Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors

ACL kauft American Queen und drei weitere Flusskreuzfahrtschiffe aus der AQV-Insolvenz

American Cruise Lines (ACL) kauft vier Flusskreuzfahrtschiffe der insolventen Reederei American Queen Voyages, darunter den Mississippi-Raddampfer American Queen sowie die American Empress am Columbia River.

Bei einer Auktion Ende März standen die Vermögensgegenstände von American Queen Voyages (AQV) zum Verkauf: vier Flusskreuzfahrtschiffe, zwei küstennahe Hochseeschiffe, der Leasing-Vertrag für ein Alaska-Expeditionsschiff sowie Markenrechte und Ähnliches. Konkurrent American Cruise Lines (ACL) hat nun bestätigt, den Zuschlag für die vier Flusskreuzfahrtschiffe sowie einige Markenrechte erhalten zu haben – und das zu einem recht günstigen Preis.

Wie Cruise Industry News unter Bezugnahme auf Gerichtsdokumente berichtet, soll ACL für das Prachtstück der Flotte, die 1994 gebaute American Queen, 2,15 Millionen Dollar geboten haben, für die American Empress (Columbia River) und die American Countess je 1,6 Millionen und die American Duchess sogar nur 200.000 Dollar. Für weitere Assets wie Markenrechte, Webdomain und Geschäftsunterlagen sollen 750.000 Dollar fällig sein.

Seatrade Cruise News berichtet, dass das Alaska-Expeditionsschiff Ocean Victory im Sommer 2024 aufgelegt wird und für 2025 einen neuen Langzeit-Charterer für Mittelmeer-Kreuzfahrten gefunden habe. Der Charterer ist die spanische Alma Cruceros.

Für die beiden küstennahen Kreuzfahrtschiffe Ocean Voyager und Ocean Navigator habe John Waggoner, Gründer von American Queen Voyages, bei der Auktion den Zuschlag bekommen, berichtet Travel Weekly, wohl beide zusammen für weniger als zwei Millionen Dollar. Der bestätigte inzwischen und will die beiden Schiffe unter der bereits früher genutzten Marke „Victory Cruise Lines“ wieder als Kreuzfahrtschiffe auf den Großen Seen einsetzen. Starten sollen die ersten Kreuzfahrten im Frühjahr 2025.

Rasantes Wachstum bei Amerian Cruise Lines

American Cruise Lines ist ein vor allen in den vergangenen Jahren sehr schnell wachsendes US-Unternehmen und bislang der größte Konkurrent von American Queen Voyages. ACL betreibt aktuell zehn Flusskreuzfahrtschiffe auf dem Mississippi River mit Seitenflüssen sowie dem Columbia River, davon vier mit klassischem Schaufelrad am Heck. Zur ACL-Flotte gehören außerdem sieben kleine Hochsee-Kreuzfahrtschiffe für den küstennahen Betrieb in den USA plus zwei für Sommer 2024 und zwei für 2025 geplante, neue Schiffe.

Bislang hat ACL lediglich die bevorstehende Übernahme der vier AQV-Flussschiffe bestätigt, aber noch keine Angaben gemacht, in welcher Form und wann die Schiffe für ACL in Dienst gehen sollen. Die Geschäftsmodelle und die Schiffsausstattung der bisherigen ACL-Schiffe und denen der AQV-Flotte unterscheiden sich deutlich.

Im Februar 2024 hatten American Queen Voyages und deren Muttergesellschaft Hornblower Holdings Insolvenz angemeldet und den Betrieb der Kreuzfahrtschiff-Flotte von AQV eingestellt. Betroffen war davon indirekt auch Nicko Cruises in Deutschland, die in der Sommersaison Reisen auf der American Queen angeboten hatten und selbige gegenüber ihren Kunden absagen mussten.

Die Geschichte der Schiffe von American Queen Voyages

American Queen Voyages hatte bis zur Insolvenz im Februar 2024 sieben Kreuzfahrtschiffe mit einer Kapazität von insgesamt 1.635 Passagieren in der Flotte: drei Flusskreuzfahrtschiffe am Mississippi River (insgesamt 828 Passagiere), eines auf dem Columbia River (217 Passagiere) sowie in der Sommersaison zusätzlich zwei Küstenschiffe (gesamt 404 Passagiere) und ein Expeditionskreuzfahrtschiff (186 Passagiere).

Alle vier Schiffe am Mississippi und Columbia River sind – mehr oder weniger – im Stil historischer Mississippi-Raddampfer gebaut. Die authentischste von ihnen, die American Queen, verfügt sogar über eine Dampfmaschine für den Hauptantrieb über ihr Heck-Schaufelrad.

Wachstumskurs der American Queen Steamboat Company, jetzt American Queen Voyages

American Queen Voyages wurde erst vor elf Jahren als American Queen Steamboat Company (AQSC) gegründet, hat aber eine lange und bewegte Vorgeschichte. Mit der Delta Queen Steamboat Company (seit 1973) respektive der legendären Green Line reicht sie bis ins Jahr 1890 zurück.

AQSC startete 2012 zunächst mit lediglich einem Schiffen, der American Queen, am Mississippi. Im April 2014 kam die American Empress auf dem Columbia River und in der Alaska Inside Passage hinzu. Die 2003 gebaute, ehemalige Empress of the North war nach der Insolvenz von Majestic America Line ähnlich wie die American Queen fünf Jahre lang außer Dienst gewesen.

Im August 2017 kam die American Duchess am Mississippi hinzu – das zum Flusskreuzfahrtschiff umgebaute, ehemalige Casinoschiff „Bettendorf Capri“ von Isle of Capri Casinos.

2018 übernahm AQSC die Reederei Victory Cruise Lines mit den beiden Küstenschiffen Victory I und II (ex Cape May Light, Cape Cod Light). Mit diesem Deal übernahm AQSC auch die Charter für den Expeditionskreuzfahrtschiff-Neubau Ocean Victory, der schließlich im Oktober 2021 in Dienst ging und erstmals im Frühjahr 2022 für American Queen Voyages fuhr. Die Ocean Victory wird in der Wintersaison von Albatros Expeditions für Antarktis-Kreuzfahrten genutzt werden.

Auch die beiden früheren Victory-Schiffe standen bei der Auktion Ende März 2024 zum Verkauf. Gekauft hat sie letztlich ein alter Bekannter: John Waggoner, ehemals Chef von American Queen Voyages respektive American Queen Steamboat Co., will mit den beiden Schiffen im kommenden Jahr 2025 Victory Cruise Lines neu beleben.

Ein weiteres ehemaliges Casinoschiff, die „Kanesville Queen“ von Harrah’s Casino, baute AQSC zur American Countess um. Pandemiebedingt verspätet ging dieses Schiff im März 2021 in Dienst.

Im Herbst 2021 fasste das Unternehmen die Fluss- und Hochsee-Abteilungen einheitlich unter dem neuen Namen „American Queen Voyages“ zusammen. Zugleich verlegt es Unternehmen seinen Hauptsitz nach Fort Lauderdale in Florida. Bis dahin hatten Victory Cruise Lines und American Queen Steamboat Company ihren Sitz in New Albany, Indiana. Davor war American Queen Steamboat Company erst 2018 von Memphis nach New Albany umgezogen.

Die beiden 202-Passagiere-Schiffe Victory I und Victory II bekamen zugleich auch neue Namen: Oceean Voyager und Ocean Navigator. Sie sind vor allem auf den Großen Seen sowie in Neuengland und an der US-Ostküste sowie bis zu den Bahamas unterwegs und sollten ursprünglich auch nach Kuba fahren – was aber an den neuerlichen US-Sanktionen gegen Kuba scheiterte.

Zunehmende Konkurrenz am Mississippi

Parallel zum Wachstum bei AQSC respektive American Queen Voyages wuchs aber auch die Konkurrenz auf den amerikanischen Flüssen: American Cruise Lines nahm weitere Flusskreuzfahrtschiffe auf dem Columbia River und Mississippi River in Dienst, mit aktuell je fünf Schiffen am Columbia und am Mississippi sowie neun Küstenschiffen, davon zwei in Alaska. Im Sommer 2022 kam Viking mit bislang einem Schiff, der Viking Mississippi, neu auf den Markt.

Verkaufspläne für Ocean Voyager und Ocean Navigator

Erste Anzeigen für Probleme bei American Queen Voyages gab es bereits Ende Juni 2023, als das Unternehmen ankündigte, die beiden küstennahen Kreuzfahrtschiffe Ocean Voyager und Ocean Navigator im November 2023 nach Abschluss der Sommersaison verkaufen zu wollen, ohne aber bereits einen Käufer zu benennen. Die Unmöglichkeit, die beiden Schiffe ganzjährig zu betreiben und die dadurch entstehenden Unterhaltskosten außerhalb der Saison hätten den Betrieb der beiden Schiffe unwirtschaftlich gemacht, erklärte AQV dazu.

Victory II (Bild: Victory Cruise Lines)
Victory II, aktuell: Ocean Navigator (Bild: Archiv / Victory Cruise Lines)

Die beiden Victory-Schiffe wurden ursprünglich als „Cape May Light“ und „Cape Cod Light“ von Delta Queen Steamboat Company gebaut worden, der damals auch die American Queen gehörte. Nach Zahlungsschwierigkeiten der Reederei gingen die beiden Schiffe mehrfach an neue Eigentümer und kehren mit dem Kauf von Victory Cruise Lines letztlich zum Nachfolger der ursprünglichen Reederei zurück.

Die Flotte von American Queen Voyages bis zur Insolvenz 2024:

Mississippi River und Seitenflüsse:

  • American Queen (1995, renoviert 2017; 417 Passagiere) – jetzt von ACL übernommen
  • American Duchess (1996, 2017 zum Kreuzfahrtschiff umgebaut; 166 Passagiere) – jetzt von ACL übernommen
  • American Countess (1996, 2020 zum Kreuzfahrtschiff umgebaut; 245 Passagiere) – jetzt von ACL übernommen

Columbia River, Snake River:

  • American Empress, ex Empress of the North (2003, 2014 renoviert; 217 Passagiere) – jetzt von ACL übernommen

Nordamerika, küstennah:

  • Ocean Voyager, ex Victory I, ex Cape May Light (2001, 2019 renoviert; 202 Passagiere)
  • Ocean Navigator, Victory II, ex Cape Cod Light (2001, 2019 renoviert; 202 Passagiere)

Expedition/Alaska:

  • Ocean Victory (2021, für die Sommer-Saison gechartert bis 2025; 186 Passagiere)            

Flaggschiff von American Queen Voyages: die American Queen

Das Flusskreuzfahrtschiff American Queen ist im Stil historischer Mississippi-Raddampfer gebaut, die Heck-Schaufelräder werden mit echten Dampfmaschinen angetrieben. Die American Queen ist der größte je gebauter Fluss-Raddampfer und hat zusätzlich zwei Z-Drives zur Unterstützung beim Antrieb, außerdem verfügt das Schiff über Bugstrahlruder zur besseren Manövrierbarkeit.

American Queen (Bild: Hornblower / American Queen Voyages)
American Queen (Bild: Hornblower / American Queen Voyages)

Die American Queen – 1995 in Betrieb genommen und von der US-Behörde Marad finanziert – lag nach der Insolvenz von Majestic America Line lange auf einem See nahe Beaumont in Texas auf Reede, wo die Marad zahlreiche von ihr mitfinanzierte Schiffe parkt, deren Eigentümer in Konkurs gegangen sind.

Das 436-Passagiere-Schiff fuhr lange für die Delta Queen Steamboat Company, die über die Jahre mehrfach den Besitzer wechselte und nach dem Verkauf an Ambassadors International zur „Majestic America Line“ wurde. Ende 2008 ging Ambassadors International, zu der zu dieser Zeit auch Windstar Cruises gehörte, in die Insolvenz und stellte den Dienst ein.

2012 ging sie dann für die neu gegründete American Queen Steamboat Company (AQSC) nach mehrjähriger Pause wieder in den Kreuzfahrtbetrieb, am 27. April 2012 in Memphis neu getauft von Priscilla Presley in Memphis. AQSC hatte sie für 1,5 Millionen Dollar von der US-Behörde Marad, die das Schiff ursprünglich finanziert, nach der Insolvenz von Majestic America Line übernommen und aufgelegt hatte.

Delta Queen Steamboat Company, Majestic America Line

Bis zur Jahrtausendwende war das Unternehmen Delta Queen Steamboat Company (DQSC), das aus dem Familienbetrieb Green Line hervorgegangen war, erfolgreich und betrieb neben der historischen Delta Queen auch die neueren Schiffe Mississippi Queen und American Queen.

Delta Queen in Chattanooga
Delta Queen in Chattanooga (Archivbild)

Am 19. Oktober 2001 beantragte American Classical Voyages, die Muttergesellschaft der Delta Queen Steamboat Co., Insolvenz nach Chapter 11 und Delaware North Companies Inc. übernahm DQSC. 2006 wurde das Unternehmen erneut verkauft, diesmal an Ambassadors International, die eine neue Kreuzfahrtgesellschaft namens Majestic America Line gründeten. Doch schon 2008 ging auch Majestic America Line pleite.

Zu dem Zeitpunkt gehörten zu Majestic America Line neben der American Queen auch die historische Delta Queen (Mississippi River, aktuell außer Dienst), die Columbia Queen (Columbia River, aktuell außer Dienst) und Queen of the West (Columbia River, jetzt als „American West“ bei American Cruise Lines), Empress of the North (heute „American Empress“, Columbia River) und Contessa (Alaska).

Mississippi Queen (Archiv)

Ebenfalls in der Flotte von Majestic America Line fuhr die 1976 gebaute Mississippi Queen, die nach vielen gescheiterten Rettungsversuchen letztlich 2009 verschrottet wurde. Die Delta Queen gehört heute einer privaten Investorengruppe, die seit vielen Jahren erfolglos versucht, das historische Schiff wieder in den Kreuzfahrtbetrieb zu bringen. IN jüngster Zeit kommt offenbar wieder Bewegung in die Sache. Zumindest haben die Eigentümer mit einer kleinen Social-Media-Kampagne begonnen, um die Delta Queen wieder in Erinnerung zu rufen.

Kommentar schreiben

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

Schreibe einen Kommentar

E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.

Hinweis: Neue Kommentare werden aus technischen Gründen oft erst einige Minuten verzögert angezeigt.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner