Das Abgasreinigungssystem eines Kreuzfahrtschiffs, oft einfach „Scrubber“ genannt, filtert Schadstoffe aus den Abgasen der Schiffsmaschinen – insbesondere Schwefeloxide, aber auch Ruß und größere Feinstaub-Partikel. Auf der Mein Schiff 5 habe ich mir dieses Reinigungssystem ganz aus der Nähe angesehen.
Bei meiner Reise auf der Mein Schiff 5 im August 2016 hat Umweltoffizier Athanasios Kallikis mir in einem Interview die Funktionsweise des Scrubbers direkt vor Ort erklärt. Außerdem konnte ich sowohl den Überwachungsmonitor für die Abgas-Nachbehandlung im Maschinenkontrollraum fotografieren, als auch ganz oben auf Deck 15 den Betriebsraum des Schornsteins und der Filteranlage. Zu viel darf man dabei aber nicht erwarten, denn im laufenden Betrieb direkt in den Abgas-Strom hineinschauen ist natürlich nicht möglich.
Ganz unkompliziert ist das übrigens nicht, denn strenge Sicherheitsvorschriften setzen einige schiffsinterne Genehmigungen voraus, bevor man in diese Bereiche des Schiffs vordringen darf.
Im Bereich des Schornsteins auf Deck 15 konnte ich auch einen Blick auf die Sensoren werfen, die sicherstellen, dass der Filter auch wirklich zu jeder Zeit so funktioniert, wie er soll. Ein kleiner Teil des Abgas-Stroms wird dafür aus dem Schornstein heraus abgeleitet und zu einem kleinen Metallschrank in einem Betriebsraum direkt am Schornstein geführt. Dort messen Sensoren permanent den Schadstoffgehalt der Abgase und geben Alarm, falls die Werte zu hoch sind.
Filterleistung der Abgasnachbehandlung der Mein Schiff 5
Der Scrubber der Abgasnachbehandlung der Mein Schiff 5 – ebenso wie auf der Mein Schiff 3 und 4 – reduziert den Gehalt an Schwefeloxide in den Abgasen um bis zu 99 Prozent. Der Partikel-Ausstoß reduziert sich um bis zu 60 Prozent, wobei ein Scrubber hier insbesondere Ruß und gröbere Partikel filtert.
Im Open-Loop-Betrieb wird das Waschwasser des Scrubbers an Bord von Schadstoffen gereinigt, bevor es ins Meer zurück geleitet wird. Da das Waschwasser einen sehr niedrigen PH-Wert hat, kommt dieser Betriebsmodus nur auf offener See zum Einsatz, da sich hier das Waschwasser sehr schnell mit großen Mengen Meerwasser vermischt und der PH-Wert sofort wieder ansteigt. Open Loop ist in manchen Gebieten bereits verboten, beispielsweise in den Schutzzonen in China, aber beispielsweise auch in Belgien und in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Massachusetts und ab 2020 in Singapur.
Im geschlossenen Modus (closed loop) wird kein Wasser ins Meer abgegeben. Die in beiden Modi herausgefilterten Schadstoffe werden in Tanks gelagert und später an Land entsorgt.
Zusätzlich verfügen die TUI-Cruises-Schiffe seit dem Neubau Mein Schiff 3 über einen SCR-Katalysator (Selective Catalytic Reduction), der Stickoxid-Emissionen um bis zu 75 Prozent reduziert. Vorgeschrieben ist ein solcher Filter übrigens erst für Schiffsneubauten mit Kiellegung ab dem 1. Januar 2016.
Umweltoffizier Athanasios Kallikis im Interview
Als Umweltoffizier ist Athanasios Kallikis an Bord der Mein Schiff 5 dafür verantwortlich, dass alle Gesetze, Richtlinien und interne Unternehmens-Vorgaben zum Thema Umweltschutz eingehalten werden. Dazu gehören unter anderm die Bereiche Müll, Chemikalien an Bord, Wasser- und Luft-Reinhaltung, aber auch das entsprechende Training der Crew und Informationen für die Passagiere. Im cruisetricks.de-Interview erklärt er einige Details zum Scrubber-System der Mein Schiff 5.
Können Sie in einfachen Worten erklären, wie das Filtersystem funktioniert?
Der Scrubber ist ein System mit wahlweise offenem oder geschlossenem Kreislauf. Die Mein Schiff 3 war das erste Kreuzfahrtschiff mit diesem System. Im Open-Loop-Modus benutzen wie Salzwasser, das wir aus dem Meer pumpen, ungefähr 400 Tonnen pro Stunde. Das wäscht die Abgase, um den Grenzwert von 0,1 Prozent Schwefel zu erfüllen.
Im Closed-Loop-Modus, den wir vor allem im Hafen und in speziell geschützten Gebieten anstelle des Open-Loop-Modus nutzen, verwenden wir Süßwasser, dem wir eine basische Chemikalie zusetzen. Die Rückstände aus dem Waschvorgang gehen in einen eigenen Tank, das Wasser wird nach den vorgegebenen Standard gereinigt.
Das Scrubber-System reicht übrigens von ganz unten bis ganz oben im Schiff, von Deck Null bis Deck 15 im Schornstein.
Was genau passiert zwischen Deck Null und Deck 15, wie wird Abgas „gewaschen“ ?
Einfach ausgedrückt: Das Wasser läuft durch ein Röhrensystem und wird mit hohem Druck in die Abgase gesprüht, die von den Maschinen kommen. Dabei werden Schadstoffe ausgewaschen und das Ergebnis sieht man oben am Schornstein quasi als weißen Rauch aufsteigen.
Das System ist vom Hersteller Wärtsila. Wir haben vier Maschinen an Bord, zwei große, zwei kleine. Die Abgase aus allen vier Maschinen werden so behandelt. Es gibt zwei große Türme mit dem Filtersystem, einen für die Maschinen im vorderen und einen für die im hinteren Maschinenraum.
Wie stellen Sie sicher, dass das Filtersystem immer vorschriftsmäßig funktioniert?
Wir haben ein spezielles Überwachungssystem und ein großes Team an Maschinisten, die daran arbeiten. Wir haben zwei Scrubber-Maschinisten an Bord, die nur dafür zuständig sind, und ein Team, das mit ihnen arbeitet.
Es gibt Sensoren, durch die das Wasser durch läuft, sodass wir genau sehen können, dass die Werte den Vorgaben entsprechen. Diese Vorgaben kommen sowohl aus den MARPOL-Standards als auch aus unternehmensinternen Definitionen.
Wenn das Wasser nicht den Vorgaben entspricht, geht es noch einmal zurück in den Reinigungszyklus.
Ist das System sicher vor Manipulationen? Können Behörden das kontrollieren?
Natürlich. Das System ist von der Klassifizierungsgesellschaft DNV abgenommen. Da gibt es eine genaue Dokumentation und die Klassifizierungsgesellschaft prüft alles genau, bevor wir es im Regelbetrieb einsetzen dürfen.
Wie hoch ist der zusätzliche Energieverbrauch durch den Betrieb der Scrubber?
Ich denke, das erhöht den Energieverbrauch nicht nennenswert. Tatsächlich verbessert das Gesamtsystem auf Mein Schiff 3, 4 und 5 die Energieeffizienz ja schon ganz enorm. Also darum muss man sich keine Sorgen machen.
Sie setzen das Filtersystem auch in Fahrtgebieten ein, wo es nicht vorgeschrieben ist?
Wir betreiben das System nicht nur nach Hafen-Vorgaben oder in Schutzzonen wie ECA und europäischen Häfen, wir lassen es durchgehend laufen.
Was passiert, wenn das System funktioniert nicht richtig? Wie halten Sie dann die Grenzwerte ein?
In solchen Gebieten betreiben wir das System bereits im Closed-Loop-Modus, beispielsweise in der Ostsee. Für den Fall, dass etwas schief gehen sollte, haben wir immer noch MGO (Anm.: Marine Gas Oil = schadstoffarmer Treibstoff) an Bord, auf das wir umschalten können.
Wir danken Athanasios Kallikis für den Blick hinter die Kulissen und das Interview!