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Beinahe-Unfall der Costa Deliziosa in Venedig

Am Abend des Sonntags, 7. Juli 2019, wäre es in Venedig beinahe erneut zu einem Unfall mit einem Kreuzfahrtschiff gekommen. Die Costa Deliziosa kam einer an der Pier festgemachten Yacht sehr nahe. Zum Zeitpunkt des Vorfalls tobte ein Unwetter mit Starkregen über Venedig.

Auf Videos bei Facebook und Youtube ist zu sehen, wie die Costa Deliziosa im spitzen Winkel auf die Pier zufährt. Es ist zu erkennen, wie der Schornstein eines mit dem Bug der Costa Deliziosa verbundenen Schleppers stark qualmt, was darauf hindeutet, dass er mit aller Kraft versucht, das Kreuzfahrtschiff von der Pier wegzuziehen.

Während des gesamten Manövers ist der durchgehende Warnton des Schiffshorns der Costa Deliziosa zu hören, der mutmaßlich vor allem die Menschen auf der Yacht warnen soll, der das Kreuzfahrtschiff sehr nahe kommt. Der Warnton endet erst, als der Bug der Costa Deliziosa die Yacht sicher passiert hat.

Ein Facebook- und Youtube-Video zeigt den kompletten Zwischenfall, aufgenommen aus einem direkt benachbarten Café an der Uferpromenade:

Im folgenden Video aus etwas Distanz wirkt die Szene noch deutlich bedrohlicher, wobei auf diesem Video der Blick auf die Yacht Elysian von einem anderen Schiff im Vordergrund verdeckt wird:

Den AIS-Navigationsdaten betrug der Abstand des Kreuzfahrtschiffs zur Pier und der Yacht nur etwa die Hälfte des üblichen Abstands an dieser Stelle. Die Karte zeigt die ungefähre Route der Costa Deliziosa morgens bei der Einfahrt nach Venedig (grün) und die abweichende Route zum Zeitpunkt des Zwischenfalls abends (rot).

Route der Costa Deliziosa
Route der Costa Deliziosa (Kartenmaterial: © OpenStreetMap.org-Mitwirkende, CC BY-SA)

Ein Video auf der Website der Aktivisten von No Grandi Navi zeigt eine Animation mit dem Verlauf des Beinahe-Unfalls anhand der AIS-Positionsdaten: http://www.nograndinavi.it/ad-un-passo-dalla-tragedia-costa-deliziosa-sfiora-riva-ed-imbarcazioni/

Die Costa Deliziosa hatte das Kreuzfahrtterminal Stazione Marittima in Venedig am Sonntagabend, 7. Juli um kurz vor 19 Uhr verlassen und sich auf den Weg nach Bari gemacht. Der Zwischenfall ereignete sich an der Uferpromenade Riva del Sette Martiri nahe des Giardino della Marinaressa, etwa einen Kilometer vom Markusplatz entfernt. Die Costa Deliziosa hatte, wie vorgeschrieben, an Bug und Heck jeweils einen Schlepper zur Unterstützung sowie zusätzlich einen weiteren Schlepper am Bug.

Bei der Yacht, der die Costa Deliziosa gerade noch ausweichen konnte, handelt es sich um die 60-Meter-Yacht „Elysian“ mit einer Tonnage von 1.090 BRZ, die unter Flagge der Cayman Islands fährt. Die Charter-Yacht steht derzeit für rund 42 Millionen Dollar zum Verkauf.

Erst vor wenigen Wochen, Anfang Juni 2019, war es in Venedig zu einem schweren Unfall mit einem Kreuzfahrtschiff gekommen, bei dem die MSC Opera am Kreuzfahrtterminal San Basilio ein dort festgemachtes Flusskreuzfahrtschiff sowie die Pier gerammt hatte.

Meine Meinung: Venedig muss schnell handeln

Nach dem schweren Unfall der MSC Opera zeigt dieser Beinahe-Unfall deutlich, dass Venedig und die italienische Regierung handeln und nach vielen Jahren des Verschleppens nun schnellstens eine Lösung brauchen, um die großen Kreuzfahrtschiff nicht mehr durch den Giudecca-Kanal und nahe an der historischen Altstadt vorbeifahren zu lassen. Die Vorfälle zeigen, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen mit Schlepper-Pflicht und reduzierter Geschwindigkeit nicht zu verhindern ist, dass Unfälle durch unvorhersehbare Situationen wie Maschinenausfälle, Windböen oder menschliche Fehleinschätzungen passieren können. Venedig ist zu fragil für dieses Risiko und die Navigation in dem engen und gewundenen Kanal in der Lagune von Venedig zu schwierig, um größere Katastrophen nach vernünftigem Ermessen auszuschließen. Risiken lassen sich nie und nirgend vollständig ausschließen. Aber in Venedig steht zu viel auf dem Spiel.

14 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

14 Gedanken zu „Beinahe-Unfall der Costa Deliziosa in Venedig“

  1. Lieber Franz,
    solange eine kleine Minderheit von so genannten Venetianern sich durch die Kreuzfahrer goldene Nasen verdient, wird sich nichts ändern. Leider.
    Selbst wenn einer dieser Schiffsgiganten im Giudeccakanal eine Fähre oder ein Vaporetto versenkt, wird es einflussreiche „Venetianer“ geben, die dies verharmlosen. Und es wird weiter nichts geschehen.
    Uwe

  2. @uwe: ja, leider wirst Du wohl recht haben. Ich vermute auch, dass sich das, wenn, dann auf andere Weise regelt. Nämlich wenn den Kreuzfahrt-Touristen irgendwann der blanke Hass der Einheimischen entgegenschlägt und die Leute deshalb schlicht nicht mehr nach Venedig wollen und die Reedereien aus diesem Grund die Schiffe abziehen. Aber das wäre sehr traurig, wen das auf diese Weise passieren würde.

  3. Moin! Ich wette, dass es in den kommenden drei Jahren in irgendeiner beliebten Urlaubsdestination zu echten Tumulten kommen wird, weil es sich die Einheimischen nicht länger gefallen lassen, dass ihnen durch Halbnackte (oder völlig Unbekleidete) die Kirchen entweiht werden und das tägliche Leben im Stadtkern zu einem Dauersaufgelage verkommt. Eine Einwohnerin der Dubrovniker Altstadt berichtete kürzlich im Interview, dass sie öfter von Touristen gefragt werde, in welchem Haus jetzt welche Figur aus „Games of Thrones“ geboren sei. Sie antworte dann immer: „Diese Person wurde im Kopf geboren. Im Kopf eines Buchautoren und habe absolut nichts mit ihrer Stadt zu tun.“ Es ist als folgerichtige Entwicklung zu erwarten, dass die Konflikte sich verschärfen, so lange immer noch mehr verdient wird an bestimmten stellen, wenn mehr Touristen kommen als im Vorjahr. Januar bis Mai 2019 bedeuteten für den Flugverkehr in Deutschland zum wiederholten Mal einen gravierenden Anstieg bei den Passagierzahlen: +4,1%. Im Jahr 2018 waren es +7,8%. Gehen erst einmal unschöne Bilder um die Welt von Einwohnern, die sich wehren, dann besteht Hoffnung auf sinkende Besucherzahlen. Betrüblich, dass es offensichtlich erst so weit wird kommen müssen.

  4. Was für undankbare Menschen. Ich stehe voll hinter der Kreuzfahrtindustrie!!!

    Die Einhemimische verdienen sich eine goldene Nase und haben nichts besseres zu tun als die Geldbringer zu vertreiben. Ausserdsem verdanke ich der Krteuzfahrtindustrie, meinen Lebenssinn wiedergefunden zu haben. Da würde ich schon eher gegen NABU, Deutsche Umwelthilfe oder ähnliche auf die Straße gehen. Ewige Solidarität mit CLIA & Co. Ich stehe voll hinter euch. Lasst euch von der undaknbaren Menschheit nicht das Geschäft kaputtmachen!!

  5. @Kapitalist: Gerade in Venedig ist die Situation ein wenig anders: Die Einheimischen, sprich: Bewohner von Venedig, profitieren von der enormen Zahl an Touristen (nicht nur aus der Kreuzfahrt) nahezu nicht bzw. nur sehr wenige von ihnen. Für sie ist der Tourismus in der Tat eine extreme Belastung, die v.a. auch dazu führt, dass sich die meisten das Leben in Venedig überhaupt nicht mehr leisten können und wegziehen müssen. Allerdings, das muss man auch deutlich betonen, ist das nicht die Schuld der Kreuzfahrt allein, sondern des Massentourismus insgesamt. In meinem Plädoyer gegen die großen Schiffe beziehe ich mich aber auch gar nicht auf diese (ebenfalls sehr schwierigen) Overtourism-Probleme, sondern lediglich auf die direkte, physische Gefahr, die von den großen Schiffen für die Bausubstanz der Stadt ausgeht, wie eben die beiden jüngsten Unfälle bzw. Beinaheunfälle zeigen. Ich denke schon, dass sich da mit gutem Willen ein Kompromiss finden lässt; Konzepte gibt es ja, nur die Umsetzung wird seit Jahren verschleppt.

  6. Ich denke nicht das die Reeder ihre Schiffe aus Venedig abziehen werden, auch weil ja über alternative Routen bzw. Terminals in der Lagune diskutiert wird. Weiß nicht ob mit anderen Häfen wie Triest und/oder Ravenna ausreichend Kapazitäten für Adria-Kreuzfahrten zur Verfügung stehen, und wo sollte sonst die Flotte hin, ich vermute dass auch in anderen italienischen und spanischen Häfen mittelfristig Proteste gegen die Masse Schiffen und ihren Passagieren laut werden. Wer weiß, vielleicht werden wir irgendwann in der Zukunft viele Kreuzfahrten haben die außer dem Ein- und Ausschiffungshafen nur noch Seetage bieten?

  7. Hallo allerseits,

    im November werde ich selbst an Bord der Deliziosa gehen, aus zwei Gründen. Erstens um nach 17 Jahren mal wieder ein Comeback bei Costa zu erleben und zweitens um zum (hoffentlich) letzten Mal die Ausfahrt durch den Giudecca-Kanal zu erleben. Denn ja, es ist zugegebenermaßen ein unbeschreiblich schönes Erlebnis, und ja, die Ansicht, dass das eigentlich im Sinne des Erhalts Venedigs unvertretbar ist, ist richtig. Ein „Aussitzen“ löst dieses drängende Problem nicht. Leider wird aber seit Jahren das getan, was der Mensch am besten kann – nämlich nichts.

    Es wäre schade, wenn die Schiffe als Konsequenz Venedig nicht mehr anlaufen dürften. Die Stadt ist – wenngleich überlaufen – einfach ein Traum und zurecht ein Magnet. Die Statistiken (Franz hat das schon oft thematisiert) zeigen ja, dass die Kreuzfahrer NICHT ERHEBLICH zum Overtourism in Venedig beitragen. Die Terminals sind mittlerweile top, die Anbindung an Stadt und Parkhaus mittels des „People Movers“ vorbildlich, und der Flughafen hat als einziger in der Region die Kapazität, den Passagieransturm der Kreuzfahrer zu bewältigen. Das ist das größte Problem der Alternativen Ravenna und Triest (beides auch sehr sehenswerte Städte).

    Also ran an die Bagger und her mit der neuen Fahrrinne. Auch wenn das ins Ökosystem der Lagune eingreift.

    Viele Grüße

    Andreas

  8. @Andreas: Die ökologischen Auswirkungen kann man leider als Laie und aus der Distanz immer nur sehr schwer beurteilen, vor allem, wenn es um ein so sensibles System wie die Lagune von Venedig geht. Das traurige ist, dass es nie neutrale Untersuchungen zu so etwas gibt, sondern immer eine politische Agenda dahinter steht und dann womöglich Öko-Argumente vorgeschoben werden, weil man etwas aus anderen Gründen nicht will. Oder anders herum, etwas verharmlost wird, weil man wirtschaftliche Interessen hat. Fakt ist allerdings: Die „neue“ Fahrrinne gibt es ja eigentlich schon lange, sie ist nur nicht breit und tief genug für die großen Schiffe. Der Eingriff ist also längst nicht so dramatisch wie das Schaffen einer komplett neuen Fahrrinne. Und beschlossen war das ja eigentlich eh‘ schon lange, nur ist halt dann nichts mehr passiert …

  9. Um Gottes Willen, einen Bagger im Canal Grande!!! Und die Bewohner von Venedig provitieren NICHT! Die Entscheidungsträger wohnen allesamt nicht mehr in Venedig. Auch die meisten Gondolliere nicht mehr. Es gibt entlang des Canals ein Transparent: die Mafia regiert Venedig. Dort wird alles rausgeholt und der Venezianer soll möglichst schnell aus der Stadt verschwinden, um Spekulanten die Tür zu öffnen. Eigentlich wie überall. Das Problem ist für mich, dass die Kreuzfahrtschiffe immer überdimensionierter werden mit 11 Stockwerken!!! Warum, aus Profitgier.

  10. zum Overtourism tragen die Kreuzfahrtschiffe definitiv bei. Da spuckt ein Schiff wieviel Personen in die Stadt??? Und dann liegen da mal vier Schiffe. Da werden Leute durch die Stadt geschleust, siehe die Costa: kommen in der Frühe an und fahren am Abend wieder raus. Auf dem Programm: der Dogenpalast, Rialtobrücke und evtl. eine Gondelfahrt. Das ist Gott sei Dank nicht nur Venedig.

  11. @Venedig: Ich denke, das sollte man ein wenig differenzierter betrachten. Kreuzfahrer machen in Venedig etwa 6 Prozent der Touristen aus, d.h. 94 Prozent kommen *nicht* von den Kreuzfahrtschiffen (siehe: https://www.cruisetricks.de/tourists-go-home-wenn-staedte-vor-dem-massentourismus-kapitulieren/ ). Die Schiffe verursachen sicherlich Probleme in der Stadt, aber Overtourism ist keines der Probleme, die wesentlich mit der Kreuzfahrt zu tun haben …
    Und nur angemerkt, um Missverständnisse zu vermeiden: Im Canal Grande waren noch nie Kreuzfahrtschiffe und werden auch nie Kreuzfahrtschiffe sein. Und ausgebaggert wird dort ganz sicher nicht. Bei den neuen Vorschlägen geht es um den Kanal Vittorio Emanuele, der von Marghera nach Venedig führt.

  12. was hat diese yacht dort zu suchen, wenn sie zum verkauf ankert ???!!!
    die schwierigkeiten in venedig sind doch bekannt….
    wenn etwas passiert, sind dann natürlich die kreutfahrtschiffe schuld, ohne worte

  13. Hallo, ich war zu dem Zeitpunkt der Costa Ausfahrt aus Venedig auf der MSC Magnifica, die ganz in der Nähe lag. Das Costa Desaster ist selbst verschuldet gewesen. Unser Schiff wartete bis der verheerende Sturm vorbei war und die Ausfahrt gelang mühelos. Wir haben uns gefragt, wie man die Costas bei einem solchen Wetter los fahren kann. Monika

  14. @Monika: Dieser Gedanke liegt in der Tat nahe. Ich wäre dennoch vorsichtig, es a) als „Desaster“ zu bezeichnen (schließlich ist letztlich nichts passiert) und b) es so absolut als „selbst verschuldet“ zu verurteilen – denn so nahe der Gedanke erst einmal liegt, so wenig kennen wir die Hintergründe für die Entscheidung, zu diesem Zeitpunkt abzufahren. Ich neige da immer zu etwas Zurückhaltung, wenn ich zu wenig Details kenne. Meine persönliche Meinung :-)

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