Amerikaner sind ganz verrückt nach Weihnachtsmärkten. Und wir Deutschen? Auf einer Advent-Kreuzfahrt am Rhein wird ein deutsches Flussschiff schnell zum Exoten zwischen all den amerikanischen Schiffen. Dabei stimmt kaum etwas so schön und intensiv auf Weihnachten ein, wie eine winterliche Reise am Rhein, von Weihnachtsmarkt zu Weihnachtsmarkt. Wir haben es mit Phoenix Reisen auf der Amelia ausprobiert.
Ein gutes Dutzend Flusskreuzfahrtschiffe begegnen uns auf der 2-Nächte-Kurzreise von Köln über Bonn, Rüdesheim und Koblenz zurück nach Köln – für diese eigentlich ungemütliche, kalte Jahreszeit beeindruckend viele. Knapp die Hälfte davon sind Amerikaner, Ama Waterways, Avalon, Uniworld, Viking; dazu einige Holländer, ein Franzose und – immerhin – drei Schiffe mit deutschen Passagieren.
Doch eigentlich ist das sehr angenehm, denn die Amerikaner sind ganz auf Weihnachten eingestimmt, gut gelaunt, auf Entdeckungstour durch das romantische, oft auch ein wenig kitschige Weihnachts-Deutschland. Am Stand für den original Rüdesheimer Kaffee am Weihnachtsmarkt in Rüdesheim muss man sich gleich mal ausdrücklich als Deutscher zu erkennen geben, um nicht automatisch auf Englisch bedient zu werden.
Rhein-Kreuzfahrt – ausgerechnet im Winter?
Aber warum im Winter ausgerechnet eine Kreuzfahrt im kalten Deutschland buchen? Schließlich haben wir unsere Weihnachtsmärkte doch gleich direkt vor der Haustür? Die drei Tage auf der Amelia sind eine wunderbare Auszeit. Nicht mal schnell am Abend für eine Stunde auf den Weihnachtsmarkt rennen, zwischen Büro und Abendessen, sondern genießen.
Drei Tage lang kein Geschenke-Stress, kein vorweihnachtlicher Termindruck, nur ein Bummel durch festliche geschmückte Altstadt-Gassen, Glühwein und Eierpunsch, die malerische Landschaft entlang des Rheins genießen.
Vier Weihnachtsmärkte in vier Städten in zweieinhalb Tagen, jeder ein wenig anders, überall ein paar Besonderheiten entdecken. Und am Ende, ganz ungeplant und durch Zufall, vielleicht sogar das eine oder andere Weihnachtsgeschenk entdecken.
Amelia
Die erst 2012 in Dienst gestellte Amelia aus der Scylla-Flotte – im Vollcharter bei Phoenix Reisen – ist dabei ein gemütliches Zuhause für die drei Tage am Rhein. Mit großzügigem, über zwei Decks offenen Atrium, freien Tischzeiten im zweistöckigen Restaurant, einer großzügigen Lounge mit Bar und Panorama-Rundblick durch die deckenhohen Fenster ist die Amelia mit ihrem zugleich modernen und freundlichen Design ein sehr angenehmes Schiff für eine solche winterliche Flusskreuzfahrt. Für verfrorene Passagiere gibt’s an Bord übrigens auch Sauna und Dampfbad zum Aufwärmen.
Einen ausführlichen Bericht zur Amelia hat übrigens cruisetricks.de-Autor Andreas Halamoda geschrieben: “Neues Phoenix-Flussschiff Amelia im Praxistest“.
… und einige Bilder der Amelia im vorweihnachtlichen Advent-Schmuck:
Weihnachtsmarkt am Kölner Dom
Unsere Weihnachtsmarkt-Tour beginnt schon vor der Einschiffung auf die Amelia in Köln: Der erste Weihnachtsmarkt liegt nämlich nur ein paar Schritte vom Kölner Hauptbahnhof entfernt direkt neben dem Dom. Viel lokales Kunsthandwerk findet sich hier direkt unter den mächtigen Türmen des Doms, vom liebenswerten Teddybären-Stand über Schaf- und Rentier-Felle und Holzschnitzereien bis zum Honig aus Finnland.
Nach Glühwein ist uns um die Mittagszeit bei strahlendem Sonnenschein noch nicht, aber auch davon gibt es hier genug. Der Markt am Kölner Dom ist übrigens längst nicht der einzige Weihnachtsmarkt in Köln – für echte Fans lohnt sich eine Übernachtung in Köln vor der Kreuzfahrt, um noch ein paar zusätzliche Märkte zu besuchen. Am Ende unserer Weihnachtsmarkt-Route per Kreuzfahrtschiff werden wir finden, dass der Markt am Kölner Dom für unseren Geschmack der schönste war.
Bonn: Glühwein mit Beethoven
Einige Stunden später, ein paar Rhein-Kilometer südlicher und mit durch ein gutes Abendessen an Bord satten Passagieren legt die Amelia in Bonn an. Zum Weihnachtsmarkt sind es nur ein paar hundert Meter. Über das farbenprächtige Glühwein und Eierpunsch-Fest wacht eine große Ludwig-van-Beethoven-Statue, direkt hinter ihm ein nostalgisches, nicht wirklich riesiges Riesenrad von 1904.
Die Bonner mögen es offenbar kostümiert: Jede zweite Bude staffiert ihre Verkäufer zum Thema der Bude passend aus, von bajuwarischen Karohemden und Seppelhüten über französisch angehauchten Kostümen am Flammbrot-Stand bis – natürlich – Weihnachtsmann-Mützen überall.
Rüdesheimer Altstadt-Markt
In Rüdesheim erstreckt sich der Weihnachtsmarkt durch die die vielen, engen Altstadt-Gassen. Die Amelia ist von Bonn aus rheinaufwärts die Nacht durchgefahren und hat hier am Vormittag angelegt. Zum Pflichtprogramm in Rüdesheim gehört ein Rüdesheimer Kaffee: flambierter Weinbrand mit Zucker, Kaffee, Sahne und Schokostreusel. Wenn er gut gemacht ist, heitert er auch am Vormittag schon ziemlich auf.
Doch in Rüdesheim lohnt sich vor allem der Besuch im Museum „Siegfrieds Mechanischem Musikkabinett“. Was auf den ersten Blick ein wenig bieder klingt, entpuppt sich als große Faszination. Denn das Museum stellt nicht nur historische, mechanische Musikautomaten vom Orchestrion über Zirkus-Orgeln bis zu Spieluhren aus, die jede für sich genommen schon Meisterwerke der Mechanik sind. Die Besucher bekommen die Instrumente auch zu hören, denn in der zugehörigen Werkstatt werden die Instrumente restauriert und wieder zum Laufen gebracht.
Und so hört man auf einem Reproduktions-Klavier berühmte Pianisten aus der Zeit um 1900 spielen. Oder darf die Mechanik eines Musik-Automaten bewundern, der unter anderem richtige Geigen zum Klingen bringt – zu Letzterem ein kleines Beispiel zum Anhören:
Für Detailverliebte: Bei diesem mechanischen Musikautomaten handelt es sich um ein Hupfeld Phonoliszt Violina Orchestra, Model II von circ 1926.
Von Rüdesheim nach Koblenz
Landschaftliches Highlight der Kurzreise ist bei strahlendem Sonnenschein, aber auch einem kalten Wind, die nachmittägliche Fahrt von Rüdesheim durchs „Bingener Loch“ mit dem alten Zollturm namens „Mäuseturm“ bis zu den atemberaubenden Biegungen und Engstellen an der Loreley.
Dazu sind immer auch eine Handvoll anderer Schiffe, meist Frachter, in der Nähe. Es herrscht viel Verkehr auf dem Rhein, der vom Kapitän höchste Konzentration verlangt. Den Passagieren bietet das zusätzliche Faszination – mit einer Tasse Kaffee oder einem Glühwein in der warmen Panoramalounge am Bug der Amelia.
Adventmärkte in Koblenz
Ein wenig verstreut liegen die Stände des Koblenzer Weihnachtsmarktes. Oder sind es mehrere kleine Märkte? Vom Schiffsanleger an der Mosel, gleich hinterm deutschen Eck sind es wieder nur wenige hundert Meter bis zu den ersten Buden. Die Kunsthandwerk-Stände stehen ein wenig verloren herum – an einem Dienstagabend ist wenig los. Nur dort, wo es Glühwein, Eierpunsch und noch ein paar andere meist hochprozentige, heiße Getränke gibt, herrscht Trubel.
Witzige Idee: Die Fenster des Rathauses am Jesuitenplatz sind zu einem Adventkalender umfunktioniert. Wir sind hier am 3. Dezember, deshalb sind drei der Fenster mit der jeweiligen Ziffer hell erleuchtet, der Rest ist dunkel.
Der Koblenzer Weihnachtsmarkt wirkt klein. Doch dann entdeckt man einen Straßenzug weiter noch einmal ein paar Buden. Aber kann es das schon gewesen sein? Immerhin vermisst man den Stand der „Schokoladenwerkstatt“, der bislang noch auf jedem der Märkte zu finden war: „Werkstatt“ ist dabei wörtlich zu nehmen, denn hier gibt es scheinbar rosige Eisenwaren wie Zangen, Schrauben, Fahrradketten zu kaufen – gefertigt komplett aus Schokolade. Und tatsächlich, noch einmal ein Straßenzug weiter noch ein paar Buden, inklusive einer solchen Schokoladenwerkstatt.
Nächtlicher Blick in andere Flusskreuzfahrtschiffe
Der Rückweg zur Amelia, unserem heimelig warmen zu Hause für drei Tage, führt uns vorbei an vier weiteren Flusskreuzfahrtschiffen, ein fünftes liegt gleich um die Ecke am Rheinufer. Bord-Restaurants und Lounges sind hell erleuchtet, einen neugierigen Blick kann man sich da nicht verkneifen.
In einer Lounge wird Eierpunsch serviert: Offenbar war den Passagieren der Weg zum Weihnachtsmarkt zu weit. Allerdings werden sie schnell festgestellt haben: So etwas wie Eierpunsch schmeckt nur, wenn man dick eingepackt, mit kalt-roter Nase vor einer glitzernden Bude auf einem Weihnachtsmarkt steht, den Duft von gebrannten Mandeln und heißen Maroni in der Nase hat und von irgendwoher die Klänge von „Oh Tannenbaum“ oder „Jingle Bells“ herüberwehen.
Hat man sich erst einmal an die Weihnachtsmärkte, den Glühwein, die festliche Stimmung, die Fehlen von vorweihnachtlichem Stress gewöhnt, wünscht man sich, dass die Weihnachtsmarkt-Kreuzfahrt nicht schon nach drei Tagen in Köln wieder zu Ende geht.