Mit einem direkten Vergleich der Explora I und der Silver Nova wage ich mich auf neues Terrain. Gewöhnlich vergleiche ich zwei Schiffe nicht direkt – zu unterschiedlich sind Konzepte und Zielgruppen, zu viele Aspekte sind eher Geschmackssache. Bei der Explora I und der Silver Nova mache ich eine Ausnahme: Ich war auf beiden Schiffen innerhalb von weniger als zwei Wochen, beides sind ganz neue Schiffsklassen, beide im Luxus-Segment – und nicht zuletzt haben sich viele Leser einen solchen Vergleich gewünscht.
Hinweis: Ich habe bereits umfangreiche Schiffsportraits zur Explora I und Silver Nova veröffentlicht, die ich zur Lektüre nahelegen möchte. Denn dort finden Sie alle Details zu den hier teils nur angerissenen Aspekten.
Enttäuschen muss ich allerdings alle, die von mir ein „schlechter“- oder „besser“-Urteil zur Explora I und Silver Nova erwarten. Ich stelle Erfahrungen und Fakten gegenüber, ein Urteil kann sich daraus dann jeder gemäß den eigenen Ansprüchen und Vorlieben selbst bilden.
Und noch eine Einschränkung will ich offen ansprechen: Einige wesentliche Aspekte kann ich schlicht nach nur zwei oder drei Tagen an Bord bei einer Vorabfahrt für Medien und Expedienten nicht realistisch beurteilen und höchstens vermuten. Nicht einzuschätzen ist insbesondere die Service-Qualität oder wie sich ein Schiff letztlich bei voller Auslastung mit regulären Passagieren präsentiert.
Besondere Features von Explora I und Silver Nova
Gemeinsam haben die beiden Schiffe, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise, die Anmutung eines eleganten Hotels beziehungsweise Strand-Ressort an Land, die sich bewusst vom klassischen Kreuzfahrtschiff-Ambiente abheben will. Auf der Explora I wird das in der Atrium Bar am deutlichsten, auf der Silver Nova am Pooldeck.
Herausragende Merkmale der Silver Nova sind ihre einzigartige, asymmetrisches Architektur mit all ihren spannenden Wirkungen, wie ich es im Schiffsportrait zur Silver Nova bereits beschrieben habe, sowie das sehr intensive, regional orientierte „S.A.L.T.“-Kulinarik-Programm.
Die Explora I als erstes Schiff der neuen Luxus-Marke der MSC Group hebt sich ab durch ihre Fokussierung auf europäische Werte und Standards, eine entsprechende Kulinarik sowie durch ein neuartiges, flexibles Entertainment und die Aufgliederung des Schiffs in kleinere Einheiten, insbesondere gleich vier verschiedene Pool-Bereiche.
Zahlen zu Explora I und Silver Nova im Vergleich
Explora I | Silver Nova | |
Länge (Meter) | 248 | 243,5 |
Breite (Meter) | 32,6 | 29,6 |
Tonnage (BRZ) | 63.621 | 55.051 |
Passagiere | 922 | 728 |
BRZ pro Passagier | 69,0 | 75,6 |
Crew | 640 | 556 |
Verhältnis Crew : Passagiere | 1 : 1,44 | 1 : 1,30 |
Pool- und Sonnendecks
Bei den Pool- und Sonnendeck verfolgen Explora Journeys und Silversea Cruises auf den beiden Schiffen sehr unterschiedliche Strategien.
Auf der Explora I verteilen sich insgesamt vier Pools sowie einige Whirlpools über das Schiff, die unterschiedliche Ambiente bieten und damit Individualität schaffen sollen. Glanzstück ist der Infinity-Pool am Heck des Schiffs, mit in Relation zur Passagierzahl von 922 aber relativ wenigen Plätzen – insgesamt 122 Sonnenliegen, Loungesessel und Barhocker. Anders als die Silver Nova kann die Explora I auch mit einem überdachten Pool mit zurückfahrbarem Glasdach aufwarten. Das ist ein gewisser Vorteil bei kühlem oder schlechtem Wetter.
Die Silver Nova setzt auf einen einzigen, größeren Pool, der das Herzstück der asymmetrischen Architektur des Schiffs bildet. Diese Asymmetrie erlaubt es trotz des nur einen, zentralen Pools, individuelle Rückzugsräume und kleine Nischen mit unterschiedlichem Ambiente am Pool und den Sonnendecks zu schaffen. Der Vorteil für die Passagiere ist, dass sie bei der Suche nach einer freien Liege nicht gegebenenfalls mehrere Pools abklappern müssen. Herausragendes Feature des Pools auf der Silver Nova ist die konsequente Orientierung hin zum Meer.
Auf der Silver Nova fällt auf, dass es hier wesentlich mehr Plätze im Schatten und Halbschatten gibt als auf der Explora I.
Mangels vergleichbarer Zahlen kaum einzuschätzen ist das Zahlenverhältnis bei den Sonnenliegen auf Pool- und Sonnendecks insgesamt. Folgende Zahlen sind uns dazu bekannt:
Explora Journeys gibt für die Explora I insgesamt 412 Sonnenliegen, Lounge-Sessel und Barhockern im Umfeld der Pools an, hinzu kommen eine unbestimmte Zahl an Liegen auf den Sonnendecks sowie 64 (kostenfrei nutzbare) Cabanas.
Silversea Cruises nennt für die Silver Nova 280 Sunbeds auf Decks 10 und 11. Mutmaßlich bezieht sich das aber nur explizit auf Sunbeds direkt im Poolbereich. Nicht mitgezählt sind dabei (auf der Silver Nova zahlreiche) Lounge-Sessel und Barstühle, die Explora bei seinen Zahlen einbezogen hat. Zu berücksichtigen ist bei den absoluten Zahlen, dass die Explora I auch knapp 30 Prozent mehr Passagiere hat.
Ein auffälliger Unterschied ist in manchen Bereichen die Qualität des Bodenbelags. Sowohl auf der Explora I als auch auf der Silver Nova kommt hier Kunststoff-Material mit Holz-Optik zum Einsatz, Echtholz wird bei modernen Schiffen kaum noch verwendet. Aber auf der Explora I sind manche Bereiche bei Nässe extrem rutschig und glatt, während das auf der Silver Nova nirgendwo der Fall ist. Die Bodenbeläge haben auf der SIlver Nova in den meisten Bereichen mehr Struktur und wirkten optisch mehr wie Holz – wobei diese Holz-Optik auch auf der Explora an vielen Stellen vorhanden ist, aber nicht überall.
Die Joggingbahn der Explora I beispielsweise ist im Vergleich sehr glatt und zudem durch ihre intensiv blaue Farbe auch optisch eher ein Störfaktor. Vorteil der Joggingbahn auf der Explora I ist allerdings ihr Verlauf: Sie ist auch tagsüber gut nutzbar, wenn die Sonnenliegen in Benutzung sind. Auf der Silver Nova verläuft die Joggingbahn seitlich durch das Open-Air-Restaurant Marquee und die Dusk Bar, sodass Jogging hier nur zu wenigen Tageszeiten sinnvoll möglich ist – mutmaßlich ist das bei der Zielgruppe von Silversea auch weniger gefragt als bei den von Explora Journeys angestrebten Zielgruppen. Ein Fitness-Highlight auf der Explora I sind auch die hochwertigen Technogym-Trainingsgeräte im Freien.
Restaurants, Bars und Kulinarik
Bei der Kulinarik sind die Ansätze auf der Silver Nova und Explora I grundsätzlich recht ähnlich: Sie legen einen Schwerpunkt auf regionale Küche der jeweiligen Fahrtgebiete, dehnen diesen regionalen Ansatz auch auf spezielle Landausflüge aus und integrieren es in das Programm der Kochschule an Bord.
Herausragend ist das Al-fresco-Restaurant „The Marquee“ auf der Silver Nova, zu dem es auf der Explora I nichts vergleichbares gibt (und auch sonst auf keinem Kreuzfahrtschiff ähnlicher Größe).
Nach jeweils nur wenigen Tagen an Bord traue ich mir keine vergleichende Bewertung der Kulinarik zu. Klar ist, dass beide Schiffe hervorragende Qualität bieten. Explora Journeys hat sich – als neuer Anbieter am Markt – für die Kulinarik erstklassige Experten von außen eingekauft, während Silversea Cruises auf ein starkes und erfahrenes eigenes Team setzen kann.
Auf der Explora I sind auch die Speisekarten der nicht explizit regionalen Restaurants recht europäisch orientiert, auf der Silver Nova ist ein etwas größerer, amerikanischer Einfluss vorhanden. Während die Explora I lediglich bei einem Restaurant – dem Anthology – einen Aufpreis verlangt, sind es auf der Silver Nova drei: das französische La Dame, der Asiate Kaiseki (abends) sowie der Chef’s Table.
Eine Besonderheit der Silver Nova ist das Restaurant „S.A.L.T. Kitchen“, das komplett auf regionale und lokale Küche ausgerichtet ist: Eine Speisekarte wechselt täglich mit Gerichten passend zum jeweiligen Hafen, eine weitere Speisekarte bietet eine Auswahl an Gerichten der jeweiligen Fahrtregion, also beispielsweise das östliche Mittelmeer. Silversea treibt hier einen sehr großen Aufwand, um diese Menüs sehr authentisch zusammenzustellen.
Ein signifikanter Unterschied: Auf der Explora I ist das Buffet-Restaurant Emporium Marketplace auch abends verfügbar, während die Silver Nova das Buffet La Terrazza abends zum italienischen Restaurant mit Bedienung am Tisch verwandelt.
In meinem Schiffsportrait zur Silver Nova habe ich bereits den Vergleich gezogen zwischen den Sitzplatzkapazitäten der Restaurants an Bord – genauere Details siehe dort. Auffällig ist dabei, dass Silversea auf der Silver Nova mit einer rund doppelt so hohen Sitzplatzkapazität plant wie Explora Journeys auf der Explora I.
Das dürfte im Normalbetrieb der Schiffe mit voller Passagierauslastung bedeuten, dass auf der Explora I regelmäßig längere Wartezeiten für die Restaurants entstehen – vor allem im Luxus-Segment ziemlich unangenehm. Aber es sei betont, dass das lediglich Spekulation auf Basis der Zahlen ist; ich habe keine diesbezügliche, eigene Erfahrung an Bord sammeln können. Bei meiner Reise mit lediglich halber Passagierzahl gab es keine Wartezeiten bei Restaurants.
Kochschule mit sehr unterschiedlichen Konzepten
Besonders deutlich unterscheiden sich Explora I und Silver Nova bei der Kochschule an Bord. Gemeinsam haben sie einen Fokus auf jeweils regionale Küche und einen herausragenden Ort für die Kochschule, jeweils oben am Pooldeck mit großen Glasfronten zum Meer – also eine Premium-Location. Danach hören die Gemeinsamkeiten aber auf.
Explora Journeys setzt in der „Chef’s Kitchen“ auf intensive, 2,5-ständige Kochkurse mit nur sechs Kochstationen, also maximal zwölf Teilnehmern für einen intensiven Austausch mit den Köchen, alles „Maîtres Cuisiniers de France“. Dafür kostet die Teilnahme an den Kursen mit wechselnden Themen auch 150 Euro.
Die Teilnahme an den lediglich 45 bis 60 Minuten dauernden Kursen im „S.A.L.T. Lab“ der Silver Nova ist dagegen kostenlos. Zwölf Plätze für bis zu 24 Teilnehmern stehen zur Verfügung. Silversea schätzt die Aufmerksamkeitsspanne und Stehfähigkeit seiner Passagiere so ein, dass eine längere Dauer und damit intensivere Kochkurse wohl nicht umsetzbar wären.
Auf der Silver Nova dient die – noch etwas attraktiver als auf der Explora I gestaltete – Kochschule auch als Location für einen exklusiven Chef’s Table: Live-Cooking mit 11 Gängen für 18 Teilnehmer.
Entertainment
Auch beim Entertainment unterscheiden sich Explora I und Silver Nova sehr deutlich. Während Silversea neben Bar-Entertainment auf ein klassisches Theater – erstmals bei Silversea in einem zwei Decks hohen Theater – mit festen Show-Zeiten und auch choreografierten Bühnenshows setzt, probiert Explora I ein ganz neues Konzept: flexibles Entertainment, das sich spontan den Bedürfnissen der Passagiere anpassen soll. Entsprechend gibt es statt eines Theaters eine Lounge mit großer Bar und kontinuierlichem, musikalischem Entertainment ohne feste Anfangszeiten.
Gemeinsam haben die beiden Schiffe viel Live-Musik und Entertainment entsprechendes in den Bars und Lounges.
Auch Shops und Shopping an Bord zähle ich im weiteren Sinne zum Entertainment. Und auch hier unterscheiden sich Silver Nova und Explora I deutlich. Explora Journeys räumt einer recht großen Zahl an Edel-Boutiquen recht viel Raum ein, unter anderem Rolex und Cartier. Die Silver Nova begnügt sich mit zwei kleineren Boutiquen (selbige ich aber nicht weiter beurteilen kann, weil sie auf meiner Fahrt noch nicht geöffnet waren).
Suiten
Die Suiten der Explora I und Silver Nova im Detail zu vergleichen, würde an dieser Stelle zu weit führen. Ich empfehle hier die Lektüre meiner Schiffsportraits zur Silver Nova und Explora I. Im folgenden beziehe ich mich jeweils auf die günstigste Suiten-Kategorie: Deluxe Veranda Suite bei Silversea, Ocean Suite bei Explora Journeys.
Grundsätzlich bieten die Suiten auf der Silver Nova mehr Komfort im Detail. Der begehbare Kleiderschrank wirkt durchdachter, der Frisiertisch hat Tageslicht und es gibt einen relativ großen Schreibtisch nebst Stuhl. Und insbesondere das Badezimmer ist auf der Silver Nova deutlich besser ausgestattet, insbesondere mit einem breiten Waschbecken mit zwei Wasserhähnen. Die Explora I punktet dagegen mit Fußbodenheizung und einem Edel-Fön der Marke Dyson.
Die Betten sind auf der Explora I europäisch, also relativ hart. Für mich persönlich ist das das perfekte Bett. Auf der Silver Nova sind die Betten eher weich mit hohem Kuschelfaktor und damit perfekt für amerikanische Statdards, mir persönlich aber zu weich.
Der Balkon fällt auf der Explora I etwas größer aus, was wiederum bei der Sofa-Sitzecke etwas Platz nimmt. Während es auf dem Balkon der Explora I zusätzlich zum Tisch und zwei Stühlen noch ein Sunbed gibt, beschränkt sich Silversea auf Tisch, zwei Stühle und Fußhocker.
Familien, Kids & Teens
Kinder und Teenager sind grundsätzlich sowohl auf der Silver Nova als auch auf der Explora I willkommen, allerdings spricht Explora Journeys Familien auch explizit als Zielgruppe an. Die Explora I bietet vor allem auch einen, wenn auch kleinen, Kids-Club mit zwei Crew-Mitgliedern zur Betreuung.
Auch gibt es einige Suiten-Optionen, etwa mit Verbindungstüren zur Kombination mehrerer Suiten für Familien. Und es gibt mit dem Helios Pool einen Bereich, der ausschließlich für Erwachsene zugänglich ist.
Inklusiv-Leistungen
In der folgenden Tabelle habe ich die wesentlichen Inklusiv-Leistungen auf der Explora I und Silver Nova zusammengestellt. Allerdings kann das nur ein grober Anhaltspunkt sein, denn es gibt beispielsweise bei Silversea unterschiedliche Angebote, bei denen teils auch Flüge und Flughafentransfer im Reisepreis inklusive sind. Auch unterscheiden sich beispielsweise die inkludierten Getränke – auf der Explora I ist etwa der inkludierte Champagner Moët & Chandon Brut Impérial, Rosé und Ice, auf der Silver Nova dagegen Heidsieck Monopole Blue Top Brut. Dafür gibt es teils auch sehr teuren Champagner bei Silversea an der „The Shelter“-Bar auch glasweise.
Inklusiv-Leistungen | Explora I | Silver Nova |
Trinkgelder | ja | ja |
Internet (beide: Starlink) | ja | ja (auf 2 Mbps Downstream begrenzt) |
alkoholfreie Getränke | ja | ja |
zahlreiche alkoholische Getränke | ja | ja |
Wein, Champagner | ja (19 verschiedene) | ja (ca. 70 verschiedene) |
In-Suite Dining, 24 Stunden | ja | ja |
Guest Laundrette | ja | ja |
Kochschule | 150 Euro | kostenfrei |
Butler | ja, nur in den höchsten Suiten-Kategorien Ocean Residences and Owner’s Residences | ja, in allen Suiten |
Landausflüge | nein | ja, einige |
Umwelttechnik
Beim Thema Klima- und Umweltschutz hat die Silver Nova klar die Nase vorne, auch wenn sich der Einbau der bahnbrechendsten Innovation – Brennstoffzellen – aufgrund technischer Probleme noch verzögert (Stand: August 2023). Die Silver Nova nutzt LNG, während die Explora I noch mit Marinediesel plus Scrubbern fährt. Auch hat die Silver Nova 1,6 Megawatt Akkus an Bord, die Hilfe von Peak Shaving zu deutlichen Treibstoff-Einsparungen beitragen, die Explora I ist immerhin für den Einsatz von Akkus vorbereitet. Landstrom-fähig sind beide Schiffe.