Die Europa ist zu ihrem 20. Geburtstag jünger, moderner, frischer geworden. Bei der umfassendsten Renovierung seit ihrer Indienststellung 1999 hat das Luxus-Kreuzfahrtschiff den Schritt zu einem neuen, modernen Konzept gemacht. Wir haben uns die renovierte Europa bei einem Schiffsbesuch in Hamburg angesehen.
Auf den ersten Blick fällt auf: Die Europa hat weder ihren bisherigen Charme verloren, noch ihr Ambiente komplett verändert. Sie ist moderner und frischer, aber keineswegs eine Kopie der Europa 2 geworden. Die Europa hat ihr Flair behalten und geht aber mit der Zeit, was sich auf den ersten Blick vor allem in Nuancen und Details zeigt, bei genauerem Hinsehen aber durchaus sehr deutlich wird. Zum Vergleich vor der Renovierung: Bildergalerie der Europa von 2016.
Was Hapag-Lloyd Cruises als „konzeptionelle Modernisierungen und Neuerungen in Optik und Kulinarik“ formuliert und neben Design und neuen Restaurants auch „mehr Raum für Achtsamkeit und Gesundheit“ schaffen soll, hat bereits 2015 mit der eleganten 20er-Jahre-Cocktailbar „Gatsby’s“ auf Deck 4 begonnen und ist jetzt abgeschlossen.
Entspannter Dress Code
Neu ist zunächst einmal ein deutlich gelockerter Dress Code: „Abendlich elegante“ Kleidung ist nur noch an typischerweise zwei Abenden gefragt. Ansonsten gilt „sportlich elegant“, sodass Krawatte, dunkler Anzug beziehungsweise aufwändige Abendkleider im Schrank bleiben können.

Viele der Neuerungen auf der Europa hängen damit zusammen, dass sich das Publikum verändert – und zwar ziemlich rasch, wie Hapag-Lloyd Cruises sagt. Schon seit einiger Zeit gehe der Trend im Luxus-Segment vom „Haben“ zum „Sein“, von Äußerlichkeiten zur Individualität. Und so nähern sich auch die anfänglich recht unterschiedlichen Zielgruppen für Europa und Europa 2 immer mehr an. Passagiere würden sich heute viel mehr als früher bei der Entscheidung für eines der beiden Schiffe nach der Destination und der Fahrtroute richten.
Freie Platzwahl im Europa Restaurant
Neu ist daher auch die freie Platzwahl im Hauptrestaurant: Für die ganze Reise fest reservierte Plätze für jeden Passagier im Europa Restaurant gibt es nicht mehr. Bei insgesamt 265 Plätzen gibt es jetzt 50 Zweiertische, weiterhin aber auch – in verringerter Zahl – runde, große Tische für Passagiere, die gerne in größerer Gesellschaft dinieren.

Sofort fällt im Europa Restaurant das neue Design der großflächigen Deckenleuchten. Genauer hinsehen muss man für praktische Details, beispielsweise ein Haken zum Aufhängen einer Handtasche an den Stühlen und einer Schlaufe, die es der Crew leichter macht, den Stuhl für die Passagiere zurechtzurücken.

Ohne dass es optisch auffällt, ist das Europa Restaurant etwas kleiner geworden: Seitlich wurden je zwei Fenster den Restaurants Venezia und „The Globe“ zugeschlagen, die dadurch entsprechend größer ausfallen.
Atelier wird zum „Studio“
Die veränderten Ansprüche der Passagier haben zu einer weiteren Neuerung auf der Europa geführt: Im Rahmen des „Europa Refesh“ genannten Wohlfühl-Konzepts wurde aus dem Atelier auf Deck 4 neben der Gatsby’s Bar das neue Studio: Sport statt Kunst.

Im Studio finden künftig Fitness- und Entspannungskurse statt, die sich an dem Gruppenfitnessprogramm „Les Mills“ orientieren. Zu „Europa Refresh“ gehören aber auch Ernährungsworkshops nach dem Konzept der Autorin Dr. Anne Fleck und dazu passende Speisen im Restaurant.
Einen Kursraum gab es zwar auch bisher schon auf der Europa, nämlich am Heck auf Deck 7. Genutzt wurde dieser Raum mangels Bedarfs an Fitness-Kursen aber vor allem als Lager. Aus diesem früheren Kursraum wurde jetzt bei der Renovierung das neue Restaurant „Pearls“.
Neues Restaurant Pearls
Das „Pearls“ ist ein komplett neues Restaurant auf der Europa. Mit 24 Sitzplätzen an Tischen und einer Bar innen sowie 26 überdachten Sitzplätzen auf der Terrasse zum Heck hin gibt es hier ein edles, siebengängiges Kaviar-Menü.

Wie die anderen Restaurants an Bord der Europa ist auch das Pearls im Reisepreis inklusive – vorausgesetzt, zehn Gramm Kaviar genügen einem bei dem Menü. Wer noch mehr Kaviar zu den einzelnen Gängen will, kann entsprechend aufzahlen. Das Menü präsentiert in sieben Gängen sieben verschiedene Kaviar-Sorten. Auf meinem Shipvisit konnte ich zwei der Gänge probieren …

Neues Restaurant „The Globe by Kevin Fehling“
Das eigentliche kulinarische Highlight der Europa aber ist das neue Restaurant „The Globe by Kevin Fehling“ des Hamburger Drei-Sterne-Kochs Kevin Fehling. „Klassiker von allen Teilen des Globus modern und kreativ interpretiert“, ist das offizielle Motto des Restaurants. In „The Globe“ wird es jährlich drei neue Fünf-Gänge-Menüs geben, die im Wochenrhythmus abwechseln.

Tatsächlich ist es quasi die seeseitige Verlängerung von Fehlings „The Table“ in Hamburg. Der Sternekoch selbst soll 20 Tage pro Jahr persönlich an Bord sein, in dieser Zeit wird „The Table“ an Land jeweils geschlossen bleiben. Die übrige Zeit zeichnet einer der beiden Sous Chefs des „The Table“ zusammen mit fünf Küchenteam-Mitgliedern verantwortlich für „The Globe“. Der Restaurant-Name und das Globus-Logo sind eine Anspielung auf die Reisen der Europa um die Welt.

Kevin Fehling kochte bereits zu Beginn seiner Karriere ab dem Jahr 2000 zwei Jahre lang als Sous Chef auf der Europa und kehrt nun aufs Schiff zurück. Als „neben meinen Kindern die schönste Zeit meines Lebens“ bezeichnete Fehling diese zwei Jahre auf der Europa.

Fehling löst Dieter Müller ab, der an dieser Stelle auf Deck 4 der Europa zehn Jahre lang sein „Restaurant Dieter Müller“ hatte. Im Vergleich zum bisherigen Dieter-Müller-Restaurant ist „The Globe“ größer geworden, hat vom benachbarten Europa-Restaurant zwei Fenster hinzubekommen, die Sitzplatzzahl von 26 aber nicht erhöht. Dadurch wirkt das Spitzenrestaurant noch deutlich großzügiger und edler.
Neu gestaltetes und vergrößertes Restaurant Venezia
Das italienische Spezialitätenrestaurant Venezia hat Hapag-Lloyd Cruises wegen seiner Beliebtheit von 30 auf 50 Plätze vergrößert und dafür im hinteren Bereich zwei Fenster vom benachbarten Europa-Restaurant übernommen.

Wie an vielen Stellen am Schiff lohnt sich auch hier ein aufmerksamer Blick auf die Details: Der Teppich des Venezia hat dasselbe Muster wie das Pflaster des Markusplatzes in Venedig.
Atrium im neuen Design
Neu gestaltet wurde auch das Atrium mit Rezeption und Piano Bar: filigraner, heller und eleganter.

Von der Decke hängt ein moderner Leuchter, der Aufzugsbereich ist mit goldfarbenen Lamellen verkleidet statt der bisherigen Holzpaneele, ebenso der Tresen der Piano-Bar.

Schon bei der letzten Renovierung waren die schweren, braunen Ledersessel leichteren, dunkel-fliederfarbene Sesseln gewichen, die nun wiederum durch noch leichtere, in mittelblau gehaltene Möbel ersetzt wurden.

Details zum Weft-Aufenthalt: „Die Mutti“ hat ihre Gewichtsgrenze erreicht
Bei einer Lady über ihr Gewicht zu sprechen, ist ein wenig peinlich. Aber Fakten sind eben Fakten: Die Europa hat ihre zulässige Gewichtsgrenze erreicht, Veränderungen an Bord müssen daher „gewichtsneutral“ sein. Wird also etwas Neues eingebaut, muss etwas anderes mit gleichem Gewicht raus. Doch der Europa sieht man das nicht an.

Nach ihrer Geburtstags-Renovierung wirkt sie fast wie neu. Und wie sehr die Crew ihre Europa ins Herz geschlossen hat, verriet Kevin Fehling bei der Eröffnung seines Restaurants: Intern wird die Europa von der Crew liebevoll „die Mutti“ genannt.
Über die Kosten der Renovierung, laut Hapag-Lloyd Cruises die aufwändigste seit Indienststellung der Europa, hüllt sich die Reederei in Schweigen, nennt nur ein paar Zahlen: 14 Tage dauerte der Werft-Aufenthalt bei Blohm + Voss in Hamburg, über 850 Arbeiter und mehr als 60 verschiedene Firmen waren in dieser Zeit mit den Renovierungsarbeiten beschäftigt.

Wie kompliziert auch vermeintlich einfache Ideen bei einem schon etwas älteren Schiff umzusetzen sind, erläutert Produktmanagerin Gabi Haupt an einem Beispiel: Die Suiten haben künftig eigene Espresso-Maschinen. Aber: Früher gab es nur wenig Bedarf an Steckdosen, sodass dafür erst einmal neue Stromanschlüsse in die Suiten gelegt werden mussten. Die Espresso-Maschinen funktionieren übrigens mit biologisch abbaubaren Kaffee-Kapseln statt mit den sonst üblichen Alukapseln.
1.500 wesentliche Punkte soll die Liste der Einzelmaßnahmen umfasst haben. Der technisch mutmaßlich wichtigste Punkt war der Einbau einer neuen Ballastwasser-Behandlungsanlage, um künftig mit neuester Technik zu vermeiden, dass die Europa auf ihrer Reise durch die Welt artfremde Spezies über ihre Ballastwasser-Tanks in andere Gewässer einschleppt.

Reizvoll für die Passagiere der Geburtstagsreise von Hamburg nach Monte Carlo: Sie durften schon einschiffen, als die Europa noch in der Werft lag. Erst am frühen Morgen des nächsten Tages wechselte die Europa dann hinüber ans Terminal des Cruise Centers in Hamburg, von wo sie zu ihrer Geburtstagsreise aufbrach.