Auf einem Kreuzfahrtschiff sieht man bei Nacht nur wenige Sterne, ähnlich wie in einer großen Stadt. Selbst wenn man durch scheinbar schwarzes Wasser mit stockdunklem Himmel weit entfernt von jeder Zivilisation fährt, strahlt das Schiff selbst doch so viel Licht aus, dass man ansonsten nichts als Schwarz sieht.
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So wie man auch von der Mondoberfläche aus keinerlei Sterne sehen kann. Genau darüber dachte ich nach, während ich an der Heck-Reling stand, bei undurchdringlicher Dunkelheit an Backbord, Steuerbord und Achtern. Lediglich weit jenseits des Bugs war ein orangefarbener Schimmer zu erkennen, dort wo die Ölraffinerien die Sümpfe von Louisiana beleuchteten. Wir näherten uns der Mündung des Mississippi und gelegentlich waren schon rote und grüne Navigationsbojen zu sehen, die in der unruhigen See tanzten.
„Was passiert eigentlich, wenn ich über Bord falle?“, hatte mich am selben Tag ein Passagier gefragt. Ich hörte diese Frage so oft, dass ich ihm darauf meine übliche Standardantwort gab: „Das Schiff stoppt und ein Beiboot holt Sie aus dem Wasser.“
Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ich starrte ins Kielwasser des Schiffs und beobachtete das aufgewühlte Wasser. Von den obersten Decks des Schiffs sehen die Wellen tatsächlich sehr klein aus. Aber wenn einen nicht schon der Sturz aus 30 und mehr Metern umbringt, würde man in den gewaltigen Wellen einfach verschwinden. Wenigstens ist es bei den modernen Azipod-Antriebseinheiten der Schiffe heutzutage sehr unwahrscheinlich, dass die Propeller einen in Stücke hacken würden.
Unser Sicherheitstraining zu „Mann über Bord“ war sehr klar: Rettungsring hinterher werfen, dann die Brücke informieren. Die Leute nehmen meist an, dass der Rettungsring einfach dazu dient, einen Menschen über Wasser zu halten. Aber tatsächlich hat er eine noch viel wichtigere Aufgabe. Der Kopf einer Person ist innerhalb weniger Sekunden vom Deck eines Schiffs aus kaum mehr zu erkennen. Deshalb wurden wir drauf trainiert, in einer solche Situation die nächste erreichbare Person, irgendjemanden, zu verpflichten, mit dem Finger auf die Person im Wasser zu zeigen – und das so lange, bis man ihn wirklich gefunden hat, egal wie lange das dauert.
Das wirklich physikalische Zeigen auf die Person im Wasser ist immens wichtig, denn selbst wenn jemand beobachtet hat, dass sie über Bord gegangen ist, ist die Person doch innerhalb von weniger als einer Minute nicht mehr zu sehen. Und bei Dunkelheit? Wenn niemand die Person fallen sieht? Dann Gute Nacht …
Tatsächlich war genau auf dieser Kreuzfahrt jemand über Bord gegangen. Gerüchte verbreiteten sich schnell bei Passagiere und der Crew über was „Wie“ und „Warum“. Am häufigsten hörte man unter den Passagieren das Gerücht, dass sich ein Paar auf Hochzeitsreise gestritten habe und einer der beiden dabei über die Reling geschubst worden sei. Die Crew war anderer Meinung. Wieder einmal ein Selbstmord, waren sich die meisten einig. Selbstmorde waren nicht allzu selten auf den Kreuzfahrtschiffen.
Mehr als nur ein paar Menschen haben schon in einer letzten, furiosen Woche auf Kreuzfahrt ihr letztes Geld verpulvert und waren dann in der letzten Nacht ins Wasser gesprungen. Wie konnte man auch effektiver sicherstellen, dass niemand einen retten konnte? Wie viele Menschen beobachten schließlich das Kielwasser morgens um 3 Uhr? Es ist natürlich möglich, einen solchen Sturz zu überleben, aber doch ziemlich unwahrscheinlich, wenn man nicht eine wahre Kämpfernatur ist.
Auch wenn das statistisch absolut nicht signifikant ist, gibt es doch Todesfälle auf Kreuzfahrtschiffen, die sich nicht aufklären lassen. Weil die meisten davon in internationalen Gewässern passieren, sind die Reedereien bei diesem Thema recht zugeknöpft und verhalten sich wenig selbstlos. Nahezu ausnahmslos frisieren sie die Berichte, weil die Menschen heutzutage nur noch Schlagzeilen und keine kompletten Artikel mehr lesen. Wenn es sich um Selbstmord oder einen Todesfall unter kaum zu kritisierende Umstände handelt, wer würde dann der Reederei Fahrlässigkeit vorwerfen? Aber selbst wenn es sich um einen Fall von Freitod handelt, kann es Tage dauern, bis die Behörden an Land den Todesfall offiziell bestätigen, selbst wenn die Reederei die Behörden sofort informiert hat. Und dann können sensationsheischende Schlagzeilen die Dinge maßlos übertreiben und überspitzen.
Auf dieser speziellen Kreuzfahrt wusste niemand, was wirklich genau geschehen war. Irgendwo an Land wurde eine Untersuchung eingeleitet, wie immer in solchen Fällen. Das einzige, was die Crew später erfuhr war, dass der Mann erst gefunden wurde, als er mehrere Tage später an der amerikanischen Golfküste angeschwemmt wurde.
Ich konzentrierte mich auf ein schwimmendes Stück Treibgut und beobachtete, wie es in der Nacht verschwand. Innerhalb von 15 Sekunden war es nicht mehr zu sehen …
Die Bestseller-Reihe „Cruise Confidential“ von Brian David Bruns:
Anmerkung: „Cruise Confidential“-Bestsellerautor Brian David Bruns schreibt regelmäßig Gastbeiträge für cruisetricks.de, in deutscher Übersetzung exklusiv.
Ein neues Youtube-Video von der Carnival Destiny zeigt, dass selbst bei Nacht eine Rettung durchaus erfolgreich sein kann, wenn sofort bemerkt wird, dass jemand über Bord gegangen ist und die Person mit einem im Wasser markiert wird Rettungsring: http://www.youtube.com/watch?v=sEP9i7XvXBE#!
Diese Ideen setzen voraus, das auch immer gleich ein Rettungsring vorhanden ist. Auf unseren letzten beiden Kreuzfahrten waren zwar welche da aber nicht Unmengen. Bis man da sich einen besorgt hat, ist das Schiff aber schon ein paar Meter gefahren. Und dann ist nichts mehr mit in die Nähe werfen.
Auf den meisten Schiffen sind viel zu wenige gut sichtbar aufgehaengte Rettungsringe vorhanden.
Auch auf den Kabinengaengen muesste wenigstens ein Rettungsring gut sichtbar aufgehaengt sein.
Ausserdem muessten alle Rettungsringe mit einem kraeftigen Licht versehen sein, das im Wasser aufleuchtet.