Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
aufgelegte Kreuzfahrtschiffe

Konkrete Infektionsschutz-Konzepte: Erste Schritte für einen Neustart der Kreuzfahrt in den USA

In den USA rückt der vorsichtige Neustart der Kreuzfahrt einen Schritt näher. Der Branchenverband Clia hat einen konkreten Rahmen für Infektionsschutzmaßnahmen beschlossen. Eine sehr detaillierte Experten-Empfehlung für alle Details eines Neustarts in Covid-19-Zeiten kommt von den beiden Kreuzfahrt-Unternehmen Royal Caribbean Group und Norwegian Cruise Line Holdings.

Nach monatelangem, faktischem Stillstand kommt Bewegung in die Neustartplanung für die Kreuzfahrt in den USA. Zwar hatten die Reedereien an Konzepten gearbeitet, waren damit aber bei der US-Gesundheitsbehörde CDC bislang auf taube Ohren gestoßen. Zuletzt hatten die vier größten Kreuzfahrtunternehmen Carnival Corp., Royal Caribbean Group, Norwegian Cruise Line Holdings und MSC Cruises mit einer gemeinsamen „enough is enough“-Initiative die CDC aufgefordert, sich ernsthaft mit dem Neustart der Kreuzfahrt zu beschäftigen.

Vor einigen Wochen hat die CDC mit einem öffentlichen Informationsersuchen (RFI) in Bezug auf die sichere Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs begonnen, Wünsche und Konzepte aus der Gesellschaft und Wirtschaft einzuholen. Mehrere zehntausend Eingaben sollen in diesem Rahmen eingegangen sein, auch zahlreiche von Kreuzfahrt-Gegnern aus verschiedenen Bereichen. Kreuzfahrtgegner fordern unter anderem, dass der Kreuzfahrt-Neustart auch mit strengen Umweltauflagen verbunden sein sollte.

Gemeinsames Rahmenkonzept der Reedereien

Die Reedereien haben sich an dem RFI-Verfahren der CDC bereits jeweils einzeln beteiligt. In ihrem Branchenverband Clia haben sie nun auch ein gemeinsames Eckpunkteprogramm beschlossen und bei der CDC eingereicht.

Das Konzept der Clia bezieht sich explizit auf den schrittweisen Neustart der Kreuzfahrten in Nordamerika und der Karibik, insbesondere aber für Reisen, deren Fahrtroute US-Häfen beinhaltet und damit unter der Hoheit der CDC und deren aktuell noch bis zum 30. September geltenden „no sail order“ fallen.

Die einstimmig beschlossenen Kernelemente des Infektionsschutzplans lauten:

  • Corona-Tests: 100%ige Prüfung von Passagieren und Besatzung auf COVID-19 vor der Einschiffung.
  • Tragen von Masken: Masken-Pflicht für alle Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord und während der Ausflüge, wenn der physische Abstand nicht eingehalten werden kann.
  • Abstand: Physische Distanzierung in Terminals, an Bord von Schiffen, auf Privatinseln und bei Landausflügen.
  • Belüftung: Luftmanagement- und Belüftungsstrategien zur Erhöhung der Frischluft an Bord und, wo dies möglich ist, unter Verwendung verbesserter Filter und anderer Technologien zur Risikominimierung.
  • Medizinische Einrichtungen und Pläne: auf das jeweilige Schiff zugeschnittene, risikobasierte Reaktionspläne, um den medizinischen Bedarf zu bewältigen, spezielle Kabinenkapazitäten für die Isolierung und andere betriebliche Maßnahmen sowie Vorabvereinbarungen mit privaten Anbietern für Quarantäne an Land, medizinische Einrichtungen und Krankentransport.
  • Landausflüge: Landausflüge nur nach den von den Kreuzfahrtveranstaltern vorgeschriebenen Protokollen, wobei von allen Passagieren strikte Einhaltung verlangt wird und allen Passagieren, die sich nicht daran halten, das Wiedereinsteigen verweigert wird.

Die Clia macht indirekt auch deutlich, dass sie jetzt ein schnelles Handeln der Behörden erwarten: „Mit Unterstützung und Zustimmung der Aufsichtsbehörden und der Reiseziele könnten Kreuzfahrten noch in den verbleibenden Monaten des Jahres 2020 beginnen.“

Experten-Empfehlungen von Royal Caribbean und Norwegian

Sehr detailliert sind die Empfehlungen für ein Neustart-Konzept, das die beiden kooperierenden Kreuzfahrt-Unternehmen Royal Caribbean Group und Norwegian Cruise Line Holdings bei einem Experten-Gremium in Auftrag gegeben und jetzt vorgelegt haben.

Viele Elemente und Verfahren haben sich bei den in Europa teils schon seit vielen Wochen wieder aktiven Reedereien wie TUI Cruises, MSC, Costa, Hapag-Lloyd Cruises oder Ponant bereits bewährt und kommen in dem Konzept deckungsgleich vor. Mehr dazu in unserem ausführlichen Beitrag „Wie MSC seine Passagiere und Crew auf der MSC Grandiosa vor Covid-19 schützt – ein Erfahrungsbericht“.

Dennoch unterscheidet sich das Expertenpapier von RCG und NCLH bei einigen Aspekten oder enthält konkretere Vorgaben. So halten die Experten beispielsweise Face Shields als Mund-Nasen-Schutz für ungeeignet und raten, selbige nicht zu gestatten. Und Stoffmasken sollten aus mindestens zwei Lagen bestehen. Diese Punkte nehmen explizit auf die Empfehlungen der CDC Bezug.

Als sinnvoller Mindestabstand werden zwei Armlängen oder sechs Fuß (rund zwei Meter) genannt. Großzügiger gehen die Experten mit dem Ergebnis beim Fiebermessen um: Erst ab 38 Grad Celsius (100,4 Fahrenheit) empfehlen sie eine genauere Gesundheitsprüfung des betreffenden Passagiers.

Empfehlung für Crew-Einzelkabinen

Große Auswirkungen könnte eine eher unauffällige Empfehlung in dem Expertenpapier haben: Die Experten empfehlen die Unterbringung von Crew-Mitgliedern in Einzelkabinen „wo immer möglich“, um längeren, engen Kontakt von Crew-Mitgliedern untereinander zu vermeiden.

Lediglich auf sehr neuen Kreuzfahrtschiffen gibt es aber Crewunterkunft-Konzepte mit Einzelkabinen, bei denen sich zwei Kabinen lediglich das Badezimmer teilen. Für ältere Schiffe könnte das bedeuten, dass zumindest in der Anfangsphase die Zahl der Crewmitglieder und damit indirekt auch der Passagiere sehr deutlich reduziert werden, um dieser Empfehlung gerecht werden zu können. Im Detail lassen sich die Auswirkungen aber nur jeweils spezifisch für die Gegebenheiten auf einem konkreten Schiff erfassen. Denkbar wäre auch die Nutzung von ohnehin wegen reduzierter Passagierkapazität frei bleibender Passagierkabinen für Teile der Crew.

Landausflüge wie in Europa nur in kontrollierter Umgebung

Deutlich kristallisiert sich heraus, dass der Neustart der Kreuzfahrt in den USA nur mit streng kontrollierten Landausflügen möglich sein wird. Schwerpunkte dabei sind, dass weder die lokale Bevölkerung gefährdet werden darf, noch Infektionen von Passagieren an Bord getragen werden dürfen.

Landausflüge sollen demnach nur in einem Rahmen stattfinden dürfen, in dem dasselbe Schutzniveau gewährleistet ist wie an Bord der Schiffe. Das deckt sich auch mit den Beschlüssen der Clia. Privatinseln der Reedereien werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich als Möglichkeit erwähnt.

Knackpunkt Corona-Test

Während sich die US-Reedereien beim Neustart an den Erfahrungen der Europäer orientieren können, ist das Testen der Passagiere vor Beginn der Kreuzfahrt in den USA ein derzeit noch eine große Herausforderung. Denn anders als in Europa gibt es in den USA nach wie vor keine für die Reedereien sinnvoll nutzbare Infrastruktur für Antigen- oder PCR-Tests.

Und so bleibt denn auch die offenbar an dieser Realität orientierte Expertenempfehlung hinter den in Europa bereits praktizierten Verfahren zurück. Dem Konzept zufolge sollen Coronatests bis zu fünf Tage vor Beginn der Reise durchgeführt werden – in Europa sind bei PCR-Tests drei Tage das definierte Limit. Die Expertenkommission empfiehlt allerdings zusätzlich einen zweiten Test direkt vor der Einschiffung durchzuführen – sofern und sobald das logistisch und technisch möglich ist. Lässt sich ein zweistufiger Test realisieren, wäre das allerdings ein höheres Sicherheitsniveau als derzeit in Europa.

Für die aktuell in Italien üblichen Antigen-Tests direkt vor der Einschiffung im Hafen ergibt sich für den Neustart in den USA eine weitere Herausforderung: Während bei den derzeitigen Kreuzfahrten von Costa und MSC der Zustieg von Passagieren in nahezu jedem angelaufenen Hafen möglich ist, das sogenannte Interporting, werden in den USA alle Passagiere im gleichen Hafen zusteigen müssen. Das erhöht erheblich die Zahl der Tests, die in einem sehr knappen Zeitrahmen durchgeführt werden müssen. Selbst wenn die Reedereien Fahrtrouten entwickeln, auf denen Interporting möglich wäre, würde der Passenger Vessel Service Act hier für zusätzliche Komplikationen sorgen.

1 Kommentar

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

1 Gedanke zu „Konkrete Infektionsschutz-Konzepte: Erste Schritte für einen Neustart der Kreuzfahrt in den USA“

  1. Es sieht so aus, dass das CDC die no sail order verlängern wird. Sehr gut bei dem Verhalten der Amerikaner und die stetig hohen Infektionszahlen zeigen es. Zu den „Fachleuten“ der Reisebranche ist nicht viel zu halten. Die Spezialisten des CDC halten den Corona Sprecher der Trump Regierung für einen Lügner… seine Aussagen in den Medien sind allesamt falsch.
    Kein Wunder bei dem „Chef“……
    Aussage der echten Fachleute vom CDC… „wenn alle Bürger der USA sich an die Abstandsregeln und Maskenpflicht halten würden, wäre in 8 – 12 Wochen das Problem im Griff….“
    Die Initiative der Unternehmen fungiert als Steigbügelhalter der Trump Regierung….
    Ich hoffe inständig dass die Seuchendampfer der USA noch an der Kette bleiben.
    Ach ja…. Hygeniekonzept….. leuchtendes Beispiel ist Mein Schiff 6….
    Ihr Reisebericht war nett….. wie war das ? Carnival…. 75 Dollar pro Sekunde Verlust….. da ist die Triebfeder…

Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Neue Kommentare werden aus technischen Gründen oft erst einige Minuten verzögert angezeigt.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner