Nach mehr als drei Jahren zurück auf einem Kreuzfahrtschiff der Oasis-Class von Royal Caribbean International: Impressionen, Fotos und Insider-Tipps von der Harmony of the Seas.
Es ist immer wieder etwas Besonderes, eines der weltgrößten Kreuzfahrtschiffe zu betreten. Die ersten Schritte führen direkt auf die Royal Promenade, die einen leicht vergessen lassen, dass man sich auf einem Schiff befindet. Die Atmosphäre in diesem riesigen Raum ist so ganz anders als auf vielen anderen Schiffen …
Keine niedrige, hellgraue Decke aus Blechpaneelen, sondern eine breite Promenade mit Café, Pizzeria, Pub, Shops. Von oben fällt Sonnenlicht durch die Glasdächer.
Dort sieht man schon das Grün des drei Decks höher gelegenen Central Parks, in dem – was mich immer wieder in Staunen versetzt – rund 10.000 echte Pflanzen, Blumen, Bäume wachsen. Auf einem Kreuzfahrtschiff.
Die bislang vier Oasis-Class-Schiffe sind nicht völlig identisch, aber nahezu gleich groß. Die 2016 gebaute Harmony of the Seas ist aktuell noch, wenn man’s genau nimmt, das zweitgrößte Kreuzfahrtschiff der Welt nach der Symphony of the Seas. Die Wonder of the Seas wird 2022 noch einmal etwas größer.
Corona-Maßnahmen: Ohne Maske geht’s nicht, aber sonst …?
Warum ich die Schiffsgröße so hervorhebe? Sie ist ein großer Vorteil beim Thema Corona-Maßnahmen. Auf dieser Reise ist die Harmony of the Seas mit rund 2.700 Passagieren etwa zur Hälfte ausgelastet. Restaurants, Bars, die Pools sind belebt, aber es geht nirgends eng zu – auch weil das Schiff mit seinen 42 Metern Breite (47 Meter inklusive Brückennock) viel Platz zum Abstandhalten bietet.
Der Antigentest am Tag vor der Ausschiffung für alle Passagiere ist bei der Passagierzahl freilich eine Mammut-Aufgabe, die sich über den ganzen Seetag zieht. Aber für jeden einzelnen Passagier dauert es kaum länger als ein paar Minuten, das Testzentrum wird von Centogene betrieben, Testergebnisse kommen bequem per E-Mail. Ergebnis übrigens: kein einziger positiver Fall.
Zu den Corona-Maßnahmen lohnt es sich nicht, die Details zu schildern – denn die Harmony of the Seas fährt nach dieser Reise in die USA und dort gelten andere, lockerere Regeln als in Europa. Daher eher allgemein: Das Spiel mit Abständen und Maskenpflicht in Innenbereichen sowie dort, wo Abstände nicht machbar sind, auch im Freien, hat sehr gut funktioniert.
Es mag auch an einem entspannten und Regeln akzeptierenden Publikum liegen, aber selbst im Theater, wo es zwar eine recht begrenzte Kapazität gab, aber keine abgesperrten Sitze als Abstandvorgaben, hielten die Passagiere von sich aus Abstände ein und trugen ihre Masken. Und wenn mal doch jemand unangenehm nahe kommt, setzt man sich halt einfach ein paar Plätze weiter.
Musical „Grease“ – wie lange mussten wir so etwas entbehren …
Und so erlebt man dann eine in diesen Zeiten so ungewohnt gewordene Sensation einer kompletten, 90minütigen Musical-Aufführung (Grease) in einem großen Theater mit über 20 Sängern und Tänzern auf der Bühne, mit Publikum und Standing Ovations nach einer Show auf Broadway- oder und Las-Vegas-Niveau. Das treibt einem ein paar Freudentränen in die Augenwinkel. Wie haben wir so etwas in den vergangenen knapp zwei Jahren doch vermisst …
Ein Streifzug durch die „Neighborhoods“ der Harmony of the Seas
Die Oasis-Class-Schiffe sind so groß, dass Royal Caribbean sie in sieben „Neighborhoods“ unterteilt hat – quasi Stadtviertel auf einem Schiff. Da kann es schonmal vorkommen, dass man in die eine oder andere Neighborhood tagelang keinen Fuß setzt. So ist es mir auf der Reise mit der Harmony of the Seas ergangen. Spa und Fitness-Center habe ich in den drei Tagen ebenso ausgeblendet wie die „Youth Zone“ für Kids und Teens – nicht absichtlich, sondern weil es einfach so viel anderes zu sehen und zu erleben gab.
Nur auf der umlaufenden Außenpromenade auf Deck 5, die zur Spa-und-Fitness-Neighborhood gehört, habe ich ein paar Runden gedreht, um zumindest pro forma ein paar der Kalorien wieder abzutrainieren, die ich mir während der Reise angefuttert habe.
Alle Details zur Harmony of the Seas habe ich schon in meinem Beitrag „Harmony of the Seas: viel mehr als nur größtes Kreuzfahrtschiff der Welt“ bei ihrer Indienststellung 2016 geschildert. Deshalb will ich mich hier auf ein paar besondere Impressionen konzentrieren.
Boardwalk mit Karussell und Rutsche
Einer der einzigartigen und im positiven Sinne skurrilen Neighborhoods ist der Boardwalk. Die Idee war, hier die Atmosphäre einer Kirmes zu schaffen, die ein wenig an New Yorks legendäre Coney Island erinnern soll. Mit einem nostalgischen, weitgehend handgefertigten Karussell …
… Restaurants mit Tischen im Freien, wie dem mexikanischen Sabor und dem Burger-Laden Johnny Rocket’s (beide gegen Aufpreis) sowie einer Hotdog-Bude, einem Candy-Shop …
… sowie einer für Kreuzfahrtschiffe bislang einzigartigen Rutschenröhre, der „Ultimate Abyss“. In ihr stürzen sich Wagemutige in einem – eigentlich ganz gemütlichen – Ritt von Deck 16 hinab bis auf Deck 6 …
Kleine Neuerung dabei: Zum Rutschen, ebenso wie für die Zip-Line oben am Sportsdeck muss man keine lästige Haftungsausschlußerklärung („waiver“) mehr unterschreiben. Und sehr nützlich: Die einem Fußsack ähnlichen Rutsch-Matten haben jetzt seitlich einen zusätzlichen Schutz für die Arme und Ellenbogen. Da gab’s früher schonmal kleine Schürfwunden, wenn man an der Röhrenwand entlang schrammte.
Aqua Theater
Noch eines dieser einzigartigen Features der Oasis Class ist die riesige Freiluft-Arena namens Aqua Theater“ am Heck, die den Abschluss der Boardwalk-Neighborhood bildet.
Mit einem variablen, bis zu 5,5 Meter tiefen Wasserbecken und computergesteuerten Wasserfontänen, Sprungtürmen und einem Seilsystem, mit dem Artisten dreidimensional durch den Raum über den Zuschauern und der Bühne schweben können, ist das Aqua Theater eine Bühne für faszinierende Shows unter freiem Himmel, abends mit aufwendigen Laser- und Licht-Effekten.
Royal Promenade
Die Royal Promenade kennt jeder, der schon einmal auf einem Royal-Caribbean-Schiff gefahren ist. Nur ist sie auf der Harmony of the Seas eben von ganz anderer Dimension.
Auf der oberen Ebene liegt meine Lieblingsbar, die Schooner Bar – einfach, weil es hier die besten Cocktails am Schiff gibt, wie den wunderbaren Lavendel-Daiquiri.
Eher Spielereien, wenn auch ganz reizvolle, sind die Rising Tide Bar …
… und die Bionic Bar.
Die eine schwebt im viertel- oder halbstündigen Rhythmus zwischen der Promenade auf Deck 5 hinauf in den Central Park auf Deck 8 und wieder zurück und gewährt ihren Gästen eine ungewöhnliche Perspektive. Im Vorbeifahren kann man dann auch mal den Mitreisenden in der Schooner Bar zuprosten.
Central Park
Den seltensten und ungewöhnlichsten Kreuzfahrtschiff-Job haben die zwei oder drei Gärtner der Harmony of the Seas. Sie kümmern sich um die Pflanzen im Central Park. Vögel zwitschern hier – zumeist vom Band, in der Karibik verirren sich aber auch mal echte Vögel hierher. Vor allem abends ist die Stimmung still und romantisch.
Die Weinbar Vintages oder die Open-Air-Bar Trellis sind hübsche Orte für einen Pre-Dinner-Drink, wenn man im Fine-Dining-Restaurant „150 Central Park“, im Steakhaus „Chops Grille“ oder bei „Jamie’s Italian“ reserviert hat, die alle ihren Eingang im Central Park haben.
Ein wenig kitschig, aber für viele ein beliebter Foto-Hotspot sind die beiden Rosen-Herzen am vorderen Parkeingang. Mir persönlich gefällt die Skulptur eines Schmetterlinge fangenden Mädchens viel besser, die an gleicher Stelle auf der Oasis of the Seas zu finden ist.
Witzig ist ein versteckter Hingucker, den zwei Passagiere einst eingeschmuggelt haben und den Royal Caribbean inzwischen ganz offiziell pflegt: Zwei Gartenzwerge, die gegenüber der Trellis Bar zwischen den Pflanzen stehen.
Übrigens: Wenn’s draußen regnet – ja, dann regnet es natürlich auch im Central Park. An den Eingängen stehen Regenschirme bereit.
Entertainment Place: Theater, Eiskunstlauf-Show
Ein wesentlicher Teil der Abendunterhaltung konzentriert sich im Vergnügungsviertel der Harmony of the Seas, der Neighborhood „Entertainment Place“. Von hier geht es ins große Theater mit den großen Produktion-Shows und dem Musical Grease …
… und die etwas kleinere Eishalle Studio B, wo man am Nachmittag auch mal selbst die Schlittschuhe anziehen kann, aber vor allem professionelle Eistänzer verschiedene Shows im Holiday-on-Ice-Stil aufführen.
In intimerem Rahmen finden Comedy Club und Jazz-Club ihre Fans, außerdem liegt am Entertainment Place auch die exklusive Lounge für Passagiere mit höherem Loyalitätsstatus ab „Diamond“. Hier lässt man sich sehen, wenn man zeigen will, dass man „dazugehört“ …
Pooldeck und Sports Zone
Das weitläufigste Stadtviertel der Harmony of the Seas zieht sich über die gesamte Außenfläche der Decks 15 und 16 und noch ein wenig darüber hinaus. Vier große Pools, …
… zwei Surf-Simulatoren, …
… Mini-Golf, großer Sportplatz, Einstieg zur Ultimate Abyss, die ich im Bereich Boardwalk schon einmal angesprochen habe.
Und für Whirlpool-Fans liegen knapp vor den Eingängen zum Solarium zwei große, über die Bordwand hinaus ragende Infinity-Whirlpools, in denen man quasi hoch über dem Meer schwebt.
Solarium: nur für Erwachsene
Einer meiner Lieblingsorte auf der Harmony of the Seas ist das Solarium, ganz vorne oben auf Deck 14, 15 und 16 gelegen ist es ein ruhiger Ort mit weitem Blick übers Meer, …
… mit einer hübschen Bar, einem Whirlpool mit Blick nach vorne …
… und mit Aussichtsplattformen auf beiden Seiten über der Brückennock, eine davon („King of the World“) teils mit Glasboden …
… von wo aus man das riesige Schiff auch mal quasi von außen betrachten kann.
Ein paar Worte zum Essen …
Bei insgesamt 21 Restaurants und Gastronomie-Angeboten kann man nach drei Tagen an Bord nur begrenzt eine Beurteilung des Essens und der Restaurants abgeben. Angesichts der innovativen Dynamik in der internationalen Kreuzfahrt bei Restaurant-Konzepten und der Fortentwicklung von Menü-Karten hat Royal Caribbean offenbar gerade ein wenig Nachholbedarf.
Das Essen war sowohl im Hauptrestaurant sehr gut und insbesondere im zuzahlungspflichtigen Steakhaus Chops Grille und im 150 Central Park exzellent. Was aber ein wenig fehlt, sind neue, kreative, überraschende Gerichte. Die Speisekarten bieten überwiegend Gerichte, die man einfach schon oft gegessen hat – sie sind sehr gut, aber auch schon ein wenig abgenutzt.
Chops Grille Chops Grille Chops Grille, Tuna Tartare Chops Grille, Jumbo Lump Crab Cake Chops Grille, Petite Filet Chops Grille, Key Lime Meringue Pie 150 Central Park 150 Central Park, Braised Short Rip 150 Central Park, Seared Honey Glazed Scallops 150 Central Park, Lobster Thermidor 150 Central Park, Peanut Butter Chocolate Tart
Immerhin findet man auf der Speisekarte des Hauptrestaurants wieder Hummer. Das gab es bei Royal Caribbean im Mittelmeer jahrelang nicht mehr. Die klassische, französische Zwiebelsuppe – um ein Beispiel zu nennen – begeistert mich jedes Mal wieder. Aber etwas mehr Experimentierfreude, Innovation und Kreativität könnte den Menüs nicht schaden.
Richtig up-to-date ist allerdings das „Wonderland“, mit dem Royal Caribbean ein zauberhaftes Dinner-Erlebnis geschaffen hat, in dem man für ein, zwei Stunden in eine märchenhafte Alice-im-Wunderland-Atmosphäre eintaucht und dabei sehr gutes Essen genießt (diesmal blieb mir dafür allerdings keine Zeit).
Für mich persönlich als Teetrinker sehr angenehm: Es gibt zum Frühstück große Tee- und Kaffeebecher und nicht nur diese winzigen Kaffeetassen, bei denen schon 15 Sekunden Teebeutel zu lang sind und in die nur zwei, drei Schlucke hineinpassen. Das klingt trivial, ist für mich aber durchaus ein großer Wohlfühl-Faktor beim Frühstück.
Unsere Tipps zur Harmony of the Seas – und den anderen Oasis-Class-Schiffen
Mit den Oasis-Class-Schiffen von Royal Caribbean International verbindet uns etwas Besonderes. Als die Oasis of the Seas im November 2009 als aufsehenerregendes, neues und weltgrößtes Kreuzfahrtschiff auf den Markt kam, waren wir durch eine glückliche Fügung als erste Deutsche und als erste Journalisten an Bord.
Während das Schiff damals durch alle Nachrichten ging, konnten wir so ausführlich berichten wie sonst niemand. Es war der perfekte Start für cruisetricks.de. Mehr als 50 Tage habe ich inzwischen an Bord von Oasis-Class-Schiffen verbracht. Zuletzt waren wir (fast) ganz privat zum Urlaub machen auf der Symphony of the Seas, im Juni 2018.
Natürlich gibt es auf diesem großen Schiff viel zu entdecken, aber manche Dinge findet man vielleicht nur, wenn man es auch weiß. Deshalb ein paar persönliche Tipps:
„King of the World“: Einen ganz besonderen Blick genießt man auf den beiden Aussichtsplattformen oberhalb der Brückennock, zugänglich vom Solarium. An Backbord gibt es dort sogar eine kleine Glasboden-Fläche, die noch etwas nach vorne gezogen ist und „King of the World“ heißt. Besonders schön ist es hier früh morgens.
Frühstück im Solarium Bistro: Wenn sich alle Passagiere im Buffet-Restaurant tummeln, ist das Solarium Bistro ein wunderbar ruhiger Ort fürs Frühstück abseits des Trubels. Mit Blick nach vorne aufs Meer gibt es auch hier ein kleines Buffet, sodass sich das Solarium auch für ein schnelles Frühstück vor dem Landausflug eignet – anders als das Hauptrestaurant mit Bedienung, wo es schonmal etwas länger dauert.
Frühstück im Hauptrestaurant: Das große Hauptrestaurant lohnt sich aber zum Frühstück dennoch, wenn man etwas Zeit mitbringt. Wer frühzeitig kommt und danach fragt, bekommt einen Fensterplatz …
Und die grandiosen Chocolate-Chip-Pancakes lassen jede Scheu vor Kalorien vergessen. Fürs Fitness-Studio sollte man dann allerdings schonmal etwas Zeit einplanen.
Der beste Meerblick: Wer ruhig und abgeschieden den Blick aufs Meer genießen will, geht entweder am Promenadendeck (Deck 5) ganz nach hinten ans Heck hinter das Aqua Theater …
… oder zwei Decks höher zur Kletterwand, wo es seitlich jeweils eine schöne, ruhige Ecke mit seitlichem Blick aufs Meer gibt …
… oder ganz oben auf Deck 16 am Heck auf den Hochstühlen neben dem Einstieg zur „Ultimate Abyss“.
Kümmelweck-Sandwich im Park Café: Für mich schon fast ein Ritual am Einschiffungstag mittags ist das Kümmelweck-Sandwich im Park Café. Das rosa gebratene, zarte Roastbeef mit Bratensauce und Meerrettich (oder Senf) in einer knusprigen Semmel/Brötchen ist ein Hochgenuss. Das Café im Central Park hat auch am Nachmittag noch geöffnet, sodass man sich an dem trubeligen Einschiffungstag den Weg ins Buffet-Restaurant sparen kann.
Spaziergang im abendlichen Central Park: Im Central Park beende ich auch gerne meinen Tag. Abends herrscht dort eine wunderschöne, ruhige Sommernachtsstimmung für einen letzten Cocktail an der Trellis Bar oder auch nur einen kleinen Spaziergang, bevor ich ins Bett gehe. Der perfekte Ausklang eines Kreuzfahrt-Tages.
Harmony of the Seas in Zahlen und Fakten:
- Baujahr: 2016, Jungfernfahrt 29. Mai 2016
- Werft: Chantiers de l’Atlantique, Saint Nazaire
- Taufpatin: Brittany Affolter
- Flagge: Bahamas
- Tonnage: BRZ 226.963
- Länge: 362,12 Meter
- Breite: 47 Meter
- Tiefgang: 9,3 Meter
- Passagier-Decks: 16
- Passagiere: 5.479 (maximal: 6.687)
- Crew: 2.200