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Norwegen live: Mit Hurtigruten von Bergen nach Kirkenes

Wir fahren mit der Midnatsol von Hurtigruten in den norwegischen Frühling. Vom 19. bis 25. Mai sind wir von Bergen aus bis nach Kirkenes unterwegs – mit 31 Zwischenstopps, manchmal sechs oder sieben Häfen an einem Tag, zu jeder Uhrzeit tags und nachts. Von dieser klassischen Route berichten wir hier live mit Eindrücken, Erlebnissen und Bildern.

Nach unserer Norwegen-Reise auf der Columbus 2 sind wir besonders auch gespannt, wie eine klassische Kreuzfahrt im selben Fahrgebiet sich im Vergleich dazu mit einem kombinierten Post-, Fähr- und Kreuzfahrtschiff von Hurtigruten anfühlt. Wir sind gespannt auf regionales Essen, auf Naturerlebnisse bei Landausflügen und freuen uns auf die freundliche Art der Norweger, die uns schon bei unserer ersten Norwegen-Reise so beeindruckt hat.

Updates von unserer Hurtigruten-Reise auf der Midnatsol gibt es hier täglich live.

Tag 1 – Bergen

Bergen
Bergen

Bergen bei schönem Wetter – eigentlich regnet es hier das halbe Jahr, aber ich hatte bisher immer Glück; diesmal besonders, weil die Luft klar ist und sogar die Sonne immer wieder scheint. Für norwegische Verhältnisse müssen die 18 Grad schon richtig warm sein, denn viele laufen mit kurzen Hosen herum. Nur die Touristen sind in ihren typischen, roten Outdoor-Jacken unterwegs, als wären sie am Nordpol.

Bergen
Bergen

Bei schönem Wetter und klarer Sicht sich in Bergen die Fahrt mit der Floibahnen hoch hinauf zu einem Aussichtspunkt über der Stadt mit herrlichem Blick über die umliegenden Hügel und Fjorde einschließlich des Hurtigruten-Terminals und des Kreuzfahrthafens, wo heute auch die AIDAsol und AIDAcara liegen.

Trolle im Wald
Trolle im Wald
und auch noch Hexen?
und auch noch Hexen?

Wer in Bergen einmal etwas mehr Zeit hat: Von der Bergstation der Floibahnen gibt es auch schöne Wanderwege und gleich hinter der Bergstation begegnen einem natürlich auch die für Norwegen so wichtigen Trolle ;-) Auch der Abstieg zu Fuß zurück nach Bergen ist über einen schönen Wanderweg möglich.

von der Floibahnen-Bergstation
von der Floibahnen-Bergstation
Bergen
Bergen
Bergen
Bergen

Und nachdem es noch früh im Jahr ist, hält sich der Touristen-Andrang in Bergen – anders als im Sommer – ziemlich in Grenzen, sodass ein Spaziergang durch die Stadt noch mehr Spaß macht. Abfahrt ist erst um 22:30 Uhr, sodass ich jetzt nochmal zum Fotografieren an Land gehe – dunkel wird es hier um diese Jahreszeit ja nicht mehr. Da passt der Schiffsname „Midnatsol“ ganz gut ….

Tag 2 – Alesund

Alesund
Alesund

Alesund ist Norwegens größter Fischereihafen – wovon man aber jetzt im Mai nur wenig sieht, denn die Fangsaison ist vorbei. Der Tourguide bei der Stadtführung hat denn auch kräftig die Touristen verspottet, die im Sommer mit ihrer Angelausrüstung im Sommer hierher kommen und zum Angeln in die Bucht fahren, wo es aber nur im Winter Fisch – vor allem Dorsch – gibt.

Alesund, innerer Hafen
Alesund, innerer Hafen
Schwanen-Apotheke
Schwanen-Apotheke
Schwanen-Apotheke
Schwanen-Apotheke

Ansonsten ist Alesund eine Jugendstil-Stadt mit vielen Gebäuden, die in dieser Zeit entstanden sind, das schönste davon wohl die ehemalige Schwanen-Apotheke. Grund dafür: 1904 brannte die ganze Stadt komplett ab und wurde genau in der Jugendstil-Zeit neu aufgebaut. Allerdings ging im Zweiten Weltkrieg wieder viel kaputt, sodass zwischendrin auch schreckliche Beton-Bausünden stehen.

Alesund, beheizte Sitzbänke
Alesund, beheizte Sitzbänke

Kurios, aber für die Einwohner in den Wintermonaten mit wenig oder gar keinem Sonnenschein wertvoll: Die Haupteinkaufsstraße ist ebenso beheizt wie die Sitzbänke in der Stadt. Da sitzt es sich auch bei kühleren Temperaturen sehr angenehm, zum Beispiel mit einem schönen Blick auf den inneren Hafen.

Leuchtturm-Hotelzimmer
Leuchtturm-Hotelzimmer

Ein Kuriosum ist auch der Leuchtturm an der Hafeneinfahrt: Er ist einerseits noch als Leuchtturm aktiv, andererseits aber auch zu einem luxuriösen Hotelzimmer vor allem für Honeymooners umgebaut und wird von einem naheliegenden Hotel mitversorgt.

Tag 3 – Trondheim, Stokksund

Speicher-Häuser
Trondheim, Speicher-Häuser

Trondheim bei strahlendem Sonnenschein – wir haben weiter Glück mit dem Wetter, auch wenn Kristansund gestern am späten Abend vor lauter Nebel kaum zu sehen war. Per Bus geht’s heute in Trondheim zur Nidaros-Kathedrale, der Krönungskirche der norwegischen Könige, und danach zum Ringve-Musikmuseum.

Nidaros-Kathedrale
Nidaros-Kathedrale

In Nidaros-Kathedrale ist Fotografieren eigentlich verboten, aber wir haben trotzdem mal ohne Blitz ein paar Bilder aus der Hüfte geschossen, um zumindest einen ungefähren Eindruck von dieser faszinierenden Kirche zu geben, die übrigens von allen christlichen Konfessionen gemeinsam genutzt wird. Hier finden evangelische, anglikanische und auch katholische Gottesdienste statt.

alte Stadtbrücke
alte Stadtbrücke

Ganz in der Nähe ist auch der alte Hafen mit den bunten, ehemaligen Speicher-Häusern und die alte Stadtbrücke, von der aus man einen schönen Blick auf die Lagerhäuser hat.

Ringve Musikinstrumente-Museum
Ringve Musikinstrumente-Museum

Zweite Station auf der kurzen Bustour – schließlich müssen wir nach 2,5 Stunden wieder zurück an Bord sein, denn die Midnatsol wartet nicht – ist das Musik-Museum Ringve auf einem Hügel über der Stadt mit einem recht schönen Blick auf den Fjord vor Trondheim. In einem alten Gutshof ist in Ringve ein Museum eingerichtet, das eine große Sammlung von historischen und modernen Musik-Instrumenten aus aller Welt zeigt, einige auch zum selbst ausprobieren.

Blick vom Ringve-Museum
Blick vom Ringve-Museum

Der noch interessantere Teil aber ist eine Führung durch Gebäudeteile des Gutshofs, in dem die ehemaligen Eigentümer museumsartig die Geschichte es Klaviers aufgebaut haben – und die Tourguides geben auf den historischen Instrumenten kleine Kostproben davon, die die verschiedenen Instrumente klingen. Sehr reizvoll und auf einer Norwegen-Tour auch eher unerwartet. Auch hier übrigens Foto-Verbot und da war auch mit Tricks nichts mehr zu machen …

Kjeungskjär-Leuchtturm von 1880
Kjeungskjär-Leuchtturm von 1880

Nur 42 Meter breit ist der Stokksund an seiner schmalsten Stelle und die Biegung in den Sund ist so eng, dass der Kapitän erst einmal kräftig das Typhoon bläst um Gegenverkehr zu warnen. Die Fahrt durch den Stokksund ist eine der vielen kleinen Sensationen auf einer Hurtigruten-Reise entlang der norwegischen Küste.

Für einen Kreuzfahrer ist das durchaus eine Umstellung: Nicht (nur) die Häfen und Landausflüge sind das Interessante an einer Reise mit Hurtigruten, sondern vor allem auch die Reise selbst. Die Fahrt durch enge Fjorde, zwischen hohen, schneebedeckten Bergen hindurch, vorbei an kleinen Inseln und Leuchttürmen, das Spiel der Wolken in einem ständig wechselnden Licht, die klare Luft, der Nebel, der manchaml ebenso plötzlich hereinbricht, wie er auch wieder verschwindet.

In Fotos ist schwer festzuhalten, wie erholsam es ist, in der Ausichtslounge einfach nur zu sitzen und die Landschaft vorbeiziehen zu lassen – so bekommt man das sonst nur auf einer Flusskreuzfahrt, hier in Norwegen allerdings mit weitaus spektakulärerer Landschaft als auf den meisten Flüssen.

Die Reise auf der Hurtigrute gibt einem ausgiebig Gelegenheit, die Seele baumeln zu lassen, abzuschalten und einmal absolut gar nicht zu machen. Letzteres fiel mir zumindest zu Beginn der Reise noch schwer, vor allem weil Internet an Bord der Midnatsol kostenlos verfügbar ist, es also keinen zwingenden Grund gibt, WLAN am Handy abzuschalten und keine E-Mail zu lesen. Aber mit ein wenig Nervenstärke schafft man auch das Abschalten der Geräte – und genießt einfach nur das Reisen als solches, ohne konkretes Ziel, ohne etwas Besonderes vorzuhaben, ohne Eile, ohne Bord-Animateure und nächsten Termin im Tagesprogramm.

Tag 4 – Polarkreis, Bodö, Lofoten

Polarkreis-Monument
Polarkreis-Monument
Insel Vikingen
Insel Vikingen

Die Überquerung des Polarkreises ist ein angenehmer Pflicht-Termin für Fotografen. Auf dem Sonnendeck – heute einmal ohne Sonne – stoßen die Passagiere mit Sekt an, der Kapitän lässt das Schiffstyphoon röhren. An Backbord zieht die Insel „Vikingen“ vorbei, auf der zur Markierung des Polarkreises eine Skulptur in Form eines Globus steht.

Polarkreis
Mit der Midnatsol am Polarkreis

Die Landschaft wird nun immer spektakulärer, die Berge höher und schroffer, auf den Gipfeln liegt überall Schnee. Nur die Sonne, die inzwischen nur noch für ungefähr zwei Stunden untergeht, spitzt heutemorgen nur gelegentlich durch die Wolken.

Saltstraumen
Saltstraumen

In Bodö war heute Action angesagt: Mit einem 250-PS-RIB-Boot, dick eingepackt in Thermoanzug, Handschuhe, Mütze und Schutzbrille ging es quer über einen breiten Fjord zum Saltstraumen – einer schmalen Stelle in einem Fjord, an der der stärkste Gezeitenstrom der Welt auftritt. Bei einem Tidenhub von rund zwei Metern entsteht dort eine rasante Strömung und erzeugt kapitale Strudel.

Kleinere Boote dürfen dort nicht durchfahren, weil die Stelle wirklich gefährlich ist, sowohl wegen der starken Strömung als wegen der Strudel. Und tatsächlich spürt man am Saltstraumen regelrecht die Kraft der Strömung. Selbst um nur auf der Stelle zu stehen, muss das RIB-Boot schon ordentlich Gas geben.

Der Ausflug zu Saltstraumen wird auch per Bus von Land aus angeboten, aber die RIB-Boot-Fahrt ist hier sehr zu empfehlen, weil man die starke Strömung vom Wasser aus direkt und hautnah erleben und spüren kann. Den Nervenkitzel der rasanten Fahrt über den Fjord und mit etwas Glück Sichtungen von Seeadlern gibt’s noch oben drauf.

Die Stadt Bodö selbst bietet nicht allzu viel Interessantes, ist aber das nördliche Ende der Eisenbahnstrecke in Norwegen und ein wichtiger Nato-Stützpunkt. Um den ohrenbetäubenden Fluglärm durch die Kampfjets sind die Bewohner hier wahrlich nicht zu beneiden …

Solvaer, Lofoten
Solvaer, Lofoten

Die Lofoten haben etwas sehr unberührtes, urtümliches. Es ist schwer in Worte zu fassen, was diese Region so einmalig macht. Die schroffen, schneebedeckten Berge, die direkt aus dem Meer hoch aufsteigen. Das Kreischen der Möwen, der pfeifende Wind, die frische, klare Luft – auch wenn gelegentlich der strenge Geruch der zum Trocknen auf großen Holzgestellen aufgehängten Fische vorbeiweht.

Solvaer, Lofoten
Solvaer, Lofoten

Die Norweger selbst essen den Stockfisch übrigens nicht. Warum auch, schließlich haben sie den Fisch fangfrisch direkt aus dem Meer. Hauptabnehmer für den Stockfisch sind Portugal und Italien, wobei die beste Qualität, der über 180 Tage lang getrocknete Fisch nach Norditalien, vor allem die Region um Mailand geht, der billigere nach Süditalien.

Tag 5 – Trollfjord, Polartaufe, Tromsö, Mitternachtssonne

Trollfjord
Trollfjord

Der Trollfjord kurz vor Mitternacht – dafür muss man definitiv wach bleiben, denn der Trollfjord ist einer der absoluten Höhepunkte jeder Norwegen-Kreuzfahrt, zumindest auf einem kleinen Schiff, denn die großen passen dort nicht hinein. Freilich ist der Trollfjord vor allem eine Art Touristenattraktion, denn er ist quasi eine Sackgasse, die Midnatsol muss dafür von ihrer Fähr-Route abweichen und einen Umweg fahren, um in den Trolfjord hinein zu fahren, dort zwischen hohen Feldwänden auf dem Punkt zu drehen, und wieder zurück zu fahren.

Sonnenuntergang am Trollfjord
Sonnenuntergang am Trollfjord

Viel muss ich dazu nicht mehr schreiben, denn über den Trollfjord haben wir schon ausführlich nach unserer Columbus-2-Reise vor zwei Jahren geschrieben, einschließlich eines Zeitraffer-Videos von der Fahrt durch den Trollfjord: „Trollfjord, Highlight einer Norwgen-Kreuzfahrt“.

Noch viel mehr als tagsüber im Sommer hat der Trollfjord bei Nacht – in der es freilich nicht dunkel wird – etwas mystisches. Aber auch das bunte Spiel des Lichts in den Wolken direkt nach der Ausfahrt aus dem Trollfjord fasziniert und wirkt beinahe schon so wunderbar wird Nordlichter, Letztere um diese Jahreszeit natürlich nicht zu sehen sind, schon allen deshalb, weil es im Frühling und Sommer nie richtig dunkel wird.

Polartaufe
Polartaufe

Wer schon einmal eine Polartaufe miterlebt hat weiß: Das Ganze ist einerseits ein recht derbes Spektakel, andererseits auch eine tief im Aberglauben von Seeleuten verwurzelte Tradition, also nicht nur ein für Touristen erfundener Gag.

Polartaufe
Eiswasser in den Nacken

Wohltuend anders als das oft recht überzogene Spektakel bei Polartaufen auf Kreuzfahrtschiffen geht das Ganze bei Hurtigruten gediegen und bodenständig vonstatten, deshalb aber nicht weniger witzig: Der Hoteldirektor hält den Kragen des Passagiers auf, König Neptun kippt eine ganze Kelle voll Eiswasser und Eiswürfeln hinein und der Kapitän steht daneben und lacht. Zur Belohnung für die tapferen Passagiere gibt’s einen Schnaps gratis – bei den hohen Alkoholpreisen in Norwegen durchaus etwas Besonderes …

Polartaufe
„König Neptun

Eigentlich haben wir den Polarkreis ja schon gestern morgens um 7:32 Uhr überquert. Aber so viel Zugeständnis macht die inzwischen nicht mehr ganz so abergläubische Tradition dann doch an den Zeitplan der Touristen, die gestern Vormittag einfach zu beschäftigt waren.

Kayak-Ausflug nahe Tromsö
Kayak-Ausflug nahe Tromsö

Kayak-Ausflüge gehören zu meinen Favoriten, auch wenn sie jedes Mal in einem schlimmen Muskelkater enden. Mit dem Kayak auf einem Fjord, in einer Bucht oder auf einem See zu paddeln, bringt einen so nah heran, so mitten in die Natur, wie es nur geht.

In Tromsö bin ich deshalb in einer kleinen Gruppe von sieben Leuten zu einer zweistündigen Kayak-Tour in einer ruhigen, seichten Bucht aufgebrochen, umgeben von schneebedeckten Bergen, am Ufer brütende Möwen und Enten, das Wasser so klar, das man die Steine und Muscheln am Boden sehen konnte.

Besonders nett an dem Ausflug: Wir sind gemütlich und ohne Eile gepaddelt, hatten viel Zeit zum Genießen der Schönheit rund herum und auch für ein paar Gespräche untereinander – beispielsweise mit unserem Guide, der in einem kleinen Dorf direkt an dem See aufgewachsen ist, über den wir gerade paddelten, im Winter Schlittenhunde-Fahrten leitet und im Sommer Touristen auf Kayak-Ausflüge mitnimmt.

Tromsö
Tromsö … auf beiden Seiten der Brücke
Tromsös berühmte Eiskathedrale
Tromsös berühmte Eiskathedrale

Leider hat das Wetter nur teils mitgespielt: Die Sonne blieb weg, dafür gab’s aber auch weder Regen noch Wind. Insgesamt ein wunderschöner Ausflug, bei dem man noch viel arktische Winter-Luft schnuppern konnte.

Mitternachtssonne - jedenfalls fast
Mitternachts-Sonne – jedenfalls fast

Beinahe Mitternachtssonne: Kurz nach der Ausfahrt aus Skjervöy brach um 23:30 Uhr die Sonne für einige Minuten durch die Wolken, verschwand aber leider ebenso schnell wieder, sodass sie direkt um Mitternacht nicht zu sehen war. Das Foto ist also nur fast der Beweis dafür, dass die Sonne hier – etwas nördlich des 70. Breitengrads – schon um diese Jahreszeit nicht mehr untergeht …

Tag 6 – Hammerfest, Nordkap und Vogelsafari, Kjöllefjord, Schiffsimpressionen Midnatsol

Hammerfest
Hammerfest

Guten Morgen aus Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Welt. Hammerfest liegt auf 70 Grad, 39 Minuten 48 Sekunden nördlicher Breite und trägt einen Eisbären im Stadtwappen. Die Midnatsol machte hier schon um 5:15 Uhr morgens fest – da hieß es kurz vor 6 Uhr aufstehen, um die Hafenausfahrt um 6 Uhr nicht zu verlassen.

Kalt ist es geworden, beim Atmen bleiben Dampfwolken in der Luft stehen, die Wolken hängen tief und die Wettervorhersage spricht von stärkerem Wind und etwas Regen. Aber die Vorhersage von gestern war auch schon nicht besonders treffsicher, insofern bleibt noch Hoffnung für den Tag.

Hammerfest
Hammerfest

Ohnehin ist es hier an der norwegischen Küste faszinierend zu beobachten, wie stark das Wetter auf kürzeste Distanz variiert. Der Wind kommt vom Meer – an backbord ist es beinahe sonnig, blauer Himmel schimmert durch die Wolken; an steuerbord liegt das Land in Wolken und Nebel, die Feuchtigkeit vom Meer bleibt an den Bergen hängen. Im Winter muss man offenbar nur ein paar Hundert Meter landeinwärts gehen, um von einer schneefreien Küste zu einer tief von Schnee bedeckten Landschaft zu gelangen.

Papageientaucher
Papageientaucher

Vögel statt Nordkap: Weil ich das Nordkap schon einmal gesehen habe – und einmal wirklich reicht – habe ich mich heute für den Ausflug „Vogelsafari“ entschieden. Der führt mit dem Bus von Honningsvag aus rund 35 Kilometer in ein malerisches Fischerdorf, von wo aus ein Boot zu kleinen, vorgelagerten Inseln fährt, auf denen Möwen, Kormorane, Trottellummen, Papageientaucher und noch viele andere Vogelarten brüten und auch viele Seeadler zu Hause sind.

Rentiere
Rentiere

Ganz entgegen dem schlechten Wetterbericht hielt sich der Wind in Grenzen, die Sonne schien. Trotzdem ist der Ausflug nur für Menschen mit stabilem Magen (oder einer Pille gegen Seekrankheit) empfehlenswert, denn das Boot schaukelt ordentlich, wenn es entlang der Brandung und den starken Strömungen entlang der Felseninseln tuckert.

Aber dieses Ungemach lohnt sich, denn hier sind wirklich Tausende und Abertausende von Seevögeln im Wasser, in der Luft und brütend auf den Inseln. Es ist eine wahre Freude, dieses Vogelparadies zu sehen, die Papageientauchern mit ihren bunten Schnäbeln zu beobachten, die Seeadler am Himmel kreisen zu sehen – bis zu sieben gleichzeitig haben wir gesehen.

Und auf dem Hinweg zum Fischerdorf mit dem Bus gab es als kleines Extra noch zwei Rentiere direkt neben der Straße, die dort in aller Ruhe auf einem Schneefeld standen und für uns Touristen nur verständnislose Blicke übrig hatten.

Dorschzunge und -bäckchen
Dorschzunge und -bäckchen
Fischer demonstriert das Herausschneiden der Dorschzunge
Fischer demonstriert das Herausschneiden der Dorschzunge

Zwei kleine Attraktionen kurz vor dem kleinen Fischerdorf Kjöllefjord: Ein lokaler Fischer kommt an Bord und zeigt den Passagieren, wie man die Zunge sowie die Bäckchen bei einem Dorsch herausschneidet – eine absolute Delikatesse, die er dann auch gleich roh zum Probieren anbietet.

Dorschzunge
Dorschzunge

Optisch vielleicht kein Highlight, aber geschmacklich ein Traum. Wer’s lieber gebraten hat, bekommt Dorschzungen aber auch zum Abendessen beim heutigen Fisch- und Meeresfrüchte-Buffet.

Und auf dem Weg von Honningsvag nach Kjöllefjord passiert die Midnatsol eine der berühmtesten Felsformationen der Welt, die Finnkirche. Die Felsen haben hier die faszinierende Form einer Kirche ausgebildet, die aus allen Blickrichtungen gut als solche zu erkennen ist.

Midnatsol im Hafen
Midnatsol im Hafen

Die Reise auf der Midnatsol von Bergen nach Kirkenes ist fast schon zu Ende, also höchste Zeit für ein paar Eindrücke vom Schiff selbst. Ein ausführlicher Beitrag zur Midnatsol und Hurtigruten folgt natürlich noch, deshalb hier von unterwegs nur ein paar kurze Impressionen und Bilder für einen ersten Eindruck vom Schiff.

Wer schon häufig auf Kreuzfahrt war und über Hurtigruten nachdenkt: Am besten einfach das Thema „Kreuzfahrt“ aus dem Kopf streichen. Hurtigruten ist primär eine Fährschiff-Gesellschaft mit festem Fahrplan – auch wenn natürlich regelmäßig zahlreiche Passagiere die komplette Route Bergen Kirkenes oder sogar wieder zurück nach Bergen fahren. Für maximal rund 600 Passagiere gibt es an Bord der Midnatsol Kabinen, für maximal 1.000 Passagiere ist das Schiff zugelassen. Da übernachtet dann schonmal der eine oder andere Norweger auf einem Sofa in der Aussichtslounge, wenn er über Nacht mittfährt, um von A nach B zu kommen.

Die Kabinen sind spartanischer eingerichtet als auf Kreuzfahrtschiffen, dafür hat das Bad aber beispielsweise Fußbodenheizung und die Betten sind schön lang. Im Restaurant gibt es jeden Abend ein festes, dreigängiges – und sehr leckeres Menü mit lokalen Spezialitäten. Wer ein Gericht nicht mag, muss am Vormittag Bescheid sagen, damit die Küche eine Alternative anbieten kann. Ansonsten gibt’s eine 24 Stunden geöffnete Cafeteria mit kleinen, bodenständigen Gerichten und Snacks. In der Cafeteria muss man auch als Vollpension-Passagier extra bezahlen.

Das Entertainment besteht aus einer zweistöckigen Aussichtslounge, wo man stundenlang sitzen und die vorbeiziehende Landschaft genießen kann. Hurtigruten fährt ständig durch Fjorde und ganz nahe entlang der Küste in norwegischen Gewässern. Land ist ständig sehr nahe, sodass es immer etwas zu sehen gibt. Das gibt es auf keiner Kreuzfahrt und ist die eigentliche Attraktion bei Hurtigruten – neben der Gelegenheit, an Bord auch viele Norweger kennenzulernen, die Hurtigruten-Schiffe als Fähre von einem Hafen zu nächsten benutzen, was zu einem reizvollen Passagier-Mix führt und sich anfühlt, als sei man einfach mitten drin in Norwegen.

Panorama-Fotos: Midnatsol

Kurz: Wer Kreuzfahrtluxus und -service braucht, rundum von fleißigen philippinischen oder indonesischen Helferchen umsorgt werden will, auf die große Abendshow und Pool-Animation nicht verzichten kann, wird nicht allzu glücklich werden. Wer dagegen vor allem eine Seereise als solche genießt, viel von der norwegischen Küste sehen will, lokale Spezialitäten ausprobieren will, Kontakt mit Norwegern sucht und auf Kreuzfahrtschiff-Animation gerne verzichten kann, wird Hurtigruten lieben.

Tag 7 – Kirkenes, Königskrabben, Abschied vond er Midnatsol

Königskrabbe
Königskrabbe

Abschied von der Midnatsol: Im kalten Kirkenes, kurz vor der russischen Grenze, endet heute unsere Reise mit Hurtigruten. Aber ein Highlight wartet noch, nämlich eine Fahrt mit dem RIB-Boot in den Fjord zu den Königskrabben.

Auf Wiedersehen, Midnatsol ...
Auf Wiedersehen, Midnatsol …

Ein wehmütiger Blick, dann ist die Midnatsol auch schon weg. Wie schon in den Häfen zuvor sind die An- und Ablegemanöver die hohe Kunst der Hurtigruten-Kapitäne, die darin so viel Übung haben, dass alles im Vergleich zu den Kreuzfahrtschiffen blitzschnell geht. Leine los und schon geht es mit voller Geschwindigkeit weiter, nur diesmal eben ohne uns …

Kirkenes
Kirkenes

Aber es bleibt nicht viel Zeit für Wehmut, der Guide holt uns in ein paar Minuten ab zur Fahrt hinaus in den Fjord, um ein paar Fallen für die Königskrabben zu überprüfen. Zuvor allerdings heißt es warm einpacken, denn bei nur knapp über null Grad ist der Fahrtwind beißend kalt: Schutzanzug, Handschuhe, Stiefel, Sturmhaube, Skibrille, dann geht’s los. Pünktlich zu unserem Ausflug in den Fjord reißt der Himmel auf und die Sonne strahlt – nur ein paar Schneeflocken rieseln hin und wieder aus dem leuchtend blauen Himmel herab.

unser Fang, fünf Königskrabben
unser Fang, fünf Königskrabben

Fündig werden wir bei der dritten Falle, wo wir gleich auch noch von der norwegischen Küstenwache kontrolliert werden. Denn obwohl die Königskrabben als eingeschleppte Art eigentlich eher Ungeziefer sind und hier in der Barentssee in großen Mengen vorhanden sind, ist der Fang in Norwegen trotzdem streng reglementiert. Wir haben freilich eine Lizenz, alles in Ordnung also.

Selfie mit Königskrabbe
„Selfie“ mit Königskrabbe

Mit unsere Beute fahren wir zu einer Insel gegenüber von Kirkenes, wo der Guide vor seiner Hütte den Dampfkessel anheizt und die Königskrabben exakt 17 Minuten lang dämpft, bevor wie die leckere Köstlichkeit verspeisen. Ganz norwegisch-pragmatisch schneiden wir die Krabbenbeine übrigens mit der Schere auf, das ist viel einfacher als das Fleisch mit einer Gabel heraus zu puhlen.

Königskrabbe
Königskrabbe

Wir, das sind ein Ehepaar aus Conneticut, zwei Australier aus Pearth und ich – also eine nette kleine Runde, in der dieser Ausflug viel Spaß gemacht hat. Und nebenbei haben wir auch noch viel über die hier überall präsente Geschichte Norwegens im Zweiten Weltkrieg gelernt und wissen natürlich auch sehr viel mehr als vorher über Königskrabben.

Einen schöneren – und leckereren – Abschied von Norwegen kann man sich kaum vorstellen. Fangfrisch sind die Königskrabben eine absolute Delikatesse, einfach genial …

12 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

12 Gedanken zu „Norwegen live: Mit Hurtigruten von Bergen nach Kirkenes“

  1. Ohhhhh…. der kleine Bruder war auf der Richard With (im März – mit Polarlicht – beide Richtungen) und ich war im Oktober auf der Nordlys – von Kirkenes nach Bergen (angeblich mit Polarlicht – ich habs verschlafen und mit Orkan). Hurtigrute ist SOOOOOO toll! Und extrem entspannend!

  2. Ich habe diese Reise auf der Midnatsol 2007 gemacht und schwärme noch immer davon! Es ist wirklich wie die Werbung behauptet „die schönste Seereise der Welt“. Freu mich auf die weiteren aktuellen Eindrücke.

  3. Da du einen schönen Ausflug in Bodö machen konntest, hast du einen wichtigen Tipp in Bodö für Technikinteressierte unterschlagen! :-(
    Am Fluplatz gibt es ein ganz tolles Flugzeugmuseum!

  4. „denn die Midnatsol wartet nicht“
    Das kann man wirklich wörtlich nehmen. Nicht einmal auf die eignen Ausflüge wird immer gewartet.
    So einmal geschehen, als es den Ausflugsteilnehmern zu den Schlittenhunden passierte, dass sie dem Hurtigrutenschiff in Tromsö hinterher schauten. Erst unter der großen Brücke drehte das Schiff schuldbewusst wieder um!

  5. „Die Haupteinkaufsstraße ist ebenso beheizt wie die Sitzbänke in der Stadt.“ (Alesund)
    Das gleiche gilt für Tromsö. Wir hatten dort komplett schneefreie Bürgersteige im Januar!

  6. @Peter: Du hast natürlich völlig Recht, das Flugzeugmuseum scheint ein ziemliches Highlight in Bodö zu sein. Auch an anderen Orten gibt’s natürlich mehr, in Tromsö beispielsweise gibt’s ebenfalls noch ein paar mehr Dinge, die man tun kann, wenn man genug Zeit hat. Aber das hier ist ja auch nicht als umfassender Reiseführer gedacht, sondern als ganz subjektiver, persönlicher Reisebericht ;-)

    Dass das Schiff nicht wartet liegt vor allem daran, dass es eben eine Fähre mit Fahrplan ist. Und der ist mit der norwegischen Regierung abgestimmt und Hurtigruten bekommt Subventionen vom Staat dafür, dass sie diese Fährlinie aufrecht erhalten. Fahrplan geht da einfach vor, wer nicht da ist, hat Pech gehabt.

  7. „Da übernachtet dann schonmal der eine oder andere Norweger auf einem Sofa in der Aussichtslounge, wenn er über Nacht mittfährt, um von A nach B zu kommen.“ Das halte ich aber für ein Gerücht! Auch bei den inzwischen teilprivatisierten Hurtigruten geht es zunehmend um Profit – und da selbst die günstigste Innenkabine in der Hauptsaison umgerechnet an die 100 € pro Person und Nacht kostet – ohne Verpflegung selbstverständlich!!! – achtet die Crew ganz genau darauf, dass kein so genannter „Distanzreisender“ über Nacht ohne Kabinenbuchung mitfährt. Das ist nämlich strikt verboten!

  8. Wir waren Anfang April mit Hurtigruten auf der „Nordlys“ von Bergen bis Kirkenes und zurück unterwegs. Als ehemaliger Seemann bei der Hochseefischerei bin ich einfach nur begeistert und finde den Reisebericht wunderbar.
    Besonders gut finde ich, dass man noch ein wenig von echtem Schiffsbetrieb mitbekommt. Diese Reise bekräftigte noch meine Abneigung gegenüber den „Fleischdampfern“, wie ich die großen Kreuzfahrtschiffe zu nennen pflege. Sogar meine Frau war begeistert und stand bei jeder Gelegenheit mit dem Fernglas an der Rehling.

  9. Hallo.
    Ich beabsichtigte nächstes Jahr im Juni eine Hurtigreise mit der Midnatsol zu unternehmen. Als Unterkunft ist eine Aussenkabine geplant, und zwar entweder auf Deck 6 oder Deck 4. Deck 6 liegt höher und man hat vermutlich eine bessere Aussicht. Die Kabine ist um ca. 400 € p.P. teurer, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass Passagiere auf der Reeling vorm Fenster stehen können, die die Aussicht versperren, was auf Deck 4 nicht möglich ist. Meine Frage: Ist man auf Deck 4 sehr viel schlechter untergebracht, so dass Deck 6 bevorzugt gebucht werden soll, auch wenn die freie Sicht möglicherweise versperrt wird. Ich bitte Sie um eine „ehrliche“ Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Reinhardt

  10. Hallo Herr Reinhardt,

    warum sollte ich Ihnen keine ehrliche Antwort geben? Ich bin keine Reiseveranstalter und will Ihnen auch nichts verkaufen, insofern hätte ich nichts davon, Ihnen wider besseren Wissens eine teurere Kabine zu empfehlen ;-)

    Auf Deck 6 werden Sie von der Kabine aus sicherlich die schlechtere Sicht haben – schon weil die Kabinen durch die davor liegende Promenade ja ein gutes Stück zurück versetzt ist. Aber Sie werden sich ohnehin kaum in der Kabine aufhalten, denn der Blick ist natürlich immer deutlich besser, wenn Sie draußen auf dem Sonnendeck oder der Promenade stehen bzw. drinnen in der zweistöckigen Observation Lounge nach vorne schauen. WVorteil der Kabine auf Deck 6 wäre, dass Sie nicht erst zwei Decks die Treppen hinauf steigen müssen, um schnell nach draußen zu kommen, wenn es etwas zu sehen gibt. Wichtiger ist in dieser Hinsicht eher, eine Kabine zu wählen, die möglichst nahe am Treppenhaus bzw. nahe eines Ausgangs zur Promenade liegt, damit sie nicht erst den Gang langlaufen müssen. Aber die Midnatsol ist ohnehin so klein, dass auch das nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

    Herzliche Grüße,
    Franz Neumeier

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