Auf der Nieuw Statendam bin ich nur wenige Tage nach der Celebrity Edge gefahren und ich gebe zu: Unterschwellig stand der Sieger im direkten Vergleich der beiden Kreuzfahrtschiffe irgendwie schon vorher fest. Dachte ich. Doch dann kam auf der Nieuw Statendam alles anders …
Schon nach wenigen Stunden merkte ich, wie das Gefühl der Rastlosigkeit der vergangenen Wochen von mir abfiel. Obwohl ich auf der Nieuw Statendam das gleiche tat, was ich auf neuen Schiffen immer tue: alles an Bord fotografieren, Panoramabilder erstellen, recherchieren, Interviews führen, wenig schlafen – eben meine Arbeit. Aber ich merkte dennoch, wie wohl ich mich auf der Nieuw Statendam fühlte. Fast wie zu Hause. Ein subjektiver, ganz persönlicher Eindruck natürlich.
Deutlich betont: Auch auf der Celebrity Edge habe ich mich wohlgefühlt, das besondere Design bewundert, das faszinierende Ambiente aufgesaugt. Als Passagier schaut man auf Innovationen, auf Veränderung, auf Besonderes. „Größer, weiter, schneller“ beeindruckt einen zumindest unterbewusst, wohingegen Bewährtes erst einmal unbeachtet bleibt, eher langweilig ist. Aber viel Neues und Besonderes kann einen leicht auch mal überfordern.
Gewohntes kann sehr erholsam sein
Mein subjektives Empfinden auf der Nieuw Statendam hat mir wieder einmal vor Augen geführt, wie wenig es bringt, zwei Schiffe mit unterschiedlichen Konzepten direkt zu vergleichen. Neu und innovativ ist nicht automatisch „besser“. Vielmehr muss jeder für sich selbst entscheiden, was gefällt, denn das ist etwas sehr Subjektives.
Je nach Alter, Jobsituation und Lebensumständen kann auch das Gegenteil von Innovation und Veränderung das sein, was man im Urlaub am dringendsten benötigt. Dann ist ein Schiff als gemütliches Rückzuggebiet und als vertraute Basis für Entdeckungen während der Landausflüge die bessere Wahl. Viele neue oder ungewohnte Dinge an Bord wären eher eine Belastung. Denn der Drang, alles an Bord sehen und erleben zu wollen, lässt einen nicht los; an Neues muss man sich erst gewöhnen. So wird der Urlaub schnell anstrengend und ruhelos.
Nieuw Statendam im Vergleich zur Koningsdam
Einen Vergleich zum Schwesterschiff Koningsdam will ich natürlich dennoch anstellen: Was gibt es auf der Nieuw Statendam Neues im Vergleich zu ihrer gut zwei Jahre älteren Schwester? Auf den ersten Blick nicht viel, im Detail dann aber doch einiges …
Ansonsten will ich mich nicht in allen Details zur Pinnacle-Class von Holland America Line wiederholen und empfehlen die Lektüre des Beitrags zur Koningsdam („Koningsdam: gelungene Kombination aus Tradition und Innovation“), de alle Neuerungen der Pinnacle-Class-Schiffe und damit auch der Nieuw Statendam im Vergleich zu früheren HAL-Schiffen beschreibt.
Crow’s Nest: Wohnzimmer, Café und Bibliothek mit Kapitänsblick
Deutlich anders präsentiert sich auf der Nieuw Statendam die Aussichtslounge Crow’s Nest und das integrierte Exploration’s Café auf Deck 12 vorne. Mit Explorations Central („EXC“) und dem Landausflugsprogramm „EXC Tours“ haben dort multimediale Displays Einzug gehalten, mit denen sich die Passagiere über Fahrtroute, Destinationen und Landausflüge informieren können.
Das Exploration’s Café hat keine eigene Theke mehr, sondern wurde in die Bar integriert. An seiner bisherigen Stelle findet sich jetzt der Tresen des Landausflugs-Teams. Davor stehen drei Tische mit integriertem Bildschirm. Seitlich ist ein weiterer, riesiger Video-Screen plus drei Bedien-Displays integriert, auf dem sich Passagiere beispielsweise Informationen zu den jeweiligen Destinationen anzeigen lassen können.
Entfallen ist im Crow’s Nest der Licht-Dom in der Mitte, dafür gibt es dort eine räumliche Ausbuchtung nach vorne und dazu zwei Großbildschirme vorne mittig, quasi mit Kapitänsblick. Auf den Displays sind aktuelle Navigationsdaten, Routenverläufe und Ähnliches zu sehen. Wer ein wenig Kapitän spielen will, ist hier richtig.
Die Bibliothek ist im Zuge der Umgestaltung zur Raum-Mitte hingerückt. Zusätzlich fungieren Bücherregale seitlich als Abtrenner zum Vortragsraum an Backbord.
Entscheidend aber ist: Das Crow’s Nest hat seinen Charakter durch die Umbauten nicht verloren. Es ist immer noch ein sehr gemütlicher Raum mit Sitzgruppen, Liegesesseln mit Blick zu Meer, Tischen zum Kartenspielen oder ein wenig am Laptop arbeiten. Es ist aber auch Café-Stube und Bar – also ein großes Wohnzimmer für alle Passagiere. Und das mit 270-Grad-Blick nach vorne und zur Seite – etwas, das es beispielsweise auf der Celebrity Edge in dieser Form gar nicht mehr gibt.
Aus den Deckplänen nicht ersichtlich ist, dass es über dem Crow’s Nest ein für alle Passagiere zugängliches Sonnendeck mit Blick nach vorne gibt. Auf größeren Kreuzfahrtschiffen ist das inzwischen eher eine Seltenheit.
Live-Musik weiter ausgebaut
Exzellente Live-Musik hat Holland America Line als eines ihrer Markenzeichen auf der Nieuw Statendam weiter ausgebaut und den „Music Walk“ auf Deck 2 um einen „Rolling Stone Rock Room“ ergänzt (ebenso übrigens auf der Koningsdam). Oder genau genommen: Die Klassik-Bühne mit dem B. B. King Blues Club zusammengelegt und die bisherige Lincoln Center Stage zur Rock’n’Roll-Bühne gemacht.
Die Bezeichnung als „Room“ suggeriert einen abgeschlossenen Raum – tatsächlich aber liegen die Musik-Lounges alle in einem weitgehend offenen Bereich entlang des Music Walk. Läuft man hier entlang, gehen die verschiedenen Musikrichtungen schonmal durcheinander und ineinander über. Innerhalb der jeweiligen Lounges hört man aber nicht doppelt – schon weil Performances nur dann gleichzeitig laufen, wenn sie sich nicht gegenseitig stören.
Für die Lincoln Center Stage bringt die Verlegung einen praktischen Vorteil: Das Casino ein Deck höher mit offener Treppe hat man auf der Koningsdam bei leiser Klassik-Musik manchmal im Hintergrund gehört. Denn das Streichquartett plus Pianistin ist natürlich für Störgeräusche anfälliger als laute Rock- und Blues-Musik.
Mit Billboard Onboard, dem Rolling Stone Rock Room und dem kombinierten B. B. King Blues Club und Lincoln Center Stage hat Holland America Line auf der Nieuw Statendam nun am Music Walk vier hochkarätige Kooperationen mit musikalischen Schwergewichten an Land. Entsprechend ist die Musik exzellent und die Kooperationspartner stellen auch sicher, dass hier nicht nur ihr Name verwendet wird, sondern auch die Qualität zur jeweiligen Marke passt.
Kurz: Für Musik-Liebhaber, vor allem Rock’n’Roll, Blues, All Time Classics und natürlich Klassik ist der Music Walk am Spätnachmittag und Abend ein Muss – noch vor dem Theater. Letzteres hat wie schon auf der Koningsdam eine kreisrunde Bühne mit Publikum im 270-Grad-Winkel rund herum und einem riesigen, gebogenen Video-Screen als Bühnenbild. Wen das an die Celebrity Edge erinnert: ja, da gibt’s viel Ähnlichkeit. Die Koningsdam hatte das aber schon vorher. Hier sind die Abstände zwischen den Sitzreihen angenehm weit und an einigen Stellen gibt es auch wieder „Love Seats“, also zwei Sitze ohne Armlehne dazwischen, die einen so angenehm an Kinobesuche in der Jugendzeit erinnern.