Wie viel CO2-Ausstoß eine Kreuzfahrt verursacht, lässt sich am einfachsten mit einem Klimarechner ermitteln – und gegebenenfalls auch direkt per Ausgleichszahlung kompensieren. Nachdem Atmosfair den Kreuzfahrtschiff-Klimarechner eingestellt hat, ist My Climate derzeit der einzige Anbieter.
Mit gekennzeichnete Links sind Affiliate-Links. Wir erhalten eine Provision, wenn über diese Links ein Onlinekauf erfolgt – ohne Mehrkosten für Sie. Ihr Klick hilft bei der Finanzierung der unabhängigen und kostenlosen cruisetricks.de-Beiträge.
Sehen Sie zum Thema Akkus auch unser Video mit Details und Kritikpunkten: „CO2-Kompensation„.
Kompensation ist ein schwieriges Thema, denn es macht CO2-Ausstoß nicht ungeschehen. Anders als der gern zitierte, mittelalterliche Ablasshandel der katholischen Kirche verhindert die Kompensation im Idealfall aber an anderer Stelle die Entstehung von CO2 gleicher Menge. Wie gut das funktioniert, hängt von der Qualität des jeweiligen Projektes ab – und da muss man im Wesentlichen den Organisationen wie Atmosfair oder My Climate vertrauen.
Der derzeitige Klimarechner von My Climate berücksichtigt Kabinengröße, Bettenzahl in der Kabine, Kreuzfahrtdauer und Anzahl der Seetage und ermittelt daraus die anteilige Menge an CO2-Ausstoß. Dieser Wert wird dann in eine Kompensationszahlung umgerechnet.
Bei einer siebentägigen Kreuzfahrt in einer Standardkabine, belegt mit zwei Personen auf einem Schiff mit mehr als 3.000 Passagieren ergibt diese Rechnung beispielsweise einen CO2-Ausstoß von 1.300 Kilogramm pro Person, was My Climate in einen Betrag von 29 Euro umrechnet. Per Spendenbescheiningung von My Climate ist das dann sogar steuerlich absetzbar.
Intransparente Berechnungswege für die CO2-Menge
Atmosfair hatte bei seinem früheren Klimarechner für eine ähnliche Kreuzfahrt einen CO2-Wert von 3.300 Kilogramm und eine Kompensationszahlung von 69 Euro errechnet. Wie diese Werte jeweils zustande kommen, ist nicht sonderlich transparent. Insbesondere unterscheiden sich die errechneten CO2-Werte erheblich von den Durchschnittswerten, die Reedereien wie AIDA oder TUI Cruises in ihren Umweltberichten nennen – mehr dazu weiter unten.
Unberücksichtigt bleibt bei den Berechnungen des aktuellen Klimarechners von My Climate besonders aber das Alter des Schiffs, das typischerweise einen erheblichen Einfluss auf den Treibstoffverbrauch und damit auf den CO2-Ausstoß hat. Ebenfalls ganz entscheidend – zugegebenermaßen in einem Werkzeug wie einem Klimarechner auf einer Website kaum einzurechnen – ist die tatsächlich gefahrene Distanz auf der jeweiligen Kreuzfahrt-Route. Denn zu Hafenliegezeiten ist der Verbrauch wesentlich niedriger als auf See und dort wiederum stark abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit.
Atmosfair aus der Kompensation für Kreuzfahrten ausgestiegen
Atmosfair bietet seinen Kompensationsrecher für Kreuzfahrten indes nicht mehr an. Als Grund gibt Atmosfair an, dass man seine Einschätzung geändert habe. Früher hatte die Organisation unter anderem Kooperationen mit Hapag-Lloyd Cruises und AIDA.
Die Organisation teilt uns auf Anfrage mit: „Die Klimaschutzinitiativen der Kreuzfahrtbranche erscheinen uns in Anspruch und Geschwindigkeit als deutlich zu wenig für die Pariser Klimaziele. Deswegen haben wir unsere Einschätzung geändert. Beispielsweise wird synthetisch erzeugtes und damit klimaneutrales LNG als Treibstoff noch nicht aufgegriffen. Bei dem unzureichenden Eigenbeitrag der Branche würde die CO2-Kompensation das falsche Signal senden.“
Journalisten-Kollege und Kreuzfahrt-Analyst Thomas Illes sieht übrigens in einem lesenswerten Interview für das Schweizer Portal Travelnews mit dem Titel „Die Cruise Industrie verhielt sich zu zögerlich“ ebenfalls Defizite. Er stellt aber auch heraus, dass die Kreuzfahrtindustrie immer wieder wichtige Beiträge für das Vorankommen des Umweltschutzes in der Schifffahrt insgesamt geleistet habe, das aber zu wenig kommuniziere und zugleich Dinge verspreche, die nicht haltbar seien und vorhandene Probleme verschweige.
CO2-Ausstoß einer Kreuzfahrt selbst berechnen
Je nach Reederei ist es aber auch nicht schwierig, den ungefähren CO2-Ausstoß einer Kreuzfahrt selbst zu ermitteln und den entsprechenden CO2-Wert dann bei Atmosfair oder My Climate direkt zu kompensieren oder den Betrag anderweitig an Klimaprojekte zu spenden.
AIDA weist den durchschnittlichen CO2-Ausstoß pro Passagier und Tag in seinem Umweltbericht „AIDA cares“ aus. Für 2018 waren das 59,8 Kilogramm pro Passagier und Tag für direkte CO2-Emissionen an Bord.
TUI Cruises weist die CO2-Werte ebenfalls im Umweltbericht auf. Dort kommt man auf nahezu denselben Wert für 2018, nämlich 58,22 Kilogramm pro Passagier und Tag.
Zum Vergleich: Ein Diesel-PKW stößt pro verbranntem Liter Treibstoff 2,65 Kilogramm CO2 aus, bei Benzin-Motoren sind es 2,37 Kilogramm (Quelle: Dekra).
Die Werte aus den Umweltberichten auf einzelne Schiffe oder Reisen herunterzubrechen, ist dagegen kaum möglich, weil die nötigen Daten dafür fehlen. Als Faustregeln helfen: Je größer und jünger das Schiff, desto geringer sind die Emissionswerte, weil der Treibstoffverbrauch dieser Schiffe pro Passagier teils deutlich niedriger ist. Und auch die Fahrt-Route hat großen Einfluss auf den CO2-Ausstoß: Je größer die zurückgelegte Fahrstrecke und je höher die Geschwindigkeit des Schiffs, desto höher ist auch der CO2-Ausstoß.
Eine weitere Variante ist die Buchung bei einem Reisebüro, das sich um die CO2-Kompensation kümmert.
Reedereien gehen unterschiedliche Wege
Die beiden größten, deutschen Reedereien gehen bei der Klimakompensation unterschiedliche Wege. Während TUI Cruises seien Kunden die Dienste von My Climate empfiehlt, hat AIDA die 2015 vereinbarte Kooperation mit Atmosfair 2018 beendet. Viel zu wenige Kunden seien bereit gewesen, freiwillig den CO2-ihrer Kreuzfahrten zu kompensieren. Daher, so ein AIDA-Sprecher, investiere man jetzt lieber direkt in Technologien, die den CO2-Ausstoß der Schiffe langfristig deutlich reduzieren können.
Die Gegenrechnung wird nie wirklich aufgemacht: Während der Kreuzfahrt verbrauche ich an anderer Stelle keine Energie. Ich heize nicht, ich koche nicht, ich verbrauche kein Warmwasser. Ich fahre kein Auto. Das sollte man ehrlicher Weise auch berücksichtigen.
Vollkommen richtig. Das Thema ist sehr komplex. Und zu jedem Argument könnte einen auch wieder ein Gegenargument einfallen, je nach Sichtweise. Wenn beispielsweise versucht, eine Kreuzfahrt mit einem Urlaub an Land zu vergleichen, würde der Nicht-Verbrauch zu Hause wiederum nicht zu Buche schlagen. Der Knackpunkt bei dem ganzen Thema Klimaschutz ist. Es bringt nichts, irgend etwas gegeneinander aufzurechnen. Das einzige Ziel, das wirklich relevant ist, lautet: Weniger (am besten gar kein) zusätzliche CO2 mehr ausstoßen. Aber das ist leider ein sehr langsamer, gesellschaftlicher Prozess, bis auch nur das Bewußtsein dafür reift …
Eine Gegenrechnung ist zumindest nicht sinnvoll für irgendeinen Nichtverbrauch. Gegenrechnungen vergleichen Verbräuche für unterschiedliche Szenarien. Man kann also eine Reise mit einem Zuhausebleiben vergleichen.
Ernsthaft?
„Zum Vergleich: Ein Diesel-PKW stößt pro verbranntem Liter Treibstoff 2,65 Kilogramm CO2 aus, bei Benzin-Motoren sind es 2,37 Kilogramm“
Das soll mir mal jemand erklären wie ein Liter Treibstoff (der eine Masse zwischen 750g (Benzin) und 850g (Diesel) hat) nach dem Verbrennungsprozess seine Masse auf das bis zu dreifache an Abgasen erhöhen kann. Das wäre ja ein toller Trick: Mit interner Verbrennung Materie aus dem Nichts erschaffen.
@Archer: Das ist ziemlich einfach erklärt: Nur der Kohlenstoff kommt vom Kraftstoff, der Sauerstoff aus der Umgebungsluft. CO2 bedeutet: ein Teil Kohlenstoff, zwei Teile Sauerstoff. Der Kohlenstoff bindet bei der Verbrennung die doppelte Menge Sauerstoff und wird zu CO2.
@Archer, abgesehen davon dass Franz Neumeier mit seiner Erklärung Recht hat, ist auch noch zu bedenken, dass Emissionswerte idealerweise nicht nur die direkten Emissionen (also vor Ort entstehendes CO2 durch Verbrennung) sondern auch die sogenannte „Vorkette“ beinhalten, d.h. einen Aufschlag für Emissionen die entlang der Wertschöpfungskette entstanden sind durch beispielsweise Förderung, Aufbereitung und Transport (z.B der Tanklaster, der das Benzin überhaupt erst zur Tankstelle bringt).