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Food Waste auf Kreuzfahrtschiffen: Volles Buffet, volle Mülltonnen?

„Food Waste“ auf Kreuzfahrtschiffen: Volles Buffet, volle Mülltonne?

Müllraum, Kläranlage und Schornstein statt Spa, Pool und Sonnendeck: Auf meiner eher ungewöhnlichen Kurzreise mit der Mein Schiff 4 im Oktober 2017 drehte sich alles um die Vermeidung von Lebensmittel-Abfällen und andere Umwelt-Themen.

„Katastrophe am Buffet, all inclusive, da wird ständig so viel Essen weggeworfen“, lautet ein Vorurteil, das einem immer wieder begegnet. Cruisetricks.de hat ein paar Tage lang das „Food Waste“-Projekt von TUI Cruises begleitet und dabei erlebt, wie wenig dieses Vorurteil stimmt. Update: Inzwischen liegt der Abschlußbericht zu diesem Projekt vor: „Reduction of Food Waste in Cruise Ships“ (PDF, englischsprachig).

Ich habe ausführlich mit TUI Cruises‘ Umweltmanagerin Lucienne Damm gesprochen (Interview demnächst in einer Folge des Podcasts), faszinierende Einblicke hinter die Crew-only-Türen des Schiffs bekommen und erlebt, wie sich Lebensmittelabfälle mit intelligenten und teils trickreichen Maßnahmen noch einmal deutlich reduzieren lassen.

Müll wiegen, Abfälle analysieren

Säuerlich müffelnde Essensreste sortieren, Tonnen voll unappetitlicher Lebensmittelabfällen wiegen und erfassen, den Passagieren beim Essen zuschauen – es gibt angenehmere Jobs auf einem Kreuzfahrtschiff. Und dennoch ist die Arbeit von Gastronomieberater Gregor Raimann wichtig und spannend zugleich.

Gregor Raimann bei der Analyse der Lebensmittelabfälle auf der Mein Schiff 4
Gregor Raimann bei der Analyse der Lebensmittelabfälle auf der Mein Schiff 4

Raimann ist im Auftrag des Vereins United against Waste (UaW) dreimal für jeweils eine gute Woche an Bord der Mein Schiff 4. Er analysiert, misst, wertet aus, schlägt Verbesserungen vor, setzt sie um, misst und analysiert erneut. Zum ersten Mal kommt dabei ein Analysetool von UaW zur exakten Erfassung von Lebensmittelabfällen auf einem Kreuzfahrtschiff zum Einsatz, das bislang nur für Gastronomiebetriebe an Land verwendet wurde.

Über 20 Prozent weniger Lebensmittel-Müll

Das Ergebnis vorweg genommen: Schon im ersten Durchgang konnten diverse Veränderungen im Anckelmannsplatz-Buffetrestaurant eine Einsparung von 20,5 Prozent bewirken. Das sind für die komplette Mein Schiff 4 in einer Woche immerhin 1,63 Tonnen – oder daumengepeilt (meine Rechnung, keine TUI-Cruises-Zahl) pro Passagier 650 Gramm. Die Prognosen für den zweiten Optimierungsdurchgang lassen noch einmal ein paar Prozent mehr hoffen.

Update: Auf die gesamte TUI-Cruises-Flotte bezogen und mit Berücksichtigung aller Bereichen auf den Schiffen spricht der Abschlußbericht des Projekts (PDF, englischsprachig) von einer Einsparung von 17 Prozent.

Obwohl die Menge der Lebensmittelabfälle im Vergleich zur Gastronomie und zu Privathaushalten an Land ohnehin schon recht gering ist (Details dazu später noch), kommen auf einem Kreuzfahrtschiff wie der Mein Schiff 4 im Jahr insgesamt 746,72 Tonnen „Food Waste“ zusammen. Das Einsparpotenzial liegt nach den ersten Ergebnissen der Studie bei TUI Cruises also bei erstaunlichen 185,12 Tonnen pro Schiff pro Jahr.

Nicht übersehen darf man dabei, dass sich diese Lebensmittelabfälle auf rund 3.500 Menschen an Bord beziehen: bei Doppelbelegung der Kabinen 2.506 Passagiere plus 1.000 Besatzung, denn auch die Crew-Messe bezieht das Projekt mit ein.

Ebenfalls wichtig: Systematisch ist ohnehin nur ein Teil der Lebensmittelabfälle zumindest theoretisch vermeidbar. Denn beispielsweise Knochen, Zwiebelschalen, Abschnitte von Gemüse und andere Dinge, die schon bei der Zubereitung der Speisen in der Tonne landen, sind schlicht nicht vermeidbar, weil sie nicht essbar oder genießbar sind.

Ananas tragen übrigens unverhältnismäßig stark zur Abfallmenge bei, weil die nicht essbare Schale relativ dick und schwer ist. Aber wer will deshalb schon auf Ananas verzichten?

So lassen sich Lebensmittel-Abfälle vermeiden …

Wie lassen sich also grundsätzlich vermeidbare Lebensmittelabfälle tatsächlich vermeiden? Einige der Maßnahmen, die TUI Cruises ergriffen hat, scheinen auf der Hand zu liegen. Dennoch ist diese umfassende Studie mit Messreihen und Optimierungsschritten offenbar nötig, um das Ziel zu erreichen. Warum eigentlich?

Gregor Raimann erläutert die getesteten Maßnahmen im Anckelmannsplatz-Buffetrestaurant
Gregor Raimann erläutert die getesteten Maßnahmen im Anckelmannsplatz-Buffetrestaurant

Experte Gregor Raimann hat auch darauf Antworten gefunden. Vieles hängt beispielsweise mit bewährten Abläufen zusammen, die nicht auf Abfallvermeidung optimiert wurden, sondern etwa auf optimalen Personaleinsatz oder auf die Essensgewohnheiten der Passagiere. Oder sie zielen auf die strengen, hygienischen Vorschriften an Bord ab. Ebenso relevant: Routine, Bequemlichkeit, allgemein Widerstand gegen Veränderungen, aber auch der Zeitmangel im Alltagsstress, über solche Dinge nachzudenken.

Wenn Abfallvermeidung dagegen als eigenes Ziel verfolgt wird, finden sich Ideen, die Abläufe so zu verändern, dass Müllvermeidung eine Rolle spielen kann. „Es war für alle Beteiligten auch mal ganz gut, das Ende der Kette anzuschauen“, sagt Gregor Raimann. Denn jeder Mitarbeiter sehe nur seinen eigenen, kleinen Bereich. Die großen Dimensionen erschließen sich im Arbeitsalltag nicht.

Ein paar Beispiele für konkrete Maßnahmen …

Es ist nicht die eine, große Idee, die gewaltige Müllmengen vermeidet. Es sind viele, kleine Details. Dabei gilt es vor allem am Buffet, ein entscheidendes Hindernis zu berücksichtigen: Aufgrund der Hygienevorschriften müssen verderbliche Lebensmittel nach vier Stunden vom Buffet entfernt und entsorgt werden. Wie reduziert man also die Menge an Lebensmitteln, die deshalb im Müll landen?

  • Die Schalen mit den Rohprodukten für die Wok-Station – Shrimps, Hühnchen, Gemüse – fassen auf der Mein Schiff 4 nur noch rund 1,5 Kilogramm statt zuvor fünf. Entsprechend öfter muss die Crew nachfüllen, dafür geht aber eben nach Ablauf der vier Stunden weniger in den Müll. Ähnlich bei den Salatsaucen: Die Gefäße dafür sind jetzt nur noch halb so groß.
  • Am Kuchenbuffet stehen kaum noch ganze Torten, sondern nur noch halbe. Oder die Kuchen sind portioniert und stehen in kleiner Stückzahl in Schälchen am Buffet. Dafür müssen sie regelmäßig nachgelegt werden, was mehr Aufmerksamkeit bei der Crew erfordert.
  • Die Körbe für Brötchen werden gegen Ende der Buffet-Zeit nicht mehr bis zum Rand aufgefüllt. Das erfordert mehr Mitdenken der Crew und birgt das Risiko, dass der Passagier eben auch einmal auf ein leeres Körbchen trifft.
  • Frisches Obst und Gemüse, auch Obstschnitzereien, werden deutlich seltener zur Dekoration benutzt. Stattdessen kommen haltbare Lebensmittel wie beispielsweise Nudeln zum Einsatz, die viel länger ansehnlich bleiben. Zwar muss Obstschnitzerei nicht nach vier Stunden entsorgt werden. Aber am nächsten Tag sieht sie eben einfach nicht mehr sehr frisch aus.

Buffet mit durchgängigen Öffnungszeiten

Die für Passagiere vielleicht auffälligste Veränderung auf der Mein Schiff 4 hat einem angenehmen Nebeneffekt: Das Buffet-Restaurant Anckelmannsplatz hat durchgehend geöffnet. Es gibt keine Schließzeiten mehr zwischen Frühstück und Mittagessen, Kaffeestunde und Abendessen. Praktisch für die Passagiere: Egal, wann sie vom Landausflüge zurückkommen oder wie lange sie morgens verschlafen: Im Buffet-Restaurant gibt es immer etwas zu essen.

Im ersten Moment klingt das nach einer sehr einfachen Maßnahme. Doch für die Besatzung bedeutet es große Umstellungen, vor allem im Dienstplan.

Der große Vorteil in Hinblick auf „Food Waste“: Die Speisen müssen nicht zum Ende der Öffnungszeit abgeräumt und entsorgt werden – was bei Schließung des Restaurants unabhängig davon passieren müsste, ob sie die vier Stunden Standzeit schon erreicht haben oder nicht. Denn geht das Frühstücksbuffet direkt ins Mittagsbuffet über, können die Frühstücks-Speisen langsam auslaufen, während die Mittagsspeisen schrittweise hinzukommen. Die drei Käseplatten vom Frühstück beispielsweise reduzieren sich am späteren Vormittag von drei auf zwei und dann auf eine. Nachgelegt (und später gegebenenfalls entsorgt) werden muss dann nur noch ein Drittel der Menge.

Ältere Passagiere essen ihre Teller leer

Und noch ein Aspekt: „Gästekommunikation“ – den Passagieren erklären, was da geschieht und sie sanft zu ebenfalls sparsamem Verhalten bewegen. Auch wenn es wichtig sei, dass die Menschen ihr Verhalten insgesamt veränderten, sieht Gregor Raimann bei diesem Aspekt aber nicht den Schwerpunkt: Die Menschen seien im Urlaub, sie sollten sich wohlfühlen und nicht mit schlechtem Gewissen ans Buffet schleichen. Die Hauptverantwortung liege bei der Reederei. Die Anstrengungen, die Müllmenge zu reduzieren, müssten vor allem von da kommen.

Je älter die Passagiere, desto weniger bleibt auf den Tellern liegen
Je älter die Passagiere, desto weniger bleibt auf den Tellern liegen

Interessantes Detail am Rande: Je höher der Altersdurchschnitt der Passagiere an Bord, desto weniger „Tellerrückläufe“ gibt es in den Restaurants. Anders formuliert: Ältere Menschen essen alles auf, Jüngere lassen häufiger etwas liegen. Je nach Passagierzusammensetzung schwankt die Menge der Lebensmittelabfälle also durchaus. Die sonst auf Kreuzfahrt gerne mal verunglimpften Rentner verhalten sich bei diesem Thema vorbildlich.

Lagerhaltung? Keine Verbesserungsmöglichkeiten gefunden!

Überrascht hat Gregor Raimann die effiziente Lagerhaltung an Bord: „Da habe ich gar nichts gefunden.“ Hier lasse sich nichts mehr optimieren. Wegwerfen wegen abgelaufenem Haltbarkeitsdatum oder weil Frischware schlecht wird, gibt es eigentlich nicht, sagt er. Nur bei Obst und Gemüse gebe es unvermeidbare, minimale Mengen an Abfall.

Der Vergleich mit Gastronomie an Land

Steigen wir aber einmal etwas tiefer in die Zahlen ein. Denn 20 und mehr Prozent Einsparung klingt sehr gut. Aber es fehlt der Vergleich. Wie viel Lebensmittel werden in Restaurants an Land weggeworfen? Wie viel Essen landet bei uns zu Hause im Müll?

Besonders interessant sind Vergleichswerte mit Restaurants an Land. Denn hier sollten die Werte eigentlich ähnlich sein. Tatsächlich sind solche Vergleiche ziemlich schwierig, weil es wenig Zahlenmaterial gibt und nicht klar ist, wie direkt man vorhandene Zahlen miteinander vergleichen kann.

Sehr detailliert hat sich 2012 das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart mit diesem Thema in einer Studie zu Lebensmittelabfällen in Deutschland beschäftigt – eine umfangreiche, aber auch sehr spannende Lektüre …

Eine komplette Mahlzeit im Restaurant Atlantik: verursacht anteilig 68,46 Gramm Abfall
Eine komplette Mahlzeit im Restaurant Atlantik: verursacht anteilig 68,46 Gramm Abfall

Aber zurück auf die Mein Schiff 4: Im Restaurant Atlantik wurden Lebensmittelabfälle pro Mahlzeit von 68,46 Gramm ermittelt – ein exzellenter Wert, wenn man das mit den Zahlen der Stuttgarter Studie vergleicht, die in der Gastronomie an Land hier auf einen Wert von 94 bis 114 Gramm pro Mahlzeit kommt. (Stuttgarter Studie, S. 46)

Wie stark dieser Wert aber schwanken kann und insbesondere von der großen Erfahrung der Mitarbeiter an Bord der Schiffe abhängt, zeigt ein Beispiel von TUI Cruises: Als im Atlantik-Restaurant eine neue, vegane Menü-Linie eingeführt wurde, stieg der Wert zwischenzeitlich auf 98,06 Gramm. Es fehlte zu Beginn die Erfahrung, wie viele Passagiere tatsächlich die veganen Gerichte bestellen würden. Entsprechend mussten mehr Essen vorbereitet werden, als sonst üblich.

Wie viele Lebensmittel werfen wir zu Hause in den Müll?

Fast schon in den Bereich der wilden Spekulation geht der Versuch, die Werte mit dem Aufkommen an Lebensmittelabfällen in Privathaushalten zu verglichen. Denn eine statistische Erfassung von Abfallmenge pro Mahlzeit gibt es hier nicht.

Also muss man mehrfach um- und hochrechnen, was so viele Ungenauigkeitsfaktoren in sich birgt, dass kaum ein sinnvolles Ergebnis herauskommt. Beispielsweise müsste man berücksichtigen, dass Menschen in Privathaushalten längst nicht alle Mahlzeiten zu Hause einnehmen, sodass ein Herunterrechnen der Gesamtmüllmenge auf den Lebensmittelabfall pro zu Hause eingenommener Mahlzeit um einiges höher liegen dürfte, als wenn man die Jahresmenge einfach auf 365 Tage aufteilt.

Dennoch wage ich eine grobe Überschlagsrechnung, nur um ein vages Gefühl dafür zu bekommen und zu zeigen, dass hier allem Anschein nach keine dramatischen Unterschiede zwischen Privathaushalt und Gastronomie an Bord bestehen: 71 bis 92,2 Kilogramm Lebensmittelabfälle entstehen in Deutschland pro Person und Jahr (Stuttgarter Studie, S. 121). Nimmt man an, dass ein Kreuzfahrtpassagier drei reguläre Mahlzeiten pro Tag zu sich nimmt und rechnet das auf ein Jahr hoch, käme man hier (auf Basis des Wertes des Atlantik-Restaurants von 68,46 Gramm pro Person und Mahlzeit) auf eine Jahres-Abfallmenge pro Person von knapp 75 Kilogramm. Das läge am unteren Rand der Bandbreite bei Lebensmittelabfällen in Privathaushalten. Noch einmal betont: eine hoch spekulative und ungenaue Zahl, aber ein Anhaltspunkt dafür, dass hier keine exorbitanten Unterschiede zwischen Schiff und Privathaushalt bestehen.

Warum investiert TUI Cruises in ein so aufwändiges Projekt?

Geld lässt sich mit einem solchen „Food Waste“-Projekt nur in geringem Umfang sparen. Gewöhnlich ist Geld das Hauptmotiv für Veränderungen in Unternehmen. Was also treibt TUI Cruises zu diesem Projekt an?

Lucienne Damm, Umweltmanagerin TUI Cruises
Lucienne Damm, Umweltmanagerin TUI Cruises

TUI Cruises‘ Umweltmanagerin Lucienne Damm erklärt im cruisetricks.de-Interview: „Unser Lebensmittelabfall-Reduzierungsprojekt ist aus der Umweltabteilung entstanden und hat einen ganz starken ethischen Fokus. Eine wertvolle Ressource wie Lebensmittel, die im Anbau, in der Produktion, gerade auch bei tierischen Produkten, sehr starke Auswirkungen auf die Umwelt haben – wie können wir damit an Bord verantwortungsvoller umgehen? Und ein ganz einfaches Mittel ist da natürlich, dass man die Sachen so gut wie möglich an Bord verwertet und damit die Lebensmittelabfälle weiter reduziert. Das war unsere Motivation zu sagen: ein total spannendes Projekt und auch einen guten Partner an der Seite zu haben, das ist uns ganz wichtig.“

Daneben gibt es weitere, kleinere Aspekte, warum es sich für eine Reederei in gewissem Umfang auch finanziell lohnt, die Menge der Lebensmittelabfälle zu reduzieren:

  • Die Lagerung und Entsorgung ist auf dem engen Raum eines Schiff schwierig – je weniger Abfall, desto besser.
  • Hygiene-Anforderungen sind an Bord sehr hoch. Auch hier reduziert eine geringere Müllmenge automatisch auch die damit verbundenen Probleme.
  • Auch an Land gibt es oft keine adäquaten Entsorgungsmöglichkeiten. Besonders eklatant ist dieses Problem beispielsweise in der Karibik.
  • und natürlich auch: Müll-Entsorgung verursacht Kosten.

Mein persönliches Fazit

Was ich von dieser ungewöhnlichen Pressereise mitgenommen habe, ist – neben den detaillierten Einblicken vor Ort – auch ein tiefer Eindruck: Drei Tage lang habe ich TUI Cruises von einer sonst nicht im Vordergrund stehenden Seite kennengelernt. Ich habe zusammen mit einer Handvoll Kollegen viel Zeit mit dem Food-Waste-Experten Gregor Raimann und TUI Cruises‘ Umweltmanagerin Lucienne Damm verbracht.

Glaubwürdig durch Offenheit ...
Glaubwürdig durch Offenheit …

Das hat bei mir ein sehr authentisches Bild einer Umweltmanagerin gezeichnet, die von der Bedeutung ethischer und ökologischer Ziele sehr überzeugt ist. Und fast noch wichtiger: die im Unternehmen auch genug Freiraum und Rückhalt hat, um entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Lucienne Damm legt detaillierte Zahlen ehrlich und offen auf den Tisch, versteckt auch Verbesserungswürdiges und Suboptimales nicht.

Man darf aber natürlich auch nicht naiv sein: TUI Cruises ist kein Wohlfahrtsverband, sondern ein Unternehmen, das wirtschaftlich arbeiten muss. Aber authentischer und offener habe ich persönlich während dieser Tage an Bord der Mein Schiff 4 in gut 30 Jahren Berufserfahrung noch kein Unternehmen erlebt.

Ich habe ein Unternehmen und eine Umweltmanagerin erlebt, die keine politischen Scheingefechte um Nabu-Schlagwörter führen, sondern dort ansetzen, wo etwas sinnvoll und realistisch ist. In den Detail, differenziert und eben dort, wo in der Sache viel zu erreichen ist.

Ein nicht ganz unwichtiges Detail am Rande: Die Ergebnisse des Food-Waste-Projekts sollen öffentlich gemacht werden und damit auch anderen Kreuzfahrt-Unternehmen zur Verfügung stehen.

Anmerkung*: Cruisetricks.de reiste auf der Mein Schiff 4 auf Einladung von TUI Cruises.
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10 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

10 Gedanken zu „„Food Waste“ auf Kreuzfahrtschiffen: Volles Buffet, volle Mülltonne?“

  1. Hallo, das klingt ja sehr interessant! Kenne ich doch nicht wenige, die Kreuzfahrten für sich ausschließen mit eben der Begründung, dass da „so viele Lebensmittel verschwendet“ würden, auch wenn der Grund vielleicht nur vorgeschoben sein mag. TUI Cruises mag hier ein Leuchtturmprojekt betreiben, jedoch denke ich, dass bei vielen anderen Reedereien ein weit höherer Lebensmitteleinsatz besteht.

    Ob jede internationale Linie aus USA oder Italien, stets beobachtete ich, wie zum Ende der jeweiligen Frühstücks- oder Mittagszeit knackvolle Auslagen- une Vitrineninhalte direkt in Müllbehälter entsorgt wurden. Eine Reduzierung des Angebotes vor Ende der jeweiligen Essenszeit beobachtete ich nicht. Dann kommen da noch die oft sehr verschwenderischen Gewohnheiten der Passagiere dazu. Italienische Großfamilien hatten offenbar wenig Lust, sich für jedes Süßgebäck zum Frühstück erneut zum Tresen zu begeben. Überquellende Teller mit allem was da war wurden auf die Tische getragen. Natürlich blieb der größte Teil liegen, nachdem man das Beste noch mit in die Kabine genommen hatte bzw. als Möwenfutter über Bord kippen wollte. Die philippinische Servicekraft schaute sehr erschüttert aus und bestätigte mir auf Nachfrage, dass Sie es eine Schande fände, wie in Europa mit Nahrung umgegangen wird, während ihre Landsleute hungerten.

    In den USA nicht viel anders. Der oft beleibte und daher eher unbewegliche Amerikaner nimmt sich gern von allem was und davon viel, egal ob er es aufessen kann oder nicht. Gern bleiben dann 70% des Essens auf dem Teller. „Are you finished, M’am?“ …“Yeah, I’m done“. Zum Dessert gern noch einmal fünf Stücke der verschiedenen Kuchen auf einem Teller, weil man die ja alle mal probieren und von jedem nur ein Häppchen essen muss. Der Rest geht in den Müll. Food klingt ein bisschen wie Fuel (Treibstoff) und so wird es auch häufig genutzt in Nordamerika, wobei Kanadier sicher da auch nicht viel nachhaltiger leben. Tja, auch wenn TUI Cruises hier mutig voranschreitet… es sind auf lange Sicht weit größere Schritte nötig, um die Blaue Kugel zu bewahren. Zur Zeit steigt die Umweltzerstörung exponenziell weiter an, machen wir uns also nichts vor, dass kleine Maßnahmen geeignet wären, eine Trendumkehr zu bewirken, wenn gleichzeitig mit extremen Mitteln die weitere Ausbeutung des Planeten voran getrieben wird. Sehr wohl ist das Engagement von TUI zu begrüßen, jedoch sollten wir uns vor der Vorstellung hüten, mit geringem Aufwand viel erreichen zu können, denn gerade wir Deutsche neigen sehr dazu, uns als Retter des Planeten zu sehen, weil wir gelbe Säcke und Dosenpfand erfunden haben, gleichzeitig aber Europameister im Müllmachen sind. Eine Leck geschlagene Titanic kann man nicht dadurch retten, indem man mit einem Eimerchen Wasser schöpft. Man muss das Leck schließen und das flott.

  2. Es gibt wahrlich größere Probleme auf der Welt als Lebensmittelabfälle, zumal die bei der Entsorgung auch nahezu keine Umweltprobleme verursachen (anders als beispielsweise Plastikmüll bzw. Plastik-Produktion überhaupt). Aber das sollte doch niemanden davon abhalten, auch im ganz Kleinen alles zu tun, was möglich ist. Jeder kleine Schritt hilft (wobei 20 bis 30 Prozent Einsparung in diesem Projekt ja deutlich mehr als nur eine „Kleinigkeit“ ist) und viele kleine Schritte zusammengenommen ergeben auch einen großen Schritt.

    Ich denke, was man auch nicht unterschätzen sollte ist der Erziehungs- und Wahrnehmungseffekt, den solche Projekte haben. Denn kaum jemand wirft Lebensmittel ja mutwillig weg. Es ist vielmehr Gedankenlosigkeit und mangelndes Wissen um die Folgen. Je mehr man die Menschen auf solche Zusammenhänge und Probleme aufmerksam macht, desto wahrscheinlicher ändern sie auch ihr Verhalten. Das geht nicht von heute auf morgen, führt aber stetig zu kleinen Fortschritten.

    Die kleinen Schritte lassen sich nur nicht so populistisch ausschlachten die große Einzelmaßnahmen und Dinge, die politische gerade „en vogue“ sind, unabhängig von ihrer Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit. Kurz: Wird gerade mal wieder eine Sau durchs mediale Dorf getrieben, erziele ich bei diesem Thema natürlich mehr Aufmerksamkeit als mit einem, kleinen, feinen Projekt Abseits des öffentlichen Interesses. Aber das sollte kein Grund sein, solche Projekte nicht zu machen, nur weil es weniger Aufmerksamkeit erregt.

  3. Sehr interessanter Artikel. Ein paar Fragen stelle ich mir jetzt noch. In einem Podcast habt ihr ja schon mal angesprochen, dass die Reedereien die Lebensmittel vom Schiff bspw. nicht an die Tafeln verschenken dürfen. Über die Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes lässt sich ja streiten. Ist das nur in Deutschland so? Warum geht der Teil des Essens, der nach der Schließzeit des Restaurants noch „gut“ ist, nicht an die Crew? Können Teile des Buffets, bspw. Käse weiterverarbeitet werden, etwa für Pizza? Ich finde, dass dieses Thema einen eigenen Podcast verdient. Noch ein schönes Wochenende wünsche ich

  4. @Kerstin: keine Sorge, die Podcast-Folge zu diesem Thema kommt bald :-)

    Zu Deinen Fragen:

    Ich weiß, dass Costa es geschafft hat, in Italien irgendwie eine Sondervereinbarung auszuhandeln, dass sie manche noch brauchbaren Lebensmittel an Land für Tafeln spenden dürfen. Das bezieht sich soweit ich weiß aber ausschließlich auf Lebensmittel aus dem Lager, also nichts, was schonmal am Buffet lag. Und im Lager entstehen eigentlich ohnehin nur sehr wenig Abfälle.

    Hinter dem Verbot, Lebensmittelreste an Land einer vernünftigen Verwendung zuzuführen, stehen Import-Vorschriften und das ist ein sehr dickes Brett, dass man da bohren müsste, um daran etwas zu verändern. Denn formell werden die Lebensmittel aus dem Ausland eingeführt und müssen dementsprechend den dafür gültigen Vorschriften entsprechen. Dazu müsste aber eben bei der Einfuhr im Hafen entsprechend kontrolliert werden etc. Das ist der Stand, den ich zu diesem Thema habe.

    Warum geht das restliche Essen aus dem Buffet nicht an die Crew? Verderbliche Lebensmittel, die einmal beim Gast waren, also beispielsweise im Brotkörbchen am Tisch standen oder am Buffet auslagen, müssen entsorgt werden, da gibt es keinen Weg daran vorbei. Auch eine Weiterverarbeitung ist nicht zulässig.

    Buffet-Reste an die Crew geben hätte aber ohnehin ein paar problematische Implikationen:

    a) Der Crew „Abfälle“ zum Essen zu geben, wäre ethisch ziemlich schwierig.

    b) Mit aller Vorsicht gesagt: Viele der Speisen würde die Crew auch gar nicht wollen, weil die Menschen aus anderen Kulturkreisen stammen, insbesondere Asien, wo ganz andere Speisen bevorzugt werden. Eine deutsche Torte, eine Käseplatte, eine Schüssel Müsli würde da ohnehin keine Abnehmer finden.

    c) Da der Zeitraum von vier Stunden recht kurz ist, bis die Lebensmittel ohnehin entsorgt werden müssten, wäre es recht aufwändig, die Lebensmittel hygienisch einwandfrei geschützt durchs halbe Schiff bis in die Crew-Messe zu transportieren und dort dann noch auf die Frist-Einhaltung zu achten.

    d) Aus hygienischen Gründen ist es sehr sinnvoll, eine möglichst harte Barriere zwischen Crew und Passagieren bezüglich der Ansteckung mit Krankheiten sicherzustellen. Insbesondere was Magen-Darm-Erkrankungen angeht, sollte sich eine Ansteckung möglichst nicht schiffsübergreifend von Passagier zu Crew oder anders herum (Letzteres passiert ohnehin wesentlich seltener) ausbreiten.

  5. Auf Facebook habe ich einen Kommentar gelesen, den ich mir erlaube hier zu zitieren und den ich gerne hier noch kommentieren will, weil es ein wichtiger Aspekt bei diesem Thema ist: „An diese maßlose Verschwendung werden wir uns nie gewöhnen. Die Krönung war der 8er Tisch Amerikaner neben uns. Nicht nur die Teller waren noch voll, zermatscht oder unberührt, es wurde das Getränkepaket ausgenutzt. Mindestens 16 Cocktails standen dort, viele Gläser noch gut gefüllt. Offensichtlich hat man mal alles ausprobiert.“

    Ich denke, dieses Thema sollte man immer in Relation sehen: An Land verhalten sich diese Menschen in einem All-inkl-Ressort auch nicht anders. Es ist zunächst also nur sehr begrenzt ein Kreuzfahrt-Problem (auch wenn hier natürlich „all inklusive“ insbesondere beim Essen der Standard ist).

    Oft spielen aber auch kulturelle Aspekte eine Rolle – es gibt Gesellschaften, in denen es üblich ist und quasi als Zeichen des Wohlstandes gilt, einfach mal so richtig aufzutafeln, den Tisch voll mit Essen zu packen und jeder nimmt sich, was er will. Dabei bleibt natürlich eine Meng übrig. Zu Hause ist das (oder war das traditionell) dann kein großes Problem, weil hinter dem Haus der Schweine- oder Hühnerstall ist, wo man die Reste verfüttern kann.

    Da spielt auch gesellschaftlicher Wandel eine Rolle, bei dem alte Traditionen auf moderne Umgebungen treffen und beides nicht mehr so richtig zusammen passt. Da ist sehr viel Lernen, „Erziehen“, Kommunizieren nötig, um diesen Wandel vollständig zu vollziehen.

    Wenn man’s noch etwas weiter treiben will: Auch unsere Gesellschaft verschwendet sehr viele Lebensmittel, auch wenn wir’s nicht direkt in die Mülltonne werfen. Unsere Mülltonne heißt oft: „Magen“. Wir mehr viel essen, als uns gut tut. Die Gesellschaft wird immer fettleibiger. Im Ergebnis läuft das fast aufs selbe hinaus …

  6. Danke für diesen ausführlichen Bericht zu einem Thema, über das ich auch schon viel nachgedacht habe.
    Bei AIDA ist mir auch schon aufgefallen, daß oft eine Weile vor Schließung der Buffets nur noch kleinere Behälter aufgelegt werden, oder teilweise bei zwei parallelen Buffetlinien mit gleichem Angebot (Im Marktrestaurant liegt ja oft auf beiden Seiten in der Hauptausalge das gleiche aus) eine Linie bereits früher geschlossen wird. Natürlich gibt es auch Passagiere, die darüber mosern, obwohl immer noch alles und in ausreichender Menge da ist (leider schon erlebt), aber ich finde solche Maßnahmen begrüßenswert.

    Das Problem mit Gästen, die sich den Teller voll packen und dann nicht aufessen kennen wir auch zu gut, und es stimmt uns traurig bis wütend, so etwas zu sehen. Klar, es kann immer mal vorkommen, daß irgendwas dazwischen ist, was einem wider Erwarten nicht schmeckt, und natürlich gibt es auch auf dem Teller mal Dinge, die in die Kategorie „unvermeidbarer Lebensmittelabfall“ wie Knochen oder Gräten fällt, aber was man bei manchen sieht, geht weit über dieses Maß hinaus. Bei einem chinesischen Buffet an Land habe ich schon gesehen, daß man (laut Aushang) für voll zurück gehende Teller einen Aufpreis zahlen muß. Ein interessanter Ansatz, leider auf dem Kreuzfahrtschiff nicht praktikabel umzusetzen.

    Danke Franz, daß man auch mal von Dir als unabhängigem Journalisten liest, daß die Abfälle doch deutlich weniger sind als erwartet, bei Aussagen der Reedereien bin ich halt immer vorsichtig, wenn man sie nicht selbst überprüfen kann. Allerdings leuchtet ein, daß eine Reduzierung der Menge von Abfällen (und auch eine Reduzierung der Menge weggeworfener, zuvor eingekaufter Ware) im wirtschaftlichen Interesse der Reedereien liegt.

    Was Ware angeht, die direkt aus dem Lager weggeworfen wird, witzeln wir gerne auf unseren AIDA-Reisen über den Themenabend „Farewell“, den es grundsätzlich am letzten Reisetag gibt und taufen ihn immer in „Empfehlung des Proviantmeisters – was muß schnell raus“ um. ;-)

  7. „Empfehlung des Proviantmeister“ – na klar, das ist einer der großen Vorteile in der Kreuzfahrt: Die Kommunikationswege sind kurz und am Buffet ist man ja relativ flexibel, was man dort anbietet. Aber auch im Hauptrestaurant ist es schonmal möglich, unauffällig eine Beilage gegen eine andere auszutauschen. Wenn die Himbeeren gerade drohen, kaputt zu gehen, kann man die Erdbeeren mal einen Tag zurückstellen. Und wenn mehr grüne als gelbe Honigmelone im Lager liegt, gibt’s halt zum Frühstück eine kleine Schale gelbe und eine ganz große Schale gelbe ;-)

    Das wirklich Faszinierende aber ist, dass die Erfahrung (heute auch mit Computer-Unterstützung) so genau zeigt, bei welcher Passagier-Demographie, bei welchem Wetter, bei welcher Menüzusammenstellung und welchem Fahrtgebiet die Leute was bestellen, dass sich das unglaublich präzise vorhersagen lässt. Und das funktioniert natürlich noch besser, wenn die Menüs über lange Zeit die gleichen bleiben. Denn dann weiß der Küchenchef halt, dass bei der Kombination Steak vs. Zander vs. vegetarische Lasagne eben im Verhältnis 68% zu 24% zu 8% bestellt wird (von mir erfundene Beispiel-Werte, keine realen Zahlen). Da bleibt nahezu keine vorbereitete Menge übrig. Auch ein wenig beängstigend, wie berechnbar der Mensch in der Masse ist, in diesem Fall aber ein großer Vorteil.

  8. Der Bericht und die Kommentare, ein sehr wichtiges und interessantes Thema. Mir sagte mal ein Food-Manager, wir machen kein Gala-Buffet mehr, sondern Galaessen (kleines Schiff). Dadurch weniger Lebensmittelabfälle. Und die Besatzung darf ausser Crewessen auch das Gästeessen genießen, was früher nicht erlaubt war.
    Auch an Land liest man sehr viel über die Vernichtung von Lebensmittel. In Deutschland sind wir mit Lebensmittel in Europa am preiswertesten. Viele Verbraucher achten nicht auf die Mengen, die sie kaufen (gerade bei Discountartikel).
    Ich komme aus der Lebensmittelbranche (Einzelhandel/ Kreuzfahrten sind mein Hobby) und beobachte das Einkaufsverhalten der Verbraucher. So stimmt auch die Aussage „Wir sind eine jammernde Wegwerfgesellschft“ (H. Schmidt).
    Ich freue mich schon auf den Podcast zu diesem Thema.

  9. Was die Kombination Besatzung und Gästeessen angeht, ist das Argument mit der eventuellen Ansteckungsgefahr bei Speisen, die schon auf dem Buffet stehen, natürlich nicht von der Hand zu weisen. Falls da doch mal ein Gast mit Noro auf dem Buffet gewühlt hat, und dann die Mannschaft davon isst… andersherum habe ich schon oft genug hochrangige Offiziere bis hin zum Kapitän bei AIDA am Buffet essen sehen, und wenn alles, was drei bis vier Streifen auf der Schulter hat, flach liegt und sich elend fühlt, wäre ja auch unpraktisch. Kann also nicht so tragisch sein.
    Das Buffet abräumen und dann andernorts für die Crew eider aufbauen klingt als Idee in der Tat merkwürdig – aber eine Freigabe für die Restautantmannschaft vor dem Abräumen sehe ich nicht als „wir servieren der Mannschaft Abfälle“, ich selbst habe auch schon bei Veranstaltungen an Land, wo ich im technischen Bereich mitgearbeitet habe, erlebt, daß das Buffet vor dem Abbau durch den Caterer dann für die Helfer freigegeben wurde, und es hat niemanden gestört. Die Helfer waren satt und glücklich und der Caterer hatte weniger (nun ja, eigentlich gar keinen) Abfall. Win-Win.

    Ansonsten scheint auch viel von der jeweiligen Restaurantleitung abzuhängen. Ich habe es auf dem Schiff auch schon gesehen, daß an der Station der Kellner ein Teller stand, von dem sich die Kellner im Vorbeigehen bedienten. Als der Assistant Manager vorbei kam und ein Kellner gerade fröhlich einen Bissen nahm, hielt er sich als „Tarnung“ eine zusammengefaltete Serviette vor und beide lachten herzlich. (Die Gäste, die es mitbekommen hatten, natürlich auch.) Als jemand, der es nicht mag, wenn Lebensmittel, die noch genießbar sind, weggeworfen werden, sehe ich das sehr entspannt. Ist ja schließlich genug für alle da, und jedes Essen, das im Magen statt in der Mülltonne landet, ist ein Gewinn.

  10. @Eike: Grundsätzlich stimme ich Dir da ja zu. Aber es ist halt wirklich ein komplexes Thema, bei dem sehr viele Faktoren eine Rolle spielen. Und natürlich kann man Dinge eher in die eine oder in die andere Richtung auslegen oder dehnen. Vgl. mein Interview mit Axel Sorger zu dem Thema Hygiene (https://www.cruisetricks.de/hygiene-auf-kreuzfahrtschiffen-ueber-sinn-und-unsinn-der-amerikanischen-vorschriften/).

    Insbesondere der Vergleich zum Land ist am schwierigsten, weil am Schiff einige Bedingungen halt sehr anders sind und wesentlich strengere (gesetzliche wie interne) Vorschriften gelten.

    Auf einem Schiff leben Menschen auf besonders engem Raum zusammen, sodass konsequente Hygiene noch wichtiger ist. Es leben Menschen aus sehr unterschiedlichen Herkunftsländern zusammen, sprich: alle mit anderem Immunsystem und anderen Resistenzen. An Land habe ich typischerweise Menschen aus einer halbwegs einheitlichen Region – sprich: sie haben die ähnliche Krankheiten und die ähnliche Immunisierung. Am Schiff ist das halt ganz anders, insofern besteht schon ein höheres Grundrisiko.

    Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor Mensch: An Land arbeiten die Mitarbeiter wesentlich länger im selbem Betrieb und sind – zumindest in Deutschland, meist gut ausgebildet. Am Schiff wechselt das Personal in den einzelnen Bereichen (auch wegen stärkerer Rotation und Einsatz dort, wo es gerade dringend ist), sodass Regeln so einfach und klar wie möglich sein müssen, damit sie auch wirklich eingehalten werden. Selbst wenn USPH-Vorschriften in Europa nicht direkt gelten, wäre es schwierig, auf einem Schiff, das zweimal im Jahr das Fahrtgebiet wechselt, zwei oder mehr unterschiedliche Regelwerke aufzustellen. Im Alltagsstress würde die Einhaltung der Vorschriften einfach nicht klappen. Wir dürfen ja auch nicht vergessen, dass im Servicebereich sehr viele relativ ungelernte Kräfte arbeiten (also ohne intensiv eingeübtes, hygienisches Hintergrundwissen, das flexible Entscheidungen je nach Situation erlauben würde), bei denen dann auch noch die Sprachbarriere eine wichtige Rolle spiel bei der Kommunikation komplizierterer Regeln und womöglich ständig wechselnder Regeln.

    Öffnung des Buffets für die Crew nach Restaurantschließung: Ich glaube, das würde am Schiff aus zwei Gründen scheitern. Zum einen hat die Crew ja nicht kollektiv zu dieser Zeit frei, sodass sie kaum die Möglichkeit hätte, genau zu dieser Zeit uns Buffet zu gehen. Zum anderen muss das Buffet ja aufgeräumt und für den nächsten Service vorbereitet werden, sobald es schließt. Zumal Gäste ja auch nach Schließung der Buffet-Linien noch recht lange sitzen bleiben und aufessen, während das Buffet schon abgeräumt und gereinigt wird. Da fehlt einfach der zeitliche und personelle Spielraum für die Umsetzung.

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