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MSC Opera rammt Flusskreuzfahrtschiff River Countess in Venedig

In Venedig hat die MSC Opera am Morgen des 2. Juni 2019 ein an der Pier liegendes Flusskreuzfahrtschiff gerammt. Dabei wurden vier Menschen verletzt. Einige Passagiere des Flusskreuzfahrtschiffs konnten sich in letzter Sekunde über die Gangway an Land retten.

Update Februar 2021: Der Strafprozess zu dem Unfall ist inzwischen abgeschlossen und endete mit relativ milden Haftstrafen für den Kapitän der MSC Opera sowie vier weitere Besatzungsmitglieder. Details siehe „Haftstrafe für MSC-Opera-Kapitän nach Venedig-Unfall im Juni 2019“.

Video-Aufnahmen zeigen, wie die MSC Opera zwischen den Pier und die River Countess rammt und an der Pier entlang schrammt. Da sich hinter der River Countess ein Querstück der Pier befindet, das in den Giudecca-Kanal hinein ragt, drehte sich das Flussschiff, bis es zum Bug der MSC Opera stand. Die MSC Opera schrammte bei dem Unfall an der Pier entlang. Ob sie letztlich auch das kleine Querstück der Pier gerammt hat oder vorher zum Stehen kam, ist noch unklar. Der Unfall ereignete sich am 2. Juni 2019 gegen 8:30 Uhr morgens.

Update: Uniworld hat inzwischen angekündigt, dass die bei dem Unfall schwer beschädigte River Countess am 21. Juli 2019 wieder in Dienst gehen soll. Die sechs Kreuzfahrten bis dahin wurden abgesagt. MSC hatte zunächst die aktuelle Kreuzfahrt der MS Opera abgesagt und geplant, nach Abschluss der Reparaturarbeiten am Schiff zum regulären Betrieb zurückkehren. Weil die Behörden das Schiff bislang aber nicht freigegeben haben, wurde nun auch die folgende Kreuzfahrt ab Bari am 8. Juni beziehungsweise Venedig am 9. Juni abgesagt (mehr Details, siehe unten).

Anfahrt der Opera vor dem Unfall:

Und auch ein Video mit der Perspektive von der MSC Opera aus gibt es inzwischen:

Details zum Unfall der MSC Opera

Offenbar hatte der Kapitän im Giudecca-Kanal bei der Anfahrt auf das Kreuzfahrt-Terminal Stazione Marittima in Venedig die Kontrolle über die MSC Opera verloren und war schräg auf die Pier am Kreuzfahrt-Terminal San Basilio zugefahren, wo das Flusskreuzfahrtschiff River Countess lag. Der Kapitän der MSC Opera lies beide Anker setzen, um die Geschwindigkeit des Schiffs zu reduzieren. Die MSC Opera war vor dem Unfall mit der an dieser Stelle üblichen Geschwindigkeit von etwa 6,5 Knoten (12 Kilometer pro Stunde) unterwegs.

Auch die in Venedig obligatorischen Schlepper an Bug und Heck der MSC Opera konnten den Unfall nicht verhindern. Für die gesamte Fahrt durch die Lagune von Venedig, vorbei am Markusplatz und bis hin zum Kreuzfahrt-Terminal Stazione Marittima ist die Begleitung durch Schlepper Pflicht – eigentlich um genau derartige Unfälle zu verhindern, sollte ein Kreuzfahrtschiff beispielsweise einen Maschinenausfall haben.

Laut dem Betreiber der Schlepper, Rimorchiatori Uniti Panfido, die der MSC Opera assistierten, habe es auf der MSC Opera eine Fehlfunktion der Maschinen gegeben, sodass das Schiff sogar noch beschleunigte. Die beiden Schlepper hätten versucht, das Schiff zu stoppen, bis die Leine zwischen dem vorderen Schlepper und der MSC Opera gerissen sei, berichtet die italienische Zeitung La Repubblica.

MSC spricht in einem ersten Statement von technischen Problemen beim Manövrieren. Die Untersuchungen zur genauen Ursache des Unfalls seien im Gange und MSC kooperiere bei den Untersuchungen mit den lokalen Behörden.

Die meisten der 130 Passagiere der River Countess hatten das Flusskreuzfahrtschiff zum Zeitpunkt des Unfalls bereits verlassen und waren auf dem Heimweg, 26 Passagiere waren noch an Bord. Die vier Verletzten befanden sich auf der River Countess und stammen aus den USA, Australien und Neuseeland. Zwei der Verletzten befanden sich auch am nächsten Morgen noch im Krankenhaus. Ein Patient muss italienischen Medien zufolge an der Schulter operiert werden, der andere wurde im Bereich des Brustkorbs verletzt. Die anderen beiden wurden noch am Unfalltag wieder entlassen, teilte MSC mit.

Zunächst hatte einige Medien berichtet, es gebe auch eine verletzte Person auf der MSC Opera. MSC schreibt in einem Statement jedoch, dass es keine gemeldeten Verletzten auf dem Schiff gegeben habe.

Cruisetricks.de-Leser Carsten Fister war am Unfalltag vor Ort und hat und Bilder vom Unfallort und den Schäden an der River Countess geschickt – vielen Dank!

River Countess (Bild: Carsten Fister)

Nach dem Unfall …

Nach dem Unfall leg die MSC Opera zunächst vor San Basilio in der Fahrrinne im Giudecca-Kanal, die River Countess konnte mit Hilfe von Schleppern an die Pier zurückkehren und dort anlegen.

Drei weitere Kreuzfahrtschiffe waren an diesem Tag bereits vor der MSC Opera in Venedig angekommen: Costa Deliziosa, Norwegian Star und AIDAblu. Ein weiteres Schiff, die MSC Magnifica, lag mehrere Stunden in Warteposition auf halbem Weg zwischen der Einfahrt zur Lagune von Venedig zum Kreuzfahrt-Terminal, da sie die Unfallstelle zunächst nicht passieren konnte.

Um 13:15 Uhr hat die MSC Opera von den Behörden die Genehmigung erhalten, am Kreuzfahrt-Terminal anzulegen. Auch die MSC Magnifica fuhr daraufhin weiter zum Kreuzfahrt-Terminal. Auf beiden Schiffen endet die aktuelle Kreuzfahrt in Venedig. Am Spätnachmittag hatte die MSC Opera mit der Einschiffung der Passagiere zur nächsten Kreuzfahrt begonnen, blieb dann aber zunächst über Nacht im Hafen.

In einem Statement schreibt MSC, die Reederei „verpflichte sich, alle an dem Vorfall beteiligten Personen umfassend zu unterstützen, angefangen bei denen der River Countess und ihrem Besitzer Uniworld, ihrer Crew und allen Gästen, insbesondere den vier verletzten Passagieren“.

Die MSC Opera war auf einer 7-Nächte-Kreuzfahrt mit Start- und Zielhafen Venedig im östlichen Mittelmeer mit Stopps in Kotor, auf Mykonos, Santorin, Korfu und in Bari.

Update: Am Montag entschied MSC, die aktuell anstehende Kreuzfahrt abzusagen. Der Schaden am Schiff beschränke sich auf den äußersten Teil des Rumpfes, die nötigen Schweißarbeiten seien laut MSC bereits am Montag nach dem Unfall abgeschlossen gewesen. Die Untersuchung der Ursachen des Vorfalls dauern jedoch deutlich länger als ursprünglich erwartet, sodass die Behörden das Schiff nicht freigeben. Deshalb hat MSC nun auch die folgende Kreuzfahrt mit Start in Bari am 8. Juni und in Venedig am 9. Juni abgesagt.

Die Passagiere der ersten abgesagten Kreuzfahrt bekommen den Reisepreis und vorab geleistete Zahlungen erstattet, können aber den Rest der gebuchten Reisezeit in Venedig bleiben und einen kostenlosen Boots-Shuttle zum Markusplatz, nach Murano, Burano, Jesolo Beach und zum Noventa Designer Outlet nutzen. Getränke zu den Mahlzeiten, auch alkoholische Getränke, sind kostenlos. Passagiere, die frühzeitig nach Hause reisen wollen, können dies auf Kosten von MSC tun. Außerdem erhalten die Passagiere eine 50-Prozent-Ermäßigung auf eine künftige MSC-Kreuzfahrt bis Ende 2020. Passagiere der zweiten abgesagten Reise ab 8. beziehungsweise 9. Juni bekommen den Reisepreis, bereits bezahlte Leistungen sowie alle An- und Abreisekosten erstattet und ebenfalls einen 50-Prozent-Rabatt auf eine künftige Kreuzfahrt mit Dauer von 7 bis 21 Tagen bis Ende 2020.

Hinweis: In einigen Medienberichten ist übrigens von der Michelangelo als betroffenes Flusskreuzfahrtschiff die Rede, es handelt sich jedoch eindeutig um die River Countess. Sie fährt für die amerikanische Flusskreuzfahrt-Reederei Uniworld.

Kritik an der Kreuzfahrt in Venedig

Der Unfall liefert neue Argumente für Kritikern wie der Bürgerbewegung „No Grandi Navi“ in Venedig, die seit Jahren ein Verbot großer Kreuzfahrtschiffe in der Lagune von Venedig fordern und jetzt einen sofortigen Stopp für große Kreuzfahrtschiffe in der Lagune von Venedig fordert. Einer der Gründe für deren Proteste ist die Sorge, ein Unfall wie dieser könnte sich auch direkt vor dem Markusplatz ereignen, den die Schiffe mit nur geringem Abstand passieren. Auch die Unesco hatte bereits einen Stopp der großen Schiffe in Venedig gefordert. Der italienische Verkehrsminister und der Bürgermeister Venedigs äußerten sich anlässlich des aktuellen Unfalls nun ähnlich.

Mehrere Vorhaben, große Schiff per Dekret oder per Gesetz aus Venedig zu verbannen, wurden bislang nicht umgesetzt. Die MSC Opera ist zwar in heutigen Maßstäben ein mittelgroßes Schiff, wäre aber von der Regelung betroffen, das eine Grenze bei der Tonnage von BRZ 55.000 vorsieht. Die MSC Opera hat eine BRZ von 65.591 und bietet Platz für 2.150 Passagiere (bei Zweierbelegung der Kabinen).

Nach aktuellen Stand sollen von 2021 an Kreuzfahrtschiffe mit einer BRZ von über 55.000 nicht mehr den Weg durch den Giudecca-Kanal zum Kreuzfahrt-Terminal nehmen dürfen – eine Alternativ-Route gibt es bislang aber nicht. Schiffe mit einer BRZ von über 96.000 dürften gar nicht mehr nach Venedig fahren. Eine begrenzt vorstellbare Alternative wäre der Industrie-Hafen Marghera am Festland nahe Venedig oder eine bereits mehrfach ernsthaft diskutierte Routenführung für die Kreuzfahrtschiffe aus dem Westen über den Kanal Vittorio Emanuele III zum Kreuzfahrt-Terminal in Venedig, der dafür allerdings erst tief ausgebaggert werden müsste.

11 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

11 Gedanken zu „MSC Opera rammt Flusskreuzfahrtschiff River Countess in Venedig“

  1. Ja Franz, das dürfte das Ende für den Venezia Cruise Terminal in der bisherigen Form beschleunigen. Wir fahren mit der kleinen Azamara Pursuit am 27.06. ab San Basilo. Hoffentlich!!!

  2. Mein Gefühl ist auch, dass ein Wendepunkt in der Venedig-Diskussion im Kreuzfahrtschiffe dort ist. Andererseits gibt es ja sehr konkrete Pläne und sogar ein Gesetz dazu – nur ist halt bislang einfach nichts passiert. Ich bin gespannt, ob das nach der ersten Aufregung jetzt wieder so sein wird, oder ob das Thema nun wirklich auch umgesetzt wird.

  3. Man sieht im Video, wie eine Person von der Gangway der River Countess ins Wasser fällt.
    Ich hoffe demnjenigen ist nichts passiert und er kam wieder raus.

  4. Wir haben lange gerätselt, sind uns aber nach wie vor nicht sicher, ob die Person wirklich ins Wasser gefallen ist. absolut eindeutig ist das nicht zu erkennen. Wenn die Person wirklich an der Stelle und Wasser gefallen wäre, hätte sie sehr schlechte Karten gehabt. Zudem denke ich, wäre das irgendwo öffentlich bekannt geworden, weil dort viele Menschen im direkter Nähe waren und das gesehen hätten. Insofern nee ich an (und hoffe), dass der Schein da trügt und die Person es zurück aufs Schiff oder hinüber am Land geschafft hat.

  5. Hallo Franz,
    wir waren über das lange Wochenende in Venedig und haben uns vormittags schon über die MSC Magnifica gewundert, die unbeweglich vor Santa Elena lag. Später haben wir vom Vaporetto aus dann den Schaden aus nächster Nähe gesehen. – wir kamen gerade vorbei, als die Opera und die River Countess mit vier Schleppern vorsichtig wieder in die Fahrrinne bugsiert wurden.
    Ich würde gerne ein paar Fotos zur Verfügung stellen (darunter eine Nahaufnahme vom Schaden an der River Countess), weiß aber leider nicht, wie man hier Bilder postet. Vielleicht kannst Du ja helfen? Ich habe Dir die Bilder zugemailt.

    Gruß (leider) wieder von zuhause,
    Carsten

  6. Manchmal muss man sich ja fragen, ob die italienischen Kapitäne unfähig sind.
    Ich finde die Häufung bei MSC und Costa schon extrem.

  7. @Jörg: Alles deutet aktuell auf ein technisches Problem am Schiff hin, darauf hat der Kapitän keinen Einfluss. Und in der Situation hat er wohl mit dem wenigen, was er noch tun konnte, alles richtig gemacht. Ohne Erkenntnisse über die genaue Ursache ist es sinnlos und unfair, dem Kapitän einfach mal pauschal die Schuld zu geben und gleich noch alle italienischen Kapitäne mit in Sippenhaft zu nehmen …

  8. Weiß man schon ob die Maschine absichtlich blockiert wurden(Sabotage) oder es tatsächlich ein Unfall/Defekt war?

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