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Ein kleiner Flug-Knigge: Die zehn wichtigsten Regeln für stressfreies Fliegen

Die Anreise zur Kreuzfahrt per Flugzeug, die nerviger Warterei am Flughafen zehren an den Nerven. Sicherheitskontrollen unterscheiden sich kaum noch von einer Vorsorgeuntersuchung beim Hausarzt. Und sitzt man im Flieger, wird es erst richtig lustig. Beim Benehmen mancher Mitreisender wundert man sich, wie sie es überhaupt bis zum Flughafen geschafft haben, ohne verprügelt zu werden.

Freilich kann man’s gerade bei einem Kurzstreckenflug auch einfach locker nehmen, den Blick aus dem Fenster genießen und den unflätigen Pöbel rund um einen herum großzügig ignorieren. Dem Erholungswert des eigenen Urlaubs ist das jedenfalls am zuträglichsten. Bei einem Nachtflug zurück aus den USA hat freilich auch die Dehnfähigkeit der Nerven des geduldigsten Passagiers gewisse Grenzen …

Für alle, die gerne wissen möchten (oder partout nicht von selbst nicht draufkommen), wie man sich in einem Flugzeug idealerweise benimmt, hier die zehn wichtigsten Benimm-Regeln im Flugzeug und Tipps, wie man in Zukunft weniger giftige Blicke von Mitreisenden erntet:

1) Ohrfeige mit dem Rucksack

Beim Einsteigen den Rucksack oder die große Handtasche möglichst seitlich tragen, damit selbige bei den schon sitzenden Passagieren auf den Gangplätzen besonders effektiv und hart einschlagen. Schließlich sitzen diese Leute ja auf einem Gangplatz, weil sie erschlagen werden wollen. Nein! Bitte Rucksack und große Taschen abnehmen und vor sich hertragen.

2) Schrottgefahr fürs Handgepäck

Auch wenn die Flughafenmitarbeiter es beim Verladen vormachen: Gepäck nicht mit Gewalt und möglichst viel Schwung in die schon belegten Ablagefächer knallen und pressen. Schon mal daran gedacht, dass Leute manche Dinge deshalb ins Handgepäck tun (und eben nicht ins aufgegebene Gepäck), weil sie zerbrechlich sind?

3) Sitz-Erdbeben der Stärke 6

Die Rückenlehne des Vordersitzes gehört? Richtig, dem Vordermann! Deshalb beim Aufstehen und Hinsetzen nicht an dessen Rückenlehne ziehen, sondern statt dessen auf den eigenen Armlehnen abstützen. Vor allem dann nicht, wenn der Vordermann schläft. Übrigens: Auch sanfte Tritte in die Rückenlehne oder permanentes Hantieren in der Sitztasche nerven den Vordermann. Und der Touch-Screen heißt „Touch“-Screen und nicht „Hack“-Screen, weil er sich mit sanften Berührungen steuern lässt. Massives Hämmern mit dem Finger auf den Bildschirm ist für den Vordermann alles andere als Schlaf fördernd.

4) Berauschende Düfte

Und bitte, bitte: Schuhe anlassen. Muss ich wirklich erläutern, warum? Ich meine, abgesehen davon, dass man im unwahrscheinlichen Falle eines Druckverlustes in der Kabine – sorry, falsches Tonband – also: im Falle einer Evakuierung des Fliegers ohne Schuhe ziemlich blöd dasteht (ausnahmsweise ernst gemeint, nicht ironisch!).

5) Essen mit Hindernissen

Beim Essen sollte man die eigene Rückenlehne senkrecht stellen, damit der Hintermann Platz zum Essen hat und seine „Pasta or Chicken“ nicht mühselig unter dem zurückgeklappten Sitz hervor angeln muss. Bei einer guten Airline wird Sie eine Flugbegleiterin darauf auch hinweisen. Aber schöner ist es doch, wenn man den Sitz – ganz Reiseprofi – gleich selbst senkrecht stellt.

6) Laptop-Crash

Und vor dem Zurücklehnen, bitte kontrollieren, dass hinten kein Laptop oder ein Getränk nahe an der Lehne steht. Getränk macht Sauerei beim Umfallen, Laptop-Bildschirm macht Krach-Kaputt beim schwungvollen Zurücklehnen. Den Schaden, der dabei entsteht, zahlt übrigens der Zurücklehner – das nur sicherheitshalber angemerkt. Auch bevor man sich mit seinem ganzen Gewicht in den Sitz plumpsen lässt, sollte man darauf achten, was auf dem Esstablett dahinter steht – gleicher Effekt wie beim Sitz zurücklehnen!

7) Ellenbogen-Gefechte

Diese unsäglichen Armlehnen … würden Fluggesellschaften die doch bitte einfach abschaffen (oder noch besser: breiter machen), dann gehörten die stundenlangen, erbittert geführten Kleinkriege mit den Ellbogen endlich der Vergangenheit angehören. Tipp Nr. 1 für ein friedliches Miteinander: Bei Dreierreihen gehören die beiden mittleren Armlehnen dem Passagier in der Mitte. Tipp Nr. 2: Armlehnen hochklappen gibt’s ausschließlich dann, wenn man den Sitznachbarn wirklich, wirklich gut kennt.

8) Wem gehört der Luftraum?

Die Lufthoheit ist besonders im Flieger heilig. Zeitunglesen ist okay, solange das im eigenen Luftraum stattfindet. Glatze kratzen des Vordermanns mit der Zeitung ist nicht drin, selbst wenn der seinen Sitz komplett zurücklehnt.

9) Firmengeheimnisse interessieren mich … nicht!

Ihre lauten Gespräche mit dem Kollegen interessieren die rund herum sitzenden Passagiere nicht? Irrtum, die interessieren sich sogar brennend für Ihre Geschäftsgeheimnisse. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute aus der gleichen Branche um Sie herumsitzen und mit den Information etwas anfangen können. Und wenn sie erst einmal anfangen, über die Assistentin des Chefs zu lästern, haben Sie anschließend garantiert 20 neue Follower bei Twitter – und zehn Freundschaftskündigungen bei Facebook.

10) Erziehungsdebakel

Ein Tipp an Eltern, die mit kleinen Kindern unterwegs sind: Erziehung muss vor dem Flug stattfinden, nicht während. Ein Flugzeug ist der falsche Ort für Erziehungsmethoden wie „einfach schreien und am Boden zappeln lassen“. Vor allem nicht bei Nachtflügen auf denen die Mitreisenden – wie unverschämt und rücksichtslos von denen – schlafen wollen.

„Danke statt Klatschen“

Übrigens: Klatschen nach der Landung ist eine der besten Gelegenheiten zum Fremdschämen. Tut niemandem weh, ist aber endlos peinlich. Ein freundliches „Dankeschön“ an die Crew beim Verlassen des Fliegers zaubert dagegen ein ehrliches Lächeln auf die Gesichert von Kabinen- und Cockpit-Personal.

In diesem Sinne, einen guten Flug beim nächsten Mal wieder. Und wer’s gar nicht ertragen kann, dem sei zum Trost gesagt: Auch in der Business Class gibt’s nervige Kinder, die die ganze Nacht hindurch quengeln. Und auch in der Business Class gibt’s Leute, die meinen, ihre Schuhe ausziehen zu müssen. Upgrade bringt als auch nicht wirklich viel, zumindest nicht in dieser Hinsicht. Dann lieber gleich Bahn fahren. Mit den netten Besoffenen vom Kegelclub aus Irgendwo gleich am Tisch nebenan.

Der Beitrag erschien zuerst am 11. August 2011. Dies ist eine aktualisierte Fassung.

18 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

18 Gedanken zu „Ein kleiner Flug-Knigge: Die zehn wichtigsten Regeln für stressfreies Fliegen“

  1. Die Crews werden’s Dir danken. By the way, eine harte Landung ist eine sichere und damit gute Landung, alle weichen sind für die Galerie und eher unsicher.

  2. @Alexander: Wieder was gelernt. Ich dachte bislang, dass eine einigermaßen sanfte Landung quai die Kür für jeden Piloten ist. Da sieht man, dass ich mich mit Schiffen halt doch besser auskenne als mit der Fliegerei ;-)

  3. @Marita: Eigentlich spricht gar nichts gegen Schuhe ausziehen, wenn man Socken anhat oder zusätzlich Flugsocken drüberzieht.

    Aber abscheinend riechen viele Leute ihre eigenen Füße nicht, obwohl sie zum Himmel stinken. Ich habe schon zu oft erlebt, dass Leute mit ordentlichen Käsefüßen ganz großzügig ihre Schuhe ausziehen, kaum dass sie an ihrem Platz angekommen sind und dann – teils sogar die nackten – Füße auch noch halb zwischen den Sitzen hindurch auf der Armlehne des Vordermanns ablegen. Hauptsache bequem …

  4. Spitzenklasse, der Artikel. Absolut treffende Bemerkungen. Aber es fehlt noch was:
    – Beim Einsteigen den in der Schlange Wartenden so viel Zeit wie möglich in frischer Zugluft stehend gönnen. Den Schritt zur Seite in die Sitzreihe vermeiden. Die während des Fluges benötigten Utensilien im Handgepäck nur umständlich unauffindbar verstauen. Im Flugzeug bleibt genug Zeit zum Hantieren an der Gepäckablage.
    Anmerkung: manchmal denke ich, die Leute haben Angst jemand wolle ihren Sitz streitig machen. Nur in fast leeren Flugzeugen rückt vielleicht mal jemand zur Seite um nachfolgenden Personen Platz zu machen. Ein Phänomen: im Zug nämlich macht es fast jede/r.

    – Tipp für Männer im Mittelsitz 3-er Reihe: beide Armlehnen gehören Ihnen sowie der halbe Raum Ihrer Nachbarin. Zierliche Damen benötigen logischerweise weniger Platz, auch wenn sie den denselben Preis bezahlt haben. Lassen Sie Ihre Beine entspannt auseinander fallen und den Kopf beim Schlafen zur Seite sinken, denn Frauen lieben Berührung und engen Kontakt mit fremden Männer. Und keine Hemmungen: kräftiges Schnarchen betont Ihre Männlichkeit.

    Mir ist klar daß mir der männliche Zorn gewiß ist. Fact ist, und ich bin in 40 Jahren schon viel geflogen: noch nie hab ich erlebt daß eine weibliche Sitznachbarin so besitzergreifend ist wie es offenbar für Männer selbstverständlich ist. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Nach meiner Erfahrung ist es in der Economy keine Übertreibung. Graus bei vollbesetzen Nachtflügen ständig männliche Köpfe von der Schulter schubsen zu müssen. Die Menschen werden halt immer größer und kräftiger, der sitzabstand selbst bei Linienfliegern so eng, daß selbst zierliche Personen sich besorgt sagen müssen: bloß kein Kilo mehr zunehmen. Früher freute man sich auf den Flug, heute braucht man starke Nerven oder das Geld für die Business Class.

  5. @Moni: Ganz lieben Dank für die Ergänzungen, die ich – obwohl Mann – absolut unterschreiben kann. Übrigens hat man auch als Mann nahezu dieselben Probleme mit männlichen Sitznachbarn. Ich finde nur, dass es trotz allem eher die Ausnahmen sind, die sich so mies benehmen. Blöderweise sitze ich trotzdem meistens neben solchen Ausnahmen ;-)

    Ist Dir übrigens auch schon aufgefallen, dass das Phänomen, im Gang stehen zu bleiben und nicht weiterzugehen, besonders dann auftritt, wenn man mit dem Bus zum Flieger fährt und es draußen regnet?

  6. Oh ja das kenn ich auch!
    Ich bin gestern von München nach Hamburg geflogen und hatte nur Pech. Obwohl die Dame am Check-In extra, die einzelnen Flugabteile nacheinander aufgerufen hat, gibt es ja doch immer wieder die Experten die sofort ins Flugzeug sprinten, obwohl ihr Platz ganz vorne ist, sodass alle Anderen darauf warten können, dass diese Person ihr Handgepäck verstaut und Platz genommen hat, bis wir dann auch auf unsere Plätze kommen. Riesen Chaos für nichts!

  7. Kurz nach dem hoffentlich guten Flug kommt immer noch eins.
    Die Gepäckrückgabe. Sehr cool wenn bei 150 – 300 Fluggästen
    alle bis auf 5 cm an die Gepäckbänder drängen, den Gepäckwagen
    dazwischenzwängen der an den Rand der Bandanlage stößt, oder
    die ganz wichtigen die schon mit einem Fuß auf dem Rahmen flözen.
    Und die die schon mal den ersten Koffer zurück haben den auch erst mal ganz vorne deponieren. Das sind die ersten die sich aufregen wenn man aus der zweiten oder dritten Reihe höflich nach vorne fragt, „darf ich bitte, mein Koffer kommt gerade“ und
    dann mit seinem Koffer wieder dezent nach hinten verschwindet,
    bekommt man noch so einen kollegialen Schupser. Dabei wäre es so übersichtlich und angenehm für jeden, blieben alle erst mal so zwei drei Meter vom Band zurück, wenn der Koffer kommt tritt man vor nimmt ihn und geht wieder zurück. So bleibt die Sicht für alle frei, es gibt kein gedränge und geschupse, – es wäre einfach nur entspannend. Stress käme dann echt nur auf, wenn ein
    Gepäckstück mal wirklich nicht kommt.

  8. Moin, Moin! Da muss ich aber noch ein paar Ergänzungen hinzufügen, und zwar aus der Sicht der Dienstleister, nämlich der Kabinenbesatzung, welche in intensivstem Kontakt zu reisefreudigen Klientel steht und nach nur wenigen Jahren ganze Bücherserien über ihre sehr bemerkenswerten Erfahrungen im Kundenkontakt verfassen könnte. 

    1. Einsteigen. Kommt man in einen Raum (Flugzeug) hinein, in welchem sich schon Menschen befinden, ziemt es sich selbige zu grüßen. Dieser Jahrhunderte alte Erziehungsinhalt, weitergegeben von einer Elterngeneration an ihre Kinder, scheint irgendwann seine Wirkung verloren zu haben, besonders dann, wenn der Hereinkommende der Ansicht ist, durch die Bezahlung der folgenden Dienstleistung Freundlichkeit nicht (mehr) nötig zu haben. Ein Guten Morgen, Guten Tag oder Guten Abend würde uns völlig genügen, zumal wir IMMER grüßen und es als Unverschämtheit empfinden, nicht zurückgegrüßt zu werden. Auch ein Ausruf wie „Achtzehn F!“ ist kein Gruß und wenn man gerade das Smartphone am Ohr kleben hat, ist auch das kein Grund den Gruß zu unterlassen, zumal der Gesprächspartner schon in der ersten Sekunde des Telefonats unterrichtet wurde („Bin am Flughafen!“), denn das bloße Am-Flughafen-Sein unterstreicht die eigene Wichtigkeit ungemein, hebt es einen doch so wunderbar aus der Masse der Auto- und Bahnfahrer heraus, besonders dann, wenn es „dienstlich“ ist und die Firma den Flug bezahlt. Engländer nehmen in diesen Situationen das Handy von Ohr („Good Morning“), Franzosen auch („Bonjour, Madame, Monsieur!“), nur Karl-Heinz Krawallski aus dem Land der Teutonen schlurft brabbelnd an uns Flugbegleitern vorbei und ignoriert uns hochnäsig. Tragen Sie einen Gips, wiegen 200 kg oder mehr, sind über 80 oder körperlich oder geistig behindert und haben trotzdem regelwidrig einen Platz am Notausgang reserviert (irgendwann müssen Sie die üblichen Bedingungen hierfür falsch mit JA bestätigt haben), wundern Sie sich nicht, dass Sie von uns von dort wegkomplimentiert werden. Protest nützt nichts, lesen Sie die Regeln, und sollten Sie dafür einen Aufpreis bezahlt haben: Pech gehabt.

    2. Handgepäck: ist Ihnen aufgefallen, dass bei allen Fluggesellschaften heute mehr Sitze in den Flugzeugen sind als, sagen wir mal, vor 20 Jahren? Ist Ihnen ebenfalls aufgefallen, dass sich die Gepäckfächer nicht in gleichem Maße vermehrt haben? Ich kann nur für meine Airline sprechen, aber vor 20 Jahren passten in einen A320 genau 144 Passagiere, heute nimmt ein A320neo ganze 180 Fluggäste auf. Was das bedeutet? Ganz einfach. Beschränken Sie sich beim Handgepäck auf vernünftige Maße und Gewichte und Mengen, ansonsten müssen wir leider damit beginnen, Handgepäckstücke auszuladen in den Laderaum und wenn dieser schon pickepackevoll ist, bleibt Ihr Rucksack auch gern mal am Abflughafen stehen und folgt erst in den nächsten Tagen. Läuft es noch blöder, dauert die Prozedur so lange, dass wir unseren Slot für den Start verlieren. Geht es nach MUC oder FRA, sind Anschlussflüge gefährdet. Und ja, auch der Stauraum unter Ihrem Vordersitz darf genutzt werden. Des weiteren kann man durch effizientes Verstauen die Kapazität von Gepäckfächern in der Regel um mindestens 20% steigern. Leider sind wir NICHT Ihre Gepäckschlepper und -verstauer, es ist also höchst unangebracht, uns die Trümmer auf die Füße zu werfen mit einem hingeblafften „verstauen Sie das mal!“.

    3. Tun Sie bitte das was die Flugbegleiter Ihnen sagen! Tischchen hochklappen, Laptop wegstauen, Gepäck unter den Vordersitz (nicht in den Gang, nciht auf die Sitze) Rückenlehne senkrecht, Fensterblende hoch, Gurt schließen, Telefonate beenden, Kommunikationsgeräte in Flugmodus, lassen Sie Hund oder Katze in deren Transporttasche,  keine Toilettengänge mehr bei eigeschalteten Anschnallzeichen und nicht vor der Cockpittür herumstehen, Anweisungen, Schildern und Leuchtzeichen strikt Folge leisten und am besten noch bei der Sicherheitsvorführung aufmerksam sein. Alles, ich wiederhole – ALLES – was wir tun an Bord, hat seinen Hintergrund in gesetzlichen Regelwerken, ob Sie das nun sinnvoll finden oder nicht und nein, auch das berühmte „Wenn wir abstürzen, sind wir sowieso alle tot“ ist hier Fehl am Platze, wie man am aktuellen Flugunfall mit Pegasus in der Türkei wieder sieht. Wir schreiben Ihnen diese Dinge nicht vor, weil wir Sie quälen wollen oder Sadisten sind, sondern weil es vorgeschrieben ist und Sie mit Ihrer Buchung genau dieses Bedingungen akzeptiert haben. Dass man übrigens nach der Landung seinen Gurt geschlossen halten soll, bis die Anschnallzeichen erlöschen, hat seinen ganz trivialen und wie wir finden auch nachvollziehbaren Grund, wie man am aktuellen Unfall in der Türkei sehen kann. Es kann beim Ausrollen und Taxiing jede Menge schiefgehen, denn schließlich wissen Sie nur zu gut, dass der Gurt im KFZ sowohl auf der Autobahn als auch in der Stadt höchst sinnvoll ist und unser stets vorgetragener Hinweis, dass man den Gurt auch während des Reisefluges geschlossen halten soll, hat seinen schlichten Grund darin, dass plötzliche Turbulenzen schon manchen Knochenbruch nach sich zogen, den man durch geschlossenen Sitzgurt hätte vermeiden können.

    4. Service: Bitte antworten Sie, wenn wir Sie fragen, was Sie essen oder trinken möchten. Der Kommunikation ungemein förderlich ist es, wenn man A. dazu die Kopfhörer / Ohrhörer abnimmt und B. nicht so leiste flüstert, dass die Stewardess Ihnen am Fensterplatz auf den Schoß krabbeln müsste, um ihren gehauchten Wunsch zu verstehen. Speak up man, sprechen Sie laut und deutlich, gern auch im ganzen Satz, also „Ich hätte gern eine Cola bitte“, statt ein genuscheltes „Cola“ und sie dürfen uns auch gern anschauen dabei, so wie auch wir sie anschauen. Schließlich sprechen wir nicht in unseren Trolley, wenn wir Sie fragen, warum also nuscheln Sie auf Ihre Tastuatur oder Buch? Man darf auch, ohne bestraft zu werden, VOLLSTÄNDIGE Bestellungen formulieren, den Kaffee also mit Milch und Zucker bestellen, 2 oder 3 oder 4 Milchdösen oder Zuckertütchen geben wir ebenfalls gern heraus, wenn man uns gleich darum bittet, und nein, nach dem Erhalt des ersten Milchdöschens muss man uns nicht an Tock oder Hose zupfen, wenn es dann doch ein paar mehr werden sollen. Wenn es Wasser sein soll, da gibt es die schwierige Option „Mit Sprudel“ oder „Still“, bitte entscheiden Sie sich JETZT! Und – meine sehr verehrten Herren, wenn Sie mit einer Dame reisen oder es sitzt eine fremde Dame neben Ihnen, dann hat diese das Recht der ersten Bestellung. Ladies First, so steht es im Knigge, nicht wahr?

    5. Sicherheit geht VOR Service: wir sind in erster Linien Sicherheitspersonal, erst in zweiter Hinsicht Servicepersonal, auch wenn Sie das gern anders sehen und der Meinung sind, wir „Saftschubsen“ seien nichts weiter als fliegende Kellner. Die Ansprache „Herr Ober“ indes amüsiert mich hin und wieder. Wenn während des Reisefluges die Anschnallzeichen eingeschaltet werden aufgrund von Turbulenzen, dann hat die Cockpitcrew dafür einen guten Grund, denn oft genug wurden sie gewarnt von einem voraus fliegenden Flugzeug, dass schwere Turblenzen zu erwarten seien. Manchmal sind diese dann doch gar nicht so heftig wie befürchtet, denn diese Starkwindfelder verlagern sich recht drastisch zuweilen. Zum Ausgleich gibt es dann auch immer wieder mal gern heftige Turbulenzen ohne Ankündigung, da hat es mir auch schon mal einen Trolley vollkommen zerlegt, zum Glück nicht Teile der Besatzung. Sei es darum, Vorsicht ist die Mutter usw. usw. und die Anschnallzeichen gelten dann auch für die Kabinenbesatzung, die dann leider-leider keine Tomatensäfte herumjonglieren darf, auch wenn es Sie noch so sehr danach dürstet. Dasselbe gilt, wenn die Anschnallzeichen nach dem Start länger als üblich eingeschaltet sind. Wen irgendwie möglich, sollten Sie sich dann auch den Toilettengang verkneifen. Gehen Sie dennoch, tragen Sie das Risiko einer Verletzung oder Schlimmeres allein, denn wir werden Sie nicht mit Gewalt daran hindern. Unter dem Strich sollte man jedoch abwägen, was schlimmer wäre: gebrochener Halswirbel oder nasse Hose…

    6. „Ich muss dringend nach New York, sagen Sie in Frankfurt Bescheid, damit die Maschine wartet.“ Bei veritablen Verspätungen aus welchem Grund auch immer (Technik, Wetter, Luftraumüberlastung, Verspätung von Bodendiensten wie Tanker, Catering, Reinigung, Crewverspätung wegen Verkehr etc etc etc—) kann es sein, ja ist es sogar wahrscheinlich, dass einige, wenn nicht alle Passagiere, ihre Anschlussflüge z.B. in Frankfurt, München, Zürich oder Wien verpassen, umgebucht werden müssen und evtl. sogar eine Nacht am Umsteigeflughafen (vorzugsweise in einem Hotel) verbringen müssen. Die Crew Ihres Fluges hat weder die Möglichkeit, eine beschleunigte Transferleistung für Sie zu bestellen noch das andere Flugzeug am planmäßigen Abflug zu hindern. Man kann da nur an Ihre Vernunft appellieren: stellen Sie sich vor, so etwas wäre tatsächlich möglich, gäbe es dann überhaupt ein einziges abfliegendes Flugzeug auf diesem Planeten, wenn überall und ständig irgend jemand ist, der „unbedingt“ den Flug noch erwischen müsste? Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können, es kann auch Sie jederzeit erwischen, und die Tatsache, dass Buchungssysteme solche Verbindungen mit kürzesten Gesamtreisezeiten, also jene Umsteigeverbindungen mit kurzen Transits, zuerst aufrufen, bedeutet nicht, dass SIE solche gewagten Verbindungen (besonders in der anfälligen Wintersaison) auch buchen müssen. Gönnen Sie sich doch eine oder zwei Stunden Puffer in FRA oder MUC, da können Sie gemütlich einen Kaffee trinken und gemächlich zu Ihrem Anschlussflug schlendern statt wie irre durchs Terminal zu hetzen und zuzuschauen, wie „Ihre Maschine“ gerade richtig Startbahn davon rollt… Das Vortragen Ihrer ganz persönlichen Gründe (Todesfall, Chirurgischer Eingriff – aktiv oder passiv – Kreuzfahrt, Vortrag, Konferenz…) beeindruckt Ihre Kabinenbesatzung herzlich wenig, weil Ihre Lebensumstände absolut NICHTS an den operationellen Gegebenheiten des Luftverkehrs ändern können, worüber wir übrigens sehr froh sind. Ersparen Sie uns daher bitte die Details, auch wenn wir stets bemüht sind, Empathie für Ihre missliche Lage aufzubringen. Aber Sie haben sicher auch Verständnis dafür, dass bei heftigsten Stürmen von Lothar bis Burglind unser persönlicher Mitleidsvorrat auch irgendwann zu Ende ist.

    7. Besondere Vorkommnisse: wann immer die Besatzung von SERVICE auf SICHERHEITSVERFAHREN umschaltet, was in der Regel schlagartig geschieht, kooperieren Sie bedingungslos und folgen strikt ihren Anweisungen. Verkneifen Sie sich jedwege Regung in Richtung fotografieren oder filmen und behindern Sie uns nicht, wenn es z.B. um eine Kabinenvorbereitung für eine Sicherheitslandung (im Umgangssprachlichen auch schlicht „Notlandung“genannt). Blöde Sprüche und Witzeleien sind höchst unpassend und nicht willkommen. Es kann sein, dass die Besatzung bestimmte nach ihrer Ansicht befähigte Passagiere um Hilfe bitte, jedoch ist es unumgänglich, dass Sie verstehen, dass die Besatzung zu jeder Zeit das Kommando behält, bei jedweder Aktion. Diskutieren Sie nicht und behindern Sie die Besatzung nicht. Mutwilliges Zuwiderhandlung endet schnell auf der Polizeiwache des Ankunftsflughafens und mit saftigen Kosten.

    8. Gutes Benehmen: die Armlehne zwischen zwei Sitzen „gehört“ der Fluggesellschaft, niemand hat einen Anspruch darauf, dass sie ihm allein gehöre, netterweise sollte der ohnehin eingekeilte Mittelplatzpassagier hiervon profitieren können, er hat es schon schwer genug. Jeder hat das Recht, seine Rückenlehne zurückzuklappen, denn dafür sind sie ausgelegt. Sich von hinten dagegen zu stemmen mit der Begründung „Ich krieg keine Luft“ ist ersten albern und zweitens ein Gesetzesverstoß und führt regelmäßig zu teils körperlichen Auseinandersetzungen. Für Sie würde solches Verhalten schlimmstenfalls mit Verletzungen und / oder einer Abholung durch Uniformierte vor den Augen aller anderen Passagiere führen. Durch solch rüdes Verhalten werden Sie ganz sicher kein Upgrade in eine höhere Serviceklasse erzwingen können. Wenn es die Auslastung zulässt, kommt erher das von Ihnen belästigte Opfer in diesen Genuss. Sie dürfen gern DANKE sagen, wenn Ihnen die Besatzung etwas Gutes tut. Meine Damen, lassen Sie den Nagellack in seiner Flasche und diese verschlossen. Diese brennbare Substanz auf der Basis von Aceton darf nicht benutzt werden, zumal der Geruch eine Belästigung für alle anderen Passagiere ist. Elektronische Nikotindampfgeräte werden ebenfalls nicht verwendet, denn ihre Mitreisenden haben vermutlich kein Interesse daran, Ihren Chemiecocktail zu inhalieren, auch wenn man ihn nicht als „Rauch“ bezeichnen kann. Ebenso bleiben Ihre im Duty Free gekauften Alkoholika verschlossen und werden NICHT während des Fluges konsumiert, tun Sie es dennoch, müssen Sie mit Einziehung rechnen. Flaschen werden keinesfalls in den Gepäckfächern verstaut. Hören Sie Musik und sonstige Inhalte Ihrer elektronischen Geräte mit Ohr/Kopfhörern und NICHT laut mit eingebauten Lautsprechern. Diese Belästigung ist eine Zumutung für andere und weisen Sie auch Kinder darauf hin. Haben Sie keine Kopf/Ohrhörer dabei und es gibt keine im Flugzeug, dann bleibt die Daddelkiste aus und es wirk eben kein Film geguckt.

    9. Kinder an Bord: Kleinkinder werden NICHT auf dem Sitz gewickelt, weder während eines Mahlzeitenservice oder auch sonst, dafür gibt es Wickeltische in den Bordtoiletten und wenn sie das machen, schließen Sie die Tür. Gegen Sie davon aus, dass die breite Masse der Passagiere, vieleicht anders als Sie, den Geruch von Babyscheiße NICHT als wohlduftendes Parfum erleben und wenn Sie nicht in der Lage sind, den Windelwechsel allein vorzunehmen, dann müsse Sie eben mit Ehemann oder Schwiegermutter in dieser Toilette Platz finden, aber mit geschlossener Tür. Verhindern Sie das Umherkrabbeln von Babies, das Umherlaufen von Kindern, das Flugzeug ist kein Spielplatz und andere Passagiere haben ein Recht auf einen ungestörten Flug. Darüber hinaus ist es gefährlich, denn die Crew hantiert mit Servicewagen, die bis zu 120 kg schwer sein können, so ein Trümmer hat ein tödliches Potenzial und es gab bereits schwere Unfälle mit kleinen Kindern. „Mein Kind möchte sich bewegen“ ist keine Begründung. Entweder sind Sie in der Lage Ihr Kind erzieherisch zu maßregeln oder Sie fliegen mit dem Kind nicht um die Welt, so einfach ist das. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass das Flugzeug eine volltaugliche Säuglingsstation sei: nehmen Sie ausreichend Windeln und Babynahrung mit, auch Babymilch bekommen Sie anstandslos durch die Sicherheitskontrollen, auch wenn Flüssigkeiten ansonsten reglementiert sind.

    10. Allergien. Statt eines freundlichen „Guten Morgen“ heißt es in letzter Zeit öfter „Ich habe eine Erdnuss-Allergie!“ Aha. Und was sollen wir jetzt mit dieser Information? Gern bekommen Sie von mir die Allergenliste des Catering-Service.  Oft folgt dann die Aufforderung, eine Ansage an alle anderen Gäste zu machen, dass diese bitte keine Erdnüsse essen mögen wegen des Fluges. Wie bitte? Erstens: die gesamte Flugzeugkabine ist quasi „erdnusskontaminiert“ durch vorangegangene Flüge, nämlich in Sitzen, Wänden, auf Tischen und Teppichen. Zweitens: die Allergie einer Person wird nicht zur Restriktion für 150 bis 550 anderen Passgieren führen (Frage: fordern Sie das auch in Bussen, Bahnen, Kinos, Theatern, Supermärkten, Stadien, Restaurants?). Drittens: wenn jemand in Reihe 33 eine Erdnuss verzehrt, sollte kein Erdnussmolekül durch einen Luftstrom bis in Reihe 4 schaffen und selbst wenn, dann haben Sie viertens eine so schwere Allergie, wenn sie dadurch einen Astmaanfall erleiden, dass Sie doch vielleicht besser eine Hochleistungsgasmaske tragen sollten oder vielleicht auf das Verlassen Ihres Hauses verzichten. In vielen bereits dokumentierten Fällen haben Flugkapitäne diese Passagiere dann abgeladen, wenn sie mehr und mehr fordernd wurden, und vom Flug ausgeschlossen, da man „die Verantwortung wegen eines möglichen allergischen Schocks nicht tragen werde“.  Es folgte stets die Beteuerung, dass es mit der Allergie „eigentlich gar nicht so schlimm sein und man durchaus mitfliegen könne“. Leider zu spät, was in der Folgezeit sicher heilsam gewesen ist.

    11: Das Hirn darf mit an Bord! Unter Flugbegleitern kursiert seit Jahrzehnten der Spruch, dass viele Passagiere nicht nur ihr Gepäck aufgegeben haben, sondern ihr Hirn gleich mit. Auch wenn das Innere eines Flugzeugs eine sehr spezielle Umgebung mit ganz eigenen Regeln ist, wie durch die o.g. Punkte hoffentlich deutlich wurde, man kann sich darin bestens zurecht finden, wenn man den Gesunden Menschenverstand auch in 12 km Höhe nutzt, sofern vorhanden. Wenn auf einer Toilettentür steht „Drücken / Push“ dann drückt man genau an dieser Stelle und die Tür öffnet sich – die Scharniere in der Türblattmitte deuten schon an, dass es sich um eine Falttür handeln könnte. Gleichwohl wäre es sinnvoll, nicht mit Schmackes die flache Hand aufs Scharnier zu donnern, denn wenn sich die Tür auffaltet, wird gern die Fingerspitze eingefaltet, das könnte schmerzhaft sein und nein, man wird vor Gericht kein Schmerzensgeld zugesprochen bekommen. Findet sich an einer Toilettentür eine Drehknopf oder der Klassiker – die KLINKE! – dann sollte man versuchen, durch betätigen dieser die Tür zu öffnen. Das Herausziehen des Aschenbechers führte bislang noch nie zum Ziel.

    12. und letztens: Flugzeugbesatzungen: auch wenn es vielleicht so geklungen hat, sind wir nicht böse und hassen auch nicht unsere Passagiere. Die meisten von uns lieben ihren Beruf auch nach vielen Jahren noch sehr, auch wenn Zauber und Glamour der Guten Alten Zeit der 1950er und 1960er längst verflogen sind. Leider beobachtet man in unserer Gesellschaft eine zunehmende Verrohung gepaart mit oft grenzenlosem Egoismus und deren Auswirkungen gehen auch nicht an unserem täglichen Berufsleben vorbei. Darüber hinaus scheint es im Trend zu liegen, sich aus der anonymen Masse der Passagiere durch irgendeine Besonderheit, sei es eine Allergie, eine Marotte (Service Animals lassen grüßen) oder sonstige Auffälligkeiten herausheben zu wollen. Bis zu einer gewissen Belastungsgrenze spielen wir gern das Spielchen mit, jedoch sind unsere Kapazitäten begrenzt und keinesfalls widmen wir alle unsere Aufmerksamkeit nur einem Selbstdarsteller ganz allein, um alle anderen Passagiere zu vernachlässigen. Wer das von uns erwartet, sollte lieber auf die Couch, ganz dringend. Wir wünschen uns einfach nur, wenn schon nicht freundlich, dann wenigstens mit Respekt behandelt zu werden, denn wie man ins Flugzeug hinein ruft, so schallt es zurück *lg*

  9. Lieber Volker,

    Du verzeihst mir bitte, dass ich beim Lesen Deiner Punkte Tränen gelacht habe und erst jetzt antworte, da ich mich wieder einigermaßen beruhigt habe. Mir ist vollkommen klar, dass das für Euch alles kein Spaß ist und das Arbeitsleben unnötig schwer macht. Aber allein die Vorstellung, was Leuten offenbar alles an Absurditäten einfällt, kann man eigentlich nur mit Humor ertragen, oder? ;-) Gibt’s wirklich Leute, die ihre Babies in der Kabine, am Sitz wickeln?

    Aber eine ganz ernste Frage, die mich schon eine Weile beschäftigt: Wie viel Hilfe kann ich denn von Flugbegleitern erwarten und ist fragen danach sinnvoll, wenn es Auseinandersetzungen mit anderen Passagiern gibt? Inwieweit seit Ihr denn für sowas „zuständig“? Also – alles wahre Geschichten: Ein anderer Passagier rammt seinen Schrankkoffer mit voller Wucht im Gepäckfach auf meinen Fotorucksack und als ich ihn bitte, das sein zu lassen, wird er ausfällig und hämmert noch heftiger. Dann die klassische Situation, dass ein etwas kräftiger gebauter Sitznachbar die Armlehne hochklappt, um mehr Platz zu haben (auf mein Kosten). Die Helikopter-Mutter, die ihrem 3jährigen keine Kopfhörer zumuten will, weil das ja die Ohren schädigt und das Benjamin-Blümchen-Computerspiel deshalb in voller Lautstärke für alle zu hören ist ….

    Also: darf ich und macht es Sinn, in solchen Situationen den den Knopf mit dem netten „Pling“ zu drücken und einen Flugbegleiter um Hilfe zu bitten? Oder riskiere ich nur, mich in der Auseinandersetzung mit dem Mitreisenden argumentativ in eine noch schlechtere Position zu bringen, weil ihr nur sagen würdet „klären Sie das bitte untereinander“?

    Herzliche Grüße,
    Franz

  10. [Huch, hat’s nicht gespeichert? Ich probier’s noch einmal…]

    Hallo, Franz! Wie – ich wollte Dich am Sonntagabend aber nicht zum Weinen bringen :-) Was soll ich sagen? Ja!!! Babywickeln auf dem Sitz ist auch bei uns immer wieder Anlass zu fäkal-olfaktorischer Teilhabe. Daher habe ich mir angewöhnt, auf längeren Flügen, vor allem wenn Säuglinge dabei sind, auf die Wickeltische in den Toiletten per Ansage hinzuweisen, was zu funktionieren scheint. Prinzipiell kann man über alles informieren und alles kommunizieren, wobei sich natürlich immer die Frage stellt, ob die Adressaten alle des Deutschen oder Englischen mächtig sind.

    Einmal kam eine Mutter mit einem offenbar geistig behinderten Jungen von 7 Jahren in die vordere Küche und blieb vor Toilette bzw. Cockpittür stehen, fragte nach einem Trinkbecher, den ich ihr reichte. Als dann das Trinkgefäß nicht zum Munde des Kindes geführt, sondern in Höhe des Pipimanns gehalten wurde, unterbrach ich und forderte sie auf, die Toilette zu nehmen, das Kind schrie sogleich los, schlug um sich und es hieß: „Er will nicht in die Toilette, da hat er Angst.“ Da kann die Antwort nur lauten: „Windeln“, denn in meiner Flugzeugküche wird definitiv nicht uriniert. Es gibt wirklich nichts was es nicht gibt und selbst wer 80 Jahre lang fliegt, erlebt immer wieder etwas zum ersten Mal, wobei viele Standardsituationen sich wiederholen und somit auch zu einer gewissen Sicherheit und Routine beim Bordpersonal führen. Ich hab mir vorgestellt, der Kapitän hätte von innen die Cockpittür geöffnet und direkt dem Kleinen auf den Schniedelwutz geguckt… och neee…

    Die Sache mit dem Konflikt unter Passagieren ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die bei uns unter „Unruly“ kategorisiert werden. Ich muss da, was die Details angeht, sehr zurückhaltend sein, denn diese Sicherheitsthemen (neudeutsch „Security“) unterliegen als Interna gewissen Kommunikationseinschränkungen. Das Thema „Unruly Passenger“ steht jedoch seit Jahren auf der Agenda, und spätestens seit 9/11 haben da ganz konkrete Sicherheitsmaßnahmen gegriffen, die es zuvor nicht gab, augenfälligstes Merkmal ist wohl die gewalt- und waffenresistente Cockpittür. Die Art einer Bedrohung ist inzwischen international in verschiedene Gewaltstufen unterteilt, damit z.B. Polizei und Bodendienste einschätzen können, was an Bord vor sich geht, wenn Vorbereitungen für eine Festnahme nach der Landung etc. getroffen werden müssen.

    Wir können und wollen deeskalieren, auch bei Konflikten unter Passagieren, die sich zunächst nicht gegen die Besatzung richten. Dieses kann sich jedoch auch spontan ändern und statt des ursprünglichen „Opfers“ können dann Besatzungsmitglieder bedroht werden. Es kommt immer wieder vor, dass sich zwei Passagiere nicht „riechen“ können und ein Konflikt brodelt. Ich hatte es nur ein einziges Mal, dass es aus dem Ruder zu laufen drohte, und dann habe ich bei einem vollen Jumbo (B747-400) einfach ganz freundlich und offen mit einem Passagier auf der gegenüber liegenden Seite gesprochen, ob er bereit wäre, sich auf den gleichen schönen Notausgangsplatz gegenüber zu setzen, um mit diesem Passagier zu tauschen, da es ansonsten möglich sein könnte, dass wir wegen eines Gewaltexzesses eine ungeplante Zwischenlandung durchführen müssten. Diese Argumentation wirkte sofort, die „neuen Sitznachbarn“ verstanden sich blendend, die Chemie stimmte und alle waren zufrieden.

    Grundsätzlich empfehle ich aber die persönliche Ansprache eines Flugbegleiters oder Pursers, ohne Beisein des anderen Konfliktpartners wegen des „Bloßstellungseffektes“, der ansonsten existierte. Klingeln und das Ganze dann im Beisein des „anderen“ und aller umsitzenden Passagiere klären zu wollen, führt in der Regel zur Intensivierung des Konflikts. Je nachdem, um was es geht, versuchen wir einen Appell an die Vernunft. Oberstes Ziel ist aber immer die Deeskalation und die Unterdrückung weiterer Konflikte. Besonders unter Deutschen ist oft der Effekt zu beobachten, dass, wer einmal beschlossen hat sich zu ärgern, sich auch gerne weiter ärgern „will“ und nach dem Einschnappen nicht wieder ausschnappt. Da werden auch von der Crew mal 10 Stunden lang Getränke und Speisen abgelehnt, quasi „zur Strafe“. Dann wird’s wirklich albern und diese Kandidaten sind dann oft noch tiefenverwirrt, wenn wir sie weiterhin höflich und nett behandeln und nicht wie sie selbst in die infantile Schmollhaltung wechseln. Es ist sowieso nichts so herrlich wie freundlich zu Menschen zu sein, die sich wie Flachzangen benehmen *g*

    Wir sind in der Deeskalation wirklich gut, denn wenn wir Vergleichszahlen mit beispielsweise Airlines aus den USA heranziehen, natürlich passagierzahlneutral, dann haben wir eine deutlich geringere Quote an Festsetzungen. Ja, wenn es komplett aus dem Ruder läuft, werden gewalttätige Passagiere bewegungsunfähig gemacht unter Einhaltung eines sehr konkreten internationalen Regelwerkes. Ich vermeide es bewusst, hier konkret zu werden. Wir liegen hier deutlich unter den Zahlen anderer, wo viel eher Situationen entgleisen, daher sieht es so aus, als sei unsere Taktik, die vielleicht ein wenig nach „Weichei“ aussehen mag, Früchte trägt. Konkret: ist wenig Platz, weil einer dick ist (wie im Fall von Dir beschrieben), dann gucken wir, dass wir vielleicht dem Dicken einen anderen Platz schmackhaft machen (oder wir fragen den „Schlanken“ *lg*) ob er sich wegsetzen möchte. Ist die Bude voll bis auf den letzten Platz, scheidet diese Lösung aus. Jedoch hätte der Dicke am Fenster mehr „Raum“, um sich in Richtung Flugzeugwand „auszudehnen“, als mittig die beiden Nachbarn „zuzuquellen“ (ja, ich bin hier mal verbal-fies, hihi). Ich würde für den empfindlichen Fotorucksack einen guten Stauort suchen, wo keine Beschädigungsgefahr besteht. Immer unter dem Aspekt, dass ich eine Eskalation verhindern muss, würde ich gucken, dass ich den einen Konfliktpartner (vorzugsweise den mit der „Opferrolle“, weil dieser i.d.R. noch kooperationsbereiter ist) vom „Angreifer“ entferne. Notfalls verantworte ich dann auch das Umsetzen in die höhere Klasse (z.B. von Economy nach Business), denn das „höhere Ziel“, den Flug zwischenfallfrei zu Ende zu führen, steht hier ganz oben und „heiligt die vertretbaren“ Mittel, sofern verfügbar.

    Es ist unterm Strich ein Eiertanz, der uns aber durch Erfahrungswerte und Gesunden Menschenverstand oft sehr gut gelingt, was die Statistik von Zwischenfällen an Bord Jahr für Jahr bestätigt. An Passagiere kann man da den Tipp geben, alles zu tun, um den Konflikt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, insbesondere die Ansprache der Crew sollte stets „verdeckt“ erfolgen, also durch Ansprechen fernab vom Ort des Geschehens, am besten auch so, dass es der Konfliktpartner nicht sieht, z.B. in der Galley hinter geschlossenem Vorhang. Grunsätzlich bleibt anzumerken, dass das Konfliktpotenzial auf der Langstrecke deutlich größer ist als auf der Kurzstrecke, da hier Konflikte länger schmoren können, bis der Deckel vom Topf fliegt und auch Aggressionen aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums wahrscheinlicher sind – die Zahlen bestätigen dieses deutlich. Allgemeine Ursache oder konfliktfördernd insbesondere in Economy-Class ist die Einschränkung des persönlichen Nah- bzw. Intimbereichs, der üblicherweise selten unter 50 cm liegt, aber in der „Holzklasse“ deutlich unterschritten wird.

    PS: bin ich an Bord, lade ich Dich mit oder ohne Streitfall natürlich gern auf einen oder mehrere Gläser Wein in die Galley ein, um einen fröhlichen Talk über Verkehrsmittel zu Wasser und in der Luft zu halten :-)

  11. :-) Danke, die Einladung nehme ich gerne an. Wenn wir’s nur mal schaffen, irgend wann einmal in der selben Maschine zu fliegen. Aber irgendwann klappt das schon.

    Danke für die ausführliche Antwort. Flugbegleiter abseits des „Gegners“ anzusprechen ist wohl tatsächlich das Beste, warum auch immer ich da nicht selbst drauf gekommen bin …

    Auf kürzeren Flügen (also: Europa) packe ich meinen Foto-Rucksack inzwischen eh‘ gleich unter den Vordersitz, um dieses Problem zu vermeiden. Aber auf Langstrecke ist das keine Option – wobei da in den Gepäckfächern meist auch mehr Platz ist, je nach Maschinentyp und auch mehr Urlauber als Business-Flieger unterwegs sind, sodass sich die Zahl der alle Gepäckmaße aus- und überreizenden Schrankkoffer in Grenzen hält. Außer, Du hast Umsteiger aus Italien oder Spanien kurz vor Ostern/Weihnachten, die die Verwandschaft in den USA besuchen und ihr Handgepäck aus gefühlten 20 Riesen-Tüten an Geschenken besteht ;-) Aber die sind wiederum harmlos, weil man damit keine Kamera zerstören kann.

    Eine echte Eskalation habe ich Gott sei Dank noch nie erlebt, vielleicht auch, weil ich eher der Typ bin, der nervige Mitreisende eher zähneknirschend erträgt, als etwas zu sagen. Denn letztlich muss ich ja womöglich weitere acht Stunden neben demjenigen sitzen und das macht keinen Spaß, wenn man da jemanden erwischt, der, wie Du sagst, einschnappt und nie wieder ausschnappt. Nur wenn jemand den Touch-Screen als Hackbrett benutzt, habe ich schon ein paarmal was gesagt – meist aber mit nur wenig Effekt, weil die Leute nicht kapieren, dass die älteren Displays einfach Sch… sind und auch massives darauf herumhacken nichts daran ändert, dass diese Displays eben nicht so feinfühlig reagieren wie das moderne Display ihres Smartphones.

  12. Kleiner Nachtrag: Störungen durch ein dauerfiependes Elektronikgerät versuche ich stets zu unterbinden. Ich finde es einfach unglaublich, dass Eltern meinen, so etwas der Umgebung zumuten zu müssen. Wenn ich selbst als Passagier unterwegs bin, spreche ich die Eltern selbst an. Wenn ein Besatzungmitglied dann meint: „Naja, es sind ja Kinder.“, dann finde ich das unadäquat, denn wir sind hier nicht im Bällebad von Ikea und andere Passagiere haben ein Recht darauf, ungestört zu sein. In der Regel aber stört das jeden anderen genau so wie mich selbst und wenn dann deutlich wird, dass alle derselben Meinung sind, sehen es auch die Eltern oft ein. Will man extrem gnädig sein, muss man vielleicht zugestehen, dass es Kulturen auf diesem Planeten gibt, in denen Kinder fast alles dürfen. Eine liegt ja gar nicht so weit weg von uns auf der südlichen Alpenseite, hihi. Ansonsten helfen mir bei unschönen Geräuschen in meiner Umgebung oft die tollen Ohropax-Soft-Schaumstoffstöpsel und / oder mein Sennheiser-Kopfhörer mit Lärmkompensation. Wenn ich privat unterwegs bin und einige scheinen ganz und gar beratungsresistent, was mir in Bussen und Bahnen noch viel öfter passiert, wo man gelegentlich mal mit orientalischen Hörgenüssen in voller Lautstärke konfrontiert wird, kontere ich gern mit „Servus, Grüezi und Hallo“ von Margot & Maria Hellweg, welche sich nur zu diesem einen Zwecke auf meinem Smartphone verewigt haben und meistens zum sofortigen Verstummen jedweder morgenländischer Sangeskunst führen.

  13. Ich finde, dass man die Rückenlehnen bei den engen Platzverhältnissen grundsätzlich senkrecht gestellt lassen sollte. Man liegt ja sonst fast auf dem Schoß des Hintermanns.

  14. @Claudia: auf kürzeren Strecken von ein bis drei Stunden sehe ich das genau so. Aber auf Langstrecke und vor allem über Nacht hat die Liegeposition schon irgendwie ihren Sinn, wenn man ein wenig schlafen will …

  15. @Claudia @Franz: Kann ich nicht nachvollziehen, von Liegeposition zu sprechen ist auch reichlich übertrieben doch eher von angenehmerer Sitzposition. Jeder hat die Möglichkeit sein Sitz zu verstellen so hat keiner einen Nachteil dadurch. Nur beim Essen sollte der Sitz schon senkrecht stehen da sollte man schon drauf achten.

  16. Na dann will ich doch auch mal… erst mal meine Gedanken zum Artikel:

    Ja, an der Rückenlehne festhalten zum Aufstehen ist nicht schön. Aber auf der Armlehne abstützen kann auch nicht die Lösung sein, ich habe schon mit eigenen Augen gesehen, wie das jemand versucht hat, die Armlehne dabei mit einem dezenten „Knack“ nach gab und derjenige sich beim Sturz ne schöne Kopfplatzwunde zuzog. Zum Glück war es nach der Landung und die Sanitäter schnell zur Stelle. Ist also auch kein allheilmittel.
    Beim Touchscreen kommt es stark auf das Modell an. Ich hatte schon welche, die mit ihrer Glasfront wie ein moderner Smartphone-Touchscreen funktioniert haben, und dabei wirklich auf leichteste Berührungen reagiert haben. Meine letzte Flugerfahrung vom vergangenen Wochenende (20 Jahre alte 777 von United mit vermutlich genauso altem Entertainmentsystem) zeigte mir aber, daß die dort verbauten Touchscreens einen gewissen Druck brauchen, um zu funktionieren. Darauf hat der Passagier nun mal keinen Einfluß.
    Schuhe aus oder nicht – kann man so pauschal nicht sagen. Wenn ich morgens nach der Dusche in frische Socken schlüpfe und zum Flughafen fahre, müffelt da nichts. da spricht also auch nichts dagegen, während des Reiseflugs die Schuhe auszuziehen und nur in Socken unter den Sitz zu stecken. Wenn’s aber müffelt, gehört es sich genauso wenig, wie die Füße in egal welcher Form auf die Armlehne zu packen. Rechtzeitig vor der Landung sind die Schuhe aber wieder an, man weiß ja schließlich nie…
    Der Status der Rückenlehne beim Essen… tja, wenn die Fluggesellschaften nicht ums Verrecken die Kapazität ausreizen würden, wäre das gar kein Problem. Leider ist der deutsche „Flag carrier“ da ein besonders krasses Beispiel, nur dort (747-8 und A380) habe ich bisher Ansagen gehört, man solle die Rückenlehnen senkrecht stellen, damit der Hintermann essen kann. Nehmt einfach zwei Reihen raus, ich hab das irgendwann mal durchgerechnet – die paar Plätze die weg fallen, ergeben pro verbleibendem Passagier irgendwas ziwschen 20 und 30 Euro mehr an Ticketpreis, um am Ende die gleiche Summe einzunehmen. Bei nem Langstreckenflug nun wirklich kein Debakel. (Man darf ja nur den reinen Flugpreis umlegen, Steuern und Gebühren fallen für Nichtpassagiere ja nicht an.)
    Der Kampf um die Armlehne – so lange Kabinendesigner davon ausgehen, daß ein Mensch nicht breiter als sein Hintern ist, wird es das Problem immer geben. Kräftig gebaute Personen (ich rede hier nicht von Übergewicht, sondern einfach breitschultrig) haben nun mal das Problem, daß ihre Schultern breiter sein können als die Sitzfläche. Da kann der Fluggast sowas von nichts dagegen tun. Ich spreche aus Erfahrung, ich gehörte nämlich zu genau diesem Personenkreis. Leider entwickeln sich Sitzbreiten und -abstände umgekehrt proportional zur durchschnittlichen Fluggastgröße.

    Zu den Kommentaren – erst der alte Kommentar von Moni
    Zur Seite treten, wenn man sein Handgepäck sortiert, Jacke auszieht, etc. Ja, schön und gut in der grundsätzlichen Idee. Mag in großen Flugzeugen auch funktionieren. Ich komme gerade von einer Dienstreise in den USA zurück, und dort war ich mit Flugzeugen unterwegs, die irgendwas zwischen „zwei Haartrockner im Formationsflug“ und „fliegender Laubbläser“ waren. Ich mit meinen 1,95 konnte schon im Gang nicht aufrecht stehen, und in die Sitzreihe hinein ging es nur rückwärts zusammenfaltend. Da *kann* man einfach nicht aus dem Gang in die Sitzreihe treten. (Allerdings – zugegeben – oft genug könnten Leute es und machen es trotzdem nicht.
    Ein Zusammensinken (und irgendwo seitlich hin kippen) beim Schlafen läßt sich nun mal nicht vermeiden. Es liegt in der Natur der Dinge, daß im Schlaf die Muskelanspannung nachläßt. Ist nicht schön, aber reine Biologie. Meist steckt da keine Absicht des Schlafenden dahinter.

    Und jetzt zu den umfangreichen Memoiren von Volker:
    Ja, beim Einstieg grüßen sollte man und mache ich auch. Bei kleineren Flugzeugen meist mit einem Späßchen verbunden, daß ich mich ja zum Einstieg sowieso verbeugen muß. Allerdings habe ich auch schon das Gegenteil erlebt – Flugbegleiter, die dem Einstieg den Rücken zugekehrt haben oder sich mit Kollegen unterhalten haben. Höflichkeit geht da in zwei Richtungen. (Ohne Dir unterstellen zu wollen, Du wärst einer von diesen Kollegen – aber auch als Gast kann man sich unwillkommen fühlen.)

    Was das Handgepäck angeht, sehe ich hier ganz klar die Airlines in der Pflicht, genauer hinzuschauen, zu messen und zu wiegen. Nicht das Kabinenpersonal – sondern bereits am Gate. Wen ich schaue, was manch einer als Handgepäck (Menge und Abmessungen) mit in den Flieger nimmt, ohne daß es jemanden zu stören scheint, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Und „Stauraum unter dem Vordersitz“ gibt es ab einer gewissen Passagiergröße keinen mehr. Ich brauche den Platz für meine Beine, da kann keine Tasche hin. Auch das ist ganz klar ein Problem der Fluggesellschaften (nicht des Kabinenpersonals, die sowas ja nicht entscheiden), die einfach nicht mitbekommen, daß Menschen über 1,90 mittlerweile keine Seltenheit mehr sind.
    Eine freundliche Reaktion des Fluggastes gegenüber dem Personal beim Service halte ich ebenfalls für selbsverständlich. Allerdings habe ich schon festgestellt, daß ich mit meinen Kopfhörern mit Geräuschunterdrückung unter Umständen gar nicht mitbekomme, was neben mir im Gang passiert, wenn ich auf einen Film konzentriert bin. Ist keine böse Absicht, aber eine verdammt gute Schalldämmung. ;-) Was die Reihenfolge angeht, mchte ich etwas differenzieren. Wird die Frage nach dem Getränk nur „in die Reihe“ geworfen, hast Du Recht. Wenn aber (wie gerade auf meinem letzten United-Flug) die Flugbegleiterin gezielt immer die Passagiere der Reihe nach vom Fenster zum Gang anspricht, empfände ich es ihr gegenüber als unhöflich, ihre absichtlich gewählte Routine aus dem Tritt zu bringen, selbst wenn gangseitig neben mir eine Frau sitzt. Sie wird ihre Gründe haben, warum sie es genau so macht. Fliege ich mit meiner Freundin, weiß ich meist, was sie trinken möchte, und bestelle einfach für sie mit – bei fremden Personen geht das natürlich nicht.
    Das Streitthema Rückenlehne ist eins, mit dem ich auch (leider) Erfahrungen habe sammeln müssen. Mein letztzer Luthansa-Langstreckenflug (B747-8) sah so aus, daß ich bei normalem Sitzen mit den Knien an der Lehne des Vordersitzes klemmte. Die Dame vor mir begann eine Diskussion, es wäre ihr gutes Recht, sich zurück zu lehnen – ja, da widerspreche ich nicht mal, aber es ist deshalb noch lange nicht meine Pflicht, mir die Beine abzuhacken. Soll sie sich bei Lufthansa beschweren, daß die Sitze so eng gepackt werden. Das war kein Fall von „ich möchte es nicht“, sondern ein Fall von „es geht einfach nicht“. Ich kann nix für die Länge meiner Beine, und ich kann nix für den Sitzabstand. Umsetzen war nicht möglich, der Flieger war bis aufs letzte ausgebucht, die nette Flugbegleiterin erlaubte mir dann für den restlichen Flug bis kurz vor der Landung (wenn die Rückenlehnen eh senkrecht stehen müssen) auf ihrem Jumpseat Platz zu nehmen. Letztlich ist das einer der wenigen guten Punkte bei Ryanair – da kann man den Sitz einfach nicht zurück lehnen. Franz meint zwar, wenn man schlafen will, wäre zurückgelehnt bequemer, da kann ich aber nicht mitreden, ich kann im Flugzeug nicht schlafen. Zumindest nicht, solange ich nicht wirklich mich lang machen kann, möglicherweise geht’s auf nem ordentlichen Business class-Sitz. Leider ist das außerhalb meines Budgets.
    Alternativ wäre auch eine Konstruktion denkbar, wie die Deutsche Bahn sie mit der Modernisierung in den ICE2-Zügen eingebaut hat – dort ist die Rückseite der Rückenlehne fix. Will man seine Lehne neigen, rutscht man mitsamt Sitzkissen nach vorne, reduziert *seinen eigenen* Beinraum, bekommt dafür aber mehr Neigung. Damit kann es dem Hintermann vollkommen egal sein, wie man sich fläzt. Find ich genial.

    Das Highlight ist natürlich Baby auf dem Sitz wickeln. Im Flieger hab ich das bisher noch nicht erlebt, wohl aber im Intercity. Natürlich auf dem Sitz und ohne Unterlage. Auf meinen freundlichen Hinweis wurde ich gleich von mehreren anwesenden Müttern als Kinderhasser gebrandmarkt und zur Steinigung freigegeben. Die Antwort der wickelnden Mutter auf meinen Hinweis auf den Wickeltisch auf der Toilette fand ich am besten: „Aber da stinkts.“ Ja danke, Ihretwegen stinkt es jetzt hier genauso. Großes Kino. Eine andere Mutter mit Baby fragte mich im Abteil wenigstens vorher, ob es mich stören würde, wenn sie hier wickelt. Als ich wahrheitsgemäß mit „Ja, das würde es, danke daß Sie fragen“ antwortete, war sie jedoch darüber erbost und begann mich anzupöbeln.

    Zusammenfassend möchte ich mal sagen, Volker erlebt viele Fluggäste (und dementsprechend auch etliche, die sich daneben benehmen) und weniger Flugbegleiter, beim durchschnittlichen Fluggast isses genau andersherum. Dementsprechend sind mir auch schon Flugbegleiter aufgefallen, denen man sofort anmerkte, daß die Passagiere eigentlich nur als etwas gesehen werden, was einem den Job zur Hölle macht. (Und auch genug, die wirklich gut drauf waren – ich erinnere mich an einen Lufthansa-Flug gemeinsam mit einem Kumpel nach Rom, wo wir auf die Ansage, wir sollten uns zur Landung vorbereiten beide spontan die „brace position“ eingenommen haben. Wir saßen in der letzten Reihe, hinter uns nur eine Flugbegleiterin, die sich bei unserem Anblick halb kaputt gelacht hat.)

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