Die Queen Anne geht Anfang Mai 2024 in Dienst, doch einen ersten Blick auf das neue Cunard-Line-Kreuzfahrtschiff haben wir schon jetzt für unsere Leser: Am 5. Oktober 2023 war ich für einen Werft-Besuch bei Fincantieri in Marghera. Mitgebracht habe ich Einblicke in die Queen Anne in Bildern und als Video – und dazu auch Computer-Zeichnungen, wie das Schiff einmal aussehen wird, wenn es 2024 fertiggestellt ist.
Mit einem Aufzug, der einem Stahlkäfig ähnelt, geht es von außerhalb des Schiffs nach oben bis zum Sonnendeck der Queen Anne. Je weiter wir hinaufkommen, desto mehr wird der Cunard-typische, rote Schornstein sichtbar. Und dann geht es über einen schmalen Steg auf Schiff – ausgestattet mit Warnweste, Helm und Sicherheitsschuhen mit Stahlkappen.
Jetzt ist Vorstellungskraft gefragt – denn die Queen Anne ist eben noch im Rohbau, von Design ist nur sehr wenig zu sehen. Mal spitzt ein Streifen eines ansonsten mit Schutzfolie abgeklebten Holzpaneels hervor, mal kann man zwischen schmalen Öffnungen der Baugerüste schon das goldene Dekor einer Säule erahnen.
Dafür kann man sehen, was sich später einmal hinter hübschen Wandverkleidungen versteckt und bestaunen, wie die Pools und Whirlpools in ihrer Grundstruktur aussehen.
Wir sind auf einer lärmenden Baustelle, hören Metall auf Metall schlagen, das scharf zischende Geräusch eines Schweißgeräts, die Rufe von Werftarbeitern. Wir sehen Stahlböden und Stahlwände mit ihren Schweißnähten, wo sich zwei Bauteile zusammenfügen.
Von den Decken hängenden Kabelsträngen und passt man nicht auf, stößt man sich den Kopf an durchhängenden Versorgungsrohren aus biegsamem Kunststoff – der Helm bewahrt mich mehrfach zumindest vor schmerzhaften Beulen am Kopf.
Der endgültige Bodenbelag fehlt, stattdessen stolpert man überall über Verankerungen für spätere Raumteiler oder größere Einrichtungsgegenstände, jedenfalls wenn man nicht auf jeden seiner Schritte achtet. Und dort, wo später einmal Kabinen sein werden, präsentiert sich ein großer, freier Raum mit lediglich ein paar Markierungen am Boden, die erahnen lassen, wo später einmal Wände und Türen sein werden. Nur die Balkontüren sind schon eingebaut, mit Schutzfolie abgeklebt.
Was mich bei der Schiffsführung über die Queen Anne in der Fincantieri-Werft von Marghera deshalb besonders fasziniert: wie gut es unserem Guide, Francis Fred, Senior Brand Manager bei Cunard Line, gelingt, schon ein deutliches Bild des späteren Flairs des Schiffs zu vermitteln. Er beschreibt bis ins Detail, wie ein Raum später einmal aussehen wird und welche Gedanken sich die Planer dazu gemacht haben. Man sieht den fertigen Raum fast schon vor dem inneren Auge – während man in Realität nur einen Rohbau vor sich hat.
Natürlich helfen auch Computer-Renderings der eigenen Vorstellungskraft ein wenig auf die Sprünge. Und Stoffmuster lassen den Design-Stil der verschiedenen Kabinen-Kategorien erahnen.
Jüngeres und helleres Design, viel Glas und Tageslicht
Die Queen Anne soll in Design und Flair etwas jünger erscheinen als die bisherigen Cunard-Schiffe. Heller Farben sollen dabei ebenso helfen wie mehr Glas-Elemente und Tageslicht an vielen Stellen – beispielsweise mit einer großen Glaskuppel über der Grills Lounge auf Deck 10. Direkt darüber liegt die Grills Terrace.
Zum jüngeren Auftreten der Queen Anne gehört aber auch ein erweitertes Spa-Angebot und – erstmals auf einem Cunard-Schiff – ein Fitness- und Wellness-Bereich im Freien auf Deck 11. Dieses „Wellness Studio“ liegt unter dem zurückfahrbaren Glasdach des Hauptpools, je nach Wetter also auch unter freiem Himmel.
Im Buffet-Restaurant bekommt die Queen Anne ein Food-Hall-Konzept, wie es vereinzelt auch schon andere Reedereien jüngst vorgestellt haben: Norwegian Cruise Line auf der Norwegian Prima und Viva, Royal Caribbean für die Icon of the Seas. Cunard Line will das Niveau hier aber noch etwas höher ansetzen: Jede der Live-Cooking-Stationen der Food Hall mit unterschiedlichen Stilrichtungen wird einen eigenen Koch haben, der Gerichte a-la-minute zubereitet und auch auf Sonderwünsche der Gäste eingehen soll.
Noch ein Beispiel für Neuerungen auf der Queen Anne ist die Showbar „Bright Light Society“ – der natürlich auch eine Reminiszenz an einen Teil der langen Geschichte der Cunard Line ist. Die reicht nämlich noch in die Zeit zurück, als es eine große Sensation war, als einer der Ocean Liner erstmals komplett mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet war: 1881 war das, auf der „Servia“.
Intim soll die Stimmung in der Bright Light Society werden, mit einem „Hauch von Glamour“ und einem Design, das „Opulenz mit Lebendigkeit“ kombiniert. Wie das gelingt, wird sich dann auf der fertigen Queen Anne zeigen, wenn sie 2024 in Dienst geht.
Trotz Neuerungen werden sich Cunard-Stammgäste zu Hause fühlen, denn Gewohntes wie den Golden Lion Pub, den Ballsaal Queens Room, die Aussichtslounge und Cocktailbar Commodore Club oder den Britannia Dining Room gibt es auch auf der Queen Anne wieder.
Die Queen Anne basiert übrigens auf der Schiffsarchitektur der Pinnacle-Klasse der Schwesterrederei Holland America Line – allerdings mit vielen Modifikationen. Die Queen Anne ist das vierte Schiff der aktiven Flotte von Cunard Line und der erste Neubau für die britische Traditionsmarke seit immerhin rund 13 Jahren. Die Queen Elizabeth ging 2010 in Dienst, die Queen Victoria 2007 und das Flaggschiff Queen Mary 2 bereits 2003.
Am 3. Mai 2024 soll die Queen Anne von Southampton aus zu ihrer Jungfernfahrt mit Ziel Lissabon in See stechen. Auf der Brücke wird dann Kapitänin Inger Thorhauge stehen, die auch den Bau der Queen Anne schon begleitet und uns zur Schiffsführung in der Werft begrüßt, gemeinsam mit Cunard-Präsidentin Katie McAlister und dem Werftdirektor Marco Lunardi.
Warum die Queen Anne ein besonderes Schiff wird …
Ein neues Kreuzfahrtschiff ist nie einfach nur noch ein weiteres Schiff in einer Baureihe, ein zusätzliches, schwimmendes Hotel zum Geldverdienen für die Reederei. Denn dafür steckt zu viel Detailarbeit über viele Jahre hinweg in einem solchen Projekt. Doch bei Cunard ist ein neues Schiff noch ein wenig aufregender und spannender.
Es stellt aber auch an seine Passagiere etwas höhere Ansprüche. Denn wer das Besondere dieser Schiffe spüren und erleben will, und nicht nur eine Kreuzfahrt auf irgendeinem Schiff machen will, muss sich genauer mit dem Schiff beschäftigen. Und das zeichnet sich ganz deutlich auch jetzt schon für die Queen Anne ab.
Jedes Detail hat seine Geschichte, ist oft eine mehr oder weniger subtile Reminiszenz an ein Detail der Cunard-Line-Geschichte, nimmt Bezug auf ein früheres Schiff oder Ähnliches. Diesen Zauber zu spüren, verlangt vom Passagier ein wenig Arbeit: sich dafür zu interessieren, sie mit dem Schiff schon vor der Reise zu beschäftigen, all die Details aufzusaugen und dann vor Ort zu erleben.
Schon während der Führung über die Queen Anne in der Werft hat Senior Brand Manager Francis Fred es geschafft, ein imaginäres Bild dieses besonderen Flairs des Schiffs zu zeichnen. Im Mai 2024 werden wir uns dann ansehen, wie gut das in der Realität gelungen sein wird – und auf cruisetricks.de natürlich ausführlich darüber berichten.
Hallo Franz,
ein sehr interessanter Bericht, vielen Dank dafür. Solche Bilder von einem Kreuzfahrtschiff im Rohbau bekommt man als „Normalsterblicher“ sonst eher selten zu sehen, vor allem aus dem Inneren des Schiffes. Bei einer Werftbesichtigung der Meyer-Werft in Papenburg z. B. kann man zwar einen Blick in das Baudock werfen, das wars dann aber auch schon. Eine Besichtigung eines Neubaus ist (aus guten Gründen natürlich) nicht möglich.
@Jörg: Leider ist der Aufwand eine Besichtigung von innen für die Werft sehr aufwendig. Wir waren während der Besichtigung ständig von einer Heerschar von Werftmitarbeitern umgeben, die auf unsere Sicherheit geachtet haben, nicht versehentlich in ein Loch fallen oder einem Schweißer vor die Füße laufen – oder falsch abbiegen und uns verirren ;-) Und nicht zuletzt stehen natürlich immer für eine Weile die Arbeiten still, wenn eine Gruppe von 20-30 Leuten zur Besichtigung auftaucht …
Danke an F. Neumeier für den Werftbericht. .
Ich bin gespannt, wie sie live aussehen wird. Viele Kommentatoren sind jetzt schon begeistert.
Kataloge zur “ Queen Anne“ gibt´s schon lange..
Leider ist die Fahrt im Frühsommer. Kiel – HH schon ausgebucht. Nur noch Innenkabinen sind frei.
Gruss
A. Kraus,
Worblingen
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