Kreuzfahrt-Passagiere genießen derzeit so guten Service und so viel Platz an Bord wie selten zuvor. Aber wie geht es der Crew unter den erschwerten Bedingungen in Zeiten von Covid-19? Wir haben uns mit dem Kapitän und Offizieren ebenso wie mit Crew-Mitgliedern der Mein Schiff 6 darüber unterhalten. Wie fühlt sich der Neustart der Kreuzfahrt für sie persönlich an? Und wie kommen sie mit den teils gravierenden Einschränkungen zurecht?

Die andere Perspektive: Wie geht es in Covid-19-Zeiten eigentlich der Crew auf einem Kreuzfahrtschiff?
14 Tage strikte Quarantäne für die Crew
Vor Dienstantritt auf der Mein Schiff 6 ist ein 14tägige Quarantäne vorgeschrieben – egal ob einfaches Crew-Mitglied, Offizier oder Kapitän. Das bedeutet: 14 Tage die Kabine nicht verlassen, Außenkontakte nur per Telefon, das Essen wird vor die Tür geliefert.
Die erste Antwort von Personalleiterin Eva Mattersberger auf unsere diesbezügliche Frage überrascht: „Ich habe es sehr genossen, ich wollte sogar verlängern.“ Dann berichtet sie ausführlicher, wie es ihr in der Quarantänezeit ergangen ist:
„Ich habe endlich mal Zeit für mich gehabt und mir gedacht: ‚ich würde gerne noch eine Woche bleiben.‘“
„Ich bin Läuferin und laufe regelmäßig. Ich dachte am Anfang: ‚Eva, das wird sehr schwierig.‘ Ich habe nie gedacht, dass ich zwei Wochen ohne Laufen auskomme, aber ja, es ging. Ich habe verschiedene Übungen gemacht, ich war nach Gibraltar auf der sonnigen Seite, habe wirklich die gesamte Zeit Sonne gehabt und habe es echt genossen. Ich habe endlich mal Zeit für mich gehabt und mir gedacht: ‚ich würde gerne noch eine Woche bleiben.‘ In den letzten Tagen macht man die Übergabe. Dann realisiert man: ‚Oh da kommt wieder Stress und viel Neuigkeiten. Ich will noch da bleiben.‘ Aber das ging natürlich nicht, weil meine Vorgängerin ja absteigen wollte.“
Eva Mattersberger (Bild: TUI Cruises)
Und was macht man den ganzen Tag, wenn man die Kabine 14 Tage nicht verlassen darf?
Eva Mattersberger: „Ich habe meine Routine gehabt. Immer um 8:30 oder 9 Uhr Frühstück, dann habe ich ungefähr 1,5 Stunden meine Übungen gemacht, dann auf den Balkon, Sonne genießen, dann kam Mittagessen und am Nachmittag habe ich immer zwei Stunden geschlafen. Dann am Nachmittag entweder wieder Sonne oder gelesen oder Musik gehört oder telefoniert. Da hat man ja viel mehr Zeit für die Familie. Da hat man wirklich viel Zeit. Und am Abend habe ich wieder verschiedene Trainingsübungen gemacht und dann, ja, schaut man einen Film an und geht schlafen.“
„Das geht so schnell vorbei. Es kommt mal eine Phase wo man denkt, nein, das halte ich nicht mehr aus. Aber dann hat man Nachbarn, die auch auf dem Balkon stehen, dann fragt man ‚wie geht’s Dir, wie ist Dein Tag‘ und redet ein bisschen.“
(Fast) kein Landgang, aber mehr Möglichkeiten an Bord
Die auf den ersten Blick härteste Beschränkung für die Crew: individuelle Landgänge sind komplett unmöglich. In Heraklion dürfen kleine Gruppen von fünf Crewmitgliedern unter Begleitung eines Senior Offiziers (also mit mindestens drei Streifen) zum Einkaufen an Land gehen. „Das Problem ist nur“, sagt Personalleiterin Eva Mattersberger, „wir sind am Sonntag da, da hat alles zu.“ TUI Cruise hatte den Passagierwechseltag in Heraklion für folgende Reisen auf Samstag verlegt – angesichts des neuerlichen Shutdowns in Griechenland hat dieser Verbesserung nun aber zumindest vorübergehend erledigt.
Crew-Landausflüge sind ausschließlich für EU-Bürger zugelassen, wie Eva Mattersberger für die Situation speziell auf der Mein Schiff 5 in Griechenland erklärt: „Am Anfang gab es gar keinen Landgang. Dann haben wir es geschafft, dass wir zumindest organisierte Crew-Ausflüge machen können, aber nur für EU-Bürger, immerhin, besser als nichts. Aber wir haben natürlich die Mehrheit der Crew aus Asien. Aus EU-Ländern sind wir nicht so viele, rund 150, 160. Das ist noch ein offenes Thema, an dem wir arbeiten.“
Sie ergänzt: „Es gibt Crew, die nicht nach Hause kann und schon so lange an Bord ist – seit 7 oder 8 Monaten. Aus Nicaragua zum Beispiel: Die könnten nur nach Honduras fliegen und würden dann dort auf dem Landweg zur Grenze gebracht“ und müssten sich von dort aus allein nach Hause durchschlagen. „Es ist nicht einfach“, sagt Eva Mattersberger mit einem leicht verzweifelten Stöhnen.
„An Bord haben wir alle Möglichkeiten, und hier auf See ist es noch sicherer.“
Doch längst nicht alle Crewmitglieder trifft es so hart. Restaurantleiter Mehmet Avci, der als türkischer Staatsbürger gar nicht an Land darf, nimmt das Verbot der Behörden gelassen: „Von meiner Seite ist das okay. An Bord haben wir alle Möglichkeiten, und hier auf See ist es noch sicherer. Wir haben oben auf Deck 15 eine sehr große Terrasse, können dort reden, trinken, rauchen. Wir haben die Crew Bar, Raucherraum, Coffee-Shop, eigentlich haben wir alles. Natürlich wäre manchmal Einkaufen (an Land) schön. Aber TUI Cruises hat das sehr gut organisiert: Internet und Einkaufen ist für uns wirklich sehr günstig.“
Von dem kompletten Landgang-Verbot ist übrigens auch Kapitän Todd Burgman betroffen – er ist US-Amerikaner: „Ich darf hier nicht rausgehen. Sogar für einen Ausflug darf ich nicht an Land gehen. Ich verstehe das überhaupt nicht, weil wir alle für zwei Wochen in Quarantäne gewesen sind, wir alle leben unter den gleichen Maßnahmen und Bedingungen. Aber die griechischen Behörden haben eben entschieden, dass die Nicht-EU-Staatsbürger nicht an den Ausflügen teilnehmen dürfen.“
Kellnerin Luisa Pohl ist seit sechs Wochen an Bord der Mein Schiff 6 und dürfte eigentlich an Land. Sie sagt aber: „Ehrlich gesagt war ich auch noch nicht auf einem Ausflug. Das stört mich nicht. Ich hatte einen Ausflug geplant, dann kam der Zwischenfall mit den falschen Coronatest-Ergebnissen und der Ausflug wurde abgesagt. Gut, aber ich vermisse das bis jetzt eigentlich auch gar nicht“.
Auch auf diesen Weg möchten wir Kapitän Todd Burgman, Hotelmanager Lothar König, Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch, Personalleiterin Eva Mattersberger, Restaurantleiter Mehmet Avci und Kellnerin Luisa Pohl noch einmal für ihre Zeit bei den Interviews an Bord der Mein Schiff 6 und ihre teils auch recht persönlichen Antworten und Einblicke danken!
Weitere Teile der Serie " Mit der Mein Schiff 6 auf einer ungewöhnlichen Reise in Griechenland ":
- Mit der Mein Schiff 6 auf einer ungewöhnlichen Reise in Griechenland
- Ein Seetag auf der Mein Schiff 6
- Athen fast für uns allein: So wenig Touristen habe ich hier noch nie gesehen
- Impressionen von der Mein Schiff 6
- Durch Olivenhaine zu den schönsten Aussichtspunkten auf Korfu
- Zwei entspannte Seetage und Santorin zum Sonnenuntergang
- Knossos, Heraklion und die Mein Schiff 6 aus der Luft
- TUI Cruises‘ Infektionsschutz-Konzept auf der Mein Schiff 6
- Die andere Perspektive: Wie geht es in Covid-19-Zeiten eigentlich der Crew auf einem Kreuzfahrtschiff?
Hinweise zur redaktionellen Unabhängigkeit und zu Werbung
Cruisetricks.de reist auf der Mein Schiff 6 auf Einladung von TUI Cruises.
In unserer unabhängigen, journalistischen Berichterstattung lassen wir uns durch Einladungen, Produkt-Links, Sponsoring oder Ähnliches nicht beeinflussen.
Auch bei explizit als Werbung gekennzeichneten Beiträgen achten wir auf korrekte Fakten und Fairness gegenüber unseren Lesern.
Mehr Infos und Erläuterungen zu diesem Thema finden Sie im Beitrag "Transparent und ehrlich".
Der Text kann sogenannte Affiliate-Links - also Werbe-Links - enthalten, die wir deutlich mit dem -Symbol als ANZEIGE kennzeichnen.
Beste Aussage: “Augen erklären mehr als der Mund”. So habe ich das auch empfunden. Vielleicht sind Augen auch einfach ehrlicher, weil man lächelnde Augen nicht “aufsetzen” kann?
@Daniel: Zumindest habe ich schon öfter gehört, dass man an der Augenpartie unterscheiden kann, ob ein Lächeln echt oder aufgesetzt ist. Mir persönlich geht’s ganz ähnlich: Ich lerne gerade, Gesichtsausdrücke ohne die Mundpartie zu lesen und finde äußerst spannend, wie viel man da doch wahrnimmt, obwohl vermeintlich das ganze Gesicht durch die Maske verdeckt ist.