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Canabis-Pflanze

Drogenproblem auf Kreuzfahrtschiffen?

Nach Meldungen der letzten Wochen über Drogen-Funde auf mehreren Kreuzfahrtschiffen stellen US-Medien nun die Frage: „Haben Kreuzfahrtschiffe ein Drogenproblem?“ Für Kreuzfahrtgesellschaften ist das vor allem deshalb ein unangenehmes Thema, weil Passagiere eigentlich nicht betroffen sind, die Drogenfunde an Bord keine Auswirkungen auf Bordleben oder die Sicherheit an Bord haben, zumindest derzeit.

Für Aufsehen auch in Europa hat eine Pressemitteilung der britischen Polizeibehörde Serious Organized Crime Agency (SOCA) gesorgt, nachdem Anfang Januar 2011 sechs Crewmitglieder der MSC Orchestra wegen versuchten Drogenschmuggels von Brasilien nach England verurteilt worden waren.

Kreuzfahrtschiffe entwickeln sich demnach zu einem beliebten Transportweg vor allem für Kokain aus Süd- und Mittelamerika sowie der Karibik auf den für Drogenhändler lukrativen europäischen Markt. Transportiert würden die Drogen sowohl von Crewmitgliedern, als auch von Passagieren. Die SOCA empfiehlt Kreuzfahrtgesellschaften daher, genauer auf bestimmte Indizien zu achten: Crewmitglieder, die sich in Bereichen des Schiffs aufhalten, der nichts mit ihrem Job zu tun hat und Passagiere, die nicht ins übliche Muster passen. Dazu zählt die SOCA beispielsweise Last-Minute-Bucher, die bar bezahlen, Passagiere die deutlich zu jung für das jeweilige Publikum auf dem Schiff sind und die sich nicht an Bordaktivitäten beteiligen.

Die Kreuzfahrtgesellschaften beruhigen und verweisen darauf, dass es sich lediglich um sehr wenige Fälle handle und jede Art von Drogenbesitz – ob zum Handel oder für Eigengebrauch – an Bord strikt geahndet werde. Man habe beim Thema Drogen eine „zero tolerance“-Politik.

Die Häufung der Fälle in letzter Zeit könnte aber auch daran liegen, dass die Kreuzfahrtgesellschaften das Thema inzwischen ernster nehmen. Nicht zuletzt könnte ein neues Gesetz in den USA dazu beigetragen haben, das strengere Regel vorsieht, was die Sicherheit an Bord und die Ausbildung von Crew-Mitgliedern in Beweissicherungstechniken angeht.

Chronik der Drogen-Vorfälle auf Kreuzfahrtschiffen

Wir haben die bekannt gewordenen Fälle der letzten zwei Jahre zusammengestellt – in der Tat sind es im Vergleich zu den jährlich Tausenden von Kreuzfahrten nur sehr wenige Fälle. Nicht abzuschätzen ist natürlich die Dunkelziffer. Angesichts der vielen Überwachungskameras an Bord von Kreuzfahrtschiffen und strikten Gepäckkontrollen vor allem auch von Crew-Gepäck, haben Schmuggler auf einem Kreuzfahrtschiff allerdings kein leichtes Spiel.

Unbeteiligte Passagiere waren in keinem einzigen Fall in irgendeiner Weise betroffen. Derzeit scheint es so, als sei das Thema „Drogen“ an Bord von Kreuzfahrtschiffen daher zuvorderst ein Thema für die Polizeibehörden und die Personal- und Sicherheits-Offiziere an Bord der Schiffe.

8. Januar 2011, Baltimore – Enchantment of the Seas: Heroin und Kokain im Wert von 94.000 Dollar werden in einem Schließfach im Crewbereich des Schiffs gefunden. Die Enchantment of the Seas war zuvor auf einer Karibik-Route über die Dominikanische Republik, Puerto Rico und die British Virgin Islands unterwegs.

18. Dezember 2010, Baltimore – Enchantment of the Seas: nach einem Hinweis der Sicherheitsoffiziere an Bord fand die Polizei Heroin und Kokain in den Schuhen und einem Gürtelversteck eines Crewmitglieds, weitere zwei Crewmitglieder wurden ebenfalls verhaftet.

6. Juni 2010, Bermuda – Explorer of the Seas: Crewmitglied wegen Kokain-Schmuggels an Bord der Explorer of the Seas verhaftet. Offenbar hatte er und Kollegen bereits seit einigen Monaten regelmäßig Drogen nach Bermuda geschmuggelt, Passagiere hatten dabei geholfen, die Drogen an Bord zu nehmen.

Mai 2010, Dover – MSC Orchestra: Acht Crewmitglieder haben versucht, auf dem von Brasilien kommenden Schiff 35 kg Kokain im Wert von mehreren Millionen Dollar nach England zu schmuggeln. Die acht Crewmitglieder wurden inzwischen in England wegen Drogenschmuggels verurteilt.

März 2010, Southampton – Black Watch: Passagiere wegen Schmuggels von 33 kg Kokain von Peru nach England verhaftet. Oktober 2009 – Norwegian Dawn: Passagier auf den Bermudas zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt wegen Drogenschmuggel – 5 kg Marijuana, Straßenwert 252.000 Dollar.

April 2009, Bermuda – Norwegian Dawn: Crewmitglied verhaftet, Cannabis im Wert von 12.000 Dollar gefunden.

26. April 2009, Curacao – Norwegian Spirit: Drei Passagiere wegen Schmuggels von mehr als 10 kg Kokain verhaftet. Später wurden auf Curacao 17 weitere Personen in Zusammenhang mit diesem Drogenschmuggel verhaftet, der sich als Teil eines Drogen- und Geldwäschekartells entpuppte.
26. Februar 2009, St. Maarten – Celebrity Solstice: Ein Crewmitglied beim Versuch verhaftet, 1 kg Kokain an Bord zu schmuggeln.

Wenn Passagiere Drogen an Bord bringen

Ein anderes Thema sind Drogen, die Passagiere zum Eigengebrauch mit an Bord bringen. Die Reisebedingungen aller Kreuzfahrtgesellschaften sehen ein striktes Drogenverbot an Bord der Schiffe vor und gehen offenbar auch hart gegen Passagiere vor, die dagegen verstoßen. Bei Verdacht wird in der Regel die örtliche Polizei mit Drogenspürhunden an Bord geholt. Passagiere, bei denen Drogen gefunden werden, werden der Polizei übergeben. Kaum irgendwo fällt ein Drogen-Konsument jedenfalls mehr auf als auf einem Kreuzfahrtschiff, auf denen es überall Überwachungskameras und meist recht aufmerksames Personal gibt.

Bekannt geworden sind in letzter Zeit folgende Drogen-Vorfälle mit Passagieren:

Januar 2011, Baltimore – Carnival Pride: Passagagier mit kleiner Menge Marijuana erwischt, 500 Dollar Strafe.

4. Januar 2011, Port Everglades – MSC Poesia: Bei einer Drogenrazzia an Bord des Schiffe finden sich in Passagierkabinen kleinere Mengen Marijuana, LSD, Ecstasy und andere Drogen. Das Schiff brach an diesem Tag zu einer „Jam Fest“-Musik-Themenkreuzfahrt auf.

Juli 2010, Bermuda – Norwegian Dawn: Passagier wegen Drogenbesitzes (7,66 Gram Cannabis) verhaftet und sofort zu 1.500 Dollar Strafe verurteilt.

Mai 2010, Nassau, Bahamas – Enchantment of the Seas: Zwei Passagiere werden an Bord festgenommen, nachdem die Behörden der Bahamas in ihrer Kabine Cannabis gefunden hatten.

Oktober 2009, St. George, Bermuda – Norwegian Majesty: 12 Marijuana-Joints bei Passagier gefunden.

Hier kann man vermutlich von einer höheren Dunkelziffer ausgehen, dass Kreuzfahrgesellschaften kleiner Drogendelikte, also Besitz von kleinen Mengen zum Eigenkonsum, oft auch unauffällig selbst regeln. Cruisecritic zitiert hierzu einen Sprecher des US-Grenzschutzes CBP: Die allermeisten Drogenvorkommnisse an Bord von Kreuzfahrtschiffen seien Drogenbesitz zum Eigenkonsum, was typischerweise mit Arrest oder einer 500-Dollar-Strafe belegt werde.

3 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

3 Gedanken zu „Drogenproblem auf Kreuzfahrtschiffen?“

  1. „Die SOCA empfiehlt Kreuzfahrtgesellschaften daher, genauer auf bestimmte Indizien zu achten: (…) Passagiere die deutlich zu jung für das jeweilige Publikum auf dem Schiff sind (…)“

    Wenn es danach geht, dann sind auf den meisten Kreuzfahrten alle Passagiere verdächtig, die unter 60 Jahre alt sind. :-)

  2. >alle Passagiere verdächtig, die unter
    >60 Jahre alt sind.

    Na, so kannst Du das nun auch wieder nicht sagen ;-)

    Was SOCA meint ist die Kombination aus den Kriterien „deutlich unter Alternsdurchschnitt bezogen auf das jeweilige Schiff“, „last minute bar bezahlt“, „geht auf keine Landausflüge“ UND „nimmt nicht an Bordaktivitäten teil“.

    Im Flugverkehr wurde des Thema gerade erst als „Profiling“ diskutiert. Was, am Rande bemerkt, auch bei der Flugsicherheit schon eine komische Diskssion war, denn Profiling wird natürlich längst gemacht – nur halt nicht formell und öffentlich kommuniziert. Wäre auch unsinnig zu veröffentlichen, was man als risikobehaftetes Profil betrachtet …

    Insofern ist der Hinweis der SOCA vermutlich nicht sehr zielführend. Denn wenn ich das als Schmuggler weiß, dann schicke ich halt etwas ältere Kuriere und lasse die bei der Poolparty-Polonaise mitmachen …

  3. Da kann ich meinem Vorredner nur zustimmen und Profiling nutzt nicht wirklich etwas. Setze ich diese suchmaske anm, so rutscht alles andere durch das nicht in dieses Zusammenspiel von fadenscheinigen Auffälligkeiten passt, wie alter, auftreten, Kommunikationeigenschaften etc.
    Ein weiterer Grund für mich mein kokain auch weiterhin gemütlich unter vielen anderen Urlaubern zu transportieren während ich in der VIP Lounge sitze und an meinem Longdrink schlürfe.

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