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Laptop und Kamera bald nicht mehr im Handgepäck?

Ginge es nach den USA, dürften Laptop und Kamera nicht mehr als Handgepäck ins Flugzeug. Noch sind das für Flüge ab Europa nur Planspiele. Aber für Direktflüge von einigen Nahost-Flughäfen in die USA und nach Großbritannien gelten diese Gepäckregeln bereits.

UPDATE: Inzwischen ist die drohende Verschärfung der Handgepäcksregeln vorerst vom Tisch, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Auch bei Flügen aus Abu Dhabi in die USA dürfen Laptops inzwischen wieder ins Handgepäck, berichtet Travelpulse.

Was würde eine Einführung der strengen Sicherheits-Vorschriften in Europa bedeuten? Nachdem die USA und Großbritannien die Regeln Ende März 2017 ohne Vorwarnung innerhalb weniger Tagen eingeführt haben, lohnt sich ein vorausschauender Blick auf die Fakten – und die sind dramatisch.

Nicht umsonst schreibt beispielsweise Lufthansa auf seiner Website: „Wertsachen (zum Beispiel Laptop, Mobiltelefon, PDA, Dokumente, Ausweispapiere, Schmuck) gehören als Handgepäck mit in die Kabine.“

Die wichtigsten – und bislang weitgehend unbeantworteten – Fragen lauten:

  • Wie können die empfindlichen, elektronischen Geräte vor Beschädigung geschützt werden?
  • Wer haftet für Beschädigungen oder bei Diebstahl?
  • Wer trägt Folgeschäden beispielsweise bei Geschäftsreisen, wenn ein aufgegebenes Laptop zu spät oder gar nicht am Zielort ankommt?
  • Wie sollen sich Business-Reisende verhalten, deren Unternehmen ihnen aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen verbietet, ihr Laptop aus der Hand zu geben?

Die politischen Aspekte und die Sinnhaftigkeit der potenziellen, neuen Regeln will ich hier ausklammern. Nur so viel: Ich halte sie für absurd und nutzlos. Kollege Stephan Goldmann hat sich am Blog des Bloggerclubs mit diesem Thema näher beschäftigt, ebenso wie Jens Flottau in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung.

Vorausgesetzt, für Flüge ab Europa würden die gleichen Regeln gelten wie für Flüge aus dem Nahen Osten in die USA und UK, sind dies die Fakten:

1. keine Laptops und Kameras im Handgepäck

Elektronische Geräte wie Laptop, Tablet, E-Book-Reader, Video- und Foto-Kameras und sogar Akkus und Powerbanks dürfen nicht mehr im Handgepäck transportiert werden. Betroffen sind alle Geräte, die eine Abmessung von 16 x 9,3 x 1,5 Zentimeter überschreiten. Selbst Geräte, die erst am Flughafen innerhalb des Sicherheitsbereichs gekauft werden, sind betroffen. Die Abmessungen definiert Großbritannien, wohingegen die USA keine genauen Abmessungen nennt – letztlich aber dasselbe meint.

2. Handys ausgenommen

Handys und Smartphones sind von der Regel ausgenommen, unabhängig von ihrer Größe.

3. Wechsel-Objektive vielleicht ausgenommen

Ob separate Wechselobjektive von System- oder Spiegelreflexkameras im Handgepäck verbleiben dürfen, ist unklar und dürfte von der jeweiligen Fluggesellschaft oder Gate-Agent abhängen.

4. Ersatz-Akkus faktisch verboten

Lithium-Ionen-Akkus dürfen auch bisher schon nicht ins aufgegebene Gepäck. Nach den möglichen, neuen Regel dürfen sie aber auch nicht mehr ins Handgepäck. Faktisch dürfen einzelne Lithium-Ionen-Akkus also wohl auf einer Flugreise gar nicht mitgeführt werden. Ausgenommen sind nur Akkus in den Geräten – ob fest verbaut oder eingelegt.

5. Haftung für Schäden sind stark begrenzt

Wird ein elektronisches Geräte während des Transports als aufgegebenes Gepäck beschädigt, gelten die üblichen Haftungsbeschränkungen. Die Höchstgrenze liegt dabei gemäß des Montrealer Übereinkommens pro Passagier bei 1.131 so genannten Sonderziehungsrechten – das entspricht derzeit knapp 1.400 Euro.

6. Betroffene Geräte ins aufgegebene Gepäck

Der Passagier hat derzeit die Wahl, ob er die Geräte selbst in den Koffer packt und aufgibt, oder ob er die Geräte erst am Gate vor dem Einsteigen ins Flugzeugt abgibt. Bereits betroffene Fluggesellschaften wie beispielsweise Etihad, Emirates oder Turkish Airlines verpacken die Geräte am Gate mit Luftpolster-Folie und händigen den Passagieren eine Quittung aus. Am Zielflughafen werden die Geräte separat vom aufgegebenen Gepäck wieder ausgehändigt – landen also immerhin nicht am allgemeinen Gepäckband.

Emirates zeigt in einem Video, wie die Airline mi elektronischen Geräten bei USA-Flügen umgeht:

Die Website „Live and let’s fly“ beschreibt den Ablauf bei Turkish Airlines sehr detailliert in ihrem Beitrag „Photo Guide: How Turkish Airlines Protects Your Banned Electronics“.

Inwieweit sich solche Abläufe auch dann noch praktikabel umsetzen lassen, wenn sämtliche Flüge in die USA davon betroffen wären, müsste die Praxis erst noch zeigen

7. Aktuell vom Laptopverbot betroffene Flüge

Seit 25. März 2017 gilt die Regelung des Heimatschutz-Ministerium der USA. Betroffen sind seitdem Direktflüge in die USA von den Flughäfen Amman (Jordanien), Kairo (Ägypten), Istanbul (Türkei), Dschidda und Riad (Saudi-Arabien), Kuwait, Casablanca (Marokko), Doha (Katar) sowie Dubai und Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate).

Großbritannien zog sofort nach und wendet die Regeln seitdem auf Direktflüge nach Großbritannien an, die von Flughäfen in der Türkei, Libanon, Jordanien, Ägypten, Tunesien und Saudi-Arabien starten.

Darf ich USA-Flüge stornieren, wenn das Laptop-Verbot kommt?

Ein Laptop- und Kamera-Verbot im Handgepäck rechtfertigt sehr wahrscheinlich keine kostenlose Stornierung eines bereits gebuchten USA- oder Großbritannien-Flugs. Wer kein tariflich bedingt stornierbares Ticket besitzt, kann wegen eines nachträglich verhängten Laptop-Verbots seinen Flug nicht stornieren.

Hilft eine Reisegepäck-Versicherung weiter?

Reisegepäck-Versicherungen gelten als die überflüssigsten Versicherungen überhaupt. Denn die Kriterien, wann die Versicherung im Schadensfall zahlt, sind extrem streng. Achtet man so genau auf sein Gepäck, wie verlangt, ist ein Abhandenkommen ohnehin extrem unwahrscheinlich.

Auf diesem Weg will eigentlich niemand seine empfindliche Elektronik transportieren ...
Der falsche Platz für empfindliche Elektronik transportieren … (Bild: Kevin Payravi, Wikimedia Commons CC BY SA 3.0)

Immerhin decken Reisegepäck-Versicherungen meist auch Schäden oder Abhandenkommen von Gepäck ab, wenn das während einer Flugreise passiert. Vollständig löst die Versicherung das Problem aber nicht. Denn die Versicherungssummen sind typischerweise relativ niedrig, maximal 3.000 Euro. Und Geräte wie Laptops und Kameras werden meist nur bis zur Hälfte der Versicherungssumme übernommen. Hinzu kommt der Betrag, den die Fluggesellschaft selbst als Entschädigung zahlt – das sind aktuell maximal knapp 1.400 Euro gemäß des Montrealer Übereinkommens.

Wichtig: Versicherungsbedingungen sehr genau lesen und in Zweifel schriftlich nachfragen. Gerade bei Elektronik im aufgegebenen Gepäck gibt es häufig deutliche Einschränkungen und Haftungs-Ausschlüsse sowie Selbstbeteiligungen und bei aufgegebenem Gepäck, manchmal sogar ein Komplettausschluss. Letzteres vor allem auch bei Geräten, die zu beruflichen Zwecken mitgeführt werden, also beispielsweise das Laptop auf Dienstreise. Und oft sind diese Ausschlüsse aus dem Vertragstext auch nicht auf den ersten Blick erkennbar und so verklausuliert, dass die Bedingungen deutlich besser klingen, als sie tatsächlich sind.

Wie schütze ich meine empfindliche Elektronik?

Sollte das Elektronik-Verbot fürs Handgepäck tatsächlich auch für Europa kommen, bleiben nur zwei Optionen: nicht mehr fliegen, oder die empfindliche Elektronik möglichst gut verpacken – und hoffen, dass die Airlines ihre Dienstleister an den Flughäfen zu einem sorgfältigeren Umgang mit dem Gepäck verpflichten.

Denn spätestens seit dem legendären Youtube-Video „United Breaks Guitars“ …

… weiß man, wie rüde und rücksichtslos auf Flughäfen mit aufgegebenem Gepäck umgegangen wird. Die meisten haben selbst schon durch Flugzeugfenster beim Verladen des Gepäcks zugesehen und sich mitunter über den rücksichtslosen Umgang mit dem Gepäck gewundert.

Für die Verpackung von Laptop und Kameras im aufgegebenen Koffer gilt idealerweise ein Zwei-Schicht-Prinzip:

– Gerät zunächst eng in Luftpolster-Folie einwickeln und verkleben.

– Im Koffer dann etwas lockerer mit weichem Material, beispielsweise Kleidern, umgeben und darauf achten, dass es nirgendwo an harte oder spitze Gegenstände wie Badtasche oder Schuh-Absätze anstoßen kann.

– Und: möglichst weit Abstand zur Kofferwand halten, damit Stöße von außen dem Gerät weniger anhaben können.

Idealerweise sollte das verpackte Gerät sich im Koffer geringfügig bewegen können und nicht zwischen harten Gegenständen eingeklemmt sind. So werden harte Schläge von außerhalb des Koffers – etwa dem Aufschlagen am Gepäckband ober beim Wurf aufs Transportband – nicht direkt aufs Gerät übertragen.

Fazit: Hoffen, dass das Laptop-Verbot nicht kommt

Noch gelten die neuen Regelungen nicht für Flüge von Deutschland und Europa in die USA oder nach Großbritannien. Sollten sie jedoch eingeführt werden, würde das eine erhebliche Einschränkung für Passagiere bedeuten, zusammen mit einem hohen, finanziellen Risiko. Abzuwarten ist, welche Lösungen die Fluggesellschaften, Flughäfen und Versicherungsgesellschaften ihren Passagieren und Kunden anbieten werden, um die Auswirkungen erträglich und kalkulierbar zu machen.

Einfach nicht mehr fliegen ist auch keine echte Alternative ...
Einfach nicht mehr fliegen ist keine echte Alternative …

Wie seht Ihr das? Sollten wir so große Nachteile in Kauf nehmen für einen wohl eher nur theoretischen Zugewinn an Sicherheit? Würdet Ihr mit den neuen Regeln überhaupt noch Flüge in die USA buchen? Und habt Ihr noch andere Ideen, Eure wertvolle Elektronik vor Schäden beim Transport im aufgegebenen Gepäck zu schützen?

6 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

6 Gedanken zu „Laptop und Kamera bald nicht mehr im Handgepäck?“

  1. Ich habe erst am 19.05.17 gelesen das diese Regelung für EU Staaten vom Tisch sind.
    Hier der Artikel:
    „…“

    (sorry, musste ich löschen – Komplett-Zitat eines Artikels ist eine Urheberrechtsverletzung, ist so nicht zulässig; Franz)

  2. Die Betonung liegt bei der Meldung auf „die sofortige Einführung ist vorerst vom Tisch“. Mittelfristig hat sich das aber leider noch längst nicht erledigt. Die Gespräche dazu laufen weiter und sowohl Airlines als auch die EU versuchen, eine abgemilderte Form der Regelung oder tatsächlich einen kompletten Verzicht darauf zu erreichen. Ob das gelingt, steht in den Sternen.

  3. Ich sehe es genau wie Du, Franz. Das ist einfach nur unpraktikabler Schwachsinn.
    Erst auf meinem letzten Flug in die USA (geschäftlich, leider -oder angesichts der Situation zum Glück- ohne Kreuzfahrt) hatte ich das Problem, daß ich am Sonntag, mein Gepäck aber erst am folgenden Freitag ankam. Hätte ich die ersten vier Arbeitstage dort ohne meine Elektronik aus dem Handgepäck verbringen müssen, hätte das effektiv meine dortige sinnvolle Einsatzzeit um 50% verringert. Mein Arbeitgeber hätte sich gefreut. Klamotten kann man vor Ort notfalls ja noch kaufen, aber der Laptop mit den Daten… So war die einzige Elektrik im Koffer mein Rasierer, aber mit meinem Viertagebart konnten die Kollegen leben. Immerhin wußten sie, als ich am Freitagmorgen dann rasiert ins Büro kam sofort, daß das Gepäck endlich da war. ;-)

    Zumal gerade bei den USA noch ein Punkt hinzu kommt. Die TSA filzt ja gerne mal das aufgegebene Gepäck (das Handgepäck auch, aber da steht man ja daneben) – und haftet dabei nicht für Verlust oder Beschädigungen. Wenn man also noch so mühsam alles sicher eingepackt hat, kann man davon ausgehen, daß die Luftpolsterfolie hinterher aufgerissen ist, alles wieder „irgendwie“ im Koffer liegt, und vielleicht noch das eine oder andere Teil fehlt.

    Als ich bei einem Inner-USA-Flug vor einer Weile sogar meinen Kabinentrolley am Gate abgeben mußte, weil er nicht ins Gepäckfach passen sollte (trotz erlaubter Größe) habe ich sogar vorher die Elektronik (abgesehen von Kleinkram wie dem Handyladekabel, das im Notfall schnell zu ersetzen geht) aus dem Koffer und in die Hand genommen.

    Ich selbst habe einige Jahre an Deutschlands größtem Flughafen gearbeitet. Wenn man weiß, wie es „hinter den Kulissen“ zugeht, schüttelt man über das Sicherheitstheater für die Fluggäste ohnehin nur noch den Kopf. Ich hatte damals einen Job, der nicht besonders hoch in der Hierarchie war (typischer Semesterferienjob halt), und dennoch hätte ich problemlos ein „Paket“ in so ziemlich jedes Flugzeug, außer vielleicht bei El-Al, bringen können, wenn ich gewollt hätte. Habe ich selbstverständlich nicht, aber während langer Nachtschichten mit Bereitschaftsdienst macht man sich halt so seine Gedanken.

  4. Eike, mein Eindruck beim Thema Terror-Sicherheit ist seit langem, dass (zumindest in dem, was öffentlich kommuniziert wird) nur Scheinsicherheit aufgebaut wird. Besonders bezeichnend finde ich, dass jetzt nach dem Manchester-Anschlag sofort die Sicherheit „insbesondere nach Großveranstaltungen“ erhöht wird. Da fühle ich mich als Bürger alles andere als ernst genommen. a) da hätte man auch selbst drauf kommen können, dass Attentäter vielleicht auch mal nach einer Veranstaltung zuschlagen. b) jetzt suchen sich Täter halt eine andere Situation, da bringt diese Absicherung eh‘ nur noch begrenzt etwas (äquivalent zu den Laptops, wo man auch hysterisch NACH einem Vorfall reagiert auf etwas, das man mit ein wenig Intelligenz auch vorher schon als Gefahrenquelle hätte erkennen können). c) die mangelnde Bereitschaft, öffentlich zuzugeben, dass es absolute Sicherheit nicht gibt und dass wir – sofern uns eine offene und rechtsstaatliche Gesellschaft wichtig ist – mit einem gewissen Risiko leben müssen und eben nicht alles absichern können.

    Meine inständige Hoffnung ist, dass die Öffentlichkeit nicht nur mit solchen Schein-Sicherheitsmaßnahmen ruhig gestellt wird, sondern parallel dazu im Hintergrund unauffällig wirklich ernsthafte und sinnvolle Maßnahmen greifen, die die Behörden nicht an die große Glocke hängen. Wenn nicht, dann fände ich das sehr beängstigend.

  5. Die frage ist doch ob mit dieser Maßnahme mehr Sicherheit geschafft wird. Die Antwort ist wohl klar nein. Ich habe von zahlreichen Sicherheitsexperten gelesen die sogar von einem zusätzlichen Sicherheitsrisiko sprechen wenn alle Laptops im Frachtraum landen. Eine 100% Sicherheit wird es nie geben. In einer freien Gesellschaft sollen immer abgewogen werden was Sinnvoll ist und was nicht. Diese Maßnahme gehört auf jeden fall nicht zu den Sinnvolle. Kann man nur hoffen das sich die Vernunft durchsetzt.

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