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Hot, Warm, Cool und Cold Layup: Was es bedeutet, ein Kreuzfahrtschiff aufzulegen

Seit Beginn der Coronakrise nur wenige Kreuzfahrtschiff zurück in den Passagierbetrieb gegangen und der Neubeginn wird sich für viele Schiffe noch für mehrere Monate verzögern. Die Reedereien versuchen in der Zwischenzeit, eine Balance zu halten zwischen Sparmaßnahmen und Flexibilität für den Neustart. Der Beitrag beleuchtet genauer, was es bedeutet, ein Kreuzfahrtschiff aufzulegen, also ins „Hot Layup“ oder „Cold Layup“ zu schicken.

Begriffe wie Hot Layup, Cold Layup und Zwischenstufen wie Warm Layup und Cool Layup beschreiben einen Betriebszustand des Schiffs in Hinblick auf die Zahl der Besatzungsmitglieder und Aufrechterhaltung der Systeme. Das entscheidet mit über die Zeit, die nötig ist, um das Schiff zurück in den operativen Modus zu versetzen. Frank Del Rio, President und CEO der Norwegian Cruise Line Holdings, sagte Anfang Oktober, dieser Prozess werde für die Kreuzfahrtschiffe seiner Marken rund 60 Tage dauern.

Die landläufig verwendeten Layup-Begriffe sind allerdings nicht eindeutig definiert. Je nach Schiff und Schiffstyp kann das bei gleicher Bezeichnung durchaus unterschiedliches bedeuten. „Warm Layup“ entspricht einer mehr oder weniger stark reduzierten Variante des „Hot Layup“. Die Variante „Cool Layup“ ist dagegen schon recht nahe am „Cold Layup“.

Bei allen Varianten bleibt für Kreuzfahrtschiff-Reedereien am Ende der Aufliegezeit aber wohl die größte Herausforderung, ausreichend Crew für den Neustart zu finden. Während der Coronakrise machen anhaltende Reisebeschränkungen erhebliche Probleme, aber auch danach kann es zu einem Mangel zumindest an qualifizierten Mitarbeitern kommen.

Kaum konkrete Infos von den Reedereien selbst

Die Reedereien halten sich allgemein eher bedeckt bei der Frage, wie viele und welche Schiffe sich derzeit in welchem Status befinden. Aber bereits bei Quartalsberichten Ende April und Anfang Mai hatten die großen Kreuzfahrt-Unternehmen angekündigt, eine große Zahl von Schiffen auch längerfristig aufzulegen, beispielsweise die Royal Caribbean Group, Carnival Corp. und NCLH.

Der jüngste Bericht auf Basis nicht genau verifizierbarer Quellen zu Cold-Layup-Plänen bei NCLH ist also keine große Neuigkeit. Das Unternehmen kommentiert denn auch nur recht allgemein: „Wir arbeiten weiterhin mit der Regierung und den lokalen Hafenbehörden zusammen, um den Layup-Prozess so zu kalibrieren, dass auf jedem unserer Schiffe eine Mindestbesatzung erreicht wird und gleichzeitig alle geltenden Vorschriften eingehalten werden.“

Cold oder Cool Layup für Kreuzfahrtschiffe?

Grob unterscheidet man zwischen Hot Layup und Cold Layup. Das sind beides keine sehr präzise definierten Begriffe, jedoch wird man bei Kreuzfahrtschiffen gewöhnlich von einer Variante des Hot Layup sprechen. Allerdings ist für viele Schiffe inzwischen offenbar auch ein Cool Layup vorgesehen.

Beim Cold Layup wird das Schiff komplett stillgelegt und es verbleibt nur eine Minimal-Crew als Wache für Feuer und Leckagen, zum Absichern des Schiffs gegen Wetter und Wind sowie für die allgemeine Sicherheit an Bord. „Electrically dead” formuliert die Klassifikationsgesellschaft DNV GL den Zustand des Cold Layup recht plastisch.

Ein echtes Cold Layup würde bei einem Kreuzfahrtschiff einen enormen Aufwand bedeuten. Da die Maschinen über einen längeren Zeitraum komplett abgestellt würden, müssten sie mit einem Spezialöl konserviert werden, Tanks abgepumpt und gereinigt, Wassertanks- und Rohrleitungen komplett abgepumpt, teils von Salzwasser freigespült werden. Vor allem aber müsste der Hotelbereich, also öffentliche Räume und Kabinen, mangels laufender Klimaanlage entfeuchtet und versiegelt werden, um Schimmelbildung und Korrosion zu verhindern. Ähnliches gilt für alle elektronischen Anlagen, von der Brücke bis zum Serverraum.

Eine für Kreuzfahrtschiffe besser geeignete Variante eines Cold Layup ist das Cool Layup. Hier verbleiben – auch abhängig von der Schiffsgröße – in der Größenordnung von rund 20 Besatzungsmitglieder an Bord, die Maschinen werden komplett abgestellt. Dieselgeneratoren decken aber den Energiebedarf beispielsweise für Luftentfeuchter, sodass eine aufwändige Versiegelung der Innenräume nicht nötig ist.

Beim Cool Layup lassen sich, so die Schätzung von Insidern, 70 bis 80 Prozent der laufenden Kosten sparen. Im Mai hatte NCLH die Schätzung abgegeben, dass ein Schiff im Warm Layup 3,9 Millionen Dollar pro Monat koste, im Cold Layup 2,8 Millionen – was auf darauf hindeutet, dass das Unternehmen seine Schiffe in einem Status zwischen Warm und Cold Layup hält.

Hot und Warm Layup

Beim Hot Layup dagegen bleibt ausreichend Maschinen- und Navigations-Besatzung an Bord, um einen sicheren Schiffsbetrieb zu garantieren. Wie weit dabei auch der Hotelbetrieb aufrechterhalten wird, ist eher eine wirtschaftliche Entscheidung, abhängig vom Aufwand der Stilllegung und den Kosten für das wieder Hochfahren. Der Übergang zum Warm Layup ist dabei fließend und stellt einen Mittelweg zwischen Hot und Cool mit je nach Schiffsgröße mehr oder weniger deutlich unter 100 Besatzungsmitgliedern dar.

Hot Layup wird allgemein als geeignet für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monate angesehen. Die Klassifikationsgesellschaft bei Bureau Veritas verlangt ein Mindestzeitraum von 30 Tagen Aufliegen, um das Schiff danach wieder in Normalbetrieb zurückzuversetzen, GNV DL verlangt überhaupt erst nach drei Monaten eine Mitteilung über ein formelles Layup.

Während des heißen oder warmen Aufliegens werden Kreuzfahrtschiffe auch immer wieder bewegt, beispielsweise um mit der Umkehrosmose-Anlage an Bord frisches Wasser zu produzieren oder um neuen Treibstoff aufzunehmen. Auch Hafenanläufe finden gelegentlich statt, um Lebensmittel aufzunehmen, für Crew-Wechsel oder für aufwändigere Wartungsarbeiten.

„Laid up“ oder „in operation“?

Regulatorisch relevant sind all die bisher genannten Begriffe nicht. Vielmehr geht es hier um den Klasse-Status: „laid up“ oder „in operation“. Sobald die Reederei ein Schiff in den „laid-up“-Status versetzt und beim Flaggenstaat sowie der Klassifikationsgesellschaft meldet, ändern sich viele Regeln und auch die Versicherungsprämien sinken.

Normale Zyklen für die Erneuerung von Klasse und Zertifikaten werden ausgesetzt, müssen aber bei Wiederinbetriebnahme je nach Zertifikat und Aufliegezeit nachgeholt oder ganz neu erworben werden. Während des Aufliegens sind im Wesentlichen nur essenzielle Inspektion im Jahresrhythmus nötig, die sicherstellen, dass es keine Leckagen gibt, das Bilge-System funktioniert, betriebene Anlagen fehlerfrei sind und keine Brandgefahr besteht.

Zertifikate erneuern

Während das für den normalen Betrieb nötige Zertifikat für „safe manning“ eine Mindestzahl und Qualifikationen für die Besatzung definiert, gibt es keine grundsätzlichen Anforderungen für die Crewstärke, wenn das Schiff aufgelegt im Hafen oder vor Anker aufliegt. Beim Hot Layup können die Behörden des Flaggenstaates unter Berücksichtigung der teils sehr unterschiedlichen Vorschriften der lokalen Hafenbehörden eine deutlich reduzierte Besatzung genehmigen.

Für die Klassifikation und die Zertifikate des Schiffs spielen sowohl die Art der Auflegens als auch dessen Dauer eine wichtige Rolle. Nach sechs Monaten erlöschen beispielsweise zwei essenzielle Sicherheitszertifikate, das Safety Management Certificate nach ISM-Code und das International Ship Security Certificate nach ISPS-Code. Bei weniger als sechs Monaten müssen diese Zertifikate nur erneuert, aber nicht komplett neu ausgestellt werden.

Insgesamt sind beim Auflegen zahlreiche Anforderungen und Vorschriften von Versicherungen des Flaggenstaats, der Klassifikationsgesellschaft und von Hafenbehörden an dem Ort einzuhalten, an dem das Schiff aufgelegt wird.

Und ebenfalls nicht ganz unwichtig: Die Reederei muss einen geeigneten Platz zum Auflegen der Schiffe finden, beispielsweise vor Unwettern und Sturm geschützt und strategisch so gelegen, dass der geplante Einsatzort nach dem Layup nicht allzu weit entfernt ist.

Trockendock nach dem Layup nötig?

Alle Zertifizierungen und Klassearbeiten, die während des Layups nicht durchgeführt werden, müssen nachgeholt oder auch gänzlich neu erworben werden. Je nach Aufliegezeit ist dazu eine Unterwasser-Inspektion des Schiffs nötig – typsicherweise im Trockendock oder Schwimmdock, bei jüngeren Schiffen ausnahmsweise mit Tauchern. Im Detail hängen diese Anforderungen von den Regularien des Flaggenstaates und der Klassifikationsgesellschaft ab.

Wenn nun sehr viele Kreuzfahrtschiffe längerfristig und in heruntergefahrenem Betriebszustand aufgelegt werden, ist ein erheblicher Engpass an Dock-Kapazitäten zu erwarten, sobald die Kreuzfahrt in größerem Stil wieder anlaufen kann. Und auch wenn das Kreuzfahrtschiff nicht ins Dock muss, könnte es Engpässe geben bei der Zahl der verfügbaren Inspektoren, die Zertifikate neu ausstellen können.

Kreuzfahrtreedereien werden beim Layup ihrer Schiffe sehr wahrscheinlich darauf achten, dass ein anschließender Dock-Aufenthalt nicht nötig ist oder mit einem ohnehin geplanten zusammenfällt. Insgesamt ist genaue Planung und Weitsicht gefragt, um bei einem möglichen Neustart in größerem Stil nicht durch Regularien, Sachzwänge und Mangel an qualifiziertem Personal ausgebremst zu werden.

Layup-Guidelines der Klassifikationsgesellschaften

Wer sich tiefer in das Thema einlesen will, findet viele Details in den ausführlichen Guidelines der Klassifikationsgesellschaften für das Auflegen von Schiffen, etwa Lloyd’s Register oder Bureau Veritas.

4 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

4 Gedanken zu „Hot, Warm, Cool und Cold Layup: Was es bedeutet, ein Kreuzfahrtschiff aufzulegen“

  1. Lieber Herr Neumeier,

    sehr schön, dass sich einmal jemand in Deutschland, der keinen nautischen Beruf ausübt mit dem Thema des „Aufliegens“ – beschäftigt (ja es gibt das deutsche Wort dafür). Auch wenn ich keinen nautischen Beruf ausübe, hätte ich doch ein paar Anmerkungen zu Ihrer Abhandlung:

    Die von Ihnen genannten Besatzungszahlen sind irritierend, weil sie sehr von der Schiffgröße abhängen. Ich würde sie herausnehmen.

    Den Begriff „Trockendock“ verwenden Sie falsch. Sie meinen „Dock“. Sowohl im Schwimmdock, wie im Trockendock liegt ein Schiff zu Wartungszwecken „im Trockenen“.
    (Unter Trockendock versteht man ein Dock an Land, das zum eindocken geflutet wird und nach Schließen des Docktores gelenzt wird. Ein Beispiel dafür sind „Elbe 17“ von Blohm und Voss in Hamburg. Ein Schwimmdock ist eine schwimmende Arbeitsplattform, die zur Einfahrt eines Schiffes durch Flutung abgesenkt und danach – mit Schiff – gelenzt wird, so dass der Dockboden trocken fällt und das darin aufgepallte Schiff im Trockenen steht. Beispiele für Schwimmdocks sind die Docks 10 und 11 von Blohm und Voss in Hamburg.)

    NIx für ungut. Es sind letztlich Kleinigkeiten.
    Vielmehr mein Kompliment an Sie. Sie sind so ziemlich der einzigste, Kreuzfahrt-Blogger, der auch sachlich korrekt über Kreuzfahrtschiffe schreibt. Einige Ihrer Mitbewerber schreiben sogar sprachlich UND inhaltlich deutlich fehlerhaft.

    Im Gegensatz dazu ist Ihr Artikel fachlich ingesamt stimmig (ohne Bewertung der Klassifikations-Aspekte, da kenne ich mich nicht aus). Deshalb mein Fazit-Vorschlag für Ihren Artikel:
    Ein Schiff ist umso schneller wieder in Betrieb, je mehr Besatzung an Bord umso mehr Aggregate „am Laufen“ hält. Das ist aber auch am teuersten. Will man Kosten sparen, muss man ersteinmal Zeit und Aufwand zum Herunterfahren und Konservieren aufbringen, um danach mit geringeren Kosten das Schiff aufliegen zu lassen. Bei erneuter Inbetriebnahme fallen mindestens die selben Aufwände dann noch einmal an.

    Schöne Grüße
    Ronald

  2. PS:
    Ihr Satz
    „Beim Cool Layup lassen sich, so die Schätzung von Insidern, 70 bis 80 Prozent der laufenden Kosten sparen. Im Mai hatte NCLH die Schätzung abgegeben, dass ein Schiff im Warm Layup 3,9 Millionen Dollar pro Monat koste, im Cold Layup 2,8 Millionen.“
    ist nicht stimmig. 2,8M$ müßte dann ja 20-30% von 3,9M$ sein. Nach meinen Kenntnissen könnte die %-Angabe korrekt sein. Ich würde die $-Angaben weglassen, die ja auch Schiffs und Landes-Abhängig sind.

  3. Lieber Ronald,

    Danke für die freundlichen Worte; und Danke für die Korrekturen und Ergänzungen.

    Bei den Layup-Kosten und der Besatzungszahl im Cold Layup habe ich ein wenig umformuliert, um Missverständnissen vorzubeugen. Jeweils auch absolute Zahlen zu nennen, finde ich aber wichtig, damit eine Vorstellung von der Dimensionen bekommt. Ob an Bord eines aufgelegten Schiffs dann 15 oder 35 Crewmitglieder verbleiben, ist in diesem Zusammenhang nicht so entscheidend, denn es geht ja eher um den enormen Kontrast zur Normalbesetzung in der Dimension von um die 1.000 und mehr zu zeigen. Bei den Kosten habe ich die mögliche Ursache für die Diskrepanz nochmal explizit erläutert; dachte, das ergebe sich beim Lesen von selbst.

    Die Zusammenhänge beim Thema „Trockendock“ sind mir natürlich klar. Journalistisch ist es oft eine Gratwanderung zwischen 100% fachlicher Korrektheit und Verständlichkeit für den Nicht-Fachmann-Leser. Im Idealfall gibt es allgemeinsprachliche Wörter, die man ersatzweise verwenden kann, um dem Definitionskonflikt zu entkommen. In diesem Fall ist „Trockendock“ der Begriff, der allgemeinsprachlich verwendet wird und den die meisten als Synonym für jedes Dock verstehen, in dem das Schiff trockengelegt wird. Entsprechend wird eben auch bei Google nach diesem Begriff gesucht.
    Um die Textlänge nicht noch weiter aufzublähen, verzichtet man dann auch mal darauf, das weiter auszudifferenzieren, wenn es, wie in diesem Fall, im jeweiligen Zusammenhang auf den Unterschied nicht ankommt. Ich habe aber auch hier im Text versucht, das noch durch kleine Änderungen zu verbessern.

    Ich arbeite seit über 30 Jahren als Journalist und dieses Thema bleibt eine der größten Herausforderungen: Einerseits muss man verständlich und möglichst leicht lesbar formulieren, Zusammenhänge möglichst einfach und klar darstellen. Andererseits ist die Realität meist kompliziert und vielschichtig. Da ist es immer eine Gratwanderung, zu vereinfachen und auf das Wesentliche im jeweiligen Zusammenhang zu reduzieren. Und je nach Vorkenntnissen und Sichtweisen des Lesers gelingt das mal besser, mal schlechter.
    Zu einfach macht man es sich aber jedenfalls, wenn man seinen Lesern einfach die ganze Komplexität eines Themas und alle Fachbegriffe korrekt verwendet um die Ohren haut. Dann kann der Fachmann anerkennend mit dem Kopf nicken, der Autor sich von Insidern auf die Schulter klopfen lassen. Aber der Leser, für den der Text eigentlich gedacht ist, steigt nach ein paar Absätzen genervt aus, weil er nicht mehr folgen kann ;-)

    Herzliche Grüße
    Franz Neumeier

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