Günstig und unkompliziert im Nicht-EU-Ausland telefonieren und ins Internet gehen, am besten ohne SIM-Karten-Wechsel: Das wünscht sich jeder Vielreisende. Der kanadische Telekom-Anbieter „Know Roaming“ realisiert das mit einer Technik, die zunächst ziemlich verrückt klingt. Ich habe den Dienst ausführlich getestet.
Wichtiges Update: Know Roaming hat auf eSIM-Technologie umgestellt und bietet keine Telefonie- und SMS-Dienste mehr an, dafür aber sehr flexible Optionen für Datenverbindungen im Ausland. Der nachfolgende Beitrag bezieht sich auf die früheren Dienstleistungen von Know Roaming, die nur noch für bestehende Verträge gelten, jedoch nicht mehr als Neuverträge angeboten werden.
„Know Roaming“ ermöglicht günstige Telefon- und Internet-Verbindungen im Ausland mit einem Aufkleber, den der Kunde auf seine bestehende SIM-Karte im Handy klebt. Das funktioniert tatsächlich, und zwar sogar sehr gut. Das Wechseln der SIM-Karte entfällt, günstige Telefon- und Internet-Tarife aktivieren sich automatisch. Ein paar Dinge sollte man dennoch beachten – dazu später mehr. Aber wie auch andere Dienste funktioniert Know Roaming natürlich nur an Land, nicht auf See.
Hinweis: Know Roaming hat mir kostenlos eine SIM-Karte und Guthaben zum Testen zur Verfügung gestellt. Auf mein Urteil und die Testergebnisse hat das keinen Einfluss.
Auch bei anderen Anbietern gibt es günstige Telefonkarten fürs Ausland, ebenso wie günstige Internet-Tarife. Eine Übersicht solcher Anbieter liefern meine Beiträge „Auf Kreuzfahrt günstig ins Internet“ und „Günstige SIM-Cards zum Telefonieren im Ausland“. Das Besondere an Know Roaming ist die komplette Integration in die bereits vorhandene SIM-Karte meines Telefonanbieters zu Hause.
Gebühren und Tarife
Bevor es an die technischen Details geht, ein kurzer Überblick über die Tarife und Gebühren von Know Roaming:
Der Chip-Aufkleber selbst kostet einmalig 29,99 US-Dollar (inkl. 10 Dollar Guthaben), die normale SIM-Karte 9,99 US-Dollar. Enthalten ist in dem Paket auch eine kostenlose US-Telefonnummer.
Telefonie-Verbindungen werden im Minuten-Takt abgerechnet und kosten beispielsweise in den USA 13 US-Cent, aus den USA nach Deutschland 13 Cent beziehungsweise 16 Cent für Handy-Nummern. Selbst im typischerweise sehr teuren Jamaica kosten Anrufe nach Deutschland nur 38 beziehungsweise 41 US-Cent pro Minute.
Wer bei der Aufkleber-Variante auch im Ausland parallel unter seiner deutschen Handy-Nummer erreichbar sein will, kann diesen Service für 3,90 Dollar pro Monat dazu buchen.
Für Internet-Verbindungen gibt es Flatrate-Pakete: 24 Stunden für 7,99 Dollar, 3 Tage für 23,97 Dollar, 7 Tage für 55,93 Dollar – egal in welchem Land. Außerdem gibt es länderspezifische Volumen-Pakete, beispielsweise 1 GByte für 30 Tage in den USA für 25 Dollar. Wer nur wenig Daten nutzt, kann auch nach tatsächlich verbrauchtem Volumen abrechnen lassen. Die Tarife schwanken von Land zu Land und betragen beispielsweise für die USA 10 US-Cent pro MByte, in Jamaica 15 US-Cent.
Für die Internet-Flatrate ist Tethering erlaubt, sodass man die Datenverbindung des Handys per WLAN-Verbindung beispielsweise am Handy von Mitreisenden oder am eigenen Laptop nutzen kann.
Die SIM funktioniert auf Prepaid-Basis, man lädt sein Konto also mit einem gewissen Betrag auf, der dann in der App zum Telefonieren oder für Internet-Pakete zur Verfügung steht. Die App listet detailliert – wenn auch mit einer gewissen Zeitverzögerung – den Verbrauch auf, sodass man hier eine brauchbare Kostenkontrolle hat. Achtung: Vorhandenes Prepaid-Guthaben verfällt nach neun Monaten, wenn kein neues Guthaben aufgeladen wird. Der Mindest-Auflade-Betrag ist 25 Dollar. Um Guthaben zu erhalten, muss man also mindestens alle neun Monate 25 Dollar einzahlen – das ergibt eine rechnerische Jahresgebühr von 33,33 Dollar.
Aufkleber-Chip macht SIM-Karten-Wechsel überflüssig
Und so funktioniert der Chip-Aufkleber technisch: Mit einer kleinen, mitgelieferten Apparatur klebt man einen hauchdünnen Chip auf die SIM-Karte des eigenen Mobilfunk-Providers – in meinem persönlichen Fall ist das O2. Der Chip-Aufkleber ist so dünn, dass die SIM auch danach noch problemlos in den SIM-Karten-Schlitz des Handys passt, auch wenn der wie beim iPhone oder meinem One Plus 3 sehr knapp bemessen ist.
Wer die Aufkleber-Variante dennoch nicht nutzen mag, kann stattdessen eine eigene SIM-Karte von Know Roaming mit der (fast) gleichen Funktionalität bestellen – dann aber mit dem Nachteil, dass man die SIM-Karte im Handy auf Reisen eben wieder auswechseln muss.
Der Aufkleber-Chip übernimmt die Steuerung der SIM: Im Inland lässt er die SIM völlig unbehelligt. Im Ausland aber übernimmt er die Kontrolle und loggt sich in die Funknetze mit seiner eigenen Kennung ein, sodass die günstigeren Tarife von Know Roaming genutzt werden.
Diese Automatik lässt sich abschalten, sodass man über die Know-Roaming-App manuell bestimmen kann, ob die Heimat-SIM oder die Funktionalität von Know Roaming aktiv ist. Das ist vor allem wichtig, wenn man sich innerhalb der EU bewegt, wo die Roaming-Gebühren inzwischen weggefallen sind und Telefonieren und Internet daher über die Heimat-SIM meist günstiger ist.
Die Sache mit dem SIM-Toolkit auf Android-Smartphones
Die App von Know Roaming ist exzellent und einfach zu bedienen. Einzige Ausnahme ist auf Android-Geräten der Bereich „Sim Toolkit“ in den Settings.
Für diese Einstellungen greift die App nämlich auf eine andere, in Android vorinstallierte App namens „SIM Toolkit“ zu, um einige Grundeinstellungen des Dienstes auf der SIM-Karte zu ändern. Also beispielsweise der manuelle Wechsel von Heim- ins Auslands-Netz oder die Einstellung, ob dies automatisch geschehen soll.
Meiner Erfahrung nach funktionieren diese speziellen Einstellungen aus der Know-Roaming-App heraus nur sporadisch. Sinnvoller ist es daher, dafür direkt auf die App „SIM Toolkit“ zurück zu greifen. Dann funktioniert es nämlich problemlos, ist nur etwas umständlicher, weil man eine andere App nutzen muss. Weiß man um diesen Zusammenhang, ist das letztlich kein Problem.
(Wie das auf iPhones technisch gelöst ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Know Roaming soll aber auch mit iPhones problemlos funktionieren.)
Whats-App weltweit kostenlos – mit einem kleinen Trick
Ein Alleinstellungsmerkmal bei Know Roaming ist die überall kostenlose Nutzung von Whats App, inklusive Sprachverbindungen. (UPDATE: seit Februar 2018 ist Whats App nur noch für 30 Tage jeweils ab Aufladung von neuem Guthaben gültig.) Der unvermeidliche Haken dabei ist, dass dazu am Smartphone natürlich die Datenverbindung eingeschaltet sein muss. Und die nutzen dann auch andere Apps am Handy, deren Daten bei Know Roaming nicht kostenfrei übertragen werden. Das ist kein Gebührentrick durch die Hintertür, sondern eben nicht anders zu machen.
Aber: Installiert man auf dem Smartphone eine Firewall-App, mit der die Datenübertragung aller anderen Apps blockiert wird, kann man Whats App tatsächlich völlig kostenfrei nutzen und damit sogar telefonieren. Update: kostenlos ist Whats App inzwischen nur noch 30 Tage jeweils ab Aufladung neuen Guthabens. Da Whats App aber im reinen Text-Modus nur wenig Daten überträgt, ist auch die Nutzung darüber hinaus, dann nach Datenvolumen-Abrechnung, unter Umständänden recht attraktiv.
Für Android habe ich die Gratis-App „Firewall ohne Root“ ausführlich getestet und für tauglich befunden.
Einmal installiert, listet die Firewall-App unter dem Reiter „Apps“ alle installierten Apps auf. Hier ist einmal etwas Arbeit nötig, um alle Apps am Handy zu sperren – bis auf Whats App. Installiert man später eine neue App, muss man auch die in der Firewall sperren. Es lohnt sich also, vor Aktivieren der Firewall immer schnell die App-Liste zu kontrollieren, damit auch wirklich alle blockiert sind.
Ist die Firewall konfiguriert, tippt man auf „Start“ und schon kommt nur noch der (kostenlose) Datenverkehr von Whats App durch.
Leider kann ich hier nur etwas zu Android-Smartphones sagen, da ich kein iPhone zum Testen habe und es hier wirklich darauf ankommt, wie die Firewall technisch funktioniert, damit sie mit Know Roaming sinnvoll zurechtkommt.
Fazit
Know Roaming ist die deutlich bequemste Möglichkeit, mit nur einer SIM-Karte überall im Ausland sowohl zu telefonieren als auch ins Internet zu gehen – und das typischerweise mit hoher Geschwindigkeit. Das kostenlose Whats App spart zusätzlich Geld beim Telefonieren und hält die Verbindung zu Familie und Freunden ständig aufrecht.
Anders als lokal gekaufte Prepaid-SIM-Karten im Ausland wird Know Roaming auch nicht deaktiviert, wenn man die SIM einmal eine Weile lang nicht nutzt.
Allerdings bringt die Funktionsvielfalt von Know Roaming eine gewisse Komplexität mit sich, die auch die sehr komfortable App nicht ganz auflösen kann. Man muss sich also etwas mit den Einstellungen beschäftigen, um nicht versehentlich etwas falsch zu machen – etwa, weil man übersieht, dass sich die Flatrate sich nicht aktiviert hat und man daher munter mit MByte-Abrechnung surft.
Letzte Anmerkung: Der Kunden-Service von Know Roaming reagiert auf E-Mails sehr schnell und kompetent. Auch das hat mich ziemlich beeindruckt.
Auch nach meinem Test bleibt die Know-Roaming-SIM in meinem Handy. Die Funktionalität hat mich überzeugt und ist einfach sehr praktisch – vor allem, wenn man so viel unterwegs ist wie ich.
Hallo, danke für die Infos. Ich habe eine Frage: wie funktioniert das mit dem Aufkleber den technisch? Berührt der Aufkleber die vorhandenen elektrischen Kontakte der SIM Karte?
ja, das ist die Idee dahinter: der Aufkleber nutzt die Elektronik der vorhandene SIM-Karte und daher natürlich auch Kontakt.