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Neuer Trend: in Europa immer mehr Zusteigehäfen unterwegs

Bei einer typischen Kreuzfahrt gehen sämtliche Passagiere am selben Tag im selben Hafen an Bord und reisen nach der Kreuzfahrt geschlossen wieder nach Hause. Ein neuer Trend rüttelt nun aber an diesen Kreuzfahrt-Grundfesten, der klassische „Turn-Over Day“ weicht auf. MSC und Costa arbeiten damit schon eine ganze Weile, Royal Caribbean International und Norwegian Cruise Line ziehen jetzt nach: zusteigen unterwegs. Auch wenn die Kreuzfahrt regulär beispielsweise in Barcelona startet, lässt sich dann auf demselben Schiff eine Rundreise auch ab/bis Civitavecchia buchen. Während dann die in Barcelona eingestiegenen Passagiere auch in Barcelona wieder von Bord gehen, bleiben die anderen Passagiere bis Civitavecchia an Bord.

Für die Passagiere bringt neben einigen Vorteilen aber auch ein paar kleinere Nachteile. Beispiele: Der klassische Kreuzfahrt-Ablauf mit Cocktail-Empfang des Kapitäns am ersten Kreuzfahrttag verliert an Bedeutung. Die Begrüßungsshow im Theater findet für die unterwegs zugestiegenen Passagiere mitten in der Kreuzfahrt statt. Und Kreuzfahrt-Bekanntschaften zerreißen womöglich schon nach wenigen Tagen, weil die neu gewonnen Freunde früher aussteigen.

Leerstehende Kabinen vermeiden

Der heikelste Aspekt für die Reedereien ist, tageweise leerstehende Kabinen zu vermeiden. Steigen zwischendurch Passagiere aus, müssen die frei werdenden Kabinen möglichst auch genau in diesem Hafen wieder neu belegt werden, um Umsatzausfall zu vermeiden. Das stellt vor allen die Vertriebsmannschaften unter Erfolgsdruck, die für die Zusteigehäfen unterwegs zuständig sind. Gelegentliche Schnäppchen-Angebote bei bestimmten Zusteigehäfen sind da durchaus nicht ausgeschlossen. Andererseits – und das ist der Hauptgrund für den neuen Trend – erschließen sich die Reeedereien damit neue Märkte, ohne dort gleich ein ganzes Schiff zu stationieren, und zielt außerdem auf Passagiere, die ein lange Anreise zum Schiff scheuen.

Auch auf die Nebenkosten einer Kreuzfahrt kann sich der Zusteigehafen durchaus auswirken: Kostet ein Taxi vom Flughafen Rom-Fiumicino zum Hafen in Civitavecchia deutlich über 100 Euro, sind es in Palma de Mallorca nur gut 40 Euro. Von London-Heathrow nach Southampton verlangen Reedereien für den Zubringerbus schonmal 100 Euro pro Person, in Kiel oder Hamburg legen die Schiffe dagegen quasi mitten in der Stadt an, Transfer überflüssig.

Kurze Anreise, kein Flug

Ein großer Vorteil, sowohl für die Reedereien als auch für die Passagiere ist die Entzerrung beim Passagierwechsel und der damit zwangsläufig verbundene Stress für Passagiere wie Crew. Der wichtigste Aspekt ist aber, dass sich die Anreise zur Kreuzfahrt teils erheblich verkürzen lässt und die vielen Passagiere mit einer Abneigung gegen Flugreisen leichter zu einer Kreuzfahrt kommen.

Wer in Süddeutschland wohnt, muss nicht mehr nach Barcelona fliegen, sondern fährt beispielsweise selbst mit dem Auto nach Genua oder mit dem Nachtzug nach Rom. Statt nach Kopenhagen oder Southampton zu fliegen, steigen Norddeutsche in Kiel oder Hamburg zu. So lassen sich auch Last-Minute-Schnäppchen leichter ausnutzen, da eine günstige Last-Minute-Kreuzfahrt häufig an einem überdimensional teuren Anreise-Flug scheitert.

Teil-Passagierwechsel in mehreren Häfen bringt aber auch eine vielfältigere Passagiermischung mit sich. Bietet eine Reederei Zusteigemöglichkeiten in Italien, Spanien und Frankreich, ist das Publikum internationaler und gemischter als beispielsweise bei reinen Barcelona-Abfahrten.

Wie stark die Nachteile auf das Kreuzfahrterlebnis durchschlagen, hängt allerdings vom Organisationstalent der Reederei ab. Viel Erfahrung mit fliegendem Passagierwechsel hat beispielsweise MSC bereits gesammelt. Hier ist auf manchen Kreuzfahrten Zu- und Aussteigen in nahezu jedem Hafen möglich.

Beispiel MSC Lirica: Genua, Rom oder Palma

Die MSC Lirica fährt beispielsweise von Genua aus eine Rundreise über Ajaccio, Civitavecchia, Salerno, Palma de Mallorca und Marseille fährt. Regulär in deutschen Reisebüros werden seit 2010 für die selbe Kreuzfahrt neben Genua auch Einstiegsmöglichkeiten in Civitavecchia und Palma de Mallorca angeboten. Italiener steigen aber neben Genua auch gelegentlich mal in Salerno, Franzosen in Marseille zu.

MSC hat sich auf den ständigen Passagierwechsel in einer Weise eingestellt, dass die übrigen Passagiere davon nur wenig merken: Ein- beziehungsweise aussteigende Passagiere erhalten ein anderes Tagesprogramm mit den entsprechenden zusätzlichen Informationen, allgemeine Durchsagen an Bord bezüglich des Aussteigens sind auf ein absolutes Minimum reduziert, der Restaurantchef nimmt bei der Tischbelegung im Hauptrestaurant unter anderem auch auf Zusteigehäfen Rücksicht, sodass die Tischgesellschaft nicht mitten in der Kreuzfahrt wechselt.

Kaum vermeiden lässt sich dagegen eine gewisse Auflösung des Kreuzfahrt-Dramaturgie: Das mit viel Pomp präsentierte Mitternachtsbuffet „Buffet Magnifico“ als Höhepunkt der Kreuzfahrt bei MSC findet für manche Passagiere eben gleich zu Beginn statt.

Zusteigen unterwegs bei Royal Caribbean, NCL, MSC, Costa

Am umfangreichsten bietet MSC Zusteigemöglichkeiten unterwegs an, allerdings sind nicht alle möglichen Zusteigehäfen regulär auch in deutschen Reisebüros buchbar – Marseille ist im Beispiel der MSC Lirica etwa den Franzosen vorbehalten. Auch Costa ist bei den Abfahrtshäfen ähnlich flexibel.

Deutlich zurückhaltender testen NCL und Royal Caribbean das Zusteigen unterwegs: NCL startet 2012 zunächst mit Civitavecchia als zusätzlicher Option für die Mittelmeer-Kreuzfahrten der Norwegian Epic. Derzeit wird Rom als Abfahrtshafen der Norwegian Epic offiziell nur am amerikanischen Markt angeboten, wird aber wohl auch für deutsche Passagiere kommen.

Royal Caribbean folgt 2012 ebenfalls dem neuen Trend nach mehr Zusteigehäfen und bietet diese Option – je nach Schiff und Route – dann in Toulon, Marseille, Le Havre, Genua, Messina, Bari, Valencia und Kusadasi.

Flexiblere Reisetermine

Sehr praktisch können die variablen Zusteigehäfen auch für Familien mit schulpflichtigen Kindern sein: Durch die flexibleren Abfahrtstage sind dann auch Kreuzfahrten erreichbar, die beispielsweise wegen Abfahrt an einem Donnerstag oder Freitag vor Ferienbeginn bislang nicht erreichbar waren. Mit zusätzlichen Zusteigehäfen passen dadurch viel mehr Kreuzfahrten in die vorgegebenen Schulferien-Termine.

6 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

6 Gedanken zu „Neuer Trend: in Europa immer mehr Zusteigehäfen unterwegs“

  1. Ich fand das Einsteigen auf der MSC Lirica in Civitavecchia – also quasi „unterwegs“ – sehr angenehm, weil halt nicht 2.000 Passagiere mehr oder weniger gleichzeitig einsteigen wollten. Kein Warten beim Check-in, der Koffer ist schnell in der Kabine angekommen und die Kabine war auch schon recht früh bezugsfertig. Kleiner Nachteil, der mir aufgefallen ist: Sowas wie das Besichtigen der Kinder-Betreuung oder des Spa-/Fitness-Bereichs, was man am ersten Tag gerne mal macht, entfällt natürlich, weil die Einrichtungen halt schon voll in Betrieb ist. Aber das ist zu verschmerzen.

  2. Unterschätz‘ das mal nicht – am Einsteigetag sehe ich immer massenhaft Leute durch’s Spa pilgern und sich alles genau anschauen. Immerhin sollen sie dort ja nicht gerade wenig Geld lassen für die Behandlungen, da willen die Leute schon genau sehen, was sie erwartet ;-)

  3. Wann ist denn dann der „Life Boat Drill“??? Wenn alle verschieden ein- und aussteigen?!?

    Gruß

    Andreas

  4. @Andreas Mosen: Der Drill findet dann im Rahmen eines Treffens für die neuen Passagiere an deren erstem Tag statt – also ohne Schwimmwesten und auch ohne Ertönen des Alarmsignals.

  5. Hallo!

    Ist das bei der Liberty of Seas auch möglich?
    Die Reederei teilte mir mit, das ginge nicht.
    Wir würden gerne im Mai 2012 eine Kreuzfahrt im westlichen Mittelmeer mitfahren, wir können aber nicht von Barcelona starten, sondern würden gerne in Florenz zusteigen.
    Wissen Sie darüber Bescheid?
    Mfg Birgit Thaler

  6. @Birgit Thaler: Soweit ich weiß, will Royal Caribbean ab 2012 im Mittelmeer für alle Schiffe zusätzliche Zusteigehäfen anbieten. Allerdings bezieht sich das nicht auf jedne beliebigen Hafen auf der Fahrtroute, sondern nur auf einige ausgewählte Häfen, beispielsweise Civitavecchia (Rom). Livorno (Florenz) gibt es als Zusteigehafen meines Wissens auf keiner Route.

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