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Jo Rzymowska, Vice President & Managing Director, EMEA, Celebrity Cruises

„Wir sind nicht am Ziel, bevor wir sieben weibliche Kapitäne haben. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“

Vielfalt unterschiedlicher Lebenseinstellungen, Integration von Menschen mit Einschränkungen und Gleichberechtigung von Geschlechtern sind bei Celebrity Cruises seit einigen Jahren ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur. Cruisetricks.de spricht im Exklusiv-Interview mit Celebritys Europachefin Jo Rzymowska über die Motivation für dieses Engagement, Erfolge und die damit verbundenen Herausforderungen.

Celebrity Cruises hat den höchsten Anteil an Frauen in Führungspositionen in der Kreuzfahrt und setzt sich für LGBTQ+ ein. Dabei tritt die Reederei zwar klar und deutlich, aber nicht dogmatisch auf. „Wir möchten, dass alles, was wir als Kreuzfahrtgesellschaft tun, widerspiegelt, wie die Welt aussieht“, formulierte Celebrity Cruises‘ CEO Lisa Lutoff-Perlo kürzlich bei der Vorstellung des „AIPP Collection”-Fotografieprojekts. Es zielt darauf ab, „verschiedene Gruppen, die in der aktuellen Reisesymbolik nicht ausreichend vertreten sind, besser widerzuspiegeln“ und stellt entsprechende Fotomotive kostenlos für jedermann zur freien Nutzung zur Verfügung.

Inklusion der LGBTQ+-Community

Die Unterstützung für die LGBTQ+-Community ist bei Celebrity Cruises recht umfangreich. Zwei Beispiele deuten an, wie offen sich die Reederei zu Offenheit und Inklusion bekennt.

„Es erfordert eine Menge Energie. Und es erfordert eine Menge Engagement. Und es erfordert eine große Veränderung der Unternehmenskultur und der Wahrnehmung. Es war und ist nicht einfach. Aber es ist das Richtige.“
Jo Rzymowska

Schon 2014 hatte Celebrity Cruises, wohl als erste internationale Reederei, die verschämt als „Friends of Dorothy“ im Tagesprogramm getarnten LGBTQ-Treffen an Bord abgeschafft und ganz offen durch eine „LGBTQ+ Welcome Party“ ins Veranstaltungsprogramm geschrieben.

Gleichgeschlechtliche Eheschließungen sind an Bord möglich, nachdem der Flaggenstaat Malta ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat. „Sie sind jetzt Ehepartner“ lautet schon seit Juli 2017 die offizielle Formulierung zur Eheschließung auf Malta und nicht mehr wie früher „Sie sind jetzt Ehemann und Ehefrau“. 2018 fand an Bord eines Schiffs von Celebrity Cruises unter maltesischer Flagge laut Reederei die erste gleichgeschlechtliche Eheschließung auf See statt.

Capt. Kate McCue als Star-Kapitänin für Celebrity Cruises

Sehr viel erreicht hat Celebrity Cruises in den vergangenen Jahren auch bei der Geschlechter-Gleichberechtigung. Als Lisa Lutoff-Perlo 2014 die Führungsposition bei Celebrity Cruises übernahm, lag der Frauenanteil in den Offiziersrängen bei fünf Prozent. Inzwischen sind es nach eigenen Angaben der Reederei bereits 32 Prozent.

Kapitänin der Celebrity Beyond, Kate McCue

Kapitänin Kate McCue ist nach Serena Melani 2020 auf der Seven Seas Splendor erst die zweite Kapitänin eines Kreuzfahrtschiffs weltweit (und die erste eines Schiffs dieser Größe), die ein neues Kreuzfahrtschiff aus der Werft bringt. Das aktuelle Brückenteam der Celebrity Beyond (Ende April 2022) hat sogar einen Frauenanteil von 70 Prozent. Bei der Crew sind 45 Prozent weiblich.

Im neunköpfigen Brückenteam der Celebrity Beyond sind zum Debut des Schiffs neben Kapitänin Kate McCue vier weitere Frauen: Chief Officer Rachel Arnold (UK), Second Officer Dionysia Giapappa (Greece), Third Officer Gifty Adu Gyamfi (Ghana) und Third Officer Antonina Kolodziejczyk (Poland). Zum Weltfrauentag am 8. März 2020 fuhr die Celebrity Edge mit Kapitänin Kate McCue sogar mit ausschließlich Frauen im Brückenteam und in den Offiziersrängen, insgesamt 26.

Interview mit Celebrities Europa-Chefin Jo Rzymowska

Cruisetricks.de hat an Bord der Celebrity Beyond in einem Exklusiv-Interview mit Celebrity Cruises‘ Europachefin Jo Rzymowska über das Engagement für Inklusion und Gleichberechtigung gesprochen, die Motivation hinterfragt und dabei auch viel über die Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung erfahren.

Jo Rzymowska, Vice President & Managing Director, EMEA, Celebrity Cruises
Jo Rzymowska, Vice President & Managing Director, EMEA, Celebrity Cruises

Die Britin Jo Rzymowska ist Vice President & Managing Director, EMEA bei Celebrity Cruises. Sie arbeitet seit 2005 für die Royal Caribbean Group und war zuvor unter anderem bei Walt Disney Parks and Resorts, Universal Studios und Thomas Cook. Rzymowska setzt sich stark für Diversität und Inklusion ein und schaffte es beispielsweise 2017 auf die Top-10-Liste der „LGBT people“ der „The British LGBT Awards“.

Celebrity Cruises hat sich in den vergangenen Jahren zu der Reederei im Kreuzfahrtmarkt entwickelt, die sich am deutlichsten für Diversität, LGBTQ+, Gleichberechtigung einsetzt und das auch wirklich sehr aktiv lebt …

Tatsächlich führt die Kapitänin gerade in diesem Moment eine Hochzeit durch. Für zwei Jungs, die sich an Bord eines Celebrity-Schiffs kennengelernt haben.

Der Idealismus dahinter ist klar erkennbar. Gibt es daneben auch eine wirtschaftliche Motivation, sich gerade in Hinblick auf LGBTQ+ so deutlich im Markt zu positionieren?

Es geht gar nicht nur um LGBTQ. Es ist uns sehr wichtig, dass die Menschen, die bei uns Urlaub machen, verstehen, dass wir wollen: Dass Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, unterschiedlicher Lebensweise und unterschiedlicher Kultur zusammenkommen. Wir sprechen mit unserem Markenangebot keine Menschen an, die nur mit Briten, nur mit Deutschen, nur mit Franzosen, nur mit Amerikanern verreisen wollen. Es gibt genug Marken, die das tun. Uns geht es darum, Menschen anzusprechen, die wirklich andere Menschen aus vielen verschiedenen Lebensbereichen treffen wollen. Das ist wirklich wichtig für uns.

Auch aus Sicht der Besatzung ist es sehr wichtig. So haben wir zum Beispiel auf diesem Schiff über 70 verschiedene Nationalitäten in der Besatzung, während viele Kreuzfahrtunternehmen schwerpunktmäßig nur zwei oder drei oder vier verschiedene Nationalitäten in der Besatzung haben. Wir haben also einen kompletten Mix, und das ist für uns wichtig.

Noch einen weiteren Aspekt treibt Celebrity Cruises sehr intensiv voran und hat dabei schon sehr viel erreicht: Frauen in Führungspositionen, ob an Land oder auf den Schiffen. Wie kam es dazu? Haben Sie sich eines Tages entschieden, das konsequent anzugehen? Oder hat sich das eher zufällig ergeben?

Es ist eine Reise, eine Entwicklung. Wir sind nicht am Ziel, bevor wir sieben weibliche Kapitäne haben und damit ein 50:50-Verhältnis. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.

Es ist Lisa Lutoff-Perlo, unsere Präsidentin und CEO, die hier wirklich ihre Agenda vorantreibt. Aber alle gemeinsam machen den Unterschied bei der Gleichstellung der Geschlechter, eben auch unsere männlichen Verbündeten oder männlichen Kollegen. Kapitän Manolis (Alevropoulos), der Chef aller Kapitäne oder der Kapitän der Kapitäne, wie wir ihn nennen, und Brian Abel, der Senior Vice President of Hotel Operations. Die beiden haben diesen Wandel umgesetzt und mit bewirkt.

Es hat eine Menge Planung und Überlegung gebraucht, um diesen Wandel herbeizuführen. So etwas geht nicht über Nacht und es ist auch kein Selbstzweck. Es geht darum, die beste Person für den Job zu finden. Aber es geht eben auch darum, den Menschen, nicht nur Männern, sondern auch Frauen, zu ermöglichen, diese Jobs zu bekommen.

… und dabei geht es Ihnen auch nicht nur um Geschlechter-Gleichberechtigung …

Ja, es ist dasselbe mit der ethnischen Zugehörigkeit. Wir arbeiten jetzt auch mit der Schifffahrtsbranche in Ghana zusammen, um aktiv zu versuchen, mehr schwarze Offiziere an Bord zu bekommen. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass es eine Reise ist und kein Ziel.

Jo Rzymowska, Lisa Lutoff-Perlo, Capt. Kate McCue bei einer Pressekonferenz auf der Celebrity Beyond

Die Realität ist – wenn Menschen sagen, das alles sollte einfach natürlich passieren – es passiert eben nicht natürlich. Was im Leben natürlich passiert, ist, dass überwiegend weiße, heterosexuelle Männer dominieren. Man muss also Strategien entwickeln, um eine Veränderung zu erreichen. Und das ist etwas, was wir mutig genug waren zu tun, in einer Art und Weise, die niemand sonst getan hat.

Sie sagen also, dass es ohne aktive Steuerung und Beeinflussung nicht geht …

Ja. Und wir wollen, dass es so geschieht, wie wir uns es vorstellen. Das ist einer der Gründe, warum wir kürzlich unser Inklusions-Fotoprojekt gestartet haben. Das ist ein neues Projekt, das von der Fotografin Annie Leibovich geleitet wird und an dem vier brillante Fotografen aus aller Welt beteiligt sind. Wir stellen das gesamte Bildmaterial allen zur Verfügung, sogar unserer Konkurrenz, weil wir wollen, dass immer mehr Menschen diesen Wechsel vollziehen.

(Bild: Giles Duley, #ALLINCLUSIVE)
Foto aus Celebrity Cruises‘ All Inclusive Photo Project (Bild: Giles Duley, #ALLINCLUSIVE)

Wie sind die Reaktionen der Celebrity-Passagiere, Ihrer Kunden auf diese Initiativen?

Ich würde sagen, überwältigend positiv. Ich bin aber auch sicher, dass es ein paar andere gibt. Für die sind dann eben wir nicht die richtige Kreuzfahrtgesellschaft. So einfach ist das. Wir sind einfach nicht die Kreuzfahrtgesellschaft für solche Leute. Aber nein, das Feedback hier ist einfach unglaublich positiv.

Ich muss ehrlich zugeben: Mein erster Impuls heute hier an Bord bei einer Durchsage mit einer weiblichen Stimme aus dem Lautsprecher war, anzunehmen, dass sie von Rezeption kommt. Aber es war Kapitänin Kate McCue, die an die Rettungsübung erinnerte. Ich muss mich dafür zutiefst entschuldigen, aber es ist so eine tradierte Prägung, dass man bei einer weiblichen Stimme zunächst eben nicht an den Kapitän des Schiffs denkt …

Nein, entschuldigen Sie sich nicht. Das ist die Veränderung, die nötig ist. Wir alle haben das – unbewusste Voreingenommenheit. Wir alle haben sie. Ich weiß noch, als ich das erste Mal einen weiblichen Flugkapitän im Flugzeug hatte, der sagte: „Meine Damen und Herren“, und ich spontan ähnlich dachte … Nein, das haben wir alle.

Jo Rzymowska beim cruisetricks.de-Interview in der Retreat Lounge der Celebrity Beyond

Was wir brauchen, ist eine veränderte Wahrnehmung. Und wie ich schon sagte: Wir stehen erst am Anfang der Reise. So sehen wir das. Und wir hoffen sehr, dass andere Unternehmen das künftig ähnliches tun. Aber niemand hat es bisher in dem Ausmaß getan wie wir. Denn das erfordert eine Menge Energie. Und es erfordert eine Menge Engagement. Und es erfordert eine große Veränderung der Unternehmenskultur und der Wahrnehmung. Es war und ist nicht einfach. Aber es ist das Richtige. Und wir sehen auch den Nutzen für unser Unternehmen. 

Ich persönlich bin überzeugt, dass die Welt friedlicher wird, wenn Menschen sich global besser verstehen und respektieren – wenn sich eben vor allem auf Reisen Menschen verschiedener Herkunft, Lebenssituation und Kultur treffen. Das ist einer der Gründe, warum ich gerne auf internationalen Schiffen mit Passagieren und Crew aus vielen, verschiedenen Nationen unterwegs bin. Neugierig auf das Andere und Ungewohnte …

Als wir vor zwei Wochen in Frankreich waren und das Schiff (von der Werft) übernommen haben, haben wir an Bord eine Veranstaltung für die gesamte Besatzung abgehalten, also nur wir, das Führungsteam und die Crew. Wir Führungskräfte haben die Crew bedient, ich habe zum Beispiel im Oceanview (Buffet-Restaurant) das Fleisch tranchiert, Lisa (Lutoff-Perlo) hatte eine Kochmütze auf und hat Garnelen zubereitet.

Anschließend sind wir zur Grand Plaza gegangen und ich habe hinuntergeschaut und habe diese Mischung aus verschiedenen Farben, verschiedenen Religionen, verschiedene Glaubensrichtungen gesehen – und alle haben gemeinsam eine Conga getanzt, eine Salsa, und ich dachte mir nur: Oh Gott, wenn nur die ganze Welt mehr so wäre wie das, war wir hier gerade erleben …

Danke, Jo Rzymowska, für das Interview.

Weitere Teile der Serie "Celebrity Beyond: ein großartiges Konzept weiter verbessert":

2 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

2 Gedanken zu „„Wir sind nicht am Ziel, bevor wir sieben weibliche Kapitäne haben. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.““

  1. Wenn richtig recherchiert, ist Kate McCue gar nicht erster weiblicher Newvuild Captain – sondern Serena Melani 2020 auf der Seven Seas Splendor.

  2. @Xaver: In der Tat, stimmt! Ich korrigiere das im Text sofort. Gemeint war das von Celebrity Cruises vermutlich in Bezug auf ein großes Kreuzfahrtschiff, aber natürlich kann man alles durch fein ziselierte Formulierung zum größten, schnellste, ersten, was-auch-immer machen ;-)

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