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Immer schön lächeln, bitte!

Immer lächeln: Kreuzfahrtschiffe aus der Sicht der Crew

Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff – wer sich das vorstellt als bequeme und günstige Art die Welt zu bereisen, irrt sich gewaltig. Doch auch wer behauptet, die Crew-Mitglieder würden auf Kreuzfahrtschiffen quasi wie Sklaven gehalten, sollte seine Ansichten einmal mit der Realität auf den allermeisten modernen Schiffen vergleichen.

Wir haben intensiv zum Thema „Crew und Arbeitsbedingungen“ auf Kreuzfahrtschiffen recherchiert. Dieser Beitrag soll einen möglichst unvoreingenommen und ideologiefreien Einblick in die Realität hinter den „Crew only“-Türen auf Kreuzfahrtschiffen geben.

„Passenger area – start smiling“: Die Aufschrift an der Tür zwischen Crew- und Passagierbereich lässt erahnen, dass ein Job am Kreuzfahrtschiff wenig mit Seefahrer-Romantik zu tun hat. Wo Urlauber am Pool entspannt die Sonne genießen, arbeitet die Crew täglich zehn Stunden und mehr, damit diese Traumwelt funktioniert.

Kaum irgendwo sonst liegen anstrengender Arbeitsalltag und luxuriöse Urlaubsfreuden so nahe zusammen. Die Crew ist sechs Monate ohne Unterbrechung sieben Tage die Woche in Dienst. Ihr zuhause sind kleine, oft fensterlose Kabinen, nur wenige Decks unterhalb der eleganten Kabinen und Suiten der Passagiere.

Da kommen so manchem Passagieren Zweifel, ob es richtig ist, das Leben an Bord in vollen Zügen zu genießen und sich dabei von hart arbeitenden, nach westlichen Standards schlecht bezahlten Menschen aus oft bitterarmen Herkunftsländern bedienen zu lassen. Auf einem Kreuzfahrtschiff offenbart sich das Moral-Dilemma besonders deutlich.

Gehälter und Trinkgeld

Trinkgeld und Service-Entgelt auf Kreuzfahrtschiffen
Trinkgeld: bei vielen Passagieren verhasst, für Servicepersonal aber die Lebensgrundlage (Bild: stopnlook, Lizenz CC BY 2.0)

Besonders häufig kritisieren Gäste, dass Servicepersonal wie Kellner und Kabinenstewards oft nur ein Grundgehalt von wenigen Hundert Dollar bekommen, das durch Trinkgelder aufgebessert wird. Manche Reedereien fordern diese Trinkgelder verpflichtend von den Passagieren ein. Dass Risiko hat aber vor allem die Crew. Denn ist das Schiff nicht ausgebucht, gibt es weniger Trinkgeld.

Sind alle Kabinen einer Sektion belegt, bekommt ein typischer Kabinensteward, der bei einer amerikanischen Reederei beispielsweise 16 Kabinen betreut, im Monat auf Trinkgelder von rund 3.500 Dollar. Ab- und Abreise zum Schiff, Krankenversicherung, Kost und Logis an Bord sind frei. Dafür verdient ein Crew-Mitglied nichts in der Zeit, in der es nicht an Bord ist. Und die Altersvorsorge ist ebenfalls Privatsache. Läuft alles gut, verdient aber beispielsweise ein aus Asien stammendes Crew-Mitglied bis zu zehnmal mehr als in seinem Heimatland.

Ein Trend bei den Mainstream-Reedereien hin zu niedrigen Grundpreisen hält jedenfalls an, denn darauf achtet die Mehrzahl der Gäste besonders. Sie buchen gerne eine 7-Nächte-Kreuzfahrt zu einem Preis, für den sie an Land in einem guten Hotel gerade einmal zwei oder drei Übernachtung ohne Essen und Entertainment bekommen. Zugleich kritisieren sie aber die schlechte Bezahlung und schwierigen Arbeitsbedingungen der Crew.

Crew-Kabinen und Arbeitsbedingungen

Crew-Kabine auf der Costa Fascinosa ...
Crew-Kabine auf der Costa Fascinosa …

Zweifelsfrei ist die Arbeit am Kreuzfahrtschiff alles andere als eine Vergnügungsreise mit lockerem Nebenjob, wie diverse TV-Kreuzfahrtserien vermuten lassen könnten. „Bei einem Sechs-Monate-Vertrag mit Sieben-Tage-Woche lernt man die eigenen Grenzen schon kennen“, sagt Daniela Fahr, Geschäftsführerin von Connect World Wide Recruiting Agency in Bremerhaven. Sie vermittelt seit vielen Jahren Arbeitsplätze auf Kreuzfahrtschiffen.

Als besondere Herausforderung sieht Fahr die mangelnde Privatsphäre. Kleine 2er-oder 3er-Kabinen sind Standard: ein Stockbett-Abteil, ein kleiner Schrank, ein Schreibtisch, Fernseher und ein kleines Badezimmer. Wer für sich sein will, zieht den Vorhang seines Stockbett-Abteil zu. Dabei ist das schon eine Errungenschaft, denn auch Kabinen für sechs Crew-Mitglieder und Gemeinschaftsdusche am Gang waren früher nicht ungewöhnlich.

... und auf der Europa 2 (Musterkabine in der Werft).
… und auf der Europa 2 (Musterkabine in der Werft).

Je jünger und größer ein Schiff ist, desto mehr relativen Komfort genießt die Crew. Schon allein, weil die Reedereien zunehmend in Personalnot geraten. Wer gut ausgebildete Mitarbeiter finden und längerfristig an sich binden will, muss mehr Komfort und mehr Privatsphäre bieten.

Das bestätigte erst kürzlich Kevin Sheehan, CEO von Norwegian Cruise Line, bei der Vorstellung der Norwegian Getaway: „Wir optimieren kontinuierlich, um die richtigen Crewmitglieder anzusprechen und im Unternehmen zu halten. Dafür müssen wir unserer Crew die besten Arbeitsbedingungen bieten, dazu gehört auch ein größtmögliches Maß an Privatsphäre.“ Auf der Norwegian Getaway gibt es daher viele Einzelkabinen für die Crew – lediglich ein Badezimmer müssen sich jeweils zwei Crew-Mitglieder teilen.

Trotzdem werden die Verhältnisse am Crew-Deck immer beengt bleiben. Geld verdient die Reederei mit Passagier-Kabinen, für die Crew bleiben nur die Bereiche am Schiff, die ohnehin kaum zu verkaufen wären.

Mehr Details über Crew-Kabinen an Bord von Kreuzfahrtschiffen, siehe „Crew-Kabinen: So wohnt die Besatzung auf Kreuzfahrtschiffen“.

Vorschriften vs. Realität

Immerhin ist seit 20. August 2013 die so genannte Maritime Labour Convention (MLC) in Kraft, die weltweit auch für alle Kreuzfahrtschiffe bindend ist. Sie ist neben Vorschriften zu Sicherheit (SOLAS), Umweltschutz (MARPOL) und Ausbildung für nautisches Personal (STCW) die vierte wichtige Säule des Regelwerks der Vereinten Nationen, das Mindest-Standards für die Schifffahrt weltweit definiert. Die MLC beschränkt beispielsweise die tägliche Arbeitszeit auf 14 Stunden, die Wochenarbeitszeit auf 72 Stunden und legt Mindestanforderungen an die Größe und den Komfort der Crew-Unterkünfte fest.

Brian David Bruns
„Cruise Confidential“-Autor Brian David Bruns (Bild: privat)

Der amerikanische Bestseller-Autor und cruisetricks.de-Gastautor Brian David Bruns bleibt allerdings skeptisch. Er hat in seiner vierteiligen Buch-Reihe „Cruise Confidential“ über seine Erfahrungen als Crew-Mitglied auf mehreren US-Kreuzfahrtschiffen geschrieben. Er nimmt kein Blatt vor den Mund: „Das einzige, was sich verändert hat ist, dass die Reedereien ihre Regelverstöße heute besser verstecken müssen. Sie haben beispielsweise Arbeitszeiterfassung eingeführt. Aber das ist absurd, weil viele der Service-Leistungen für den Gast außerhalb der offiziellen Arbeitszeiten stattfindet.“

Motivation für die Arbeit am Kreuzfahrtschiff

Personalvermittlerin Daniela Fahr sagt: „Die Crew-Mitglieder entscheiden sich ja freiwillig und von sich aus, auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten.“ Warum also entschließen sich Menschen dazu, auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten? Vor allem für asiatische Crewmitglieder ist die Seefahrt oft eine gute Chance, vergleichsweise viel Geld zu verdienen, um die Familie zu Hause zu ernähren und sich innerhalb weniger Jahre etwas Wohlstand zu erarbeiten.

Emily, Hilfskellnerin auf einem US-Schiff erzählt beispielsweise, sie wolle nur für einige Verträge lang am Schiff arbeiten, um ihrer dreijährigen Tochter zu Hause in der Dominikanischen Republik ein besseres Leben bieten zu können. Ihr Kellner-Kollege, der Rumäne Daniel, ist dagegen schon seit acht Jahren an Bord und denkt nicht ans Aufhören. Der Türke Hamit ist sogar schon seit 16 Jahren dabei. Angefangen habe er wie Emily, um seinen Kindern die Universität zu finanzieren. Doch dann ist er geblieben: „Die Arbeit macht mir Spaß und die Kinder sind aus dem Haus, warum sollte ich aufhören?“

Daniela Fahr, Connect Worldwide Recruiting Agency (Bild: privat)
Daniela Fahr, Connect Worldwide Recruiting Agency (Bild: privat)

„Es gibt aber auch immer wieder Bewerber, die das nur für einen einzigen 6-Monate-Vertrag machen wollen, die das gerne für den Lebenslauf haben möchten, für die das aber auf Dauer einfach nichts ist“, erzählt Daniela Fahr. Denn auch das ist ein Grund an Bord zu gehen: Bei Arbeitgebern vor allem in der Gastronomie wird die intensive Erfahrung auf einem Kreuzfahrtschiff durchaus gerne gesehen, ein Karrieresprungbrett.

Auch Brian David Bruns will seine Zeit an Bord nicht missen: „Die Vorzüge, auf einem Schiff zu arbeiten, sind vielfältig – abgesehen vom Geld aber vor allem immaterieller Art. Es ist eine Erfahrung, die Dein Leben verändert. Es ist einfach ein ganz besonderer Lebensstil. Keine Beschreibung der Aufgaben und der langen, langen Arbeitszeiten an Bord kommen der Realität auch nur nahe. Aber zu wissen, dass man die Arbeit einem Schiff durchhalten kann, ist etwas Besonderes, von dem du den Rest deines Lebens etwas hast.“

13 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

13 Gedanken zu „Immer lächeln: Kreuzfahrtschiffe aus der Sicht der Crew“

  1. Man darf es nicht mit unseren Maßstäben an Arbeit messen. Für die meisten Mitarbeiter aus den asiatischen Ländern ist der Job auf dem Schiff der Schritt in finanzielle Sicherheit und Stabilität und ernährt in der Regel ja nicht nur die „Kleinfamilie“, also Frau und Kinder – sondern ermöglicht der ganzen Großfamilie das Auskommen und die Ausbildung für die zukünftige Generation.

    Ich habe großen Respekt vor der schwer arbeitenden Crew, ich kürze nicht das „empfohlene Trinkgeld“ und gebe, wenn ich zufrieden bin, auch gerne noch etwas zusätzlich.

    Man muß sich aber auch klar machen, was die Alternative z.B. in Indonesien ist – die meisten der Crewmitglieder haben bestenfalls eine rudimentäre Ausbildung und müßten in ihrem Heimatland mindestens genauso hart und unter schlechteren Arbeitsbedingungen arbeiten – entweder in der handarbeitsintensive Landwirtschaft oder ebenfalls im Servicebereich oder der Gastronomie. Und Service-Jobs gelten schon als „glückliche Chance“. Die Mitarbeiter sind meist nicht qualifiziert für die besseren Jobs in ihrem Heimatland (denn die erfordern eben Studium oder z.B. eine Ausbildung zur Krankenschwester usw.). Das wird aber die Generation der Kinder erreichen können durch das Geld, das ihre Eltern auf den Schiffen verdienen.

    Ich fühle mich absolut nicht schuldbewußt, den Service zu genießen – aber man darf natürlich als Gast zu dem Servicepersonal genauso höflich sein, wie man es zu seinen Freunden wäre, bei denen man Gast ist. Ein Lächeln, Bitte und Danke und vielleicht mal ein paar persönliche Worte oder eine Nachfrage ist sicher nicht verkehrt.

    Wenn man sich aber mal zuhört an Bord – das scheint von manchen Passagieren schon zuviel verlangt zu sein.

  2. Absolut richtig, genau so habe ich es auf den Schiffen bisher auch erlebt. Man darf die Jobs eben nicht mit dem typischen Job in Deutschland mit 40 Stunden pro Woche und 30 Tagen Urlaub im Jahr messen. Man muß überlegen, wie für viele, die auf dem Schiff arbeiten, die Alternativen zu Hause aussähen. Und dagegen ist die Arbeit auf dem Schiff schon fast paradiesisch.
    Auf einer Kreuzfahrt habe ich mich recht ausgiebig mit einem philippinischen Barkeeper unterhalten, er sagte auch, daß es zwar harte Arbeit ist, aber zu Hause wäre die Arbeit für weniger Geld härter. Und nach ein paar Jahren wollte er dann in seiner Heimat in einem Touristengebiet eine Bar eröffnen, und als Chef dann ein recht angenehmes Leben haben.

    Auch in Puncto Arbeitsschutz – wenn ich sehe, wie die nautische Mannschaft auf einem Kreuzfahrtschiff (zumindest bei denen, die ich bisher erlebt habe) arbeitet – Sicherungsgeschirr bei Außenarbeiten, Maske bei Schleif- und Lackierarbeiten, alles auf europäischem Standard, und dann überlege, wie in Südostasien mal eben ganze Textilfabriken einstürzen, da liegen eindeutig Welten dazwischen.
    Nicht umsonst herrscht ein „Run“ in manchen Ländern auf diese Stellen.

    Ganz ehrlich, wenn es für mich eine Chance gäbe, ein paar Jahre kräftig ranzuklotzen, und damit einen gewissen Wohlstand zu erreichen, würde ich da auch drüber nachdenken… So wird es eher der langwielige Bürojob, mit dem man halt irgendwie ber die Runden kommt, und die Hoffnung, daß wenn ich 67 werde, noch Rente übrig ist.

    Die Freundlichkeit mancher Gäste gegenüber dem Servicepersonal hingegen läßt in der Tat oft zu wünschen übrig. Da habe ich schon genug Situationen erlebt, wo ich mich nur noch fremdschämen konnte. Beispiel auf der letzten Kreuzfahrt: Ein älteres Ehepaar, vermutlich aus der sächsischen Provinz beschwerte sich lautstark und extrem dialektlastig, daß der „blöde Chinese“ im Restaurant ja gar kein Deutsch verstünde. Und im Katalog steht doch „Bordsprache Deutsch“. Selbst ich als Muttersprachler hatte Schwierigkeiten, die beiden zu verstehen. Und da soll man nicht einfach zupacken, und diese Zeitgenossen über Bord werfen… *argh* Komischerweise hatte ich auf noch keinem Schiff mit noch keinem Mitarbeiter Verständigungsprobleme.

  3. Als kleine Ergänzung: Ob ein Job attraktiv ist, hängt ja immer von der Ausgangssituation ab:

    Für mich ist vermutlich ein Zimmermädchen-Job auf einem Schiff mit Kost und Logis in einer Stockbettkabine nicht (mehr) attraktiv – ich habe einen Büroberuf in einer Industrienation erlernt und 30 Jahre Berufserfahrung und einen guten Job und Lebensstandard.

    Für jemanden, dessen Familie ländlich mit 15 Personen in einer Ein-Raum Hütte ohne fließend Wasser lebt, Jobs kaum vorhanden sind und der immerhin das Glück hatte, einige Zeit eine Schule besuchen zu können – für den ist der Job auf dem Schiff ein Glücksfall und die Doppelstockbettkabine mit Bad und TV ein Paradies voller Komfort. Die Wäsche wird gewaschen, man muß nicht selbst kochen – fast alles Einkommen kann gespart werden. Und ein Monatsgehalt entspricht einem heimatlichen Jahresgehalt.

    5 Kontrakte à 6 Monaten entsprechen quasi einem kompletten Lebenseinkommen des Heimatlandes.

    Auch für die jungen Frauen aus diesen Ländern ist der Kontrakt auf dem Schiff ein Weg aus der Abhängigkeit – denn machen wir uns nichts vor – wer das Geld verdient, erhält auch zu Hause Respekt – wird unter Umständen nicht einfach so verheiratet und hat eine eigene Perspektive in der Zukunft.

    Gerade die jungen Frauen sind deshalb auch sehr ehrgeizig und engagiert. (ich kenne das auch aus einer anderen Branche – der IT. Da sind die jungen indischen IT-lerinnen hochmotiviert im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen – denn für die Frauen ist der Job der Weg aus der Abhängigkeit und Unterdrückung durch Familie und Schwiegerfamilie).

  4. man darf nicht immer den Fehler machen und von unseren Voraussetzungen ausgehen.
    Was mich aber bei den Kreuzfahrtunternehmen ärgert ist, dass man das Gehalt dieser Mitarbeiter auf das Trinkgeld reduziert, bzw. dieses als Gehalt ansieht. Jetzt den Kreuzfahrtgast als „Täter“ hinzustellen, weil er günstig eine Kreuzfahrt buchen will, ist Unsinn. ich will freiwillig demjenigen ein Trinkgeld zukommen lassen, welcher mich gut bedient, das versteht sich von selbst. Jedoch pauschal ein Trinkgeld einzufordern, welches dann allen Mitarbeiter (auch den „unsichtbaren“) zukommt ist Unfug. jeder soll ein gerechtes Gehalt bekommen und dafür hat er seine Leistung zu bringen. „Extras“ sollen belohnt werden! Nur das ist der Sinn eines „Trinkgeldes“!

  5. @H.Meixner: Ich stimmen Ihnen vollkommen zu. Das Dilemma ist nur, dass viele Reedereien eben das Modell haben, dass die Crew teils von (faktisch oder moralisch obligatorischen) Trinkgeldern lebt. Als Kunde habe ich da nur die Möglichkeit, gleich bei anderen Reedereien zu buchen (sicherlich das Wirkungsvollste, um eine Änderung zu erreichen) oder den Leuten, die mich gut bedienen, ein zusätzliches Trinkgeld in die Hand zu drücken, zusätzlich zu dem mehr oder weniger obligatorischen Teil (= Gehaltsbestandteil der Crew).

    Was ich leider in Kommentaren in Foren immer wieder lese ist, dass Leute ihre eigenen Regeln machen, das obligatorische Trinkgeld verweigern, nur ihrem Kellner und Kabinensteward etwas persönlich in die Hand drücken. Damit bestrafen sie aber die übrigen Crewmitglieder für die Trinkgeldregelung der Reederei, für die die Crew nichts kann.

    „Täter“ ist da sicherlich ein zu hartes Wort. Aber jedem, der so handelt, sollte klar sein, dass er einen Teil der Crew um seinen an sich gerechten Lohn bringt, weil er das (aus ihrer Sicht falsche, aber nunmal vorhandenen) Lohnsystem der Reederei unterläuft. Fair gegenüber der Crew ist das nicht und das System ändert man damit auch nicht.

  6. @ Franz Neumeier:
    Das Problem liegt da meiner Meinung nach in der klaren Abgrenzung was zum Bestandteil des Reisepreises gehört oder nicht. Gottseidank laufen da ja schon die verschiedenen Klagen wie z.B. gegen MSC. Wenn schon das Trinkgeld zum Bestandteil der Reise gehört soll es auch im Reisepreis mit eingebunden sein. Dann kann der Gast sein „Extra-Trinkgeld“ den Personen übergeben, welche ihn besonders gut bedienen und zu denen er Kontakt hat.
    Im Restaurant z.B. ist der Service mit 10 -15 % ja auch im Endpreis mit enthalten. In den USA ist man gerade dabei dies auch so einzuführen.

  7. Ja und nein: Das Beispiel MSC zeigt deutlich, die schwierig es ist, dem Problem gesetzlich beizukommen. Die Reederei hat kürzlich ihre Politik geändert, sodass man das Service-Entgelt dort nun auf Wunsch stornieren kann. Die bisherige Praxis des „Zwangstrinkgeldes“ wurde von Gerichten mit Recht mehrfach für unzulässig erklärt. Dadurch, dass das Service-Entgelt nun der Form nach aber freiwillig ist, muss es nach deutschen Gesetzen nun wieder nicht mehr in den Reisepreis eingerechnet werden. Faktisch hat sich aber natürlich nichts daran geändert, dass man trotzdem zahlen sollte, wenn man die Crew nicht um einen Großteil ihres Lohns bringen will.

    Man stößt mit nationaler Gesetzgebung an klare Grenzen, wenn man es mit internationalen Konzernen zu tun hat. Das zeigt sich ja auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei Datenschutz oder Urheberrechten. Deutsche Gerichte können US-Reedereien (oder deutsche Reedereien, deren Schiffe unter maltesischer, italienischer oder Bahamas-Flagge fahren) einfach nicht dazu zwingen, ihre Crew mit einem ordentlichen Gehalt auszustatten, um dem Trinkgeld wieder seine eigentliche Bedeutung als Extra-Honorierung besonderer Leistungen zurückzugeben. (nebenbei: Das Problem „Zwangstrinkgeld“ ist keine Erfindung der Reedereien, sondern ein schon sehr lange existierendes, leidiges Thema, siehe: https://www.cruisetricks.de/zwangstrinkgeld-ein-aergernis-mit-langer-geschichte/ )

    Bitte nicht falsch verstehen: Ich will dieses fragwürdige Trinkgeld/Servieentgelt-System der meisten Reedereien nicht verteidigen, ganz im Gegenteil. Ich will nur sagen: Es ist nicht ganz einfach, das zu ändern, denn dazu müssten sich letztlich alle großen, weltweit operierenden Reedereien einig werden; und das ist wohl eher utopisch. Vor allem in Deutschland, wo besonders viele Kunden nach dem Geiz-ist-geil-Prinzip buchen und jede internationale Reederei, die einseitig Gehälter erhöhen und das Trinkgeld anders regeln würde, durch nominell höhere Kreuzfahrt-Preise einen Wettbewerbsnachteil erleiden würde. Zumal ja auch kaum lösbar ist, Gehälter jeweils im Verhältnis zum Anteil der deutschen Passagiere an Bord zu erhöhen und für alle anderen Märkte das „Trinkgeld“-System beizubehalten.

    Leisten können sich das das Einrechnen des Trinkgelds in den Reisepreis nur die beiden großen deutschen Reedereien AIDA und TUI Cruises, weil sie durch die Deutschsprachigkeit eine Sonderstellung im Markt haben und weil sie eben nicht auf anderen Märkten konkurrieren müssen, wo andere Entlohnungssysteme üblich sind.

  8. Meine persönliche Erfahrung im Zuge da ich vor gut 13 Jahren selber an Bord mehrere Schiffe war, hat mir gezeigt das, dass Leben und Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff für mich persönlich eines der besten Lebensabschnitte war, die ich bis jetzt erleben durfte. Ich bereue bis heute nicht diesen Schritt gegangen zu sein. Man kann das Arbeiten an Bord nicht damit vergleichen was an Land passiert. Ich muss aber zugeben, dass damals die Bedingungen auf einem Schiff zum Vergleich zu einem Hotel welches Saisonal z.B.: für die Wintersaison offen war, weitaus besser war. Abgesehen von der Pensionsversicherung und Sozialleistungen welche, wenn man an Land Pech hatte wurde man generell falsch „angemeldet“ , nicht so berauschend waren, wurde zumindest für die Zeit wo man an Bord war, vieles für die Crew getan.
    Ich persönlich sah meine Tätigkeit an Bord niemals als Arbeit an. Es war eine Möglichkeit zu reisen, sich die Welt anzusehen, Eindrücke von verschiedenen Kulturen zu bekommen und internationale Freundschaften zu schließen. Mein Tag begann vielleicht um 06:00, wenn wir Breakfast hatten, aber ich musst nicht 1 ½ Stunden früher aufstehen, zur Arbeit fahren, sondern war in Windeseile an meiner Station.
    Ich wurde immer fair behandelt. Wenn es ein Problem gab wurde dieses gelöst und nicht herum geeiert wie wir es heute in so manchen Großkonzernen erleben. Ich hatte keine Probleme. Bekam mein Geld, wenn ich krank war ging ich ganz normal zum Doc, wenn meine Kleidung schmutzig war, wurde sie gewaschen, wenn die Kabine zu Reinigung anstand, wurde dies für 10,- übernommen. Es war ein Geben und Nehmen.
    Was ich auch gelernt habe war; Team – nicht, „Toll Einer Alles Macht“ sondern, wir sitzen auf dem Kutter, mitten auf dem Atlantik, die Bar brechend voll und wir helfen einfach alle zusammen mit damit wir den meisten Umsatz rausbekommen. Ich frage mich ob es heute noch ein Unternehmen gibt wo eine Teamarbeit wie ich sie dort erleben durfte.
    Das Thema Gehalt ist immer wieder eine Sache. Einerseitens wollen die Redereien keine „Verantwortung“ übernehmen, anderer Seitens will man aber auch den Menschen die Möglichkeit bieten, richtig Geld zu machen und wer nicht läuft bekommt auch weniger. Das ist das Amerikanische Prinzip. Man kann richtig viel Kohle machen, dafür habe ich eben auch den Nachteil mit dem Gehalt mind. 2 Monate, wenn ich auf Urlaub bin, keines zu bekommen. Damit kann man sich zum Teil anfreunden.
    Auch, wenn ich 2 ½ Jahre nichts in die Pensionskasse einbezahlt habe, ich habe die beste Zeit meines Lebens gehabt und die ist einfach unbezahlbar!

  9. Ich habe viele jahre auf kreuzfahrtschiffen gearbeitet die Hälfte vom Trinkgeld wird an bord vom Managment eingesteckt die Kellner an bord müssen ihr eigenes Flugtickets bezahlen und müssen für die Reinigung ihrer uniform bezahlen und werden für die kleinsten Fehler oder für zu wenig Verkauf sofort gefeuert
    Ich habe in der Gallery gearbeitet und habe in 15 Jahren so viele Leute kommen und gehen sehen aber ich mach es es immer noch gerne

  10. Danke für die Einblicke! Ich denke, da muss man dennoch etwas differenzieren, denn nicht bei allen Reedereien wird das gleich gehandhabt. Aber es ist schon frustrierend zu lesen, dass es auch nur eine einzige Reederei gibt, bei der das so ist. Da muss man sich nicht wundern, wenn Passagiere aus grundsätzlichen Misstrauen heraus das Trinkgeld gleich komplett verweigern (auch wenn das dennoch und immer wieder die Falschen trifft, nämlich die Crew-Mitglieder, die nichts dafür können).

  11. Es ist mitterweilen bei allen so und im der Gallery muss man sagen das egal und mal und die carnival Kooperation mit den Gehalt sehr runtergehen nur bei princeps steigen die Gehälter aber da bleibt keiner in der Gallery da princeps von seiner Gallery Crew erwarte das sie Englisch und Italienisch sprechen da die Hälfte der Gallery ( Gallery Managment) aus Italien kommt und kein Englisch spricht aber sich fürstlich entlohnen lassen und seit Jahrzehnten bei princeps sind sowie im Restaurant da lässt es sich der maitre sehr gut gehen und lässt sich zu seinen Gehalt jeden Monat knapp 10000 us Dollar durch Trinkgeld aufbessern was eine zwangsabgabe von den Keller ist jeder Kellner muss die Hälfte seine trinkgeldes an ihn abgeben

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