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Die andere Perspektive: Wie geht es in Covid-19-Zeiten eigentlich der Crew auf einem Kreuzfahrtschiff?

Kreuzfahrt-Passagiere genießen derzeit so guten Service und so viel Platz an Bord wie selten zuvor. Aber wie geht es der Crew unter den erschwerten Bedingungen in Zeiten von Covid-19? Wir haben uns mit dem Kapitän und Offizieren ebenso wie mit Crew-Mitgliedern der Mein Schiff 6 darüber unterhalten. Wie fühlt sich der Neustart der Kreuzfahrt für sie persönlich an? Und wie kommen sie mit den teils gravierenden Einschränkungen zurecht?

Für die Crew bringen die strengen Infektionsschutz-Regeln zusätzlich Belastungen mit sich: durchgängiges Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, 14tägige Quarantäne zu Beginn des Dienstes, nahezu keine Möglichkeit für Landgänge und einiges mehr. Dennoch ist die Stimmung an Bord offenkundig sehr positiv.

Kapitän Todd Burgman fasst die positiven und die weniger angenehmen Seiten zusammen: „Es hat sich einiges verändert. Die Crew ist sehr froh, überhaupt einen Job zu haben. Viele von den Kollegen sind zu Hause, schon seit langem, ohne Einkommen. Aber es ist mehr Arbeit, es ist sehr anstrengend mit den Masken. Und es fühlt sich ein bisschen fremd an, mit den Masken umzugehen. Auch der Lebensraum ist für die Besatzung etwas mehr beschränkt. Sie dürfen nicht an Land gehen, was sehr hart ist. Früher hatten sie Zugang zu den öffentlichen Bereichen, den Gastbereichen. Das ist jetzt auch beschränkt.“

Wie ist die Stimmung der Crew?

„Ich kriege jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, als wir da wieder losgefahren sind im August“, sagt Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch. Atlantik-Restaurantleiter Mehmet Avci: „Ich bin super glücklich.“

„Wir können uns jetzt auch deutlich mehr Zeit für die Gäste nehmen.“

Und Kellnerin Luisa Pohl: „Man macht sich schon ein bisschen Gedanken, klar, weil die Familie und Freunde ja auch dort sind, man will ja auch, dass es denen gut geht. Aber man ist schon froh, ehrlich gesagt, hier sein zu können, wenn mitbekommt, was da aktuell wieder alles los ist“, und: „Wir können uns jetzt auch deutlich mehr Zeit für die Gäste nehmen. Das ist schon schön.“

Hotelmanager Lothar König (Bild: TUI Cruises)
Hotelmanager Lothar König (Bild: TUI Cruises)

Hotelmanager Lothar König fasst aus seiner Perspektive zusammen: „Viele freuen sich, dass sie wieder an Bord sind und dass wir wieder Gäste an Bord haben, dass sie wieder einen Job haben. Denn viele andere haben das nicht. Da sind viele Crewmitglieder, die zu Hause sitzen und warten, bis sie zurückkommen können. Deshalb ist die Stimmung immer noch sehr positiv und gut, weil wir uns einfach freuen, dass wir wieder für die Gäste da sein können.“

„Die jetzige Zeit ist nicht einfach für uns und für die Gäste“ …

… beschreibt Personalchefin Eva Mattersberger die Situation an Bord. „Man kann sich an die Maske gewöhnen, aber irgendwie fehlt trotzdem etwas. Die Maske ist irgendwie eine Abgrenzung, besonders bei einer Dienstleistung, die wir hier erbringen, fällt das auf. Und irgendwie fehlen auch diese engen, persönlichen Kontakte. Wir müssen die Maske auch im Crewbereich tragen. Mir fehlt auf alle Fälle etwas. “

Auch Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch geht es da ähnlich: „Ich glaube, dass es im Moment für jeden Menschen etwas anderes ist als früher – egal wo und wie man arbeitet. Was mir generell manchmal ein bisschen fehlt, ist der zwischenmenschliche Kontakt.“

Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch (Bild: TUI Cruises)
Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch (Bild: TUI Cruises)
„Was mir generell manchmal ein bisschen fehlt, ist der zwischenmenschliche Kontakt.“

„Bei unserem ‚Wave and Smile‘, wenn wir die Gäste verabschiedet haben, da standen 2.000 Menschen und haben einfach gesagt ‚vielen Dank, liebe Crew, für diese wunderbare Zeit‘. Das fehlt mir. Denn es geht ja nicht immer ums Geld im Leben, sondern auch um die Wertschätzung.“

Weniger störend empfinden Restaurantleiter Mehmet Avci und Kellnerin Luisa Pohl die Masken. Pohl: „Man gewöhnt sich da ganz schnell dran. Es ist selbstverständlich geworden für uns. Manchmal vergisst man sogar, sie abzulegen, wenn man in die Kabine kommt.“

Mehmet Avci meint ohnehin: „Augen erklären mehr als der Mund. Die Maske ist da nicht so wichtig. Sehr böse gucken oder sehr glücklich gucken – jeder kann das auch mit Maske erkennen.“

Gilt Maskenpflicht eigentlich auch für den Kapitän auf der Brücke?

Kapitän Todd Burgman
Kapitän Todd Burgman

„Wenn wir Abstand voneinander halten können, dann nicht“, erklärt Kapitän Todd Burgman. Aber: „Beim Fahren tragen wir alle die Maske.“ Denn beim Cockpit-Design der Mein Schiff 6 „ist alles sehr konzentriert in der Mitte“, da sei Abstandhalten nicht durchgehend möglich. Und die Maske ständig auf- und wieder abzusetzen ist da natürlich höchst unpraktisch.

Besondere Regeln gelten übrigens für Lotsen, die bei Hafeneinfahrten an Bord kommen. Kapitän Todd Burgman: „Für den Lotsen machen wir eine kurze, medizinische Untersuchung, also Temperaturkontrolle und dann muss er einen Fragebogen ausfüllen. Und er muss seine Maske tauschen gegen eine, die er von uns bekommt.“

14 Tage strikte Quarantäne für die Crew

Vor Dienstantritt auf der Mein Schiff 6 ist ein 14tägige Quarantäne vorgeschrieben – egal ob einfaches Crew-Mitglied, Offizier oder Kapitän. Das bedeutet: 14 Tage die Kabine nicht verlassen, Außenkontakte nur per Telefon, das Essen wird vor die Tür geliefert.

Die erste Antwort von Personalleiterin Eva Mattersberger auf unsere diesbezügliche Frage überrascht: „Ich habe es sehr genossen, ich wollte sogar verlängern.“ Dann berichtet sie ausführlicher, wie es ihr in der Quarantänezeit ergangen ist:

„Ich habe endlich mal Zeit für mich gehabt und mir gedacht: ‚ich würde gerne noch eine Woche bleiben.‘“

„Ich bin Läuferin und laufe regelmäßig. Ich dachte am Anfang: ‚Eva, das wird sehr schwierig.‘ Ich habe nie gedacht, dass ich zwei Wochen ohne Laufen auskomme, aber ja, es ging. Ich habe verschiedene Übungen gemacht, ich war nach Gibraltar auf der sonnigen Seite, habe wirklich die gesamte Zeit Sonne gehabt und habe es echt genossen. Ich habe endlich mal Zeit für mich gehabt und mir gedacht: ‚ich würde gerne noch eine Woche bleiben.‘ In den letzten Tagen macht man die Übergabe. Dann realisiert man: ‚Oh da kommt wieder Stress und viel Neuigkeiten. Ich will noch da bleiben.‘ Aber das ging natürlich nicht, weil meine Vorgängerin ja absteigen wollte.“

Human Ressource Managerin Eva Mattersberger (Bild: TUI Cruises)
Human Ressource Managerin
Eva Mattersberger (Bild: TUI Cruises)

Und was macht man den ganzen Tag, wenn man die Kabine 14 Tage nicht verlassen darf?

Eva Mattersberger: „Ich habe meine Routine gehabt. Immer um 8:30 oder 9 Uhr Frühstück, dann habe ich ungefähr 1,5 Stunden meine Übungen gemacht, dann auf den Balkon, Sonne genießen, dann kam Mittagessen und am Nachmittag habe ich immer zwei Stunden geschlafen. Dann am Nachmittag entweder wieder Sonne oder gelesen oder Musik gehört oder telefoniert. Da hat man ja viel mehr Zeit für die Familie. Da hat man wirklich viel Zeit. Und am Abend habe ich wieder verschiedene Trainingsübungen gemacht und dann, ja, schaut man einen Film an und geht schlafen.“

„Das geht so schnell vorbei. Es kommt mal eine Phase wo man denkt, nein, das halte ich nicht mehr aus. Aber dann hat man Nachbarn, die auch auf dem Balkon stehen, dann fragt man ‚wie geht’s Dir, wie ist Dein Tag‘ und redet ein bisschen.“

(Fast) kein Landgang, aber mehr Möglichkeiten an Bord

Die auf den ersten Blick härteste Beschränkung für die Crew: individuelle Landgänge sind komplett unmöglich. In Heraklion dürfen kleine Gruppen von fünf Crewmitgliedern unter Begleitung eines Senior Offiziers (also mit mindestens drei Streifen) zum Einkaufen an Land gehen. „Das Problem ist nur“, sagt Personalleiterin Eva Mattersberger, „wir sind am Sonntag da, da hat alles zu.“ TUI Cruise hatte den Passagierwechseltag in Heraklion für folgende Reisen auf Samstag verlegt – angesichts des neuerlichen Shutdowns in Griechenland hat dieser Verbesserung nun aber zumindest vorübergehend erledigt.

Crew-Landausflüge sind ausschließlich für EU-Bürger zugelassen, wie Eva Mattersberger für die Situation speziell auf der Mein Schiff 5 in Griechenland erklärt: „Am Anfang gab es gar keinen Landgang. Dann haben wir es geschafft, dass wir zumindest organisierte Crew-Ausflüge machen können, aber nur für EU-Bürger, immerhin, besser als nichts. Aber wir haben natürlich die Mehrheit der Crew aus Asien. Aus EU-Ländern sind wir nicht so viele, rund 150, 160. Das ist noch ein offenes Thema, an dem wir arbeiten.“

Restaurantleiter Mehmet Avci
Restaurantleiter Mehmet Avci

Sie ergänzt: „Es gibt Crew, die nicht nach Hause kann und schon so lange an Bord ist – seit 7 oder 8 Monaten. Aus Nicaragua zum Beispiel: Die könnten nur nach Honduras fliegen und würden dann dort auf dem Landweg zur Grenze gebracht“ und müssten sich von dort aus allein nach Hause durchschlagen. „Es ist nicht einfach“, sagt Eva Mattersberger mit einem leicht verzweifelten Stöhnen.

„An Bord haben wir alle Möglichkeiten, und hier auf See ist es noch sicherer.“

Doch längst nicht alle Crewmitglieder trifft es so hart. Restaurantleiter Mehmet Avci, der als türkischer Staatsbürger gar nicht an Land darf, nimmt das Verbot der Behörden gelassen: „Von meiner Seite ist das okay. An Bord haben wir alle Möglichkeiten, und hier auf See ist es noch sicherer. Wir haben oben auf Deck 15 eine sehr große Terrasse, können dort reden, trinken, rauchen. Wir haben die Crew Bar, Raucherraum, Coffee-Shop, eigentlich haben wir alles. Natürlich wäre manchmal Einkaufen (an Land) schön. Aber TUI Cruises hat das sehr gut organisiert: Internet und Einkaufen ist für uns wirklich sehr günstig.“

Kellnerin Luisa Pohl
Kellnerin Luisa Pohl

Von dem kompletten Landgang-Verbot ist übrigens auch Kapitän Todd Burgman betroffen – er ist US-Amerikaner: „Ich darf hier nicht rausgehen. Sogar für einen Ausflug darf ich nicht an Land gehen. Ich verstehe das überhaupt nicht, weil wir alle für zwei Wochen in Quarantäne gewesen sind, wir alle leben unter den gleichen Maßnahmen und Bedingungen. Aber die griechischen Behörden haben eben entschieden, dass die Nicht-EU-Staatsbürger nicht an den Ausflügen teilnehmen dürfen.“

Kellnerin Luisa Pohl ist seit sechs Wochen an Bord der Mein Schiff 6 und dürfte eigentlich an Land. Sie sagt aber: „Ehrlich gesagt war ich auch noch nicht auf einem Ausflug. Das stört mich nicht. Ich hatte einen Ausflug geplant, dann kam der Zwischenfall mit den falschen Coronatest-Ergebnissen und der Ausflug wurde abgesagt. Gut, aber ich vermisse das bis jetzt eigentlich auch gar nicht“.

Auch auf diesen Weg möchten wir Kapitän Todd Burgman, Hotelmanager Lothar König, Kreuzfahrtdirektorin Wiebke Busch, Personalleiterin Eva Mattersberger, Restaurantleiter Mehmet Avci und Kellnerin Luisa Pohl noch einmal für ihre Zeit bei den Interviews an Bord der Mein Schiff 6 und ihre teils auch recht persönlichen Antworten und Einblicke danken!

Anmerkung*: Cruisetricks.de reist auf der Mein Schiff 6 auf Einladung von TUI Cruises.
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2 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

2 Gedanken zu „Die andere Perspektive: Wie geht es in Covid-19-Zeiten eigentlich der Crew auf einem Kreuzfahrtschiff?“

  1. Beste Aussage: „Augen erklären mehr als der Mund“. So habe ich das auch empfunden. Vielleicht sind Augen auch einfach ehrlicher, weil man lächelnde Augen nicht „aufsetzen“ kann?

  2. @Daniel: Zumindest habe ich schon öfter gehört, dass man an der Augenpartie unterscheiden kann, ob ein Lächeln echt oder aufgesetzt ist. Mir persönlich geht’s ganz ähnlich: Ich lerne gerade, Gesichtsausdrücke ohne die Mundpartie zu lesen und finde äußerst spannend, wie viel man da doch wahrnimmt, obwohl vermeintlich das ganze Gesicht durch die Maske verdeckt ist.

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