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Adam Goldstein sportlich, auf der Allure of the Seas 2010

Verbringt der CEO einer Reederei seinen Urlaub auf See?

Wie sieht der Arbeitsalltag des Chefs einer großen Kreuzfahrt-Reederei aus? Wie oft fährt er auf den eigenen Schiffe mit? Und was macht der CEO in seinem eigenen Urlaub? In einem ausführlichen Interview hat der CEO und Präsident von Royal Caribbean International, Adam Goldstein, diese und viele andere Fragen beantwortet. Im dritten und letzten Teil unseres Interviews mit Adam Goldstein haben wir uns mit ihm über den Arbeitsalltag eines Reederei-CEOs und auch ein wenig über sein Privatleben unterhalten.

Was macht der Herr über 21 Schiffe eigentlich den ganzen Tag lang? Wie bekommt der die vielen Aufgaben zeitlich unter einen Hut und findet trotzdem nebenbei noch Zeit für seine Hobbys und seine Familie? Denn Adam Goldstein ist unter anderem passionierter Langstreckenläufer und spielt mit Begeisterung Tischtennis – gerne auch öffentlich auf den Schiffen, gegen Offiziere oder Passagiere. Er hat einen Sohn, der gerade mit dem College begonnen hat und eine Tochter in ihrem letzten Jahr an der High School. Das Familienleben ist ihm trotz seines anspruchsvollen Jobs sehr wichtig.

Aber erst einmal wollten wir wissen, wo eigentlich der CEO einer der größten Kreuzfahrtreedereien der Welt seinen Urlaub verbringt …

Gehen Sie in ihrem eigenen Urlaub auf Kreuzfahrt? Oder lieber in die Berge?

Manchmal machen wir wirklich eine Kreuzfahrt. Aber, nicht oft genug. Meine Familie liebt das und ich bin mir sicher, wir werden mit der Quantum of the Seas fahren, sobald wir das nach ihrer Indienststellung organisieren können. Ich werde natürlich viel an Bord sein, wenn wir das neue Schiff vorstellen und dann werden wir das nochmal als Familienurlaub machen.

„Wir werden mit der Quantum of the Seas fahren, sobald wir das nach ihrer Indienststellung organisieren können.“

Aber wir haben ein Grundstück in Maine im Nordosten der USA und ich und meine beiden Kinder verbringen im Sommer sehr viel Zeit dort. Wir fühlen uns mit diesem Bundesstaat sehr verbunden und lieben es dort zu sein. Wir versuchen, dort so oft wie nur möglich zu sein.

Und wir haben einen Familien-Ski-Urlaub geplant für den Jahreswechsel mit der erweiterten Familie, meinen Geschwistern und deren Familien. Wir freuen uns sehr darauf, weil ich einen Bruder habe, der mit seiner Familie in Japan lebt und ein anderer lebt mit seiner Familie in Seattle und einer der beiden hat kürzlich ein Mädchen adoptiert. So wie sie heute existiert, hat sich die ganze Familie noch nie zur selben Zeit am selben Ort getroffen. Also hoffen wir, dass das im Dezember klappt. Das sind einige der Dinge, die wir machen.

Die größere Herausforderung ist aber eigentlich der Alltag: zu arbeiten natürlich, bei der Familie zu sein, mein Lauf-Training zu absolvieren, was ein wichtiger Teil meines Lebens ist und dann noch Zeit zu finden, Tischtennis zu spielen so oft ich kann. Diese Dinge zusammenzubringen ist schwieriger als eine gelegentliche Urlaubsreise zu organisieren.

Nun aber zum Geschäftlichen: Was macht die tägliche Arbeit des CEO einer Kreuzfahrtgesellschaft aus?

Adam Goldstein
Adam Goldstein 2009 auf der Oasis of the Seas

Da gibt es zwei Bereiche: in Miami und abseits von Miami. In Miami gibt es eine Menge Meetings mit Mitarbeitern, dem Führungsteam des Unternehmens, Meetings zu Neubauten und Revitalisierungs-Projekten, die einen großen Teil der Zeit beanspruchen. Und dann versuche ich, wirklich regelmäßigen, sagen wir, den Top 15 oder 20 Leuten in meinem Bereich Kontakt zu halten, die meisten davon Vizepräsidenten. Ich bemühe mich, mit diesen Leuten regelmäßig in Vieraugen-Gesprächen zu reden, einmal im Monat oder zumindest vierteljährlich. Dann gibt es besondere Anlässe wie etwa Mitarbeiter-Ehrungen bei einem Mittagessen oder Auszeichnungen für besondere Leistungen unserer Mitarbeiter.

„… richtig auf diese schwierige Situation reagieren …“

Und es ergeben sich natürlich unerwartete Situationen, die sofortiger Reaktion bedürfen, beispielsweise ein Hurrikan-Warnung, oder natürlich beispielsweise der Brand, den wir am Memorial Day 2013 auf der Grandeur of the Seas hatten, wo unser Unternehmen einen phänomenalen Job gemacht hat, als es darum ging, richtig auf diese schwierige Situation zu reagieren und wofür wir auch enormes Lob bekommen haben. Aber das ist so, weil gut geschulte Leute sofort die richtigen Maßnahmen eingeleitet haben und die Situation im Griff hatten. Ich selbst bin sofort zur Grandeur of the Seas geflogen, habe mit den Leuten gesprochen.

Also, die Arbeit in Miami hat sehr viel mit Unternehmensführung zu tun – die Lebensader des Unternehmens, die richtigen Entscheidungen treffen und wenn Planungen anstehen, dann stehen eben einmal im Jahr auch operative Planung beziehungsweise strategische Planung im Mittelpunkt.

„… stark selektieren, weil ich natürlich eine Menge Möglichkeiten haben, was ich alles tun könnte.“

Wenn ich auf Reisen bin, dann ist das meist ein sehr hektischer Mix aus dem was ich beispielweise auch heute tue: Zeit mit Journalisten und Top-Expedienten verbringen, aber auch Meetings mit Hafen-Verantwortlichen, Regierungsvertretern, Werften besuchen, an CLIA-Meetings teilnehmen, wo ich im Global Executive Committee sitze, so wie beispielsweise nächste Woche auf der Seatrade Europe Konferenz in Hamburg. [Anm.: wir haben das Interview mit Adam Goldstein im September 2013 geführt.]

Ich muss stark selektieren, weil ich natürlich eine Menge Möglichkeiten habe, was ich alles tun könnte. So viel, dass ich 360 Tage im Jahr außerhalb des Headquarters in Miami verbringen könnte. Aber das würde weder für meine Familie noch fürs Geschäft gut funktionieren. Es ist eine Frage der Balance. Es gibt mehr Nachfrage nach meiner Zeit, als ich Zeit zur Verfügung habe, also muss ich die besten Entscheidungen treffen, die ich kann und jeder um mich herum tut dasselbe mit seiner Zeit.

Wie viel Zeit bleibt Ihnen da überhaupt noch, auf Ihren Schiffen zu sein?

Adam Goldstein beim cruistricks.de-Interview in Frankfurt
Adam Goldstein beim cruistricks.de-Interview in Frankfurt

Ich bin nicht so oft auf den Schiffen, wie ich mir das wünschen würde. Nicht mehr, jedenfalls. Ich hatte einmal eine Periode von acht Jahren, in denen ich 117 Anchor and Excellence Ship Visits absolviert habe, ich habe keinen einzigen davon verpasst. Da habe ich auf dem Schiff vor der gesamten Crew 117 Mal zu den Leuten gesprochen und ihre Fragen beantwortet. Das war eine spannende Erfahrung. Und weil ich davor auch schon für den Hotel-Bereich auf unseren Schiffen verantwortlich war, habe ich, glaube ich, ein ziemlich gutes Gespür für das Leben an Bord entwickelt.

Heute verlasse ich mich viel mehr auf Lisa Lutoff-Perlo, meine Executive Vice President of Operations und die anderen Führungskräfte aus dem Hotel- und Marine-Operations-Bereich, die auf die Schiffe gehen, sich dort zeigen, mit den Leuten sprechen, den Puls der Schiffe fühlen, prüfen wie die Führungskräfte und die Führungsteams auf den Schiffen ihre Arbeit machen. Viel mehr als ich selbst das kann.

Sie haben also wohl keine Zeit, auch mal bei der Konkurrenz mitzufahren, um sich das anzusehen?

„Ich versuche erst einmal Zeit zu finden, auf unseren eigenen Schiffen zu fahren.“

Nein, ich versuche erst einmal Zeit zu finden, auf unseren eigenen Schiffen zu fahren. Ich würde das gerne machen, das wäre großartig. Aber ich glaube, ich könnte das wahrscheinlich nicht inkognito tun, zumindest nicht bei den großen Reedereien. Also ist es wahrscheinlich besser, Leute da hin zu schicken, die gute Beobachter sind, aber nicht erkannt werden. Und ich bin mir sicher, dass andere Reedereien mit uns dasselbe machen. Wenn ich das selbst machen würde, bekäme ich auch ab dem Moment, in dem ich erkannt würde, kein realistisches Bild mehr, also ist es wohl besser, da andere Leute zu schicken.

Neugierige Frage zu Schluss: Als CEO einer Reederei dürfen Sie doch auch mal das Steuer eines der Schiffe für eine Weile halten, oder?

Nein, aber ich habe immerhin schonmal eine Ansage an Bord gemacht, als ich vor Kurzem auf die Grandeur of the Seas ging. Das war das erste Mal, dass ich auf dem kompletten Schiff über die Lautsprecher zu hören war. Das war eine neue Erfahrung. Nein, ich glaube, dass die Schiffe teuer und wertvoll genug sind, dass ich das Steuern den lizensierten Offizieren überlassen sollte. Ich bleibe bei meinem Auto.

Wir danken Adam Goldstein für das ausführliche Exklusiv-Interview, das wir auf cruisetricks.de in insgesamt drei Teilen veröffentlicht haben.

Weitere Teile der Serie "Interview mit Adam Goldstein, CEO Royal Caribbean":

1 Kommentar

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

1 Gedanke zu „Verbringt der CEO einer Reederei seinen Urlaub auf See?“

  1. Ja da mal selber ein paar Tage als „normaler Gast“ zu reisen offenbart bestimmt die ein oder andere Idee bzw. Erkenntnis.

    So wie das der CEO von NCL das schon mal gemacht hat, allerdings als Mitarbeiter.

    „Denn wer selber nicht mehr regelmäßig die Basisarbeit macht, verliert die Fähigkeit eine große Organisation zu führen.“

    So lautet eine Spruch aus der Vertriebsbranche. An der doch schon viel Wahres dran ist.

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