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Deilmann-Buch: „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“

Das lange erwartete Buch der Deilmann-Zwillinge „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“ ist erschienen. Angekündigt wird es als Enthüllungsbuch über die wahren Vorgänge hinter den Kulissen des Traumschiffs, insbesondere bei der Insolvenz der Flusskreuzfahrt-Sparte sowie die spätere Übernahme der Reederei Peter Deilmann durch den Münchner Finanzinvestor Aurelius. Faktisch ist es eher so etwas wie die Lebensgeschichte der Reederei, sehr persönlich gefärbt und aus der subjektiven Sicht von Gisa und Hedda Deilmann geschrieben – spannend zu lesen, aber ohne Anspruch auf eine restlose Aufklärung der Vorgänge.

Update (15.2.2012): Die Reederei Peter Deilmann mit ihrem neuen Eigentümer, dem Münchner Finanzinvestor Aurelius, hat eine Einstweilige Verfügung gegen die Auslieferung des Buches erwirkt.

Update (21.2.2012): Die Einstweilige Verfügung wurde zwischenzeitlich außer Kraft gesetzt, da die Hauptverhandlung erst am 7. März stattfinden kann. Zunächst darf das Buch also wieder verkauft werden.

An das „Traumschiff“-Buch der Deilmann-Schwestern Gisa und Hedda Deilmann haben Kreuzfahrtfans je nach persönlichem (Vor-)Urteil ganz unterschiedliche Erwartungen geknüpft, die meisten wohl in der Hoffnung, die Berichte würden bestätigen, „was man eh‘ schon lange wusste“. Für die einen steht fest, dass die Peter-Deilmann-Erbinnen die Reederei zugrunde gerichtet haben und nur die Schuld daran in dem Buch auf Banken, Investoren und zum Teil auch an ihrem Vater schieben wollen. Für die anderen sind sie das Opfer der Banken und der männlich dominierten Branche, die ihnen keine Chance gelassen haben.

Zu diesem Punkt wollen wir uns auch nach Lektüre des Buches kein Urteil erlauben – schon weil Gisa und Hedda Deilmann zwar viele Details schildern, aber in keiner Weise im Stil eines journalistischen Enthüllungsbuches Beweisketten aufbauen oder versuchen, ihre Aussagen zu beweisen. Das war aber offenbar auch gar nicht die Absicht hinter dem Buch. Vielmehr wirkt es, als mussten sich die beiden Reederei-Erbinnen vieles von der Seele schreiben beziehungsweise reden und von den beiden Kreuzfahrt-erfahrenen Autoren Gisela und Klaus J. Groth niederschreiben lassen.

Der Schwerpunkt der Erzählungen liegt auf der schwierigen Zeit nach dem Tod von Reeder Peter Deilmann 2003 bis zur Übernahme der Reederei durch Aurelius und dem endgültigen Ausscheiden der Schwestern aus dem Unternehmen. Hier präsentieren Gisa und Hedda Deilmann jede Menge Details aus dem Finanzgebaren insbesondere der Deutschen Bank, nehmen ihren eigenen kaufmännischen Leiter und dessen Rolle im Insolvenzverfahren aufs Korn (ohne ihn beim Namen zu nennen), immer wieder durchzogen von sehr persönlichen Passagen über die eigenen Emotionen und das immer größer werdende Ohnmachtsgefühl. Viele Dinge deuten die Autoren allerdings auch nur an und überlassen es dem Leser, Rückschlüsse zu ziehen – was angesichts der vielen teils recht verwirrenden Episoden im Rahmen des Insolvenzverfahrens und der fehlschlagenden Finanzierungsversuche nicht leicht fällt.

Am interessantesten – und deshalb auch unbedingt lesenswert – empfinde ich persönlich die Passagen, in denen Gisa und Hedda Deilmann ihre eigene Lebenswelt durchblicken lassen. Am einfachsten ist das zu Beginn des Buchs zu finden, wenn sie von den Anfängen der Peter-Deilmann-Reederei erzählen. Später blitzen persönliche Momente nur noch sehr knapp, aber umso interessanter durch. Spannende, wenn auch nur knappe Einblicke in die Gefühlslage der Familie geben Szenen wie die Beschreibung des Tages, als im Juli 2000 die von Deilmann gecharterte Concorde mit 133 Passagieren an Bord abstürzt.

Diese persönlichen, emotionalen Momente geben einen tieferen Einblick in die Welt der beiden Deilmann-Schwestern, als ihnen beim Schreiben des Buches vielleicht bewusst war. Wer will, kann aus einzelnen, kurzen Passagen nämlich auch viel über Charakter und Einstellung der Frauen herauslesen – ohne dass man sich auf Basis der knappen Beschreibungen wirklich sicher sein kann, ob man mit seinen Rückschlüssen richtig liegt.

Nur ein Beispiel, es geht um das Feuer im Maschinenraum der Deutschland im Mai 2010 – Zitat: „Wir sind an diesem schönen Pfingsttag mit unseren Familien zu einem ländlichen Reitturnier gefahren. Kurz nachdem das Feuer entdeckt wurde, ruft der Inspektor der Deutschland, Werner Molle, an. Wir sind geschockt, aber er beruhigt uns: Das habe man bald unter Kontrolle. Die Passagiere seien nicht betroffen. Wir bleiben auf dem Turnier.“ Mehr Details geben die beiden zu dieser Situation nicht preis – keine Abwägung, ob man nach Hause fahren oder bleiben soll, keine Beschreibung der Motive, warum man zunächst bleibt. Später brechen sie ihren Ausflug zu dem Reitturnier dann doch ab. Für den Leser gibt das sehr viel Spielraum für eigene Interpretationen.

Nur im Zusammenhang mit vielen quer über das ganze Buch verteilten solchen Szenen kann man sich selbst ein Bild machen. Das macht letztlich den Reiz von „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“ aus. Für Kreuzfahrtfans ein spannendes Buch, wenn man gerne zwischen den Zeilen liest. Und für alle, die Schicksal der Reederei Peter Deilmann schon länger verfolgen, ist „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“ ohnehin Pflichtlektüre.

Die wahre Geschichte vom Traumschiff – Gisa & Hedda Deilmann

Die wahre Geschichte vom TraumschiffUniversitas Verlag München
ISBN 978-3-8004-1503-8
19,99 Euro (gebundene Ausgabe)

 

11 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

11 Gedanken zu „Deilmann-Buch: „Die wahre Geschichte vom Traumschiff““

  1. Leider sind mir €20 zu viel für eine oberflächliche(?) Familiengeschichte, aber interessieren täte mich schon, ob die Ladies auf das schwierige Klima innerhalb der Familie in den letzten Lenbensjahren des „Alten“ eingegangen sind.
    Peter Deilmann verbrachte beinahe mehr Zeit in Malente als in Neustadt.

  2. @Peter: Wirklich tiefschürfend steigt das Buch in kaum ein Thema ein und die Geschichte der Reederei und der Schiffe steht meist mehr im Vordergrund als das Familienleben. Aber das Buch enthält schon den einen oder anderen Absatz, der darauf eingeht. Besonders spitz sind die Bemerkungen bezüglich Peter Deilmanns später Lebensgefährtin, die in dem Buch nur als „Frau X.“ bezeichnet wird. Eine Überschrift eines Unterkapitels dazu lautet beispielsweise „Die Fallenstellerin“ …

  3. Genau auf die Frau X aus Malente sollte mein Hinweis aufmerksam machen.
    Dank für deine Erläuterung, bestätigt sie doch meinen Verdacht auf das gestörte Familienklima.
    P. Deilmann hat sich häufig darüber in Privatgesprächen, auch gegenüber nur weitläufigen Bekannten, die er allerdings wöchentlich traf, aus gelassen.

  4. Hinweis für alle, die zwar interessiert sind, aber das Buch nicht kaufen wollen: Die Lübecker Nachrichten drucken derzeit exklusiv in einer mehrteiligen Serie Auszüge.

  5. Zitat Antje: „Die Lübecker Nachrichten drucken derzeit exklusiv in einer mehrteiligen Serie Auszüge.“

    Leider nicht online, nur für ebookers Abonnenten. :-(

  6. In der Financial Time Deutschland online ist ein sehr interessanter Auszug aus dem Buch zu lesen (ganz subjektive Sicht der Zwillinge):

  7. Mit Glamour, Glanz und Gloria anstelle von Geschäft, Geld und Gewinn wird aus dem Traumschiff ein Traumaschiff….

  8. Huiiii,
    habe voller Spannung das Buch bekommen, gelesen und gehofft, einige Antworten zu finden…
    War selbst betroffen von der Insolvenz, tätig auf einem Schiff.
    Das Thelma der Insolvenz wird sehr kurz umrissen, eigentlich geht es nur um die Familiengeschichte, die alle Deilmann Interessierten oder Ex Mitarbeiter eh kennen. Ich bekenne mich, dass ich zur Zeit meiner Mitarbeit die Damen immer verteidigt und unterstützt habe, wo ich nur konnte, gerade weil sie 2 Frauen in einer Männerwelt waren. Leider konnte ich als „Insider oder auch als Frau“ mehr rauslesen als mir lieb war.
    Die wahre Geschichte hat einfach zuviel mit Lebensstandard, Kleidung, Schmuck, öffentlichen Auftritten etc. pp zu tun.
    Mir kamen fast die Tränen, als ich lesen musste, dass Frau G. Deilmann eine ganze Saison arbeiten musste, um sich endlich die ersehnten Schlangenlederstiefel kaufen zu können..
    Es ist sehr, sehr schade, dass die Damen aus diesem Buch nicht mehr gemacht haben. Ein Bestseller wird es eh nicht, deswegen hätten sie die Chance ergreifen sollen, um sich den wirklich interessierten Gästen und Crew erklären zu können. Mit diesem Buch unterstreichen die Damen eigentlich nur das von Vielen vorhergesehene bzw. angekündigte Unvermögen eine Firma jeglicher Art zu leiten. Schade, ich täusche mich nicht gerne.
    Fazit:
    Lesenswert, aber enttäuschend für Ex-Gäste, Ex Crew (dazu zähle ich mich)
    Ein Triumph für alle, die es schon immer wussten….

  9. Zum Buch der Deilmann Töchter und den Kommentaren die ich hier lese, möchte ich gerne einen Gedanken anführen. Wer in den letzten Monaten den Namen
    „DEUTSCHE BANK“ gehört hat, kennt die Machenschaften dieser Institution. Leider bin ich auch ein Kunde dieser Bank und habe die Aroganz dieses Unternehmens in vollem Umpfang erlebt, es macht keinen Unterschied ob man männlich oder weiblich ist.
    An Bord der Deutschland habe ich schöne Reisen gemacht und die elegante Atmosphäre genossen. Die Eigner der Reederei Gisa und Hedda Deilmann standen ihren Mann und vertraten Peter Deilmann, wie es nicht besser ging, kein Sohn hätte es besser gemacht ! Die Damen hatten nur die falsche Bank. Ich bewundere den Mut der Deilmann Töchter.

  10. Ergänzung zu meinem Kommentar: Ich höre gerade im ZDF, daß Wolfgang Rademann, der Vater des Traumschiffs, verstorben
    Ist.
    Das “ Traumschiff MS Deutschland“ hat doch über Jahre Millionen Zuschauer mit auf die Reise genommen.
    Dank an Peter Deilmann und seine Töchter
    und Wolfgang Rademann
    Mit Hochachtung
    Dieter Otten

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