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Preiserhöhung: Wann ist ein Treibstoff-Zuschlag zulässig?

Es gibt immer wieder Phasen, in denen auch Kreuzfahrtgesellschaften Treibstoffkosten-Zuschläge verlangen. Wir uns einmal die rechtlichen Grundlagen für einen solchen Zuschlag angesehen. Relativ unproblematisch ist der Zuschlag für Neubuchungen, denn der Kunde weiß vor der Buchung davon und kann frei entscheiden, ob er zu diesem Preis buchen möchte oder nicht. Kritischer ist dagegen eine nachträgliche Erhebung des Treibstoffzuschlags für einen bereits bestehenden Reisevertrag. Das Gesetz lässt eine solche einseitige Preisanpassung durch den Veranstalter aber ausdrücklich zu, gibt jedoch strenge Regeln vor.

Eigentlich ist es nur fair: Kreuzfahrtgesellschaften kalkulieren die Katalog-Preise bis zu zwei Jahre vor der tatsächlichen Reise. Dabei ist gerade bei Rohöl, aber auch in Hinblick auf Wechselkurse und Hafengebühren kaum abzuschätzen, wie die Kosten dafür in ein bis zwei Jahren aussehen werden. Bucht ein Passagier schon sehr frühzeitig zu Katalogpreisen, die sich später als zu niedrig kalkuliert herausstellen, müßte der Veranstalter im Extremfall sogar Verluste in Kauf nehmen, wenn er den Preis nicht nachträglich anpassen dürfte.

Treibstoff-Preis durch Termingeschäfte absichern

Andererseits haben Kreuzfahrtgesellschaften auch die Möglichkeit, sich mit Termingeschäften bis zu einem gewissen Grad abzusichern – freilich aber mit dem Nachteil, dass man bei fallenden Ölpreisen mehr bezahlt, als es am jeweils aktuellen markt nötig wäre. Hapag-Lloyd Kreuzfahrten sagte cruisetricks.de, man habe grundsätzlich recht langfristige Verträge für Treibstoff, vor allem auch bedingt durch die häufig wechselnden Fahrtrouten der Schiffe, weswegen man die Treibstoffversorgung unterwegs langfristig sicherstellen müsse. Richard Fain, CEO von Royal Caribbean Cruises, sagte vor einigen Tagen in einem Bloomberg-TV-Interview, der Konzern habe derzeit für 2011 und 2012 rund 58 Prozent des benötigten Treibstoffs über Termingeschäfte abgesichert, um zumindest extreme Ausschläge beim Ölpreis abzupuffern.

Wer ist von Zuschlägen sicher?

Sicher vor einem nachträglichen Treibstoffkosten-Zuschlag ist, wer weniger als 4 Monate vor Kreuzfahrtbeginn bucht. Sicher ist auch, wer zu einem beliebigen Zeitpunkt gebucht hat, bis zum Kreuzfahrtbeginn aber weniger als 21 Tage liegen und die Kreuzfahrtgesellschaft noch keinen Zuschlag geltend gemacht hat. Treibstoffzuschläge treffen also theoretisch vor allem Frühbucher. Weil das aber letztlich die besten Kunden der Reedereien sind, verlangen viele den Zuschlag ausschließlich für Neubuchungen und lassen bereits gebuchte Kunden ungeschoren.

Reisevertrag muss Preisanpassungsklausel enthalten

Zunächst einmal muss der Reisevertrag eine Klausel enthalten, die eine nachträgliche Anpassung des Reisepreises überhaupt möglich macht. Ohne eine solche (juristisch korrekt formulierte) Klausel geht gar nichts. In der Regel steht diese Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder den Reisebedingungen, die der Kreuzfahrer mit Abschluss des Reisevertrags akzeptiert.

Erhöht werden darf der Preis nachträglich nur, „wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist“ (§651a Abs. 4 BGB). Außerdem beschränkt das Gesetz  die Erhöhung auf „Beförderungskosten, der Abgabe für bestimmte Leistungen, die Hafen- und Flughafengebühren, oder einer Änderung der für die betreffende Reise geltenden Wechselkurse„. Alles Kostenfaktoren, auf die das Kreuzfahrtunternehmen keinen oder nahezu keinen Einfluß hat.

Fristen: länger als 4 Monate und kürzer als 21 Tage

Voraussetzung für einen nachträglich verlangten Zuschlag ist außerdem, dass die Kreuzfahrt mehr als 4 Monate vor Reiseantritt gebucht wurde und der Zuschlag vom Kunden spätestens 21 Tage vor Reiseantritt verlangt wird.

Die 4-Monats-Frist steht im BGB § 309 Nr. 1: „… ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam … eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsabschluß geliefert oder erbracht werden sollen …“

Die 21-Tage-Grenze findet sich in § 651a Abs. 4: „Eine Preiserhöhung, die ab dem 20. Tag vor dem vereinbarten Abreisetag verlangt wird, ist unwirksam.

Rücktrittsrecht bei Steigerung um mehr als 5 Prozent

Der Gesetzgeber erlaubt den Reiseveranstaltern also innerhalb dieser Grenzen, das Kostenrisiko  mit seinen Kunden zu teilen. Gleichzeitig begrenzt er aber das Risiko für den Reisenden insoweit, als der Kunde vom Reisevertrag zurücktreten darf, wenn die Erhöhung mehr als 5 Prozent beträgt (§651a Abs. 5 BGB). Nach herrschender juristischer Meinung ohne Stornogebühren, auch wenn dazu nichts im Gesetz steht.

BGH: Transparenzgebot streng ausgelegt

2002 hat der Bundesgerichtshof (BGH) In einem Urteil (AZ: X ZR 253/01) deutlich klargestellt, dass bereits im Reisevertrag nachvollziehbar und eindeutig festgelegt sein muss, wie die nachträgliche Reisepreiserhöhung, also beispielsweise der Treibstoffzuschlag, berechnet wird. Die Richter verlangen in dem Urteil eine transparente und für den Kunden nachvollziehbare Formulierung in den AGB beziehungsweise Reisebedingungen, die klar regelt, wie ein eventueller Zuschlag berechnet wird. Gekippt hat der BGH mit seinem Urteil eine Formulierung, die ein unpräzises „bzw.“ enthielt und damit offen ließ, wie die Berechnung genau erfolgt: „… wie sich die Erhöhung pro Kopf bzw. Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt …“. Je nach Buchungslage hätte nach dieser Formulierung die Umlage also nach Bettenkapazität oder nach tatsächlich auf der Kreuzfahrt gebuchten Passagieren erfolgen können.

(Fast) alle Keuzfahrtgesellschaften haben ihre Formulierungen deshalb korrigiert und formulieren nun beispielsweise in ihren Reisebedingungen: „… zusätzlichen Beförderungskosten durch die Zahl der Sitzplätze des vereinbarten Beförderungsmittels geteilt …“  – also eindeutig Umlage auf Basis der Bettenkapazität und nicht nach Buchungslage.

Amtsgericht Rostock: detaillierte Begründung

Erhebt eine Kreuzfahrtgesellschaft dann tatsächlich einen Treibstoffkosten-Zuschlag, muss sie dem Kunden gegenüber sehr genau darlegen, wie die Höhe des Zuschlags zustande kommt und warum der Zuschlag überhaupt gerechtfertigt ist.

In einem Urteil vom September 2009 hat sich das Amtsgericht Rostock mit dieser Frage beschäftigt (AZ: 41 C 294/09) und relativ hohe Anforderungen gegenüber der Kreuzfahrtgesellschaft formuliert. Der Passagier gewann den Prozess, weil die Kreuzfahrtgesellschaft nach Ansicht des Gerichtes seinem Kunden gegenüber nicht detailiert begründet hatte, warum der Zuschlag gerechtfertigt war.

Knackpunkt, auf den sich das Gericht bezog, ist der §315 BGB: „Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.“ Diese Billigkeit muss der Vertragspartner (hier die Kreuzfahrtgesellschaft) darlegen. Ein einfacher Hinweis auf gestiegene Rohölpreise hatte dem Gericht dafür nicht ausgereicht. Es verlangte, Zitat: „Angaben zur Ölpreisentwicklung, zu den transportabhängigen Mehrkosten und zur Bemessung des Anteils, welcher auf die Reisenden umgelegt worden ist.“

Preissenkung bei niedrigeren als den kalkulierten Kosten?

Eine Pflicht zur Senkung des im Katalog oder bei der Buchung ausgewiesenen Reisepreises bei fallenden Kosten sieht das Gesetz übrigens nicht vor. Das gilt natürlich nicht, wenn bereits ein Zuschlag verlangt wird. Wird also beispielsweise aktuell ein Zuschlag verlangt und fallen die Rohölpreise wieder deutlich ab, wird der Reiseanbieter wohl genau erklären müssen, warum er den Zuschlag trotzdem weiterhin für gerechtfertigt hält.

Anmerkung: Wir möchten betonen, dass wir keine Reisejuristen sind und dieser Beitrag weder Anspruch auf absolute juristische Korrektheit erhebt, noch im individuellen Fall eine Rechtsberatung bei einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale ersetzen kann. Die Idee hinter diesem Beitrag ist lediglich, die rechtlichen Rahmenbedingungen grob aufzuzeigen und etwas Orientierung im Paragraphen-Dschungel zu geben.

1 Kommentar

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

1 Gedanke zu „Preiserhöhung: Wann ist ein Treibstoff-Zuschlag zulässig?“

  1. Puh da sollte man schon aufpassen, ist ja eigentlich schon eine miese NR wenn die einem mit so versteckten Tricks kommen ;)

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