Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
Mit der Finnmarken im Geiranger-Fjord am 17. Juni 2020 (Bild: Hurtigruten)

Erste reguläre Kreuzfahrt nach dem Shutdown: Einblicke von der Finnmarken

Hurtigruten hat den Neustart geschafft. Seit 16. Juni ist die Finnmarken in Norwegen wieder mit Kreuzfahrt-Passagieren unterwegs. In einer Videokonferenz live von Bord der Finnmarken auf ihrer ersten Reise nach dem Shutdown erklärte CEO Daniel Skjeldam, welchen Weg Hurtigruten dabei einschlägt, wie die Hygienemaßnahmen aussehen und welche Perspektiven er für die Kreuzfahrt-Industrie insgesamt sieht.

Daniel Skjeldam sitzt im Aune-Restaurant der Finnmarken und dreht die Webcam in Richtung Fenster: norwegische Fjordlandschaft bei strahlend blauem Himmel. Genau dort will man jetzt sein und nirgendwo sonst.

Einer der Hurtigruten-Pressesprecher macht später für die Teilnehmer der Videokonferenz noch einen kurzen Rundgang über das gerade erst umfassend renovierte Schiff. 2021 wird es unter dem neuen Namen Otto Sverdrup ganzjährig in Hamburg positioniert sein. Jedesmal, wenn die Kamera während des Rundgangs die Fjordlandschaft, die Berge rundherum oder das Kielwasser erfasst, schwärmt er von dem „truely beautiful Norwegian summer day“, dem fantastischen Sommertag in Norwegen – den die Zuschauer nur am heimischen PC erleben können.

„An extraordinary moment for all of us.“
Daniel Skjeldam, CEO Hurtigruten

Meine Augen werden ein wenig feucht vor Sehnsucht, als wenig im Hintergrund das Schiffshorn der Finnmarken ertönt, während Daniel Skjeldam grade darüber spricht, wie ernst Hurtigruten Infektionsschutz an Bord nimmt. „Das ist Hurtigrutens MS Nordkapp“, sagt Skjeldam, „die passieren wir gerade an Backbord.“ Überhaupt werde das Schiffshorn auf dieser ersten Reise nach dem Shutdown ziemlich häufig benutzt. Fischerboote grüßen, die Finnmarken grüßt zurück. Beim Auslaufen in Bergen am Abend des 16. Juni hätten zahlreiche Boote mit Norwegern die Ausfahrt des Schiffs gefeiert. Einer habe sogar mit der Trompete eine Serenade für die Finnmarken geblasen, erzählt Skjeldam: „An extraordinary moment for all of us.”

Mit der Finnmarken im Geiranger-Fjord am 17. Juni 2020 (Bild: Hurtigruten)
Mit der Finnmarken im Geiranger-Fjord am 17. Juni 2020 (Bild: Hurtigruten)

Hurtigrutens Rezept: Passagiere verschiedener Nationen nicht am selben Schiff

Die Norweger haben Glück: niedrige Infektionsraten, nahezu keine Erkrankungen entlang der Küste. Und Kreuzfahrtschiffe dürfen wieder fahren – wenn auch erst einmal nur mit einer ganz wesentlichen Einschränkung: Es dürfen nur Norweger und Dänen an Bord. Denn für alle anderen gilt in Norwegen weiterhin Quarantänepflicht. Selbst nach Spitzbergen darf Hurtigruten mit der Roald Amundsen, aber ebenfalls nur mit Norwegern und Dänen.

„We won’t open for nations with high infection rates.“
Daniel Skjeldam

Bei den Abfahrten der Fridtjof Nansen von Hamburg ab 26. Juni verspricht Hurtigruten denn auch erst einmal keine Landgänge. Wenn alles so bleibt, werden die Passagiere 15 Tage an Bord sein und die Fjorde per Zodiac-Schlauchboot und Kajak erleben. Aber Daniel Skjeldam hofft darauf, in Verhandlungen mit den norwegischen Behörden noch eine Genehmigung für Anlandungen in der Natur zu bekommen – also ohne Kontakt zur Bevölkerung. Und schließlich seien die Infektionszahlen in Deutschland ja ähnlich niedrig wie in Norwegen, warum also nicht?

In der Trennung der Passagiere nach unterschiedlichen Herkunftsländern sieht Daniel Skjeldam einen der Schlüssel zum Neustart der Kreuzfahrt, für dieses Jahr und vielleicht bis Anfang 2021, wenn Hurtigruten von Dover aus britischer Publikum an Bord nimmt.

Eines sei ganz klar, sagt Skjeldam: „We won’t open for nations with high infection rates.” – Keine Kreuzfahrten für Passagiere aus Ländern mit hohen Infektionszahlen. Kreuzfahrten mit Passagieren aus vielen verschiedenen ändern gemeinsam am Bord hält er erst für 2021 wieder für realistisch und man werde auch dann keine Passagiere aus Ländern mit unterschiedlich hohen Infektionsraten zusammenbringen.

Mindestabstand, aber kein Mund-Nasen-Schutz

Aber zurück auf die Finnmarken, auf der ich zumindest per Video eine Weile mitfahre, während Daniel Skjeldam spricht. Wie fühlt sich die Reise denn an? Wie sieht’s mit Abstand und Mundschutz aus? Die norwegischen Vorschriften bringen Hurtigruten eingie Vorteile. Der Mindestabstand beträgt hier nur einen Meter, was den Empfehlungen der IMO (International Maritime Organization) entspricht. Mund-Nasen-Schutz ist optional: „Bis jetzt habe ich auf dieser Reise noch niemanden eine Gesichtsmaske tragen gesehen“, sagt Skjeldam am zweiten Tag der Reise.

Daniel Skjeldam, CEO Hurtigruten (Bild: Ørjan Bertelsen / Hurtigruten)
Daniel Skjeldam, CEO Hurtigruten (Bild: Ørjan Bertelsen / Hurtigruten)

Fast ganz normales Kreuzfahrt-Feeling also, aber trotzdem sehr sicher, wie Skjeldam betont. Schließlich seien auf der Finnmarken aktuell nur Norweger und Dänen an Bord, mit sehr geringen Infektionszahlen in beiden Ländern. Dazu umfassende Reinigung und Desinfektion von Kabinen und öffentlichen Räumen, Restaurant mit Bedienung an Bord. Die Speisekarten gibt es per QR-Code direkt aufs eigenen Smartphone – oder notfalls auf Papier zur Einmalnutzung. Selbst Sauna und Whirlpools sind offen.

Die Schiffe fahren mit maximal 50 Prozent Passagierauslastung – auf der Finnmarken also rund 500 statt 900 bis 1.000, auf den beiden neuen Expeditionsschiffen Roald Amundsen und Friftjof Nansen maximal 250.

Und noch ein Vorteil für Hurtigruten: Weil in Nordnorwegen auf der Küstenroute auch während der Hochphase der Coronakrise zwei Schiffe durchgehend im Fährverkehr fuhren, hat die Reederei ein bewährtes und erprobtes Regelwerk für den Infektionsschutz.

Skjeldam: „Small Ship Cruising“ ist Zukunft der Kreuzfahrt

Daniel Skjeldam sagt: „Ich bin überzeugt, dass Small Ship Cruising früher zurück kommen wird als der allgemeine Massentourismus.“ Für Hurtigruten sieht er besondere Vorteile in der aktuellen Situation. Das Unternehmen seit ohnehin gerade in einem Prozess ständiger Veränderungen, vor allen bei der Entwicklung von der klassischen Postschiffroute hin zu einer Expeditionskreuzfahrt-Reederei und bei der konsequenten Umsetzung von umweltfreundlichen Techniken und Maßnahmen. Insofern kommt Hurtigruten auch mit den corona-bedingten Veränderungen gut zurecht.

„Travel not at the cost of the local people, but as the guests of the local people.“
Daniel Skjeldam

Er sei auch überzeugt davon, dass Umweltschutz-Themen in der Kreuzfahrt viel wichtiger werden. Während des Corona-Lockdowns hätten die Menschen gesehen, wie wichtig Nachhaltigkeit ist. Sie hätten erstmals seit langer Zeit wieder Sterne über ihrer Großstadt, klares Wasser in der Lagune von Venedig gesehen. „Die Menschen, die nach dieser Krise auf Reisen gehen, werden sich noch bewusster dafür entscheiden, mit umweltfreundlichen Kreuzfahrtschiffen eines Betreibers zu reisen, der Nachhaltigkeit wirklich ernst nimmt.“ Und noch ein Aspekt werde viel wichtiger werden: „Reisen nicht auf Kosten der lokalen Bevölkerung, sondern als deren Gäste.“

2 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

2 Gedanken zu „Erste reguläre Kreuzfahrt nach dem Shutdown: Einblicke von der Finnmarken“

  1. Das sind vernünftige Ansichten – und langfristig gute Aussichten.
    Mir langen meine Erfahrungen mit der Norwegian Epic 2016 im Februar im Mittelmeer.
    Schlechtes Wetter, ein instabiles Schiff, Gedränge in den Innenräumen, anstehen in 3 Reihen im O‘ Sheanans…
    …das ist zwar rund um die Uhr geöffnet, man kann aber nicht rund um die Uhr saufen.
    Braucht kein Mensch…
    …oder die Zustände auf der vollgebuchten Aida Diva im September 2011 in der Ägäis.
    Demzufolge habe ich seit 2016 keine Riesenschiffe mehr gebucht.
    Flußkreuzfahrten oder allenfalls bis zur Größe einer Artania…
    …und da dann gerne in das Bedienrestaurant.
    Eine Renaissance der kleinen Schiffe würde mich freuen, würde dafür auch mehr bezahlen als derzeit üblich.

  2. Fahr mal auf einem amerikanischen Schiff mit vorwiegend US Passagieren :-)
    Vor 10:00 Uhr ist da kaum jemand zu sehen und nach 22:00 Uhr auch nicht. Beispiel aus 2013 „Allure of the Seas“, 5300 Passagiere. Nach 22:00 Uhr habe ich weniger als 100 Leute in den öffentlichen Bereichen (Bars, Disko, Decks etc.) gezählt.
    Hier ein paar Bilder dazu:
    Ca. 8:30 Uhr:
    https://travellan.de/wp/wp-content/uploads/2014/11/karibik_2013_013.jpg
    Ca: 22:00 Uhr:
    https://travellan.de/wp/wp-content/uploads/2014/11/karibik_2013_046.jpg
    https://travellan.de/wp/wp-content/uploads/2014/11/karibik_2013_049.jpg

    Oder Coral Princess 2018 ca. 2500 Passagiere:
    09:12 Uhr (Uhr rechts und links zu sehen):
    https://travellan.de/wp/wp-content/uploads/2018/02/wp_web_panama_2018-09415.jpg

Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Neue Kommentare werden aus technischen Gründen oft erst einige Minuten verzögert angezeigt.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner