Nur einige Stunden war der Facebook-Post des Gemeindepräsidenten von Thiera auf Santorini online, doch er hatte es in sich: Er warnte die Einheimischen vor den rund 17.000 Kreuzfahrt-Touristen, die für den folgenden Tag erwartet würden und forderte die Einheimischen auf, möglichst zu Hause zu bleiben.
Verzweifelte Situationen führen manchmal zu verzweifelten Aktionen: Panos Kavallaris postet am Dienstag, 23. Juli 2024, auf Facebook eine „Notfall-Ankündigung“: Ein weiterer schwieriger Tag stehe der Stadt bevor, wenn 17.000 Kreuzfahrt-Touristen hier ankommen. Deshalb sollten die Einheimischen ihre Bewegungen so weit wie möglich einschränken. Es war nicht als Vorschrift, als formeller „Lockdown“ gedacht, aber doch eine klare und deutliche Aufforderung, an diesem Overtourismus-Chaostag zu Hause zu bleiben.


Nach heftigen Reaktionen der Bürger löschte der Gemeindepräsident den Beitrag. Eine lokale Tageszeitung kommentiert: „Selbst wenn man annimmt, dass die Ankündigung ‚mit den besten Absichten‘ gemacht wurde, ist es offensichtlich, dass die Situation in Santorini außer Kontrolle geraten ist.“

Lokale Medien auf Santorini zitieren den Bürgermeister von Santorini, Nikos Zoros, mit der Ankündigung, ab 2025 wieder eine Obergrenze von 8.000 Kreuzfahrt-Passagieren pro Tag einzuführen. Für 2024 habe man das nicht mehr umsetzen können, weil die Planungen der Reedereien bereits zu weit fortgeschritten gewesen seien. Man habe aber zumindest erreicht, die Zahl der Tage zu reduzieren, an denen mehr als 10.000 bis 11.000 Passagiere kämen – von 63 im vergangenen Jahr auf 48 in diesem Jahr.
Auch der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte erst kürzlich deutliche Beschränkungen für Kreuzfahrtschiffe insbesondere in Mykonos und Santorini ins Gespräch gebracht.
Overtourismus-Problem eskalieren
Die Probleme mit Overtourimus eskalieren weiter, das Bewusstsein der lokalen Bevölkerung wächst und die Proteste nehmen zu. Es vergeht kaum noch ein Tag ohne aufschreckende Meldungen aus Spanien und Griechenland, aber auch von Orten, wo man das zunächst nicht vermuten würde – Schweden, Alaska, selbst in der Antarktis. Siehe dazu auch unser ausführlicher Beitrag „Tourists go home: Wenn Städte vor Massentourismus und Overtourism kapitulieren“.
Früher wäre ein Facebook-Post wie der in Santorini außerhalb der Insel wahrscheinlich weitgehend unbemerkt geblieben, doch inzwischen ist die Aufmerksamkeit für Overtourismus-Probleme so groß geworden, dass Vorkommnisse wie diese international Schlagzeilen machen.
Santorini ist einer der relativ wenigen Orte, an denen die Kreuzfahrt die Hauptursache für Overtourismus ist und wesentlich zu den Problemen beiträgt, weil zu viele Schiffe mit zu vielen Passagieren gleichzeitig dort ankommen. Vereinzelt haben Reedereien in diesem Jahr deshalb schon eigentlich geplante Stopps in Santorini kurzfristig abgesagt, was wiederum die Passagiere erbost, die eine Kreuzfahrt inklusive Santorini gebucht hatten.
Wir waren auf Santorini, es lagen nur 5 Kreuzfahrtschiffe vor dem Hafen. Aber es war ein einziges Geschiebe auf der Insel. Auf den Fahrstuhl nach unten mussten wir 2,5 Stunden in der heißen Sonne warten. Das sollte sich niemand antun. Ich würde da nicht mehr hinfahren, so schön die Insel auch sein mag. Einige Häfen sollten die Menge der Kreuzfahrtschiffe wirklich begrenzen.
Ich kann den Ärger der Einheimischen verstehen
Schuld sind jedoch diejenigen, die das Anlaufen der Schiffe genehmigen. Man weiß doch um die Anzahl der möglichen Passagiere.