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Rettungsübung: Musterstation direkt unterm Rettungsboot

Die ganz persönliche Rettungsübung

Die Rettungsübung auf Kreuzfahrtschiffen, auch „Muster Drill“ genannt, ist seit dem tragischen Untergang der Costa Concordia in aller Munde. Einige Hartnäckige halten die Übung zwar immer noch für überflüssig, die große Mehrzahl der Passagiere hat den Sinn dieser Prozedur zu Beginn jeder Kreuzfahrt aber spätestens seit der Schiffskatastrophe vor Giglio verstanden. Und so wird heftig darüber diskutiert, wie eine optimale Rettungsübung denn nun genau aussehen sollte – mit oder ohne Anprobe der Schwimmweste, direkt an den Rettungsbooten oder bequemer im Inneren des Schiffs und inwieweit die Reederei die Teilnahme jedes Passagiers an der Rettungs-Übung erzwingen sollte.

Erfahrene Offiziere ebenso wie vielgereiste Kreuzfahrer fordern möglichst intensive Seenotrettungsübungen, bei denen die Passagiere den Ernst einer möglichen Notsituation verinnerlichen, die Rettungswege von der Kabine zu den Sammelplätzen ebenso wie zu ihrem vorgesehen Rettungsboot kennen und die Schwimmweste anprobieren sollen. Bordfotografen sollten demnach ebenso von der Rettungsübung verbannt werden wie private Videokameras und Cocktail- oder Biergläser in den Händen der Passagiere. Gelegentlich wird sogar gefordert, dass die Rettungsboote bei jeder Übung soweit abgelassen werden, dass sie zum Einsteigen bereit stünden, damit die Passagiere im Notfall möglichst genau Bescheid wissen und auch die Crew möglichst realitätsnah üben kann.

Freilich stört eine so intensive Rettungsübung vorübergehend die unbeschwerte Urlaubsfreude. Andererseits sind Notsituationen auf Kreuzfahrtschiffen so selten, dass sich davon niemand ernsthaft den Spaß an einer Kreuzfahrt verderben lassen wird.

Rettungsübung vor Abfahrt des Schiffs

Weitgehend einig ist sich die Branche, dass die Rettungsübung zukünftig immer schon vor dem Ablegen des Schiffs stattfinden muss und nicht erst irgendwann innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 24 Stunden. Die Costa-Concordia-Katastrophe hat – wenig überraschend – gezeigt, dass sich Unfälle eben auch vor Ablauf dieser Frist ereignen können.

Wie auch immer eine Reederei zukünftig die Rettungsübungen gestaltet: Was spricht eigentlich dagegen, für sich selbst eine eigene kleine Rettungsübung zu veranstalten? Ganz unabhängig davon, wie intensiv und ernsthaft die jeweilige Reederei die Rettungsübung zu Beginn der Kreuzfahrt durchführt? Ganz nebenbei lernt man dabei auch noch einen Teil des Schiffs genauer kennen und hat hinterher auf jeden Fall das sichere Gefühl, im Notfall wirklich Bescheid zu wissen. Wir haben ein paar Vorschläge zusammengestellt, wie eine solche persönliche Rettungsübung aussehen könnte. Vorweg bemerkt: Natürlich ersetzt das nicht die Teilnahme an der offiziellen Rettungsübung!

Die persönliche Rettungsübung

Rettungswege- und Notfallplan
Rettungswege- und Notfallplan

An der Innenseite der Kabinentür hängt der Rettungswegeplan. Daraus ist der reguläre Rettungsweg von der Kabine zur Musterstation erkennbar sowie ein alternativer Weg, wenn der reguläre beispielsweise durch Rauch oder Trümmer versperrt sein sollte. Die Musterstation kann dabei sowohl ein offenes Deck nahe der Rettungsboote sein, als auch das Theater oder eine Lounge, von wo aus dann in der Regel sehr kurze Wege direkt zum jeweiligen Rettungsboot führen.

Am besten läuft man diese beiden Rettungswege ab, um sich einzuprägen, wie man auch in einer Notsituation schnell und ohne sich zu verlaufen zum Sammelpunkt gelangt. Selbstverständlich dürfen dabei die Aufzüge nicht benutzt werden. Natürlich funktioniert das nur insoweit, als der Fluchtweg nicht durch Crew-Bereiche führt, was gelegentlich zumindest für den alternativen Fluchtweg der Fall ist. Liegt die Musterstation nicht direkt am Rettungsboot, sollte man sich zusätzlich – nur zur Sicherheit – auch die Lage des zugehörigen Rettungsboots einprägen, soweit bekannt.

Wer mit Kindern unterwegs ist, sollte mit dem Nachwuchs auch den Rettungsweg vom Kids-Club zur Musterstation üben – beispielsweise im Weg eines Spiels „wer ist zuerst an der Musterstation“. Zwar werden die Kinder im Notfall von den Kinderbetreuern direkt zur Musterstation geleitet, aber für alle Fälle sollte das Kind auch selbst den Weg finden. Bei vielen Reedereien finden in den Kinderclubs zusätzlich Übungen der Kinder mit den Betreuern statt. Wichtig ist auch, mit dem Kind zu vereinbaren, dass es in einer Notsituation, in der es alleine ist, unbedingt direkt zur Musterstation laufen und dort die Eltern treffen soll und nicht zurück in die Kabine. Eine solche klare Vereinbarung verhindert, dass Eltern und Kinder hilflos über das Schiff irren und einander suchen.

Die Rettungsweste sollte man auf jeden Fall aus dem Schrank holen, anlegen und die Länge der Gurte richtig einstellen. Danach sollte die Rettungsweste an einer leicht erreichbaren Stelle verstaut werden, also beispielweise nicht hinter den Koffern unterm Bett.

Hilfreich, wenn auch oft etwas unpraktikabel: Feste Schuhe und warme, winddichte Kleidung sollten immer griffbereit sein. In Notsituationen müssen Passagiere oft lange Zeit an ihrer Musterstation warten, bis entweder Entwarnung gegeben wird oder die Anweisung zum Verlassen des Schiffs kommt. Selbst in warmen Fahrgebieten kann diese lange Wartezeit in T-Shirt und kurzer Hose schonmal unangenehm kalt werden. Feste Schuhe sind vor allem dann ein immenser Vorteil, wenn man tatsächlich das Schiff verlassen muss.

Vor Augen führen sollte man sich auch immer wieder das Ton-Signal für einen allgemeinen Alarm auf Kreuzfahrtschiffen: 7x kurz, 1x lang. Ein allgemeiner Alarm bedeutet: Schwimmweste anlegen und zum Sammelpunkt gehen. Das Signal ist ausdrücklich nicht die Aufforderung, in die Rettungsboote zu steigen oder gar über Bord zu springen. Das Signal zum Verlassen des Schiffs ist ein einzelner, mindestens zehn Sekunden langer Dauerton. Dieses Signal wird der Kapitän aber nie aus heiterem Himmel und ohne begleitende Ansage über die Lautsprecher geben – schon um Chaos zu vermeiden.

Und zu guter Letzt sollte man sich daran erinnern, im Notfall den Anweisungen der Crew zu folgen. Auch wenn diese Anweisungen beispielsweise von vermeintlich für diesen Fall unqualifiziertem Personal wie Zimmerstewards oder Kellern kommen: Der Eindruck täuscht! Jedes Crewmitglied ist für den Notfall trainiert und hat eine klar zugewiesene Aufgaben im Notfall. Zu tun was die Crew sagt, ist im Notfall fast immer die bessere Alternative zu eigenen Entscheidungen, die in der Regel mangels Information über die Gesamtsituation grundfalsch sein können.

Notfalltipps für Kinder

Cruisetricks.de-Kinderreporterin Leonie
Cruisetricks.de-Kinderreporterin Leonie

Unsere Kinderreporterin Leonie hat sich übrigens ebenfalls mit dem Thema beschäftigt und einige sehr fundierte Tipps zusammengeschrieben. Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen:

Hi, hier Leonie, heute mit einem etwas ernsteren Thema. Ich gebe Euch Tipps, wie Ihr Euch verhalten sollt, wenn zum Beispiel das Schiff, wie im Fall der Costa Concordia, auf Grund läuft. Hier sind die wichtigsten Regeln:

  • Nicht in Panik verfallen, auch wenn ihr Eure Eltern nicht finden solltet. Niemals schreiend rumrennen. Und auf keinen Fall von Bord springen, denn das ist auf jeden Fall lebensgefährlich und schwimmend schafft Ihr es nicht an Land.
  • Immer auf die Crew hören und nicht irgendetwas machen, ohne dass ein Crewmitglied es sagt (außer die Crew ist unorganisiert; dann schaut auf andere, verantwortungsbewusste Personen).
  • Seid Ihr im Kidsclub, dann geht immer mit den Betreuern. Sie bringen Euch in Sicherheit und zu Euren Eltern.
  • Wenn Ihr allein unterwegs seid und noch nicht im Teenageralter, dann habt Ihr normalerweise ein Armband, auf dem die Nummer der Musterstation steht.  Zeigt dieses den Crew-Mitgliedern und sie werden Euch dort hinführen. Wenn Ihr kein Band habt, schaut auf der Schlüsselkarte zu Eurer Kabine nach.
  • Steigt nicht ohne Hilfe in ein Rettungsboot. Es könnte sein dass Ihr sonst stolpert, es keiner bemerkt und ihr überrannt werdet.
  • Nie hektisch werden und losrennen. Dann kann es sein, dass die anderen Personen nämlich in eine Massenpanik verfallen und Du wirst überrannt.

Ich hoffe, ihr kommt nie in die Situation, dass ihr einen meiner Tipps je befolgen müsst. Eine gute Fahrt wünscht Euch Eure cruisetricks.de-Kinderreporterin Leonie.

2 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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