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Rudi Sodamin

Rudi Sodamin im Interview – „Best Cruise Line Chef“ 2012

Der gebürtige Österreicher Rudi Sodamin ist eine kulinarische Instanz in der Kreuzfahrt-Welt. Zum wiederholten Mal wurde er 2012 vom Porthole Cruise Magazine als „Best Cruise Line Chef“ ausgezeichnet. Mit 23 war er auf der Vistafjord von Cunard Line bereits der jüngste Chefkoch eines Luxus-Kreuzfahrtschiffs, drei Jahre später übernahm er die Küchen der Queen Elisabeth 2.

Sodamin hat sich im Gault Millau drei Hauben und 17 Punkte erkocht und ist seit rund 30 Jahren in den Küchen von Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Heute ist er Master Chef bei Holland America Line und Frontmann des aus zahlreichen Spitzenköchen bestehenden Culinary Council der Reederei.

In Amsterdam hatte cruisetricks.de im preisgekrönten Pinnacle-Restaurant auf der Eurodam die Gelegenheit, sich mit Rudi Sodamin über seine Rolle als oberste kulinarische Instanz bei Holland America Line, die Trends in den Kreuzfahrt-Küchen und seine persönlichen Ansprüche und Ideen zu unterhalten.

Holland America's Pinnacle Grill: Bestes Spezialitätenrestaurant 2009
Holland America’s Pinnacle Grill: Bestes Spezialitäten-Restaurant 2009

Dass Rudi Sodamin seit vielen Jahren nahe Miami in Florida lebt, merkt man vor allem an einem sehr sympathischen Sprachmix aus Österreich mit einem Schuss Amerikanisch und oft eher englischen als deutschem Satzbau. Während unseres Interviews wechselt immer wieder einmal für ein paar Worte von Österreichisch nach Englisch und für ein paar Fachbegriffe muss er eine Weile überlegen, bis ihm der deutsche Ausdruck wieder in den Sinn kommt – oder er bleibt einfach gleich beim Englischen.

Ansonsten aber ist er durch und durch ein österreichischer Küchenchef: Ehrgeizig, hervorragend organisiert, perfektionistisch und, wie er sagt, „oberkreativ“. Aber immer zu einem kleinen Scherz aufgelegt und lieber verbindlich als fordernd. Trotzdem ist immer klar, wer der Chef ist: Diskutiert und beraten wird im Team, aber „wenn ich sage, dass etwas so gemacht wird, dann gilt das. Sonst funktioniert‘s halt nicht.“

Wenn Sie ein neues Menü erfinden: Wie packen Sie das an, welche Kriterien spielen eine Rolle?

Mit vollen Einsatz: Rudi Sodamin verrät seine Koch-Tricks
Mit vollen Einsatz: Rudi Sodamin verrät seine Koch-Tricks

Man fängt mit den Produkten an, die verfügbar sind. Jeder Koch hat seine Mentalität, was er gerne machen möchte, ob das Fleisch ist oder Fisch oder etwas anderes. Der Rahmen ist immer der gleiche: Was will der Gast haben? Wo geht das Schiff hin? Welche „Food Notes“ möchte ich prägen? Und eben: Was ist verfügbar?

Sind die Gerichte rein persönliche Entscheidung von Ihnen, oder gibt es da auch Vorgaben von der Reederei?

Ja, sicherlich ist das eine persönliche Entscheidung, auf alle Fälle. Aber es ist auch eine Entscheidung, welches Publikum man ansprechen möchte. Es ist sicherlich leichter, wenn ich ein Restaurant in München habe – da kenne ich mein Publikum. Wenn ich ein Publikum habe, das weltweit angesprochen wird, aus allen Ländern der Welt, das ist die Herausforderung.

Gibt‘s darüber hinaus Unterschiede zwischen einem Restaurant am Schiff und an Land? Gibt es Dinge, die man nicht machen darf, kann oder soll?

Rudi Sodamin mit Sternekoch Jonnie Boer in der Show-Küche der Eurodam
Rudi Sodamin mit Sternekoch Jonnie Boer in der Show-Küche der Eurodam

Man kann heute keine Küche machen wie im „El Bulli“. Das wäre auch zu gefährlich zu kochen am Schiff. Aber ich kann Dir eines sagen: Die Leistung, die heute am Schiff geboten wird, können nur wenige Restaurants an Land nachvollziehen. Und das ist das eigentlich Schöne hier. Deswegen sage ich immer: Ob das eine Schiffsküche ist, ob das eine Restaurantküche ist, eine Hotelküche ist oder eine persönliche Küche: Es gibt keinen Unterschied. Was auf den Tisch kommt, ist die Überzeugung. Nur die „Ambience“ macht es aus – und der Koch ist da sehr wichtig in dieser Beziehung. Wer steckt dahinter? Welche Erfahrung hat er? Was ist die Persönlichkeit dahinter? Das ist das wichtigste, glaube ich, in einer Küche.

Sie haben ja schon auf vielen Schiffen verschiedener Reedereien, unter anderem auf der Queen Elisabeth 2, bei Royal Caribbean und jetzt bei Holland America Line gekocht – ist es ein großer Unterschied, auf welchem Schiff man kocht?

Das ist das Gute: Jeder Koch hat seine Stationen im Leben. Ich habe meine Karriere in Paris begonnen. Ich habe auch ein Restaurant an Land gehabt, in New York, da sprechen wir nicht viel darüber. Aber als ich bei Cunard Line war, da bin ich damit bekannt geworden, dass ich die Küche in einer Weise umgestaltet habe, wie es zuvor noch nie dagewesen ist. Ich habe die Küche aus der damals britischen, faden Küche – man kann sagen, eine Küche die ja scheußlich war – eine weltberühmte gemacht.

Und das kommt nicht nur von totalem Einsatz, sondern auch von der Erfahrung her und was ich gerne machen möchte.

Menü-Fotos: Perfekte Organisation in der Küche
Menü-Fotos: Perfekte Organisation in der Küche

Sicherlich, im Leben wird man ja weiser, teilweise. Man wird hoffentlich gescheiter. Und wenn man auf eine neue Herausforderung stößt wie Royal Caribbean – das ist etwas total anderes als Cunard Line. Bei Royal Caribbean habe ich für neun Schiffe eine „Food Note“ geprägt, in den fünf Jahren bei Royal Caribbean. Wer kann das nachmachen? Neun Schiffe in fünfeinhalb Jahren? Im Endeffekt habe ich schon eine große „Food Note“ geprägt, die auch nie ganz auszulöschen ist.

Der Gast ist der Gleiche. Ob das ein Deutscher ist, Österreicher, Amerikaner, Japaner, ein Franzose oder ein Holländer, der Gast ist der Gleiche. Wichtig ist jetzt hier bei Holland America Line, die Kreativität des Koches zu zeigen, der Kreativität des Rudi Sodamins in diesem Fall. Das ist das Schöne dabei, you know, wer dahinter steht.

Wie groß ist die Rolle, die das Budget dabei spielt?

Das Budget spielt eine große Rolle. Jede Cruise Line und jedes Restaurant an Land hat ein Budget. Aber ich kann Dir eines sagen: Was wir hier am Schiff leisten für das Budget, kann keiner an Land nachmachen – wegen der Größenordnung, in der eingekauft wird. „Qualität“ ist mein zweiter Vorname, sage ich immer. Das ist so wichtig. Budget, sicherlich, ob das ein 3-Sterne-Koch ist oder nur ein Koch, ist Voraussetzung einer guten Küche. Ja, Budget ist wichtig, ganz wichtig. Ja, leider ist das halt so. You know?

Was sind aktuell die Trends in der Kreuzfahrtschiff-Küche, kommt da gerade etwas Neues?

Rudi-Sodamin-Trend: Koch-Jacken nachempfundene Kellner-Uniformen
Rudi-Sodamin-Trend: Koch-Jacken nachempfundene Kellner-Uniformen

Das ist ein Trend hier, den ich gemacht habe [Anm.: zeigt auf die Kellner-Uniform eines Kellners im Pinnacle Grill – siehe Foto], um die Individualität eines Koches umzusetzen, wenn man das überhaupt machen kann und machen darf.

Trends wird’s immer geben. Das ist wie in der Mode. Ich habe ja immer Trends gesetzt die letzten 20 Jahre lang. Das habe ich schon bei Cunard Line gemacht, mit den Restaurants auf der Vistafjord und das ist überall heute so. „Guest Chefs“ war vor einigen Jahren ein Trend, Gourmet-Reisen habe ich als Trend gesetzt, vegetarische Küche, die ich letzte Wochen hier bei Holland America Line angekündigt habe, ist ein Trend.

Aber ein Trend ist immer nur so gut, wie man ihn umsetzen kann. Das Umsetzen, die Hilfskräfte zu finden, sie zu inspirieren, sie zu fördern, das ist die größte Herausforderung jeder Cruise Line heute. Aber auch die Herausforderung für jedes Restaurant, an Land, im Hotel, die Leute auf dieses Niveau zu bringen, dass sie die Trends auch gut umsetzen können.

Ist Kreuzfahrt-Publikum eigentlich eher konservativ, oder kann man da auch mal ungewöhnlicheren Trends nachgehen?

"Weil es meine Umterschrift trägt" - Vorspeisen im Restaurant Tamarind
„Weil es meine Umterschrift trägt“ – Vorspeisen im Restaurant Tamarind

Das ist die „Education“ eines Restaurants, es richtig zu vermarkten, den Leuten auch zu erklären, damit es angenommen wird. Man kann natürlich keine Kartoffel kochen und sagen „Das ist es, was ich hier koche“. Das muss schon Hand und Fuß haben.

Aber was ist eigentlich ein Trend? Du, das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass wir immer Trends setzen müssen. Wenn ich morgen ein neues Schiff hätte, dann hätte ich auch wieder drei, vier neue Trends. You know? Jeder versucht, dem Passagier, dem Gast zu imponieren. Jeder.

Aber was ich mache, für mich, den Rudi Sodamin: Die Küche muss bodenständig sein, ehrlich sein, und auch künstlerisch angerichtet sein, weil es auch meine Unterschrift trägt. Das ist wichtig, you know? Man kann viel reden darüber, „Schaumschlagen“ sagt man in Österreich ja, aber dahinter ist die schwere Frage: Was genau ist das jetzt, was einen Trend ausmacht?

Bei Holland America Line haben Sie gerade ein vegetarisches Menü eingeführt – was genau kann man sich da vorstellen?

"Ich bin oberkreativ"
„Ich bin oberkreativ“

Man findet eine Vorspeise, eine Suppe, ein Hauptgericht, also ein komplettes vegetarisches Menü für sich zugeschnitten. Sicherlich, es essen nur ein paar Prozent vegetarisch, aber das ist im Kommen. Vor zwei Jahren waren es noch zwei Prozent, jetzt sind’s vier Prozent. Das steigt, auf alle Fälle.

Die Herausforderung ist heute auch die Nachhaltigkeit. Holland America Line ist die einzige Company, die das beachtet. Wir haben Fisch aus nachhaltiger Zucht. Die Herausforderung sind hier die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Standards für Nachhaltigkeit – amerikanische Standards versus europäische Standards. Da sind noch eine Menge Fragen offen. Aber wir gehen in diese Richtung, 100 Prozent Nachhaltigkeit, um die Umwelt zu schützen.

Ihre Kochbücher beinhalten viele neue Kreationen, aber auch klassische Gerichte wie Baby Back Ribs oder Erbsensuppe, die sie neu gestaltet haben. Was ist die größere Herausforderung: Ein Gericht komplett neu zu erfinden, oder ein klassisches Gericht neu aufzulegen?

Holland-America-Kochbuch "A Taste of Celebration"
Holland-America-Kochbuch „A Taste of Celebration

Das spielt eigentlich keine Rolle. Ich schreibe gerade ein neues Buch, Vorspeisen, und nächstes Jahr kommt ein Dessert-Buch. Wenn ich heute ein Gericht anschaue, von meiner Mutter, die auch Koch war, und das mit heute vergleiche, dann kommen viele Elemente dazu. Sicherlich könnte ich ein Kochbuch so kreieren, dass Du sagst: „Wow“. Aber Du kannst es nicht nachkochen. Meine Kochbücher sind gemacht, um dem jungen Koch zu inspirieren, für die Hausfrau das nachzukochen.

Ich sage immer zu mir, zu meinen Köchen: Ich bin glücklich dabei, ich bin richtig oberkreativ und angereichert mit Menschenkenntnis kann ich gut abwägen, was richtig ist und was nicht richtig ist.

Bei jeder Cruise Line, für die ich die letzten 30 Jahre gekocht habe, war das Ziel, dass das auch zu Hause produziert werden kann oder der junge Koch inspiriert wird, dass er das, was der Rudi die letzten 30 Jahre gemacht hat, auch machen möchte. Da geht es nicht nur um eine Cruise Line, um eine Großküche, sondern, ganz allgemein gesagt, in die Zukunft gedacht, etwas an die nächste Generation weiterzugeben. Das ist meine Aufgabe.

Was ist Rudi Sodamin sonst noch wichtig, was fordert Sie heraus?

"liebevoll, künstlierisch anrichten gehört immer dazu"
„liebevoll, künstlerisch anrichten gehört immer dazu“

Ich kann jedes Gericht auf fünf verschiedenen Tellern unterschiedlich anrichten, ich kann mit jedem Gericht viele verschiedene Sachen machen. Das wichtigste dabei ist aber, dass ich das dann auch geschäftlich vermarkten kann. Ich wünsche mir, einmal im deutschen Fernsehen eine Kochsendung vom Schiff aus zu machen. Das habe ich noch nie erreicht. Schwer hinzukriegen.

Und ich hasse es, wenn man von „Cruise Line Küche“ spricht. Was ist denn der Unterschied zwischen Cruise-Line-Küche und an Land? Das ist alles ein Blödsinn. Eine Küche ist eine Küche. Egal, wo das ist, sie muss gut sein, bodenständig und ehrlich sein. You know? Das ist das einzige, was ich immer sage.

Eine persönliche Frage zum Schluß: Was kochen Sie am liebsten, wenn Sie für sich selbst kochen?

Ich esse ja auch gerne in guten Restaurants. Ich liebe Essen. Aber ich muss aufpassen, dass ich keine dicke Wampe kriege, wie man in Österreich sagt. Ich liebe gutes Essen, aber wenn ich alleine bin, oder zum Beispiel mit Dir: eine gute Flasche Wein, mit gutem Käse, ein gutes Käse-Souffle, also etwas Einfaches. Gutes Essen, auch liebevoll angerichtet, künstlerisch angerichtet gehört dazu, aber ganz einfach.

3 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

3 Gedanken zu „Rudi Sodamin im Interview – „Best Cruise Line Chef“ 2012“

  1. Herr Neumeier – ich schätze ihre Berichte sehr. Ich möchte ja kein Schweizer Bünzli sein, aber es stört mich schon wenn Sie
    Queen Elisabeth 2 und nicht Queen ELIZABETH 2 schreiben.
    MfG

  2. Hallo Herr Neumeier,
    1984/85 bin ich auch auf der Vistafiord mit meinem Zwillingsbrude Arndt gefahren, als Herr Sodamin dort Chefkoch war, er hat damals sein erstes Kochbuch herausgebracht und wir waren beide sehr beeindruckt von seiner Kochkunst und seinem Organisationstalent,
    von dem Kochbuch haben wir jeder noch eine handsignierte Ausgabe.
    Ich würde mich freuen von Ihm zu hören,
    leiten Sie doch bitte die E-mail an ihn weiter,
    viele Grüße
    Uwe Zauritz

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