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Splendour of the Seas: Die 50-Millionen-Dollar-Baustelle

Splendour of the Seas, Windjammer Cafe mittags um 12, das Buffetrestaurant ist gut besucht, scheinbar Normalbetrieb: Crewmitglieder in den typischen, weiß-blau geblümten Hemden füllen Eistee nach, räumen die Tische ab, es spielt dezente Hintergrundmusik aus den Lautsprechern. Ungewöhnlich sind nur die Gäste: Blaumann statt Hawaiihemd, Stahlkappen-Arbeitsschuhe statt Flipflops. Und das ist durchaus vernünftig, denn die Splendour of the Seas liegt seit 25. Oktober 2011 im spanischen Cadiz im Trockendock der Navantia-Werft und wird für über 50 Millionen Dollar komplett renoviert.

Wir sitzen neben Royal Caribbeans Ship Project Manager Petteri Keso, der dieses komplexe Projekt leitet, diese gigantische Logistik-Leistung koordiniert, rund 1.400 Arbeiter und Spezialisten überwacht. Am Ende sollen rund 640.000 Arbeitsstunden in dem Umbau stecken, 500 Seecontainer Müll werden abtransportiert, 400 Container mit neuem Material an Bord gebracht. Von 7 bis 22 Uhr wird täglich gearbeitet, dort wo verschiedene Arbeiten parallel laufen müssen auch rund um die Uhr abwechselnd mal der eine, mal der andere Bautrupp. 270 Kilometer Teppich-Bahnen, zwischen zwei und vier Meter breit, werden verlegt, über 3.500 Stühle neu gepolstert und bezogen.

Die Wasserflasche am Werftkran

Größtes Teilprojekt: Balkone für die bisherigen Aussenkabinen auf Deck 6
Größtes Teilprojekt: Balkone für die bisherigen Aussenkabinen auf Deck 6

Während Petteri Keso von den Herausforderungen erzählt, ein solch komplexes Renovierungsprojekt termingerecht durchzuziehen, wirkt er plötzlich abgelenkt. Draußen vor dem Panoramafenster des Buffet-Restaurants hievt einer der riesigen Werft-Kräne etwas ganz und gar ungewöhnliches von der Pier auf das Schiff: eine vergleichsweise winzige Literflasche Mineralwasser hängt am Haken und schwebt langsam nach oben. Keso zückt Schreibblock und Stift, macht eine Notiz. Dann ist er wieder bei der Sache, erklärt, wie teuer der Betrieb eines solchen Krans ist, wie wertvoll bei dem Schiffsumbau jede Minute ist und dass er schon ganz gespannt auf die Erklärung seiner Leute ist für diese Wasserflaschen-Aktion. Dabei grinst er fast unmerklich in sich hinein: Er freut sich auf die Ausrede, denn mit einer plausiblen Erklärung rechnet er nicht.

Pool Deck
Pool Deck

Wirklich aufzuregen scheint sich der Projektleiter über diese Aktion seiner Leute aber nicht, so leicht ist er nicht aus der Ruhe zu bringen. Trotzdem zählt für ihn jedes Detail, und Wasserflaschen mit dem Kran zu transportieren gehört nicht zu seiner Vorstellung von zügigem, zielgerichteten Arbeiten unter Zeitdruck.

Immer noch Zeit für einen Spaß: Statue beim Solarium-Pool
Immer noch Zeit für einen Spaß: Statue beim Solarium-Pool

Die Szene zeigt ziemlich anschaulich, dass trotz Zeitdruck, trotz unglaublich komplexer und ineinander verwobener Arbeitsabläufe keine übermäßige Hektik auf der Kreuzfahrtschiff-Baustelle herrscht. Jeder hier scheint sich sicher zu sein, dass man rechtzeitig fertig wird. Von Nervosität bei keinem der Verantwortlichen auch nur eine Spur. Da bleibt sogar noch Zeit, sich auch mal einen Spaß zu erlauben und eine Wasserflasche auf unkonventionellem Weg an Bord zu bringen.

Hoher Zeitdruck – aber von Stress keine Spur

Allein über 3.500 Stühle müssen neu gepolstert und bezogen werden
Allein über 3.500 Stühle müssen neu gepolstert und bezogen werden

Nur acht Tage vor Fertigstellung kommt es dem Besucher so vor, als sei es gänzlich unmöglich, diese Großbaustelle innerhalb weniger Tage wieder in ein glamouröses Kreuzfahrtschiff zu verwandeln, das am 24. November auf dem Weg nach Lissabon auf Hochglanz geputzt und poliert werden soll und dann am 25. November von dort voll besetzt mit Passagieren über den Atlantik auf Kreuzfahrt nach Brasilien geht.

Und doch wird es funktionieren, da ist sich Projektleiter Petteri Keso so sicher, dass die Frage nach dem „was, wenn nicht?“ ziemlich sinnlos erscheint. Wir stellen sie trotzdem. Die Antwort ist wenig überraschend: Keine Ahnung, das sei ihm noch nie passiert. Es klappt einfach.

Kein Bereich der Splendour of the Seas bleibt unangetastet

Das zukünftige "Chops Grille" in der Viking Crown Lounge
Das zukünftige „Chops Grille“ in der Viking Crown Lounge

Respekt hat Keso trotzdem vor dem Umbau der Splendour of the Seas. Wirklich anspruchsvoll sei das Projekt vor allem deshalb, weil eigentlich kein Bereich des Schiffs unberührt bleibt. Oft würden bei Kreuzfahrtschiff-Renovierungen einzelne Bereiche neu gemacht, hier ein neues Restaurant eingebaut, dort ein paar alte Röhrenfernseher gegen Flatscreens ausgetauscht, Teppiche erneuert und ein paar technische Veränderungen gemacht. Auf der Splendour of the Seas bleibt dagegen nahezu nichts unangetastet. Von der Brücke bis zu den Schiffsschrauben, von der Viking Crown Lounge über das Pooldeck bis zum Atrium – alles wird neu und teils umfangreich umgestaltet.

Die neue Treppe im Atrium, Deck 4
Die neue Treppe im Atrium, Deck 4

Am wenigsten kann man sich das Ergebnis im sonst lichtdurchfluteten, großzügigen Atrium zwischen Deck 4 und 9 vorstellen. Der Bereich ist komplett mit Baugerüsten ausgefüllt, gerade wird neue Bühnentechnik installiert, die für die neue „Centrum Wow“-Show gebraucht wird. Die neue Treppe wirkt als blankes Stahlkonstrukt noch etwas fremd, als wäre sie hier nur kurz abgestellt worden.

Solarium Pool
Solarium Pool

Am Solarium-Pool kreischt eine Flex, in der Luft hängen Staubschwaden vom Schleifen des neuen Fußbodens aus Teakholzimitat, das heutzutage statt Echtholz verwendet wird – schon aus Brandschutzgründen. Während die Arbeiter noch mit Schweißen und Schleifen beschäftigt sind, warten am Rand schon die Pflanzen in großen Kübeln auf ihren Einsatz, gleichzeitig streicht ein Maler schon die Sockel der Pflanztröge weiß an.

Aushang am Schwarzen Brett: Fortschrittsanzeige (Stand: 8 Tage vor Ende der Trockendockzeit)
Fortschrittsanzeige als Aushang am Schwarzen Brett (Stand: 8 Tage vor Ende der Trockendockzeit)

Überhaupt greifen die unterschiedlichen Arbeiten überall am Schiff ständig ineinander und man beobachtet an vielen Stellen, dass Arbeiten, die eigentlich aus ganz unterschiedlichen Phasen der Renovierung gleichzeitig ablaufen. Die neuen, interaktiven Displays, die die Orientierung für die Passagiere am Schiff erleichtern sollen, laufen beispielsweise hinter schützenden Plastikplanen bereits, während davor noch nicht einmal der Teppich liegt und Arbeiter noch mit Stahlarbeiten beschäftigt sind.

760 reguläre Crewmitglieder im Einsatz

Übrigens: Der Hotelbetrieb läuft auf dem Kreuzfahrtschiff auch während der Umbauarbeiten im Trockendock weiter. 760 Crewmitglieder machen Dienst fast wie im Normalbetrieb. Denn die meisten der bis zu 1.500 Arbeiter schlafen und Essen an Bord, Küche und Buffetrestaurant laufen auf Hochbetrieb, Kabinenstewards kümmern sich um die Kabinen – mit der Erschwernis, dass bei ja auch sämtliche Kabinen nach und nach renoviert werden. Für die Bewohner der Kabinen bedeutet das auch, immer wieder umzuziehen.

Heute Großbaustelle, in ein paar Tagen glamouröses Kreuzfahrtschiff

Neuer "Ducktail" gibt dem Schiff mehr Stabilität
Neuer „Ducktail“ gibt dem Schiff mehr Stabilität

Es ist der Kontrast zwischen Großbaustellenatmosphäre und Kreuzfahrt-Traumwelt, die den Besuch auf der Splendour of the Seas in der Werft so spannend macht. Reizvoll ist der Versuch, sich mitten in den staubigen, lauten Arbeiten eine Vorstellung davon zu machen, wie es hier in ganz wenigen Tagen aussehen wird, wenn alles fertig ist. Am meisten fasziniert aber, sich vorzustellen, wie man die unglaublich vielschichtigen und miteinander verwobenen Abläufe für ein solches Renovierungsprojekt plant, unter Kontrolle behält und den kompletten Umbau innerhalb von nur einem Monat durchzieht.

Und dann betritt man das Windjammer-Cafe-Restaurant und ist schlagartig in einer anderen Welt. Denn sieht man von den Blaumännern und Arbeitsschuhen der Arbeiter ab, die hier essen, ist man plötzlich wieder auf einem Kreuzfahrtschiff, so wie man es gewohnt ist. Nichts von dem Hämmern und Kreischen, dem Staub und dem organisierten Chaos der Baustelle dringt hierher vor. Es ist wie eine paradiesische Insel, in der die eigene Vorstellungkraft kurz Pause machen kann, bevor man das Restaurant wieder verlässt und seine ganze Fantasie aufbringen muss, ein Kreuzfahrtschiff zu sehen statt einer Großbaustelle.

Umbaudetails und Unterwasserschiff

Alle Details des Umbaus der Splendour of the Seas haben wir in Teil zwei der Story zusammengefasst („Renovierung der Splendour of the Seas im Detail„) – für alle, die es ganz genau wissen wollen :-)

Und natürlich konnten wir auch direkt ins Trockendock hinuntersteigen – 125 Treppenstufen, über 30 Meter tief. Zum Bugwulst, zu den Bugstrahlrudern, zum Anker einschließlich Ankerkette, Stabilisatoren, dem neuen Ducktail am Heck des Schiffs. Aber das ist eine andere Geschichte, die wir in ein paar Tagen erzählen; mit vielen Fotos von Bereichen des Schiffs, die sonst unter Wasser liegen und beeindruckenden Perspektiven von ganz unten …

Anmerkung*: Cruisetricks.de besuchte die Splendour of the Seas im Trockendock der Navantia-Werft in Cadiz auf Einladung von Royal Caribbean.
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Cruisetricks.de besuchte die Splendour of the Seas im Trockendock der Navantia-Werft in Cadiz auf Einladung von Royal Caribbean.

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8 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

8 Gedanken zu „Splendour of the Seas: Die 50-Millionen-Dollar-Baustelle“

  1. Was mich beim Hören etwas erschreckt hat ist die neue Aufteilung der Viking Crown Lounge – aber nachdem ich’s (zumindest als Baustelle) gesehen habe, kann man sich ganz besonders auf das Steakhaus freuen, relativ klein und heimelig und mit einem genialen Blick übers Schiffs nach hinten hinaus. Und auch der Rest der Viking Crown Lounge wird ganz sicher nicht sein bisheriges Flair verlieren, sondern noch dazugewinnen.

    Toll werden auch die neuen Aussenkabinen mit den Panoramafenstern von der Decke bis zum Boden in ganz zentraler Lage gleich beim Atrium. Bei allem Trend zur Balkonkabine sind diese Aussenkabinen nochmal was ziemlich Besonderes.

    Nachdem ich das Schiff jetzt während des Umbaus gesehen habe, reizt es mich schon sehr, auf dem fertigen Schiff zu fahren, sobald es nächstes Jahr wieder nach Europa kommt.

  2. @Markus Toennessen: Wurde sie nicht rechtzeitig fertig? Ich kann mich nicht an Verzögerungen erinnern, zumindest nicht in der Werft. Oder wurde bei der anschließenden Transatlantik-Reise nach Südamerika an Bord noch gebaut?

  3. erste Fahrt von BCN nach LIS verschoben – 2 Tage kürzerer Reisedauer. 3-400 Handwerker an Bord während der Transatlantik Reise.
    Die letzten Deckenverkleidungen wurden am Tag der Ankunft am Endhafen angebracht.

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