Oceania Cruises hat eine der besten KĂŒchen auf See. Das Kochbuch âTaste the Worldâ, herausgegeben vom Culinary-Team der Reederei, ist ebenfalls eines der Besten. Das habe ich jetzt bei einem ausfĂŒhrlichen Test-Kochen festgestellt.
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Ich habe mich mit groĂem Respekt ans Testkochen gewagt und bin begeistert: Das Kochbuch ist exzellent, nicht nur als nettes Lesebuch zum Staunen, wie das bei vergleichbaren KochbĂŒchern oft der Fall ist. Die Rezepte sind tatsĂ€chlich bis ins Detail und mit vielen Tricks und Tipps beschrieben. Ein erfahrener Hobbykoch kann die Gerichte mit gutem Ergebnis nachkochen â wenn er Geduld, Ehrgeiz und die optimalen Zutaten mitbringt.
Ich rĂ€ume gerne ein, dass ich beim Test gelegentlich unterschĂ€tzt habe, wie wichtig die exakten Zutaten fĂŒr den Erfolg auf diesem kulinarischen Niveau sind. Nicht einfach nur âĂpfelâ mĂŒssen es fĂŒr die Tarte Tatin mit ZiegenkĂ€se sein, sondern eben Golden Delicious, damit das VerhĂ€ltnis von Karamell und beim Backen austretender FlĂŒssigkeit perfekt ist. Nicht kroatischer, sondern eben chilenischer Wolfsbarsch macht dieses wunderbare Fischgericht mit Miso-Pflaumen-Sauce perfekt. Und es sollte helle Miso-Paste sein, weil die dunkle nicht nur farblich nicht so gut zum weiĂen Fisch passt.
Getestet: Ravioli, Wolfsbarsch, Lamm-Curry, Tarte Tatin und Schoko-Kuchen
Ich habe mir fĂŒnf Gerichte aus dem âTaste the Worldâ-Kochbuch vorgenommen: Als Vorspeise besagte Tarte Tatin mit ZiegenkĂ€se, als Zwischengang Marcoâs Lemon Ricotta Ravioli, als HauptgĂ€nge den Wolfsbarsch sowie ein Lamm-Curry mit Mango-Chutney und zum Dessert die Bittersweet Chocolate Fontant Cakes.
Das klingt, als hĂ€tte ich ein groĂes MenĂŒ gezaubert â aber weit gefehlt. Die Rezepte sind so arbeits- und zeitaufwĂ€ndig, dass ich sie tatsĂ€chlich an fĂŒnf verschiedenen Tagen ĂŒber zwei Wochen verteilt nachgekocht habe. Es findet sich kaum ein Rezept, in dem man nicht einen Nebensatz wie âĂŒber Nacht ruhenâ, âmehrere Stunden durchziehen lassenâ oder Ăhnliches liest.
AufwĂ€ndig ist schon die Zutatenbeschaffung. Wobei ich in diesem Kochbuch nicht den Eindruck hatte, dass da ein Koch seine Leser mit absichtlich exotischen Zutaten beeindrucken und zugleich quĂ€len will. Es sind besondere Zutaten, die fĂŒr das jeweilige Gericht sehr sinnvoll sind, wie beispielsweise die indische GewĂŒrzmischung Chaat Masala fĂŒr den Zwiebelsalat zum Lamm-Curry oder den sĂŒĂen, japanischen Reiswein Mirin, von dem ein Löffel in die Sauce zum Wolfsbarsch gehört.
Goat Cheese and Balsamic Apple Tatin
Die âGoat Cheese and Balsamic Apple Tatinâ habe ich geschmacklich gut hinbekommen â allerdings sind mit die Tartes auf dem Teller zerfallen, statt durch das Karamell zusammengeklebt als Kuppel auf dem ZiegenkĂ€secreme-Bett zu sitzen. Ich habâs oben schon angesprochen: Die falschen Ăpfel waren Schuld. Da hilft dann zumindest fĂŒr die Optik auch der beste ZiegenfrischkĂ€se nichts mehr.
Marcoâs Lemon Ricotta Ravioli
Bei âMarcoâs Lemon Ricotta Ravioliâ hat mir die Ăbung und Erfahrung mit handgemachtem Nudelteig gefehlt. Deshalb habe ich die Ravioli nicht komplett ohne Hilfsmittel gemacht, sondern aus dem mit der Nudelmaschine ausgerollten Teig Kreise ausgestochen und mit Ravioli-Formen zusammengepresst, die ich irgendwann einmal gekauft hatte. Die Optik ist also eine andere als beim Original. Geschmacklich sind die Ravioli aber bestens gelungen. Ricotta, Zitronen und Zimt sind eine sehr feine Kombination.
Chiliean Sea Bass in Miso-Plum Sauce
Der âChiliean Sea Bass in Miso-Plum Sauceâ war ursprĂŒnglich der Auslöser, dass ich das Kochbuch ĂŒberhaupt getestet habe. Ich saĂ nĂ€mlich im Sommer im Hamburger Hafen mit Oceania Cruisesâ Senior Vice President & Managing Director EMEA, Bernard Carter, an Bord der Marina beim Lunch. Es gab diesen Fisch, wie ich ihn noch selten so perfekt gegart und mit einer so feinen, ausgewogenen Sauce gegessen habe. Wir sprachen â natĂŒrlich â ĂŒbers Kochen und wie man diesen Fisch so perfekt hinbekommt. So kam es, dass Bernard Carter mir das Oceania-Kochbuch mit dem Rezept fĂŒr den Wolfsbarsch eine Weile spĂ€ter schickte.
Ich muss ehrlich gestehen: Ich habe den Fisch lĂ€ngst nicht so gut hinbekommen, wie ich ihn aus dem Restaurant der Marina in Erinnerung habe. Aber das lag nicht am Rezept, denn das ist sehr detailliert und erklĂ€rt die kritischen Punkte fĂŒrs Gelingen genau. Ich habe sogar frische BananenblĂ€tter fĂŒr die Deko aufgetrieben. Der Wolfsbarsch war gute Bioware aus Kroatien â aber eben nicht aus Chile. Irgendwie wusste ich das natĂŒrlich vorher: Die Filets vom chilenischer Wolfsbarsch ist viel dicker, sodass sie sich einerseits innen relativ einfach perfekt glasig garen lassen. Andererseits kann man das dicke Filet am Teller dann auch sehr dekorativ aufrecht auf das Bananenblatt stellen. Ja, und ich gebe zu, ich habe auch eine dunkle statt einer hellen Miso-Paste verwendet, was die Optik endgĂŒltig verdirbt.
Lamb Curry with Mango Chutney
Das âLamb Curry with Mango Chutneyâ ist mir dafĂŒr umso besser gelungen. Klare Sache: Ich hatte sĂ€mtliche Zutaten exakt so wie vom Rezept verlangt und via Amazon auch das SpezialgewĂŒrz Chaat Masala fĂŒr den Zwiebelsalat bestellt, nachdem ich keine Vorstellung davon hatte, wie es schmeckt und es deshalb nicht willkĂŒrlich durch etwas anderes ersetzen wollte.
Und dann kocht man eben ein Lamm-Curry, das wirklich wie in Indien schmeckt und fĂŒr das man im Mörser eine Paste aus Mohnsamen und eine Paste aus Cashew-NĂŒssen herstellt und gefĂŒhlte Hundert weitere Arbeitsschritte braucht, bis das Curry perfekt ist.
Bittersweet Chocolate Fontant Cakes
Ein Highlight, wie so oft, war das Dessert: âBittersweet Chocolate Fontant Cakesâ. Diese kleinen, warmen Schoko-Kuchen mit flĂŒssigem Kern erinnern an âFlourless Chocolate Cakesâ, die man von vielen Kreuzfahrtschiff-MenĂŒs kennt, oft am Gala-Abend. Ohne Mehl kommt die Oceania-Variante dieser schokoladigen Köstlichkeit nicht aus, dafĂŒr ist sie aber definitiv die beste Version, die ich bislang gegessen habe. Und natĂŒrlich enthĂ€lt das âTaste the Worldâ-Kochbuch auch ein â ĂŒberraschend einfaches â Rezept fĂŒr die Schokoladen-Sauce, die handgemacht und nicht âconvenienceâ ist.
Das Kochbuch: âTaste the Worldâ
Oceania Cruises âTaste the Worldâ (englischsprachig) beschreibt auf ĂŒber 250 Seiten rund 80 Rezepte mit Schwerpunkt aufs Dinner. Es gibt aber auch einige Gerichte fĂŒr FrĂŒhstĂŒck, Lunch und Nachmittagstee. Und auch das Rezept fĂŒr Oceanias Signature-Cocktail âThe Big O Martiniâ ist enthalten.
Neben den Rezepten gibtâs viel Hintergrundwissen ĂŒber das kulinarischen Konzept von Oceania Cruises und den fĂŒhrenden Köpfen hinter den MenĂŒs, wie Jaques PĂ©pin, Franck Garanger, Eric Barale und einige mehr.
Die Gestaltung ist hochwertig, wie das bei einem edlen Kochbuch sein sollte. Die Food-Fotografie ist sehr schön, aber dennoch realistisch. Wer genug Fingerfertigkeit hat, kann die filigrane PrĂ€sentation zu Hause durchaus nachzubauen. Nicht zu jedem Rezept gibt es allerdings ein Foto â vielleicht, um den Hobbykoch zu Hause nicht zu sehr zu frustrieren, wenn es da nicht ganz so toll aussieht. Aber Hauptsache, es schmeckt â und dieses Ziel erreicht das Kochbuch ganz exzellent. Denn es ist, wie eingangs schon angesprochen, ganz offensichtlich sehr genau getestet worden, auf kleinere PortionsgröĂen (typischerweise: fĂŒr sechs Personen) angepasst und mit den nötigen, detailreichen Beschreibungen versehen, damit es auch zu Hause gelingen kann.
Ganz fehlerfrei ist ein Kochbuch dennoch nie. In âTaste the Worldâ habe ich allerdings nur einen einzigen gefunden, und der lĂ€sst sich mit etwas Kocherfahrung leicht ausgleichen: Bei den Chocolate Cakes taucht die Butter aus der Zutatenliste im Rezept nicht mehr auf â gehört aber definitiv zusammen mit der Valrhona-Guanaja-Schokolade in den Teig. Der kleine Lapsus sei den Autoren verziehen.
Etwas schwierig ist es, das âTaste the Worldâ-Kochbuch zu kaufen. Es wird nĂ€mlich vor allem an Bord der Schiffe verkauft. Aber bei Amazon.com finden sich immer wieder Exemplare, derzeit ab rund 18 Dollar. Bei Amazon.de gibtâs das Buch fĂŒr 25 Euro angeblich in italienischer Sprache â tatsĂ€chlich ist es aber mutmaĂlich auf Englisch; eine Bestell-Option fĂŒr Mutige âŠ
Vor einigen Jahren habe ich ĂŒbrigens in einer Serie von BeitrĂ€gen viele weitere Kreuzfahrt-KochbĂŒcher getestet: âKulinarische Highlights aus den Kreuzfahrtschiff-KĂŒchenâ. âTaste the Worldâ ist auch im Vergleich dazu eines der Besten.
Die Kulinarik bei Oceania Cruises
Ăber das Kochbuch von Oceania Cruises kann ich nicht schreiben, ohne zumindest auch ein paar Worte ĂŒber die Kulinarik an Bord der Schiffe zu verlieren. Denn die Premium-Reederei hat, wie eingangs schon erwĂ€hnt, eine der besten KĂŒchen auf See. Nur eine faszinierende Zahl dazu: Das VerhĂ€ltnis Köche zu Passagiere betrĂ€gt auf den Oceania-Schiffen rund 1 zu 10.
Ob Oceania Cruises nun auf See wirklich die absolut beste KĂŒche hat, dass können Oceania, Seabourn, Crystal, Seadream und Hapag-Lloyd Cruises untereinander ausdiskutieren. Aber zumindest ganz nahe an der Spitze ist Oceania auf jeden Fall.
Sich durch exzellente KĂŒche von der Konkurrenz zu unterscheiden ist jedenfalls das erklĂ€rte Ziel. Hört man in der Branche genau hin, wird man bei den Mitbewerbern ein anerkennendes Nicken sehen, wenn man nach der Kulinarik bei Oceania Cruises fragt.
Selbst Frank del Rio (CEO und President der NCL Corporation), der sonst nicht um Superlative fĂŒr seine Luxus-Reederei Reget Seven Seas Cruises verlegen ist, rĂ€umt ein: Beim Essen ist Oceania Cruises noch besser. Was ihm natĂŒrlich etwas leichter fĂ€llt, weil Oceania Cruises zu seinem Imperium gehört und er die Reederei selbst mit gegrĂŒndet hat.
Mehr zu dem Thema gibtâs im Beitrag âKulinarisches Intermezzo: Stippvisite auf der Marina von Oceania Cruisesâ ĂŒber meinen Besuch auf der Marina.