Der einzig unangenehme Teil einer Kreuzfahrt ist die Anreise. Endlose Autofahrten oder Stress am Flughafen machen doppelt urlaubsreif. Manchmal gibt es aber noch eine Alternative: die Bahn – und besonders für längere Strecken den Nachtzug City Night Line. Cruisetricks.de hat die Nachtzug-Alternative getestet und ist auf dem Weg zu einer Schiffsbesichtigung in Warnemünde im CNL-Schlafwagen nach Hamburg und zurück gefahren.
Update: Die Deutsche Bahn stellt City Night Line zum Dezember 2016 ein. Auslandsbahnen wie die ÖBB bedienen einige der Strecken weiter – es lohnt sich also gegebenenfalls, dort nachzusehen.
CNL-Züge bieten sich für Kreuzfahrer an, die im Süden Deutschlands wohnen und zur Kreuzfahrt nach Hamburg, Kiel oder Warnemünde wollen. In Nord-Süd-Richtung bieten sich zahlreiche Optionen an, vor allem weil die Bahn auf vielen Strecken das Auto auch gleich mitnimmt. So lassen sich wesentliche Teilstrecken bequem mit dem Zug absolvieren. Wer ohne Auto unterwegs ist, erreicht Venedig und Rom von München aus auch direkt mit dem Nachzug.
Abfahrts-Bahnhöfe der Autozüge sind Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Hildesheim und München. Für Kreuzfahrten ab Venedig bietet sich als Zielbahnhof Bozen oder Verona an, für Kreuzfahrten ab Genua ist Alessandria im Piemont lediglich eine Autofahrstunde entfernt. Hartgesottene Autofahrer erreichen auch Marseille von Alessandria aus – in knapp fünf Stunden Fahrtzeit.
Schlaf- oder Liegewagen?
Nach einem wenig befriedigenden Versuch im 4er-Liegewagen einige Wochen zuvor hatte ich diesmal ein Schlafwagen-Abteil reserviert, die Standard-Variante. Im Liegewaren hatte ich kaum Schlaf gefunden – das Bett war so kurz, das sich mit angewinkelten Knien schlafen musste. Und nebenbei bemerkt hat man im Liegewagen natürlich auch einige Fremde als Zimmergenossen und kein eigenes Waschbecken, was die Morgentoilette nicht gerade einfach macht.
Oberhalb des Standard-Liegewagenabteils gibt es noch die Deluxe-Ausstattung, die sich im Wesentlichen durch einen Tisch und zwei Sessel und damit durch mehr Platz vom Standard-Schlafwagenabteil unterscheidet. Außerdem haben die Deluxe-Abteile eine – wenn auch enge – Dusche.
Das Schlafwagenabteil bei CNL
Das Schlafwagenabteil besteht vor allem aus zwei Stockbetten, eines davon bei Einzelbelegung wegklappbar. Daneben gibt es zwei schmale Schrankplätze, einer davon bietet Platz für einen Handgepäck-Koffer, der andere ist etwas kleiner. Größere Koffer müssen also quasi am Boden des relativ kleinen Abteils deponiert werden. Da man das Abteil aber ohnehin nur zum Schlafen nutzt, ist das zu verkraften.
Auf zwei kleinen Klapptischen ist Platz zum Ablegen von Kleinteilen, zwei Kleiderhaken nebst Kleiderbügel für Jacken sind ebenfalls vorhanden. Das Waschbecken (mit Warmwasser-Mischbatterie) ist in der Ecke platziert und mit einem Schiebe-Deckel versehen, sodass es in geschlossenem Zustand weiteren Ablageplatz bietet.
Kleine Komfort-Details: Handtücher muss man nicht selbst mitbringen, die sind vorhanden. Und auch Plastikbecker mit Zahnputzwasser steht im Badschrank bereit – denn das Wasser aus den Wasserhähnen in Zügen ist bekanntlich ja kein Trinkwasser (auch wenn es prinzipiell sehr sauber ist). Eine Halbliterflasche Mineralwasser steht bereit und selbst ein kleines Frühstück ist im Reisepreis inbegriffen. Das gibt es am Morgen zur Wunschzeit ins Abteil geliefert, einschließlich frischem Tee oder Kaffee.
Die Schlafwagen-Abteile sind übrigens zweistöckig angeordnet, der Zugang erfolgt über eine Art Wendeltreppe. Die Tür zum Abteil ist eine Falttür, die über einen stabilen Riegel verfügt, mit der sich das Abteil nachts von innen fest verschließen lässt. Ein Türspion sorgt zusätzlich für Sicherheit gegen ungebetene Gäste.
Toiletten befinden sich am Gang, sind aber immerhin mit Desinfektionsspray ausgerüstet und waren auf unserer Fahrt auch morgens noch sehr sauber.
Bequem zum Schlafen?
Alles in Allem ist der Schlafwagen natürlich kein großzügiges Luxus-Hotelzimmer auf Schienen, sondern eben eine pragmatische und doch relativ bequeme Schlafgelegenheit in einem Zug. Auf unserer Strecke München-Hamburg war die Fahrtzeit von gut neun Stunden genau richtig, um eine komplette Nacht im Zug zu verschlafen und dabei nicht in morgendlichen Stress zu verfallen.
Bleibt die Frage: Kann man in einem fahrenden Zug überhaupt vernünftig schlafen? Ein pauschales „ja“ wäre gelogen. Natürlich kommt es auf die eigenen Schlafgewohnheiten an. Ich persönlich schlafe im Zug aber bestens, gerade wenn es ein wenig schaukelt; als Kreuzfahrtfan liegt einem das vermutlich im Blut. Wer Pech hat und im Nachbarabteil brüllt ein Baby die Nacht durch, dann hilft natürlich auch der beste Schlaf nichts. Ohr-Stöpsel sollten daher bei einer Nachtzug-Fahrt immer dabei sein. Generell sind die Schlafwagen-Abteile aber überraschend ruhig, abgesehen vom gedämpft hörbaren Fahrgeräuschen des Zuges und dem gleichmäßigen Blasen der (individuell regelbaren) Klimaanlage am Fenster.
Einen entscheidenden Unterschied zum Liegewagen hat für mich die Länge des Bettes ausgemacht. Das Bett des Schlafwagens ist zwar nicht sehr breit und die Matratze eher hart, aber insgesamt ausreichend bequem und vor allem rund 2 Meter lang – genug also, um die Beine komplett auszustrecken, ohne anzustoßen. Ebenfalls entscheidend: Die Privatsphäre im Einzelabteil des Schlafwagens gegenüber der für meinen Geschmack sehr unangenehmen Nähe zu völlig fremden Mitreisenden im Liegewagen, selbst wenn diese noch so freundlich und ruhig sind.
Vorteil: Keine Gepäckbeschränkungen
Ein großer Vorteil der Bahn zeigt sich beim Thema Gepäck: Kein banges Warten am Gepäckband, ob die Fluggesellschaft den Koffer diesmal unbeschädigt (oder überhaupt) ans Ziel gebracht hat. Und es gibt keine lächerlich niedrigen Gewichtsbeschränkungen. Erlaubt ist, soviel man tragen kann. Die verzweifelte Umpackerei, um unter 20 Kilo zu bleiben, entfällt komplett. Ob Flüssigkeiten im Koffer oder im Handgepäck sind, interessiert hier niemanden.
Fazit
Mein persönliches Fazit lautet: Gerne wieder mit CNL. Das Schlafwagenabteil ist kein Ausbund an Komfort, aber es ermöglicht eine zuverlässige und bequeme Anreise zum Kreuzfahrthafen sehr zeitsparend über Nacht und wenn nötig ist sogar das eigene Auto noch mit dabei. Der Schlafwagen bietet Privatsphäre, der Service ist freundlich und am Ende bin ich entspannt in Hamburg und am nächsten Morgen auch wieder zuhause in München abgekommen, ohne Gepäckstress und Terrorismus-Verdächtigen-Behandlung am Flughafen.
Wer frühzeitig bucht (CNL ist maximal 3 Monate im Voraus buchbar), profitiert von Sparpreis-Angeboten und fährt so beispielsweise von München nach Hamburg und zurück im Standard-Schlafwagenabteil zu zweit für insgesamt 338 Euro.