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Möglicherweise schon 2019 weniger Kreuzfahrtschiffe nach Venedig

Kreuzfahrtschiffe sollen schrittweise aus Venedig verbannt werden. Das hat die italienische Regierung angekündigt. Die Pläne des Verkehrsminister Danilo Tonielli sehen vor, dass einige Schiffe künftig an Piers in Fusina und Lombardia festmachen und große Kreuzfahrtschiffe langfristig nur noch außerhalb der Lagune.

Bereits am September 2019 sollen laut Tonielli einige Kreuzfahrtschiffe nicht mehr am Markusplatz vorbei und zu den Cruise Terminals an der Stazione Marittima fahren. 2020 will Tonielli dann bereits ein Drittel aller Kreuzfahrtschiffe umrouten und nicht mehr direkt nach Venedig fahren lassen. Das kündigte er nach einem Treffen mit Vertretern des Verbandes der Kreuzfahrtreedereien Clia an.

Vorerst sollen die Kreuzfahrtschiffe nach der Vorstellung des Verkehrsministers zwar weiterhin innerhalb der Lagune, aber auf der Festlandseite an Terminals in Lombardia und in Fusina anlegen. Langfristig sollen dann Terminals in Chioggia und in Lido San Nicolo jeweils außerhalb der Lagune von Venedig entstehen. Die Kreuzfahrtterminals direkt in Venedig sollen nur noch von Kreuzfahrtschiffen mit einer Tonnage von unter 40.000 BRZ angelaufen werden.

Update: Inwieweit die vom Verkehrsminister jetzt ins Spiel gebrachte Variante überhaupt relevant wird, ist angesichts der neuen Regierungskrise in Italien zumindest unklar. Der Reederei-Branchenverband Clia teilt in einem Statement mit, dass es keine konkreten Beschlüsse zur Verlegung der Anlegestellen gebe. Man arbeite weiterhin mit dem Verkehrsminister, dem Bürgermeister von Venedig, der Region Venetien, den Hafenbehörden und anderen Beteiligten zusammen, um eine Lösung zu finden. Die Clia bevorzuge nach wie vor die 2017 ausgearbeitete Lösung, die Schiff über den Kanal Vittorio Emanuele zur Stazione Marittima in Venedig zu leiten und so die Fahrt durch den Giudecca-Kanal zu vermeiden.

Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro hält offenbar wenig von den Plänen des Verkehrsministers. Er bevorzugt einem Bericht der Financial Times zufolge den Hafen von Marghera – was wiederum der Verkehrsminister ablehnt, weil dort vor allem Öltanker anlegen. In Marghera befindet sich aber auch eine Werft von Fincantieri, in der große Kreuzfahrtschiffe gebaut werden.

Jane Da Mosto, Gründerin der Aktivistengruppe „We Are Here Venice“, kritisiert an der kurzfristigen Lösung des Verkehrsministers, dass Kreuzfahrtschiffe nach Fusina umzurouten das Problem lediglich in einen anderen Bereich der Lagune von Venedig verlagere.

Auslöser für die raschen Pläne des Verkehrsministers ist offenbar der Unfall der MSC Opera im Juni 2019 sowie der Beinahe-Unfall der Costa Deliziosa im Juli 2019. Die Proteste von Aktivisten in Venedig gegen die Fahrten der großen Kreuzfahrt durch den Giudecca-Kanal und vorbei am Markusplatz waren daraufhin noch heftiger ausgefallen als zuvor schon.

Aktuell sind die Bedingungen, unter denen Kreuzfahrtschiffe den Giudecca-Kanal passieren dürfen, bereits weiter verschärft worden. Unter anderem ist jetzt die Begleitung durch drei statt bisher zwei Schlepper Pflicht, die Geschwindigkeit muss weiter verringert werden und es gelten strengere Vorschriften bei schlechtem Wetter.

8 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

8 Gedanken zu „Möglicherweise schon 2019 weniger Kreuzfahrtschiffe nach Venedig“

  1. Mir ist auch noch aufgefallen, dass jetzt jedes Schiff erst einlaufen darf, wenn das vorherige angelegt bzw. erst auslaufen, wenn das vorherige die Lagune verlassen hat. Außer der erheblichen Verschiebung der Routen bzw. deren Einhaltung ergibt das für mich aber irgendwie keinen Vorteil für die Stadt Venedig.

  2. Außer dass es den Anlauf von Venedig für die Reedereien weniger attraktiv macht, sehe ich da auch keinen direkten Nutzen. Aber manchmal gibt’s bei sowas auch Aspekte, die man auf den ersten Blick nicht erkennen kann.

  3. Die von Besuchern aus aller Welt überflutete Stadt mit dementsprechenden Einnahmenwird sich doch einen neuen , gut gelegenen Terminal leisten können !

  4. @Peter Krajc: Daran sollte es nicht scheitern, zumal bei solchen Projekten die Reedereien sich oft auch beteiligen. Aber dazu müssten sich die Behörden endlich mal und v.a. langfristig verlässlich auf einen neuen Standort für die Terminals einigen. Solange da jeder was anders will, wird niemand in etwas investieren, was dann vielleicht bald schon wieder ungenutzt leersteht. Und in Venedig selbst wurde ja auch erst kürzlich ein ganz neues Terminalgebäude gebaut …

  5. Wieso kommt denn niemand auf die Idee, einfach das kurze Stück Wasserweg von Marghera (Festland) nach Tronchetto (Standort des aktuellen Terminals) auszubaggern, zu verbreitern und dadurch für die Mega-Cruiseliner befahrbar zu machen. So muss man kein neues Terminal bauen und kann dennoch die Passage entlang des Canale della Giudecca vermeiden. Hilfreich wäre natürlich, wenn der gesamte Weg bis zur offenen Adria so verbreitert würde, dass die Schiffe in beide Richtungen gleichzeitig fahren könnten.

  6. @Patrick Schneider: Auf die Idee ist man natürlich schon gekommen und das ist auch die Lösung, auf die man sich 2017 schon weitgehend geeinigt hatte. Da geht’s um das Ausbaggern des Kanals Vittorio Emanuele III. Siehe: https://www.cruisetricks.de/nach-msc-opera-unfall-alternativ-route-fuer-kreuzfahrtschiffe-nach-venedig-gefordert/ und Ansätze gab es schon 2014: https://www.cruisetricks.de/venedig-muss-anfahrtsroute-fuer-kreuzfahrtschiffe-verlegen/
    Wobei auch dieser Anfahrtweg nicht ganz unproblematisch ist. Umweltschützer befürchten, dass ein Ausbaggern die Strömungsverhältnisse in der Lagune deutlich verändern könnte, was schwer vorhersehbare Folgen hätte. Eine einfache Lösung für das Problem gibt es nicht. Das fatale ist, dass seit vielen Jahren diskutiert wird, aber letztlich nichts geschieht.

  7. Moin! Es geht in Venedig offenbar den meisten vorwiegend um die Vorbeifahrt am Stadtkern. Ich bin bisher noch nicht in den Genuss dieses Vergnügens gekommen, jedoch liest man immer wieder von „Gänsehautmomenten“ und „Tränen in den Augen“. Nun, ich oute mich hier gern als emotional weitgehend resitent, was Beeinflussungsversuche anderer betrifft (Die Auslaufmusiken von AIDA oder TUI blieben wirkungslos – bis auf Kopfschütteln wegen Kitsch-Alarms). Die Meinungen gehen wohl auseinander, was die Vorbeifahrten großer Kreuzfahrtschiffe betrifft, da diese offenbar sehr langsam fahren und weit weniger Sog und Wellenschlag verursachen als andere Wasserfahrzeuge, die mit höherer Geschwindigkeit durch die Kanäle rauschen. Dann wiederum sei die Zerstörung des kulturellen Erbes im Gange, wenn „haushohe“ Schiffe den Blick dominierten, wobei man die Frage stellen muss, wie viele Minuten eines 24-stündigen Tages denn betroffen seien, in denen ein großes Schiff vorbei fährt. Man bleibt ja nicht direkt vor dem Markusplatz stehen und wirft den Anker, nehme ich an. Wenn aber allein die Ruß- und Schwefelfahnen ständig laufender Generatoren das Problem sind, dann muss man dan auch so benennen und nicht den „Anblick“ oder „Wellenschlag“ als Argumentationsgrundlagen bemühen, um glaubwürdig zu bleiben. Die Abgase wären, so lange man weder mit Landstrom noch wirksamer Abgaswäsche voran kommt, sicher Grund genug, weniger Schiffe in Stadtnähe erlauben zu wollen.

    Ob Kreuzfahrtschiffe in Venedig oder nicht, mehr oder weniger davon, größere oder kleinere, das alles ändert nichts am Übertourismus, der völlig aus dem Ruder läuft, Gebäudewidmung, Einwohnerschaft, Handelsstruktur und vieles mehr komplett verändert. Übertourismus zerstört das, was es sich zuvor zu besuchen lohnte. Insofern werden wir auf lange Sicht nicht darum herum kommen, Touristenströme zu lenken oder zumindest zu kontingentieren bzw. besser zu verteilen. Aufgrund (a)sozialer Medien wie Facebook und Instagram ist das Reiseverhalten ein komplett anderes als noch vor 10 Jahren, bestes Beispiel für einen Ort, der urplötzlich von Touristenmassen überrannt wurde, ist das österreichische Hallstatt. Jede beliebte Ort wird sich früher oder später entscheiden müssen, ob er die Massen der Selfieknipser und Selbstinszenierer begrenzen will und welche Form des Tourismus man wirklich möchte.

  8. Da kann ich Dir nur zustimmen, lieber Volker: Das Overtourism-Problem ist ein riesiges und niemand hat bislang wirklich eine Lösung dafür. Neben dem von Dir beschriebenen Veränderungen im Urlaubsverhalten (Selfies/Bucket-List-Tourism und dem massenhaften „Abreisen“ von Pseudo-Attraktionen wie z.B. Drehorte von erfolgreichen TV-Serien wie Game of Thrones) steigt v.a. die Zahl der Touristen rapide an. Der Wohlstand in den beiden bevölkerungsstärksten Länder der Welt, China und Indien, steigt weiter an und somit die Zahl der Touristen von dort. Und selbstverständlich kann die Lösung nicht sein, diesen Menschen das Reisen zu verbieten. Wie sich die schiere Masse an Touristen künftig wir steuern lassen, ist mir persönlich noch vollkommen unklar, auch wenn ich fürchte, das es auf die Lösung hinausläuft, die in unserer Gesellschaft immer greift: Die schönsten Orte werden so lange teurer, bis Angebot und Nachfrage sich ausgleichen, sprich: nur noch die ganz Reichen die schönsten (oder begehrtesten) Orte besuchen können. Ich hoffe, wir finden eine andere, bessere, fairere Lösung …

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