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Norwegian Prima sechs Monate nach dem Start: NCLs Jason Krimmel und Kevin Bubolz im Exklusiv-Interview

Mit der Norwegian Prima hat NCL vor einem halben Jahr das erste Kreuzfahrtschiff einer neuen Schiffsklasse ins Rennen geschickt. Die Reederei hat für die Norwegian Prima viel Lob geerntet, aber auch Kritik einstecken müssen. Wir haben uns mit Jason Krimmel, Vice President of International, und Kevin Bubolz, Vice President & Managing Director CEMEA, zusammengesetzt und über Hintergründe, Entwicklungen und den Umgang mit der Kritik gesprochen.

Die Norwegian Prima ist für Frank Del Rio, den aktuellen Präsidenten und CEO von Norwegian Cruise Line Holdings, das erste NCL-Schiff, dass komplett unter seiner Führung geplant und gebaut wurde. Zugleich zeigt es bislang am deutlichsten, wie sich NCL im Premium-Segment positioniert.

Eine neue Positionierung und neue Konzepte bringen Veränderungen, die insbesondere den Stammkunden nicht immer gefallen. Auf der Norwegian besonders auffällig: das neuartige Theater und ein mit Konventionen brechendes Restaurant-Konzept. Neue Herangehensweisen, neue Ideen müssen sich immer auch erst in der Praxis bewähren – egal, wie genau man plant und konzeptioniert.

Wir haben Jason Krimmel und Kevin Bubolz Anfang März 2023 auf der Reisemesse ITB in Berlin getroffen und im cruisetricks.de-Exklusiv-Interview interessante Einblicke und erfrischend offene Antworten auf unsere Fragen bekommen, mit vielen Details und Hintergrund-Informationen: Wo ist die Norwegian Prima sehr erfolgreich und wo reagiert die Reederei auf Kritikpunkte von Passagieren der Norwegian Prima?

NCL hat in Online-Foren wie Cruise Critic für die Norwegian Prima neben Lob auch einige Kritik einstecken müssen. Wie gehen Sie mit der Kritik um?

Jason Krimmel: Jedes Mal, wenn man eine neue Schiffsklasse einführt, ist die Begeisterung groß. Aber die Stammgäste sind auch an die Schiffe gewöhnt, auf denen sie bereits gefahren sind.

„Der Gesamteindruck des Schiffes vermittelt eine ganz andere Atmosphäre.“
Jason Krimmel

Ich denke, alles in allem sind wir mit dem Start der Norwegian Prima sehr zufrieden. Der Gesamteindruck des Schiffes vermittelt eine ganz andere Atmosphäre. Im Vergleich zu allem, was Norwegian bisher herausgebracht hat, ist es ein intimeres und dennoch geräumiges Schiff.

Das Außendeck auf Deck acht, der Ocean Boulevard, wurde sehr gut angenommen. Wir haben festgestellt, dass es vielen Leuten dort besser gefällt als auf dem Pooldeck, weil es ein ganz anderes, entspannteres Urlaubsgefühl vermittelt. Und auch das Design und die Atmosphäre des Schiffes haben das Norwegian-Produkt in den Augen vieler Menschen wirklich aufgewertet. Die Kreuzfahrt-Neulinge lieben die vielen Optionen an Bord. Und das Essen in der Indulge Food Hall läuft sehr gut, noch besser als wir erwartet haben. Ich glaube, dass allein schon die Auswahl und die Schnelligkeit des Service dort Highlights sind.

Jason Krimmel auf der ITB in Berlin 2023

Im Unterhaltungsbereich hat sich der Umbau des Theaters zwischen zwei Shows zu einem größeren Unterhaltungselement entwickelt, als wir es uns vorgestellt hatten. Viele, Hunderte von Leuten, stehen dort und schauen bei diesem Umbau zu. Das ist also ein interessanter, irgendwie seltsamer Bonus.

„Aber klar, wir haben auch einiges dazugelernt.“
Jason Krimmel

Aber klar, wir haben auch einiges dazugelernt, etwa über die Verkehrsflüsse an Bord und die Art und Weise, wie die Leute sich auf dem Schiff bewegen.

Wo wir also sinnvolle Änderungen vornehmen können, tun wir das – nicht nur auf der Prima, sondern auch auf der Norwegian Viva und den folgenden Schiffen. Wir ziehen unsere Lehren aus den Kunden-Kommentaren und sehen, wie wir einiges davon verbessern können, denn es kommen ja auch noch die Schiffe drei, vier, fünf und sechs dieser Baureihe.

„Unser stärkstes Wachstum im Moment bei neuen Gästen liegt.“
Kevin Bubolz

Kevin Bubolz: Ich möchte noch betonen, dass das Schiff von den für NCL neuen Gästen sehr gut angenommen wird und dass unser stärkstes Wachstum im Moment bei diesen neuen Gästen liegt. Leute, die schon einmal an Land Urlaub auf hohem Niveau gemacht haben, schätzen diesen Ansatz sehr und kommen wahrscheinlich auch mit etwas neutraleren Augen. Es ist also eine andere Geschichte: Sie sehen die Indulge Food Hall und lieben sie, und die Buffet-Restaurants sind ihnen egal.

Und dann gibt es diejenigen, die an die sechs Schiffe gewöhnt sind, die ein anderes Layout haben.  Sie sind vielleicht ein bisschen verwirrt, weil sie etwas anderes erwartet haben, und dann gehen sie zum Buffet, wie sie es immer getan haben, und merken, dass es kleiner ist als gewohnt. Und sie haben noch gar nicht einmal wahrgenommen, dass es auch die Indulge Food Hall gibt.

Kevin Bubolz (Bild: NCL)

Das ist also eine etwas andere Dynamik, aber ich denke, es ist eine Mischung aus Kommunikation, der Vermittlung der richtigen Erwartungen, einigen Anpassungen und einigen Lehren, die wir daraus ziehen. Man lernt immer etwas dazu, wenn man eine neue Schiffsklasse einführt, und am Ende sind wir sehr zufrieden damit. Ich meine, die Prima verkauft sich phänomenal und die Resonanz ist generell sehr gut.

Aber ja, es gibt immer Dinge, die man optimieren und aus denen man lernen kann.

„Es ist ein unvoreingenommes Feedback von Gästen, die neutral sind.“
Jason Krimmel

Jason Krimmel: Ich denke, dass in der heutigen Zeit, in der Community-Gruppen für einen Anbieter manchmal beängstigend sein können, sie uns in diesem Fall aber tatsächlich helfen, die Geschichte der Norwegian Prima zu erzählen, denn es ist ein unvoreingenommenes Feedback von Gästen, die neutral sind und ehrlicherweise natürlich auch einige, die das Produkt absolut lieben.

Eine Sache, die ein enormer Erfolg und ein Hit ist, unabhängig von neuen Gästen oder Stammkunden, sind die Kabinen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die Kabinen wirklich toll aussehen, sich gut anfühlen, ein tolles Design haben und sehr geräumig sind. Die Balkone und die Möbel auf den Balkonen haben sich für uns als sehr positiv erwiesen, ebenso die Badezimmer. Und wenn man sich anschaut, wie einige der neuen Schiffe der Konkurrenz aussehen, schneidet die Prima definitiv besser ab, was die Geräumigkeit der Kabinen und das Design angeht.

Ein Kritikpunkt an der Norwegian Prima bezog sich auf die geringe Kapazität des Theaters. Können Sie da etwas ändern?

Jason Krimmel: In letzter Zeit haben wie einige Änderungen im Unterhaltungsbereich vorgenommen haben, wie Sie wissen. Ich denke, das wird uns für die Show, die natürlich an Bord bleiben wird, The Donna Summer Musical, die Flexibilität geben, die Show öfter während einer Kreuzfahrt aufzuführen. Auch mit den anderen verbleibenden Unterhaltungsshows wie zum Beispiel „Der Preis ist heiß“ können wir da noch einiges machen.

„Die Sache mit Sid Norman’s und auch mit dem Cavern Club auf den anderen Schiffen ist die: Es ist ja Absicht, dass das in kleinem Rahmen stattfindet.“
Jason Krimmel

Wir wissen, dass Syd Norman’s extrem beliebt ist. Aber aus vertraglichen Gründen können wir jedes Unterhaltungsprogramm immer unbedingt ins Haupttheater erlegen. Die Sache mit Syd Norman’s und auch mit dem Cavern Club auf den anderen Schiffen ist die: Es ist ja Absicht, dass das in kleinem Rahmen stattfindet. Wenn Sie in den Cavern Club in Liverpool gehen, ist die Atmosphäre dort sehr klein und intim. Wir halten uns also mehr an die echten, ikonischen Veranstaltungsorte selbst.

Aber wir haben viel gelernt, und einiges davon hängt mit einer anderen Art von Planung zusammen, als wir sie vielleicht von anderen Schiffen gewohnt waren, die mehr Menschen gleichzeitig den Zugang zu diesen Orten ermöglicht.

Da gibt es also noch einiges zu lernen. Aber ich denke, dass wir diesen Prozess im Laufe der Wochen immer besser in den Griff bekommen, und da wir jetzt das Unterhaltungsangebot als Ganzes betrachten und verstehen, wo wir es wirklich optimieren können und eine bessere Auswahl an Shows auf dem Schiff haben, glaube ich, dass wir im Laufe einer Kreuzfahrtwochen dann eben auch mehr Leute ins Theater bringen können.

Um den Preis, dass einige Shows aus dem Programm genommen wurden …

Kevin Bubolz: Mir ist sehr wichtig zu unterstreichen, dass unser Anspruch, für die beste Unterhaltung auf See zu bieten, weiterhin steht. Es geht wirklich nur darum, die Veranstaltungsorte bestmöglich zu nutzen und auch auf Kritik zu reagieren, weil die Leute vielleicht nicht in die Shows gekommen sind, die sie sehen wollten. Die Frage ist also: Wie können wir dafür sorgen, dass sie mehr Gelegenheiten haben, die Shows zu sehen.

Sie haben aber auch auf anderen Schiffen das Unterhaltungsangebot reduziert. Stehen diese beiden Veränderungen in Zusammenhang?

Jason Krimmel: Es waren ursprünglich zwei verschiedene Dinge, die wir dann miteinander verbunden haben. Ich denke, dass wir dadurch die Möglichkeit haben, jedes Schiff zu betrachten und zu verstehen, welche Show auf dem Schiff am besten für den Einsatzort des jeweiligen Schiffs geeignet ist und was dann beispielsweise die zweite Broadway-Show sein sollte, die vielleicht weniger ähnlich ist oder gleich eine ganz andere Art von Unterhaltung bietet.

„Einiges davon wurde wirklich von den Gästebewertungen bestimmt.“
Jason Krimmel

Auf einigen unserer Schiffe hatten wir zwei zwar sehr unterschiedliche Shows, die aber grundsätzlich dasselbe waren, zwei Broadway-Shows eben. Wie können wir also das Angebot optimieren und den Gästen ein besseres Erlebnis bieten, indem wir flottenweit einige der Shows weglassen? Und einiges davon wurde wirklich von den Gästebewertungen bestimmt.

Es gibt bestimmte Shows wie zum Beispiel Choir of Man, die überall außergewöhnlich gut abschneiden. Es könnte sich also die Gelegenheit ergeben, Choir of Man, auch auf weitere Schiffe zu bringen. Wir wollen vor allem Erfahrungen, die wir in den letzten eineinhalb, zwei Jahren aus dem Feedback unserer Gäste gemacht haben, nutzen und verstehen, was wir tun können, je nachdem, wo das Schiff eingesetzt wird, um den Gästen das beste Erlebnis zu bieten.

Deutlich kritisiert wurde auch die zwar größere, aber täglich gleiche Speisekarte der beiden Hauptrestaurants. Stellen Sie dieses Konzept in Frage?

Jason Krimmel: Wie bei allen Themen, zu denen wir Rückmeldungen erhalten, treffen wir keine überstürzte Entscheidung in Bezug auf eine sofortige Änderung, zumal vieles auch subjektiv ist. Manchmal werden Konzepte auf dem einen Schiff so und auf dem anderen anders bewertet. Aber was wir wissen, ist, dass die Qualität des Essens unsere Fünf-Sterne-Erfahrung erfüllt. Alle haben von der Qualität des Essens in den Hauptspeisesälen im Hudson’s und im Commodore Room geschwärmt.

„Wir sind uns aber auch bewusst, dass die Menschen es nicht gewohnt sind, die ganze Woche über ein festes Menü zu haben. “
Jason Krimmel

Wir sind uns aber auch bewusst, dass die Menschen es nicht gewohnt sind, die ganze Woche über ein festes Menü zu haben. Deshalb schauen wir uns das an. Wir schauen uns buchstäblich jede Woche das Feedback an und führen interne Diskussionen darüber, ob wir zum alten System zurückkehren oder das neu eingeführte fortsetzen sollen. Ich glaube nicht, dass wir schon zu einer endgültigen Entscheidung gekommen sind. Ich denke, dass es dort, wo wir es getestet haben, gut funktioniert hat.

Ich denke, wir versuchen einfach zu verstehen, ob es für uns eine Möglichkeit gibt, mehr Gästen die Möglichkeit zu geben, Spezialitätenrestaurants zu besuchen. Liegt das Problem an dieser Stelle? Oder ist das einfach nur eine subjektive Geschmacksvorliebe, bei der die Leute Abwechslung wollen, weil sie jeden Abend in dasselbe Lokal gehen wollen?

Ich meine, das ist doch das Schöne an Norwegian und an dem, was traditionell als unser Freestyle-Cruising-Konzept bezeichnet wird: die Auswahlmöglichkeiten. Da ist es doch unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir genügend Abwechslung bieten, so dass der Gast tatsächlich die Qual der Wahl hat, weil es mehr als genug Vielfalt und Auswahl gibt, oder?

Deshalb wollen wir in über diese Speisekarte im Moment noch nichts sagen. Ich denke, dass wir immer noch lernen, und ich denke, dass wir immer noch sehr empfänglich für das Feedback der Gäste sind, das wir bekommen haben, und wir werden es aufgreifen und etwas daraus machen. Ich weiß nur noch nicht, was das sein wird. Es könnte sowohl der Status quo sein, als auch eine Veränderung.

Sehen Sie bei den Kritikpunkten Unterschiede zwischen europäischem und amerikanischem Publikum?

Kevin Bubolz: Ich glaube, es ist eher ein Unterschied zwischen den Gästen, die mit frischen Augen kommen, die mit dem, was sie über die Norwegian Prima gesehen und gelesen haben und bereits mit diesen Erwartungen kommen, und denen, die sich nicht allzu sehr damit beschäftigt haben, was an der Norwegian Prima eigentlich anders ist, und die einfach kommen und dann etwas überrascht sind. Und das ist in allen Ländern gleich, würde ich sagen.

Wir danken Jason Krimmel und Kevin Bubolz für die die offenen und spannenden Antworten in unserem Interview.

Schiffsportrait und Video zur Norwegian Prima

Ein ausführliches Schiffsportrait zur Norwegian Prima finden Sie in unserem Beitrag Norwegian Prima: Wie NCL ein elegantes Boutique-Kreuzfahrtschiff für über 3.000 Passagiere gelungen ist. Und einen Eindruck vom Schiff in Bewegtbildern gibt’s in unserem Youtube-Video zur Norwegian Prima:

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Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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