Die Vasco da Gama, einst als „Statendam“ bei Holland America Line und zuletzt bei Transocean, ist nach den Wirren der Pandemie wieder am deutschen Markt präsent: Bei Nicko Cruises fährt das Kreuzfahrtschiff seit Juli 2021 mit maximal 1.000 Passagieren. Wir haben ein Interview mit Mystic Cruises CEO Ferdinand Strohmeier geführt, uns das Schiff auch vor Ort noch einmal genau gesehen und nach einer weiteren Kurzreise im September 2023 den Beitrag an einigen Stellen aktualisiert.
Mystic Cruises hat die Vasco da Gama im Oktober 2020 aus der Insolvenzmasse von CMV/Transocean ersteigert und etwas mit ihr gemacht, das bei einem recht alten Kreuzfahrtschiff, Baujahr 1993, sehr selten geschieht: Neben Renovierungen und kleineren Umbauten hat das Schiff in der portugiesischen Lisnave-Werft nahe Lissabon eine umfassende, technische Modernisierung erhalten.
Die Vasco da Gama erfüllt damit nicht nur „gerade einmal so“ die aktuellen Umweltvorschriften, sondern geht sehr deutlich darüber hinaus. Dazu mehr im Beitrag „Die technische Modernisierung der Vasco da Gama im Überblick“.
Die Vasco da Gama ist abseits all der Pandemie-Wirrnisse weiterhin ein sehr schönes, relativ kleines Kreuzfahrtschiff. In unserem Beitrag „Vasco da Gama: Klassisches Kreuzfahrtschiff mit viel Holz und liebevollem Design“ haben wir die Vasco da Gama 2019, einige Monate vor der Pandemie, bereits ausführlich vorgestellt.
In diesem Beitrag gehe ich daher vor allem auf Neuerungen und Veränderungen ein, insbesondere auf die technischen Umbauten und Modernisierungen sowie auf Essen und Service bei Nicko Cruises. Eine neue Bildergalerie zur Vasco da Gama zeigt Unterschiede im Detail zu ihrer kurzen Zeit bei Transocean auf.
Spielkasino weicht einer neuen, größeren Sports Lounge
Eine wesentliche Änderung hat Nicko Cruises für den deutschen Markt vorgenommen: Es gibt kein Spielkasino mehr an Bord der Vasco da Gama. Der bisherige Casino-Bereich ist Teil des Sports Clubs (der bei Transocean noch Casino Lounge hieß).
Die neuen Teppiche und Sitzmöbel im Sports Club sind gediegener und weniger farbenfroh als zuvor. Dafür sind die Deckenleuchten etwas bunter, in der Form aber nun einheitlich.
Atrium mit neuen, alten Flair
Eine recht einfache, aber wirkungsvolle Maßnahme gibt dem großen, drei Decks hohen Atrium sein altes Flair zurück: Transocean hatte die großflächige Wandverkleidung aus Messing komplett mit einem dunkelblauen Vorhang verdecke …
… den Nicko Cruises wieder entfernt hat. Das gibt dem Atrium die frühere, wenn auch ein wenig altmodische Eleganz zurück, die es einst auch bei Indienststellung des Schiffs als Statendam bei Holland America Line hatte.
Die Foto-Galerie, die auf Deck 7 ans Atrium anschließt, ist übrigens nun komplett digitalisiert, Papierfotos gibt’s nur noch bei tatsächlicher Bestellung, sodass hier viel umweltschädliche Fotochemie und Papiermüll eingespart werden kann.
Vordeck für Passagiere nicht mehr zugänglich
Weniger erfreulich ist eine Änderung, die Nicko Cruises möglichst schnell wieder korrigieren sollte: Das Vordeck, eines der herausragenden Features dieses Kreuzfahrtschiffs, ist nicht mehr für Passagiere zugänglich, laut Nicko Cruises aus Sicherheitsgründen.
Abgeschafft hat Nicko Cruises auch die Waschsalons, die es auf diesen Schiff noch auf einigen Passagierdecks gab. Auf neueren Schiffen gibt es solche Räume, in denen Passagiere ihre Wäsche selbst waschen, trocknen und bügeln können, ohnehin nicht mehr. Gerade auf längeren Reisen haben sie aber durchaus ihre Fans.
Belegung mit höchstens 1.000 Passagieren
Nicko Cruises reduziert die Passagierzahl auf der Vasco da Gama auf rund 1.000 Passagiere. Hauptsächlich bedeutet das ein noch besseres Verhältnis von Platz pro Passagier, als das Schiff es ohnehin schon bietet. Die Reduzierung entsteht vor allem dadurch, dass bisherige 3er- und 4er-Kabinen nur noch mit zwei Passagieren belegt werden. Auch nach Ende der Pandemie soll die Passagierzahl nicht über 1.000 steigen.
Mystic-Cruises-CEO Ferdinand Strohmeier setzt das im cruisetricks.de-Interview ins Verhältnis: „AIDA hat 34 bis 32 BRZ pro Passagier. TUI hatte immer das Ziel, das Verhältnis bei rund 40 zu halten, was schon eine Herausforderung war. Aber bei der Vasco de Gama hatten wir beschlossen, knapp unter 1000 Gästen zu bleiben, auch wenn das bei Dreifachbelegung 1.750 Gäste aufnehmen kann. Das heißt, wenn man 1.000 durch 55.000 BRZ teilt, hat man ein wirklich hohes Raumverhältnis im Vergleich zu anderen Schiffen.“
Strohmeier ergänzt: „Dazu kommt noch das Besatzungsverhältnis. Man darf nicht vergessen, dass AIDA normalerweise ein Besatzungsverhältnis von 3,7 bis manchmal sogar 4 hat. Bei TUI hatten wir ein viel besseres Verhältnis, wir hatten 2,5 bis 2,6. Und hier haben wir ein Crew-Verhältnis, das bei 1,9 liegt.“
Renovierung der Passagierbereiche
Besonders viel investiert hat Mystic Cruises am Pooldeck: Allein 300.000 Euro gingen hier laut CEO Strohmeier in den Austausch von blind gewordenen Glaselementen. Zuvor seien die Fenster teils mit Vorhängen verhängt gewesen, um die Schäden zu kaschieren. Vorhänge gibt es nun an den Fensterfronten des Pools nicht mehr.
Insgesamt, so Strohmeier, habe man an ganz vielen Stellen angeschlagene, beschädigte oder zerkratzte Möbel ausgetauscht. Im großen Hauptrestaurant Waterfront sei deshalb auch die komplette Wanderkleidung ausgetauscht worden. Besonders viel renoviert habe man auch im asiatischen und im italienischen Restaurant, Waterfront Eurasia und Mediterranea.
An Bord fallen viele der Renovierungen nicht direkt ins Auge, tragen aber zu einem gepflegten Gesamteindruck bei. Auf einem Schiff dieses Alters fällt das durchaus positiv auf.
Kabinen und Suiten
Einiges renoviert hat Nicko Cruises auch in den Kabinen und Suiten. So wurden die etwas altbackenen, dunklen Leder-Sofas ersetzt, ebenso die Sessel. Neue Teppiche, Textilien und Deko geben den Kabinen einen moderneren Look. Dazu trägt auch bei, dass der angedeutete Raumteiler jetzt eine moderne, filigrane Struktur hat.
Neu sind auch die Möbel auf den Kabinenbalkonen sowie das Flachbildschirm-TV-Gerät.
Den 29 Suiten hat Nicko Cruises ein umfangreicheres, optisches Make-over verpasst und unter anderem auch hier die altmodischen, dunklen Leder-Sofas verbannt.
Geplant, aber noch nicht umgesetzt ist für die Suiten-Passagiere eine exklusive Lounge im ehemaligen „Life“-Fotostudio auf Deck 10. Aktuell ist dieser Raum ungenutzt.
Anhand unserer beiden Bildergalerien der Vasco da Gama aktuell bei Nicko Cruises und von vor zwei Jahren 2019 bei Transocean können Sie alle Details vergleichen.
Witziger Aspekt für Spurensucher: Sieht man sich die Schilder mit den Kabinen-Nummern genau an, erkennt man unter der goldfarbenen Folie mit den Kabinennummern noch das Logo von P&O Cruises, das sich ein wenig durchdrückt – vor Transocean fuhr das Schiff ja einige Jahre als „Pacific Eden“ für P&O Cruises Australia.
Günstige Einzelkabinen und Kinder-Ermäßigungen
Da Nicko Cruises nicht alle verfügbaren Betten auf der Vasco da Gama belegt, sondern sich auch rund 1.000 Passagier beschränkt, entsteht Spielraum für einige Preis-Vorteile für Passagiergruppen, die sonst für eine Kreuzfahrt häufig sehr tief in die Tasche greifen müssen.
So gibt es beispielsweise auf jeder Reise ein gewisses Kontingent zur Einzelbelegung von Doppelkabinen mit einem Zuschlag von nur 15 Prozent. Bei Alleinreisenden mit Kind gewährt die Reederei in der Doppelkabine 50 Prozent Kinderermäßigung. Und Kinder unter 16 Jahren reisen bei zwei voll zahlenden Erwachsenen kostenlos in einer eigenen Kabine mit Verbindungstür. Ab 16 Jahren gibt es einen Pauschalpreis von 80 Euro pro Person und Nacht.
Crew, Essen, Entertainment
Keine detaillierte Einschätzung zum Essen, dem Service und der Crew sowie insbesondere zum Entertainment kann ich nach meiner kurzen, zweitägigen Stippvisite auf der Vasco da Gama auf dem Weg von Bremerhaven nach Amsterdam geben – aber doch einen ersten Eindruck, der durchaus positiv ausfällt.
Die junge Crew ist großteils engagiert, freundlich und fröhlich und wartet bereits nach wenigen Wochen im Dienst mit recht guten Deutschkenntnissen auf.
Das Essen habe ich auf der ersten Reise als vielfältig, kreativ und gut erlebt. Auf der zweiten Reise im September 2023 war dagegen das Buffet mittags relativ eintönig – zwar vielfältig, aber jeden Tag sehr ähnlich. Bei den drei Hauptrestaurants Waterfront, Mediterranea und Fusion wechselt das stark traditionell-deutsch orientierte Menü täglich, allerdings sind die beiden zur Auswahl stehenden Hauptgerichte in allen drei Restaurants die gleichen, beispielsweise Ossobucco und Red Snapper, lediglich passend zum Restaurant-Thema etwas anders gewürzt und teils mit anderen Beilagen.
Mein Filetsteak etwa kam genau wie bestellt „medium-rare“, Fisch war einmal gerade noch glasig (Baramundi), zweimal aber trocken-durchgebraten (Steinbutt-Röllchen) beziehungsweise sehr fest (Vorspeise Peterfisch). Die Auswahl zum Frühstück ist sehr gut sortiert mit verschiedenen Brotsorten, Müslizutaten mit Trocken- und frischen Obst und einem guten Bircher-Müsli. Ein Highlight ist die Wok-Station im Buffet-Restaurant mit individuell zusammenstellbaren und a-la-minute zubereiteten Wok-Gerichten.
Die Cocktails an der Bar sind vielfältig, recht gut gemacht und mit einem Preis von zumeist 7,20 Euro für die Premium-Cocktails sehr preiswert, wie auch die übrigen Getränke. Von guter Qualität war auch der im Getränkepaket enthaltene Tischwein.
Wegen eines Problems mit der Tonanlage fiel eine abendliche Show im Theater aus, sodass ich dazu keine Erfahrung teilen kann. Grandios ist jedenfalls der Kreuzfahrtdirektor mit der Situation umgegangen: Er unterhielt die wartenden Passagiere unter Einbeziehung des Publikums aus sehr witzige und kurzweilige Weise rund eine halbe Stunde lang. Update September 2023: Bei einer Kurzreise konnte ich nun eine komplette Show sehen, Thema „Rockmusik“ mit vier Tänzerinnen sowie je zwei Sängern und Sängerinnen – recht gut, unterhaltsam und für dieses Schiff passend, es reicht aber nicht an die extrem hohe Qualität der großen, amerikanischen Kreuzfahrtschiffe heran.
Vielversprechend sind die sehr guten Bar-Musiker: eine Pianistin, eine Solo-Sängerin, eine kleine Band sowie ein mitreißender, südamerikanischer Gitarrist.
Im zweiten Teil des Beitrags zur Vasco da Gama gehe ich ausführlich auf die technische Modernisierung des Schiffs ein: „Die technische Modernisierung der Vasco da Gama im Überblick“.