Norwegian Cruise Line verjüngt und vergrößert seine Flotte ständig mit Nebauen. Aber wie fühlt sich „Freestyle“-Cruising eigentlich auf den älteren Schiffen an? Cruisetricks.de-Gastautor Christoph Assies war mit der Norwegian Star in der Ostsee unterwegs und schildert seine Eindrücke von dem 2001 auf der Meyer Werft gebauten Schiff.
Im Frühjahr letzten Jahres ist die Norwegian Star nach einem zweiwöchigen Dockaufenthalt wieder in Dienst gestellt worden. Allein vom Aufbau kann man das erste Schiff, das die Meyer Werft für die Norwegian Cruise Line gebaut hat, nicht mit dem jüngsten Neubau Norwegian Escape vergleichen.
Mit 293 Metern Länge, 32 Metern Breite und Platz für nur 2.200 Passagiere ist die Norwegian Star deutlich kleiner und kompakter. Das Schiff befindet sich aber nach der Renovierung in einem sehr guten Zustand.
Für einen Wow-Effekt sorgt das Grand-Atrium auf Deck 7 mit gläsernen Aufzügen, die bis auf Deck 14, dem obersten Deck fahren.
Auf heutigen Neubauten wird bewusst auf so einen ausgedehnten Luftraum zugunsten von öffentlichen Räumen und natürlich zugunsten von ertragreichen Kabinen verzichtet. Schön ist das Atrium auf der Norwegian Star aber dennoch.
Vom neu geschaffenen O’Sheehans Neighbourhood Grill, der auf der Norwegian Breakaway 2013 eingeführt wurde, können Gäste sowohl von gemütlichen Sofas den Blick aufs Meer genießen, als auch von verschiedenen Nischen aus das Treiben im Atrium beobachten.
Nach der Renovierung sind Bars, wie der Red Lion Pub mit dem Charme der späten 1990er Jahre verschwunden und gegen die von der Norwegian Escape bekannte 5 o´Clock Somewhere Bar ersetzt worden. Auf der Escape liegt die Bar an der Waterfront, dem Promenadendeck. Auf der Norwegian Star kommt in der 5 o´Clock Somewhere Bar hingegen trotz karibischer Pastelltönen und Strandbar-Möbeln kein Sommer-Feeling auf. Durch runde Fenster kommt vergleichsweise wenig Licht vom Bootsdeck hinein und auch abends war die Bar auf unserer zehntägigen Tour eher wenig besucht. Schade eigentlich.
5 o’Clock Somewhere & Sugarcane Mojito Bar
Ebenfalls von jüngeren Schiffen bekannt, ist die Sugarcane Mojito Bar, die auf der Norwegian Getaway Premiere hatte. Sie befindet sich auf der Norwegian Star auf Deck 13 neben dem brasilianischen Steakhouse Moderno Churrascaria. Die Bar wirkt hier etwas verloren und ist nicht unbedingt der erste Anlaufpunkt. Vielleicht wären hier stattdessen einfach mehr Plätze für die Churrascaria die bessere Alternative gewesen.
Das Essen in dem zuzahlungspflichtigen Spezialitätenrestaurant ist erstklassig und gerade das frische Salatbuffet als Starter ein echtes Highlight.
Dinner und Nightlife
Wer nach dem Abendessen, das im Übrigen auch in den Hauptrestaurants Versailles und Aqua eine hervorragende Qualität hat, feiern und tanzen möchte, findet auf der Norwegian Star keine klassische Disko.
Anlaufpunkt ist dann die Spinnaker Lounge auf Deck 7 am Heck des Schiffes. Relativ dunkel ist es hier, aber die Live-Band „Exotique“ hat auf der Ostsee-Kreuzfahrt, bei der nur 65 deutsche Passagiere an Bord waren, hervorragend Motown-Sounds gespielt.
Die Tanzfläche war schnell gefüllt und ebenso schnell wurden die Vorzüge einer internationalen Kreuzfahrt deutlich. Es gibt eben doch mehr als Helene Fischer, Schlager und deutsche Charts. Vom Flair ist die Spinnaker Lounge aber eben doch nur eine Lounge und keine richtige Disko. Gerade hier merkt man dann schon ein bisschen das Alter des Schiffes.
Gatsby’s: Champagner und Cocktails ganz traditionell
Wer es gemütlicher mag, für den ist die Gatsby´s Champagne Bar der richtige Anlaufpunkt am Abend. Auch wenn es der Name vermuten lässt, so gibt es hier nicht nur Sekt und Champagner, sondern auch alle anderen Cocktails und Drinks und auch eine gut sortiere Auswahl an Flaschen-Bieren. Live-Musik am Elektro-Piano sorgt hier für Unterhaltung. Auf unserer Reise überzeugte Piano-Man Tony mit einer sehr guten Stimme. Von Joe Cocker bis Ronan Keating, von Balladen bis Rock war alles sehr gut getroffen.
Das Gatsby´s liegt auf Deck 6 in direkter Nachbarschaft zu den Spezialitäten-Restaurants Le Bistro und La Cucina an einem schön gestalteten Treppenaufgang, über den das darüber liegende Ginza-Restaurant und die Sushi-Bar zu erreichen sind.
Dass auf den Norwegian-Schiffen laufend investiert wird, zeigte sich auf unserer Reise darin, dass auf Deck 6 großflächig bei Liegezeiten im Hafen Teppiche erneuert wurden. Vergleicht man Fotos von öffentlichen Räumen der Norwegian Star vor der Renovierung mit dem jetzigen Zustand, wird deutlich, wie modern und frisch die Optik an Bord nun ist.
Pooldeck in gepflegtem Look
Auch auf dem Pooldeck sieht man der Norwegian Star ihr Alter nicht an. Fliesen und Treppenstufen auf dem großzügigen Sonnendeck wurden aufgearbeitet oder komplett ersetzt. Fliesen in Bars, Böden auf den übrigen Außendecks, Lampen und Barhocker sind neu und verschaffen dem Außenbereich einen sehr gepflegten Look.
Die Wasserrutschen wurden kurz vor unserer Reise anscheinend frisch gestrichen. An den ersten Tagen färbte die Farbe wohl ab, was eine Sperrung zur Folge hatte. Leider für die komplette Kreuzfahrt. Den doch sehr zahlreichen Kindern auf der Tour dürfte das weniger gefallen, denn der Splash-Down-Kidspool am Heck auf Deck 12 ist wirklich nur für Kleinkinder gedacht.
Ein guter Platz um an einem Seetag den Sonnenuntergang mit einem Drink oder das Auslaufen aus einem Hafen zu genießen ist der Biergarten auf Deck 14 hinter dem Signalmast.
Biergarten und Whirlpool mit Aussicht
Von dort hat man einen tollen Blick über das Hauptpooldeck und auf die Skyline des jeweiligen Hafens. Das Pooldeck ist, ähnlich wie auf den AIDA-Schiffen der Sphinx-Klasse, treppenartig aufgebaut, was viel Platz für Sonnenanbeter schafft. Wer es ruhiger mag, findet am Bug auf Deck 13 vorderhalb des Biergartens einen toll gelegenen Whirlpool oder am Heck rund um den Helikopter-Landeplatz ausreichend Platz um etwas abseits in der Sonne zu liegen.
Ein Blick in die Kabinen
Die Kabinen der Norwegian Star versprühen von der Einrichtung schon den Charme der späten 1990er Jahre. Da liegen naturgemäß zwischen der Star und der neuen Norwegian Escape Welten. An Möbeln sieht man hier auch an der einen oder anderen Stelle deutlichere Gebrauchsspuren.
Dennoch sind Bäder und Balkone gut gepflegt. In unserer Kabine, einer Balkon-Kabine, waren Bad und Toilette innerhalb der Nasszelle durch eine Schiebetür getrennt. Auf Deck 12 sind bei einem Werftaufenthalt Familien-Suiten, Penthouse-Suiten mit Balkon sowie Deluxe Owner´s Suite mit bis zu 68 Quadratmetern Wohnfläche entstanden.
Altbackenes Buffet-Restaurant
Ein Wehrmutstropfen gibt’s bei der Erscheinung der Norwegian Star aber doch. Während in so ziemlich allen öffentlichen Bereichen wirklich viel modernisiert und erneuert wurde, erinnert die Atmosphäre im Buffet-Restaurant Market Café an eine Autobahnraststätte oder gar an eine Kantine.
Das Essen hat wahrlich keinen Kantinen-Charakter, aber von der Einrichtung fällt das Market Café, das sich gerade zum Frühstück eignet, leider negativ auf.
Fazit: An Bord gut aufgehoben
Die Norwegian Star ist – zusammenfassend – ein wirklich schönes Schiff, dass sich trotz des Alters von 15 Jahren in einem sehr guten Zustand befindet. Auch wenn liebgewonnene Highlights der Neubauten wie die Waterfront-Promenade, mehrere Wasserrutschen oder Klettergarten fehlen; die Norwegian Star hat Charme. Gerade Kreuzfahrer, die eben nicht die großen Ozeanriesen wollen, sind hier an Bord gut aufgehoben.
Im kommenden Jahr wird die Norwegian Star in der Ostsee von der 2014 ebenfalls auf der Meyer Werft gebauten Norwegian Getaway abgelöst. Vom 14. Mai bis zum 26. September wird die Norwegian Getaway in Kopenhagen stationiert. Von April bis Oktober 2017 unternimmt die Norwegian Star dann Kreuzfahrten von Venedig aus im östlichen Mittelmeer.