In den USA gelten seit Ende Oktober 2024 deutlich strengere Regeln für die Erstattung von Tickets bei stornierten Flügen. Die Airlines müssen sogar automatisch erstatten und dürfen Passagiere nicht mehr nur auf Gutscheine verweisen. Und in Deutschland könnte ein neues BGH-Urteil zu deutlichen Veränderungen beim Verhalten der Airlines bei der Stornierung von Flügen führen.
In den USA ist zum 28. Oktober 2024 ein ganzes Bündel an verbraucherfreundlichen, neuen Regeln im Flugverkehr in Kraft getreten. Die Regeln gelten – ähnlich wie die EU-Vorschriften zu diesem Thema – nicht nur für US-Fluggesellschaften, sondern für alle Airlines bei Flügen, die einen US-amerikanischen Flughafen beinhalten.
Zu den neuen Pflichten der Airlines gehören:
- Zwingende Rückerstattung des Ticketpreises innerhalb von sieben beziehungsweise 20 Tagen (Kreditkartenzahlung/andere Zahlung) bei stornierten oder „signifikant verspäteten“ Flügen, falls der Passagier sich nicht auf einen Ersatzflug umbuchen lassen will.
- Automatische Erstattung, wenn der Passagier auf Angebote der Airline nicht reagiert.
- Als „signifikant“ definiert das Gesetz klar: drei Stunden bei Inlandsflügen, sechs Stunden bei internationalen Flügen. Der Grund für die Stornierung spielt dabei übrigens keine Rolle.
- Erstattet werden müssen auch alle Gebühren und Steuern, also auch Gebühren für Sitzplatzreservierungen, Gepäck, Upgrades oder ähnliches.
- Erstattung von Gepäck-Gebühren, wenn das Gepäck national mindestens 12 Stunden oder international 15 Stunden zu spät am Zielort ankommt.
- Zwingende Vorab-Offenlegung von Zusatzgebühren für Gepäck.
- Verbot von Gebühren für Sitzplatzreservierungen für Kinder, damit sie neben ihren Eltern oder erwachsenen Reisebegleitern sitzen können.
- Zwingende Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit der Airline-Hotline.
- Sofern der Kunde Gutscheine statt Erstattungen akzeptiert, müssen selbige eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren haben.
Bislang hatten Airlines beispielsweise bei stornierten Flügen oft ausschließlich Gutscheine, aber keine direkte Erstattung angeboten. Die bisherigen Gesetze boten diesbezüglich einige Schlupflöcher bei der Erstattung, die Airlines ausgenutzt haben.
Anders als in der EU sehen die US-Regeln aber keine Entschädigungszahlungen vor, sondern jeweils nur die Erstattung des Flugpreises.
Das neue Gesetz in den USA heißt übrigens „Securing Growth and Robust Leadership in American Aviation Act“ und umfasst neben den Entschädigungsregeln noch eine Vielzahl weiterer Vorschriften für die Luftfahrt.
Kostenlose Stornierung bei Krankheit
In einem bereits im April 2024 beschlossenen Gesetz wurde in den USA eine Regel eingeführt, die es in dieser Form selbst in den verbraucherfreundlichen Vorschriften der EU nicht gibt: Passagiere, die sich mit einer schweren und übertragbaren Krankheit anstecken und das per Attest nachweisen, können ihren Flug stornieren und bekommen den Ticketpreis zwar nicht in bar, aber immerhin als Guthaben bei der Airline oder als Gutschein erstattet. Diese Regel wird zum 28. April 2025 wirksam.
Zwei Aspekte sind bei all diesen neuen Regen in den USA aber offen: Wird die neue Regierung unter Donald Trump diese für amerikanische Verhältnisse sehr verbraucherfreundlichen Regeln der Biden-Regierung bald wieder kippen? Und können Ausländer ihre Rechte in den USA in der Praxis auch durchsetzen? Eine Klage gegen eine Airline vor einem amerikanischen Gericht dürfte in den meisten Fällen mehr Kosten verursachen, als die Ticket-Erstattung bringen würde.
BGH-Urteil: Umbuchung auch auf andere Airlines
Ebenfalls mit der Stornierung von Flügen beschäftigt sich ein Urteil des Bundesgerichtshofs (X ZR 109/23) – und das könnte das Verhalten der Fluggesellschaften zumindest in Deutschland und vielleicht auch in ganz Europa verändern.
In einem konkreten Fall hat der BGH entschieden, das Fluggesellschaften ihren Kunden bei der Stornierung eines Fluges nicht nur die Umbuchung auf einen anderen, eigenen Flug müssen, sondern gegebenenfalls auch bei konkurrierenden Airlines.
Storniert eine Airline einen Flug, muss sie den Kunden eine adäquate Ersatzbeförderung zu Zielort anbieten. Bislang boten Fluggesellschaften ihren Kunden dafür nur Flugmöglichkeiten innerhalb der eigenen Möglichkeiten an, so auch im konkreten Fall eines Easyjet-Flugs von Berlin nach Düsseldorf.
Nun sagt der BGH: Wenn es bei einer anderen Fluggesellschaft einen Flug gibt, der den Kunden mit weniger Verspätung zum Ziel bringt, muss dem Kunden auch eine Umbuchung auf diesen Flug angeboten werden. Die Airline müsste ihre Kunden gegebenenfalls also bei der Konkurrenz einbuchen, um sie möglichst nahe zur ursprünglich geplanten Zeit ans Ziel zu bringen.
Lediglich eine Einschränkung gilt: Wenn die „Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung für das betreffende Unternehmen angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer darstellt.“
Im konkreten Falle hat der BGH dem Kläger eine Ausgleichszahlung zugesprochen, weil die Airline ihm kein ausreichendes Angebot für die Ersatzbeförderung gemacht hat, sprich: zeitlich günstigere Flüge bei der Konkurrenz nicht angeboten hat.
Danke für die sehr gute und wichtige Information.