen das mir das Essen auf der Adventure un der Oasis besser geschmeckt hat .-)

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