Spricht man mit Kapitän Friedrich Jan Akkermann, merkt man schnell, wie stolz er auf sein neues Schiff ist. Stolz auf exzellente technische Daten und nicht ganz unglücklich auch darüber, dass die Europa 2 im Fahrverhalten der Europa sehr ähnelt.
Zwei Beispiele: Der Drehradius der Europa 2 bei einem Mann-über-Bord-Manöver, also einer Wende bei voller Fahrt, beträgt – auch dank es vibrationsarmen Pod-Antriebs – gerade einmal die 1,4fache Schiffslänge. Muss das Schiff aus voller Fahrt anhalten, schafft es das in 9,6 Schiffslängen, also in rund zwei Kilometern.
Ungewohnt ist übrigens die Flagge der Europa 2: Zwar ist das Schiff in Valletta, Malta, registriert. Doch wie sonst auf maltesischen Schiffen verbreitet die rote Handelsflagge mit weißem Malteserkreuz benutzt die Europa 2 die weniger bekannte Nationalflagge Maltas: eine senkrecht geteilte, rot-weiße Flagge mit rot umrandetem Georgskreuz in der oberen, linken Ecke des weißen Bereichs.

Auch in Sachen Umweltschutz ist die Europa 2 gut ausgestattet. Um Treibstoff zu sparen, was zugleich einen Umweltschutz-Effekt ergibt, sind die Motoren auf eine Reisegeschwindigkeit von 10 bis 16 Knoten optimiert und nicht auf die Maximalgeschwindigkeit von 21 Knoten. Der optimierte Rumpf spart laut Hapag-Lloyd Kreuzfahrten täglich mehrere Dutzend Tonnen Treibstoff.

Erstmals auf einem Kreuzfahrtschiff zum Einsatz kommt ein so genannter SCR-Katalysator, der den Stickoxid-Ausstoß um knapp 95 Prozent verringert. Die international festgelegten Grenzwerte zum NOx-Ausstoß von Schiffen sind derzeit noch sehr großzügig, weswegen diese Technologie bislang auf Kreuzfahrtschiffen auch noch nirgendwo sonst eingesetzt wird. Erst für Schiffe, die ab 2016 gebaut werden, treten strengere Vorschriften in Kraft.

Von Scrubber-Technologie zur Reduzierung des Schwefeloxid-Ausstoßes hält die Reederei dagegen nichts: In Kombination mit dem SCR-Katalysator würde der Treibstoffverbrauch um fünf bis sieben Prozent ansteigen und den Nutzen teils wieder aufheben. Zudem muss der bei Scrubbern entstehende Schlacke der herausgefilterten Schadstoffe entsorgt werden. In Fahrgebieten mit strengen Schwefel-Grenzwerten soll die Europa 2 daher mit schwefelarmem Treibstoff fahren, sodass ein Scrubber zur Einhaltung der Grenzwerte nicht nötig ist.
Wie auf neuen Schiffen inzwischen weitgehend üblich kann die Europa 2 mit Landstrom umgehen, soweit das vom jeweiligen Hafen angeboten wird. Die Kläranlage an Bord arbeitet mit biologischer Aufbereitung, sodass das ins Meer abgegebene Abwasser nahezu Trinkwasserqualität hat. Und auch ein modernes, auf UV-Bestrahlung basierendes System zur Ballastwasser-Reinigung kommt auf der Europa 2 zum Einsatz.
Fazit: Ein wunderbares Schiff mit einem kleinen Makel

Von Hardware-Seite hat die Europa 2 alles, was ein richtig gutes Kreuzfahrtschiff braucht: Viele offenes Deck, auch mit Blick nach vorne, dazu eine großzügige Aussichts-Lounge nach vorne. Einen großen, tiefen Pool mit verschiebbarem Glasdach. Großzügige Suiten mit richtig tiefen Balkonen. Mehrere erstklassige Restaurants, alle mit großen Panoramafenstern. Ein großes Theater mit modernster Bühnentechnik. Pod-Antrieb gegen Vibrationen.
Und sehr guten Service: Da geben wir zwar etwas Vorschuss-Lorbeeren, denn wirklich ganz beurteilen kann man den Service auf einer Premieren-Reise vor der offiziellen Jungfernfahrt nicht. Andererseits gibt es auch keinen Grund für Zweifel, denn auf der Europa beweist Hapag-Lloyd Kreuzfahrten seit langem, dass man Spitzen-Service leisten kann. Und trotz größerem Schiff ist das Crew-Passagier-Verhältnis auf der Europa 2 im Vergleich zur Europa sogar noch besser. 370 Besatzungsmitglieder für maximal 516 Passagiere ergibt großartige 0,72 Crew-Mitglieder pro Passagier. Auf der Europa liegt diese Zahl bei 0,70, nämlich 285 Besatzungsmitglieder bei maximal 408 Passagieren.

Eine Wermutstropfen gibt es allerdings: die Raucher-Regelung an Bord. Denn die will so gar nicht zu dem jungen, modernen und internationalen Konzept der Europa 2 passen. In der Raucherlounge „Herrenzimmer“ ohnehin, aber eben auch im Jazz Club und in der Sansibar – die beiden wesentlichen Bars am Abend – ist in Teilbereichen das Rauchen erlaubt. Das führt auch bei der besten Klimaanlage zu verrauchter Luft im gesamten Raum. Nichtraucher haben da schlechte Karten und werden das bei den Preisen für eine Reise auf der Europa 2 mehr als nur ein wenig lästig finden. An Land ist man rauchfreie öffentliche Räume längst gewohnt, das sollte auf einem luxuriösen Kreuzfahrtschiff nicht anders sein.

Erfrischend und mutig ist dagegen das neue Konzept der Europa 2, mit einem relativ kleinen Schiff auf höchstem Qualitätsniveau bei Hardware, Service und Essen eine Zielgruppe abseits der klassischen Kreuzfahrt-Traditionen zu bedienen. Die Europa 2 ist individuell, modern, leger und in vieler Hinsicht anders als der Mainstream. Genau deshalb wird sie – hoffentlich – sehr erfolgreich sein und schnell ihre treuen Fans finden.
Schiffsdaten
Baujahr: 2013 – Werft: STX Europa, St. Nazaire – Flagge: Malta – Passagiere: 516 – Besatzung: 370 – Länge: 225,88 m – Breite: 26,70 m – Tiefgang: 6,30 m – Tonnage: BRZ 42.830