Kreuzfahrtschiffe ersetzten immer häufiger den Heimflug für die Crew. Weil die Crew auf zahlreichen Schiffen festsitzt und wegen weltweiter Reisebeschränkungen nicht nach Hause kommt, organisieren immer mehr Reedereien die Heimreise ihrer Crewmitglieder per Schiff.
Appelle aus der Schifffahrtbranche, Sonderregelungen für Reisebewegungen von Schiffscrew zu schaffen, werden immer lauter. Die EU-Kommission hat Leitlinien zur Rückkehr und Reisen von Seeleuten zu Covid-19-Zeiten veröffentlicht. Doch eine wirkliche Lösung für das Problem ist nicht in Sicht: Die Crew der Kreuzfahrtschiffe ohne Passagiere will endlich nach Hause, teils sind deren Arbeitsverträge auch bereits ausgelaufen. Vielleicht noch wichtiger ist, dass Crew für Fracht- und Containerschiffe zu und von zehntausenden von Schiffen kommen müssen.
Update (1. Mai): Für Diskussionen sorgt derweil ein Bericht des Miami Herald, demzufolge die US-Gesundheitsbehörde CDC eine Rückführung der Crew von den USA aus durchaus gestatte, wenn die Reedereien zustimmen würden, die komplette finanzielle und strafrechtliche Verantwortung für diese Rückführung zu übernehmen. Angeblich wollten die Redereien aber die strafrechtliche Verantwortung nicht tragen. Die Reedereien widersprechen der Berichterstattung des Miami Herald oder äußern sich nicht. Die tatsächliche Sachlage ist daher aktuell unklar.
Zumindest die Kreuzfahrtreedereien greifen immer häufiger zur Selbsthilfe und fahren die Crew mit den aktuell für ihren eigentlichen Zweck nicht einsetzbaren Kreuzfahrtschiffen direkt in ihre Heimat. Die Crew-Mitglieder wohnen während der Überfahrt übrigens in Passagierkabinen. Wir haben Beispiele für solche teils auch recht komplexen Rückführungsaktionen zusammengestellt.
Die Artania beispielsweise macht auf ihrem Rückweg von Australien nach Bremerhaven unterwegs Stopps in Benoa auf Bali (später wurde die Planung auf Jakarta geändert, wo sie am 23. April ankam) und in Manila auf den Philippinen, um dort beheimatete Crew abzusetzen. Insgesamt waren beim Verlassen von Fremantle noch 403 Crewmitglieder an Bord der Artania.
Die Mein Schiff 3 ist seit 17. April auf dem Weg von Teneriffa nach Deutschland. Zuvor hatte sie offenbar Crewmitglieder der Mein Schiff 1, Mein Schiff 2 und Mein Schiff Herz übernommen. Über 3.000 Crewmitglieder sollen an Bord der Mein Schiff 3 sein.
Auch Reederei-übergreifend gibt es gelegentliche Hilfe: Die Panorama von Variety Cruises fuhr auf ihrem Weg nach Europa Anfang April einen größeren Umweg, um 19 kubanische Crewmitglieder der MSC Preziosa mit nach Kuba nehmen. Die Panorama übernahm die 19 Kubaner in Barbados.
Von den Bahamas und Florida in die ganze Welt
In großem Stil plant die Holland America Line Group mit Holland America Line, Seabourn und Princess Cruises die Heimfahrt für Crewmitglieder zahlreicher Schiffe, die vor Florida und den Bahamas liegen. Mit insgesamt acht Schiffen soll es von dort in die Karibik, nach Südamerika, Südafrika, Europa und vor allem in diverse Regionen in Asien gehen. Dabei wechseln Crew-Mitglieder jeweils auf ein Schiff, das in Richtung ihres Heimatlandes fährt. So sieht dieser Plan laut Cruise Industry News im Detail aus:
- Regal Princess: von den Bahamas für die europäischen Crewmitglieder nach Southampton und Rotterdam
- Seabourn Quest (Barbados): nach Europa für die Crew der Seabourn Quest und Seabourn Odyssey
- Crown Princess, Island Princess, Veendam, Volendam und Nieuw Amsterdam: zu den Philippinen, nach Indonesien, Indien und South Africa
- Caribbean Princess: zu diversen karibischen Inseln und nach Südamerika
Update: einen umfangreichen Rückführungsplan setzt auch Carnival Cruise Line Anfang Mai um: Neun Kreuzfahrtschiffe sollen rund 10.000 Crew-Mitglieder von den Bahamas aus in die ganze Welt in ihre Heimatländer bringen. Siehe „Carnival Cruise Line bringt Crew mit neun Kreuzfahrtschiffen weltweit in ihre Heimat zurück“.
Aus dem Mittelmeer nach Asien
Bereits am 10. April hat eine Rückführungsaktion bei Costa begonnen. In La Spezia sammelte die Costa Mediterranea Crew-Mitglieder der Costa Pacifica und in Brindisi von der Costa Fortuna ein. Auf dem Weg nach Shanghai soll sie dann die jeweils für den Schiffsbetrieb nicht zwingend notwendigen Crewmitglieder in Indonesien und auf den Philippinen absetzen.
Von den USA und Australien nach Asien
Ebenfalls Anfang April hatten bereits die Carnival Spirit und Carnival Splendor begonnen, Crewmitglieder beginnen in Australien nach Hause zu bringen. Die Carnival Splendor steuert dabei Manila an. Dorthin sollen wiederum Crew-Mitglieder anderer Schiffe eingeflogen werden, um sie mit dem Schiff nach Cebu und Davao auf den Philippinen zu bringen. Die Carnival Spirit fährt nach Bali und Jakarta. Indien soll ebenfalls angelaufen werden, wenn die dortigen Behörden es genehmigen.
Zu den Philippinen ist auch Carnival Cruise Lines neuestes Kreuzfahrtschiff, die Carnival Panorama, unterwegs. Von Los Angeles aus brint sie Crewmitglieder in ihre Heimat. Die Ankunft in Manila ist für 8. Mai geplant.
Bereits am 11. und 12. April sind insgesamt 722 Mitarbeiter von der Westerdam und der Maasdam von Holland America Line in der Nähe von La Paz in Mexiko auf die Eurodam gebracht worden. Bei einem Service-Stopp in San Pedro, Kalifornien, wurden 44 europäische Crewmitglieder ausgeschifft und konnten von dort einen Charterflug nach Hause erreichen. Die Eurodam fährt weiter nach Indonesien und zu den Philippinen. Dorthin ist auch schon die Amsterdam unterwegs, um Crewmitglieder nach Hause zu bringen.
2.584 Besatzungsmitglieder von fünf Royal-Caribbean- und Celebrity-Cruises-Schiffen ein, die Anfang April vor Australien vor Anker lagen, wechselten auf die Spectrum of the Seas, Ovation of the Seas und Voyager of the Seas, um nach Indonesien, zu den Philippinen und nach China in See zu fahren. Die Crewmitglieder aus Indien sollten von Manila aus nach Hause fliegen.
Als letztes Kreuzfahrtschiff soll die Ruby Princess am 23. April australische Gewässer verlassen und nach Manila fahren, um dort Crew-Mitglieder auszuschiffen. Australien hatte bereits Anfang April alle Kreuzfahrtschiffe aufgefordert, australische Gewässer zu verlassen. Die Ruby Princess musste seit 6. April in Port Kembla nach Sydney vor Anker bleiben, weil eine behördliche Untersuchung in Bezug auf Coronavirus-Fälle bei der Ausschiffung der Ruby Princess am 19. März anstand.
Kleines Update:
MS Artania ist im Laufe des 20.4. von ihrer geplanten Route nach Bali abgewichen und hat stattdessen Kurs auf Jakarta genommen. Dort hat sie gestern (23.4.) auch angelegt und die indonesischen Crewmitglieder ausgeschifft. Jetzt fährt sie, wie geplant, weiter nach Manila. (Quelle: Phoenix-Homepage)
@Carsten Fister: Danke für den Hinweis, ich habe es im Text oben ergänzt :-)