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Carnival Corp. soll Bewährungsauflagen nach einem Umwelt-Urteil verletzt haben

Eine US-Bundesrichterin droht Carnival Corp. mit einem zeitweiligen Anlauf-Verbot amerikanischer Häfen. Der Grund: Mehrere Marken des Kreuzfahrt-Unternehmens sollen Bewährungsauflagen verletzt haben. Das berichtet der Miami Herald und zahlreiche andere US-Medien nach einem Erörterungstermin bei Gericht. Eine gerichtliche Anhörung soll es zu den aktuell aufgeworfenen Fragen aber erst im Juni geben.

In einem Verfahren von 2016 war eine Millionenstrafe wegen diverser Umweltvergehen bei Princess Cruises und deren Vertuschung verhängt worden. Eine der Bewährungsauflagen dieses Urteils ist es, dass die Behörden die komplette Flotte aller Tochterunternehmen der Carnival Corp. fünf Jahre lang detailliert überwachen und die Einhaltung der Umweltvorschriften regelmäßig gerichtlich prüfen. Wir hatten im Dezember 2016 im Beitrag „Umweltschutz: Millionenstrafe gegen Princess“ darüber berichtet.

Ein Carnival-Corp-Sprecher Roger Frizzell sprach laut Miami Herald nach dem Erörterungstermin von einigen Fehlinterpretationen, die von Dritten vorgelegt worden seien. Man werde den Vorwürfen umfassend nachgehen. Umweltschutz habe für das Unternehmen höchste Priorität.

Update: Einigung und 20-Millionen-Strafe

Update 4. Juni 2019: Inzwischen hat Carnival Corp. Fehler eingeräumt und bei der Anhörung vor Gericht neue Maßnahmen zugesagt, um Verletzungen der gerichtlichen Auflagen künftig zu vermeiden. Zugleich zahlt das Kreuzfahrt-Unternehmen eine Strafe von 20 Millionen Dollar für die jetzt eingeräumten Fehler.

Konkret wird für die folgenden drei Jahre ein „Chief Compliance Office“ im Unternehmen auf die Einhaltung der Vorgaben achten, der direkt dem CEO von Carnival Corp. unterstellt ist. Für künftige Verstöße soll eine Strafe von einer Million Dollar pro Tag anfallen. Das Verfahren zur Meldung von Verstößen gegen Marpol- und andere Regeln soll reformiert werden, damit solche Verstöße auch tatsächlich gemeldet werden. Und auch beim Abfall-Management hat sich Carnival Corp. für alle Marken des Unternehmens zu wirkungsvolleren Abläufen sowie zu konkreten Zielen bei der Vermeidung von Lebensmittel-Abfällen und Wegwerf-Plastikartikeln verpflichtet: Reduzierung der Lebensmittel-Abfälle um zehn Prozent bis Ende 2021 und Investitionen von mindestens 20 Millionen Dollar in diesem Bereich sowie eine Reduzierung von Einweg-Plastikprodukten um 50 Prozent bis Ende 2021.

Der Fall ist beim United States District Court Southern Florida in Miami anhängig, nachdem offenbar die für die Bewährungsauflagen zuständige Behörde im März 2019 einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Am 10. April fand in Miami eine „Conference“ statt, wie sie im Rahmen der Bewährungsauflagen zu dem früheren Urteil regelmäßig abgehalten werden. Im amerikanischen Rechtssystem dienen solchen Termine dazu, dass sich die Parteien oder ihre Anwälte im Beisein eines Richters treffen, um offene Fragen zu besprechen. Ungewöhnlich ist, dass bei diesem Termin offenbar auch Journalisten anwesend waren.

Vorwurf: weitere Umweltverstöße und Fälschung von Dokumenten

Der aktuelle Vorwurf an Carnival lautet, dass Schiffe von speziellen Einsatzteams systematisch auf Kontrollen so vorbereitet worden seien, damit die Prüfer keine Beanstandungen finden würden. Der interne Name für diese Vorbereitungsbesuche soll „Environmental Excellence Program Visits“ lauten. Unter anderem sollen Aufzeichnungen gefälscht worden sein.

Auch nach Verhängung der Bewährungsauflagen sollen außerdem rechtswidrig Plastikabfälle im Meer entsorgt und verbotenerweise Grauwasser im Glacier Bay National Park in Alaska abgelassen worden sein. Das Kreuzfahrt-Unternehmen soll darüber hinaus im Hintergrund Lobbyarbeit bei der US Coast Guard betrieben haben, um die strengen Bewährungsauflagen im Nachhinein abzumildern.

Dem Miami Herald zufolge enthalten die Gerichtsakten beispielsweise den Vorwurf, auf der Carnival Elation, Sea Princess und Ruby Princess sei Lebensmittel- und Plastik-Müll in drei Fällen 2017 und 2018 nicht ausreichend getrennt worden sein. Somit seien auch Plastikabfälle zusammen mit der (erlaubten) Entsorgung von Lebensmitteln ins Meer gelangt. Die Westerdam von Holland America Line soll 2018 in einem Fall fast hundert Tonnen Grauwasser unerlaubterweise im Nationalpark Glacier Bay in Alaska abgelassen haben. Die Carnival Conquest habe ebenfalls 2018 rund 250 Tonnen Ballastwasser in den Gewässern der Bahamas illegal abgelassen. Insgesamt sieben Verstöße sollen die Ermittler auf den insgesamt derzeit 102 Schiffen der neun Carnival-Marken entdeckt haben.

Vorwurf: Zusage an Gericht gebrochen

Das Gericht hatte Carnival im Dezember 2017 aufgefordert, das Programm zu stoppen, mit dem die Schiffe jeweils auf die Kontrollen vorbereitet werden sollten, um negative Untersuchungsergebnisse zu verhindern. Carnival habe zugesagt, das Programm zu stoppen. Staatsanwälte behaupten jedoch, dass die Praxis auch 2018 fortgesetzt worden sei. Als Beweis legen sie dazu unter anderem interne E-Mails vor, beispielsweise von Holland America Line von Anfang 2018.

Der Distric Court will nun nach einer Anhörung im Juni darüber entscheiden, ob die Bewährungsauflagen tatsächlich verletzt wurden und gegebenenfalls entsprechende Strafen gegen Carnival Corp. verhängen. Laut Miami Herald steht dabei auch eine vorübergehende Sperre von amerikanischen Häfen für die Flotte der Carnival-Tochterunternehmen im Raum.

Die Richterin forderte die Führungsebene von Carnival Corp. auf, bei der Anhörung im Juni persönlich vor Gericht zu erscheinen, namentlich Carnival-Corp-President Micky Arison und CEO Donald Arnold, Holland America Lines CEO Stein Kruse, den inzwischen pensionierten Senior Vice President of Fleet Operations Keith Taylor, Senior Vice President Safety, Environmental & Management Services Joe Servidio sowie Carnival Cruise Lines President Christine Duffy.

Stellungnahme von Carnival Corp.

Gegenüber cruisetricks.de bezieht Carnival-Corp-Sprecher Roger Frizzell auf unsere Anfrage hin wie folgt Stellung: „Wir haben die Bedenken von Richterin Seitz gehört und werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass wir alle Erwartungen im Rahmen des ECP erfüllen und sind weiterhin bestrebt, in Bezug auf die Einhaltung der Umweltvorschriften führend zu sein. Unsere Umweltverantwortung war und ist für das Unternehmen von höchster Priorität. Unser Bestreben ist es, die Orte, mit denen wir in Berührung kommen, noch sogar zu verlassen als bei unserer ersten Ankunft. Dies ist im besten Interesse unserer Gäste, unseres Unternehmens und der Ozeane, auf denen wir reisen. Wir freuen uns darauf, alle Fragen des Gerichts zu klären und unser Engagement zu zeigen.“

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Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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