Servicegebühr, Service-Entgelt, Service Charge, Hotelgebühr oder Gratuity sind unterschiedliche Namen für immer die gleiche Sache: leidige Nebenkosten auf einer Kreuzfahrt, die zusätzlich zum Reisepreis fällig werden. Aber wie sieht das juristisch aus? Muss man diese Servicegebühren zwischen rund zehn und 25 Dollar pro Tag und Person wirklich bezahlen?
In diesem Beitrag geht es ausschließlich um die juristische Bewertung: Wann ist man rechtlich verpflichtet, eine wie auch immer genannte Servicegebühr zu bezahlen – und wann nicht?
Die grundsätzliche Diskussion um Trinkgeld und Servicegebühren auf Kreuzfahrt und die moralische Dimension dieses Themas lassen wir an dieser Stelle bewusst außen vor. Die finden Sie in unserem Beitrag „Servicegebühren auf Kreuzfahrt: Ärgernis oder moralische Verpflichtung?“
Tipp: Für einen Überblick zu allen rechtlichen Themen rund um die Kreuzfahrt, lesen Sie unseren Beitrag „Reiserecht in der Kreuzfahrt: Worauf Sie achten sollten und wie Sie zu Ihrem Recht kommen“.
Um welche Servicegebühr geht es?
Viele Kreuzfahrtreedereien – geprägt von Service- und Trinkgeldgepflogenheiten in den USA – verlangen von ihren Passagieren mehr oder weniger freiwillig eine „Servicegebühr“ (siehe unsere Übersicht der Servicegebühren bei allen Reedereien) zusätzlich zum Reisepreis. Die beträgt zwischen rund zehn und 25 Euro oder Dollar pro Person und Nacht an Bord der Kreuzfahrtschiffe. Bei einer einwöchigen Reise kommt da für zwei Personen in einer Kabine schonmal ein Betrag von über 300 Dollar zusammen.
Die Servicegebühr ist laut den Reedereien eine Art Trinkgeld für die Service-Crew an Bord der Schiffe. Tatsächlich sind sie aber ein wesentlicher Teil des Einkommens der Crew und oft höher als ihr eigentliches Gehalt.
Gerichte hatten über die Jahre hinweg immer wieder darüber zu entscheiden, ob diese gerne auch mal als „Zwangstrinkgeld“ bezeichneten Beträge nach deutschem Recht zulässig sind. Und Reedereien haben sich immer wieder neue Schlupfwinkel ausgetestet – in dem sie beispielsweise formell zuließen, dass Passagiere bei nachweislich nicht erbrachten Serviceleistungen das Zwangstrinkgeld von der Bordrechnung streichen lassen konnten.
BGH stellt 2015 fest: „Service-Entgelt ist Teil des anzugebenden Gesamtpreises“
Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2015 ist die juristische Situation eindeutig: Zwingend erhobene Servicegebühren müssen im Reisepreis eingerechnet werden. Der BGH stellte fest: „Ein Service-Entgelt, das bei einer Kreuzfahrt für jede beanstandungsfrei an Bord verbrachte Nacht zu zahlen ist, ist Teil des anzugebenden Gesamtpreises.“
Ist eine Servicegebühr also nicht freiwillig, darf sie nicht separat erhoben werden, sondern muss im Reisepreis enthalten sein, mit dem die Reederei oder der Reiseveranstalter wirbt.
Dieses Urteil hatte MSC Cruises damals bis vor den BGH (Az.: I ZR 158/14 vom 7. Mai 2015) durchgefochten – um Rechtssicherheit in dieser Frage zu schaffen, wie MSC damals sagte.
In Deutschland nennen die Reedereien und Veranstalter seitdem Preise, in denen die Servicegebühr bereits enthalten ist. Deshalb erscheinen die Preise in Deutschland oftmals höher als im Ausland, wo diese Gebühr weiterhin separat und zusätzlich berechnet wird.
„Freiwillige“ Servicegebühren sind weiterhin zulässig
Allerdings beendete das BGH-Urteil keineswegs die vor allem amerikanischen Reedereien übliche Praxis, die Servicegebühren in der „empfohlenen Höhe“ während der Kreuzfahrt automatisch dem Bordkonto zu belasten.
Denn sobald die Reederei die Möglichkeit eröffnet, dieser Belastung an Bord zu widersprechen und die Servicegebühr nicht zu bezahlen, ist das BGH-Urteil damit ausgehebelt. Dass die Reederei ihre Kunden damit in einen moralischen Konflikt bringt und man aus Fairness der Crew gegenüber letztlich dennoch bezahlt, interessiert juristisch nicht.
Immerhin hat das Landgericht Koblenz (Az: 15 O 36/17 im Oktober 2017, bestätigt durch das OLG Koblenz, Az 2 U 1260/17) untersagt, die Information über die automatische Bordkonto-Belastung unauffällig in den AGB zu verstecken. Nicht untersagt hat das Gericht aber diese automatische Belastung als solche.
Das Urteil hat lediglich klargestellt, dass die Trinkgeld-Klausel dem Kunden nicht im Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen untergeschoben werden dürfe. Stimme der Passagier einer solchen AGB-Klausel aber explizit zu, spreche nichts gegen die automatische Belastung. Das könnte beispielsweise über eine zusätzliche Unterschrift oder ein Kreuzchen bei einer entsprechenden Information im Reisevertrag erfolgen.
Unterschreibt man einen Reisevertrag, solle man also genau darauf achten, welche Klauseln man da auswählt beziehungsweise unterschreibt.
Passagiere können selbst nicht juristisch gegen unzulässige Servicegebühren vorgehen
Zu beachten ist bei diesem Thema und den entsprechenden Urteilen, dass es sich hierbei um wettbewerbsrechtliche Angelegenheiten handelt. Im Wesentlichen geht es nämlich um Verstöße gegen die Preisangabenverordnung.
Klageberechtigt sind also nur Konkurrenten der Reederei oder des Reiseveranstalters sowie Verbraucherschutz-Organisationen. Letztere haben von diesem Recht mehrfach erfolgreich Gebrauch gemacht, was zu den zitierten Urteilen geführt hat.
Automatische Servicegebühr auf Drink, Restaurants, Spa-Anwendungen
Anders sieht es bei Servicegebühren oder Gratuities aus, die Reedereien an Bord auf bestimmte Dienstleistungen zwangsweise kassieren. Oder zumindest hat noch niemand versucht, diese Praxis vor einem deutschen Gericht überprüfen zu lassen.
Auf die Getränkepreise an den Bars an Bord, Aufschläge für Spezialitätenrestaurants oder auch Behandlungen im Spa schlagen viele Reedereien eine Servicegebühr zwischen sieben und 20 Prozent auf. Kostet ein Cocktail laut Barkarte 15 Dollar, steht auf der Rechnung dann beispielsweise 18 Dollar (inklusive 20 Prozent Gratuity). Einen Hinweis darauf findet man typischerweise als kleine Sternchen-Fußnote ganz unten in der Barkarte.
Diese Servicegebühr ist zwingend zu zahlen. Wer mehr geben will, kann auf dem Beleg zusätzliches Trinkgeld eintragen oder dem Barkellner ein, zwei Dollar in bar zustecken.
Solche Servicegebühren sind vor allem auf internationalen Kreuzfahrtschiffen üblich, weniger auf deutschen Schiffen. Und natürlich gibt es diese Zwangstrinkgelder nicht bei All-inclusive-Konzepten wie etwa bei TUI Cruises oder weit verbreitet im Luxus-Segment.
Juristisch sind diese Servicegebühren schwierig einzuordnen. Gerichtsentscheidungen dazu sind uns nicht bekannt. Im Grunde würden dieselben Gesetze gelten wie bei den allgemeinen Servicegebühren – mit dem Unterschied, dass es hier nicht um den Gesamtreisepreis geht, sondern um die Preisangabe zu jedem einzelnen Getränk oder anderen Serviceleistungen, die der Passagier jedoch nicht zwingend in Anspruch nehmen muss.
Schon, ob dafür deutsches Recht überhaupt anwendbar wäre, wenn das Schiff unter italienischer, maltesischer, bahamischer oder panamaischer Flagge in internationalen Gewässern fährt, dürfte nicht eindeutig sein.
Faktisch wird man diese Servicegebühren also zahlen müssen, wenn man die jeweilige Dienstleistung an Bord in Anspruch nehmen will. Auch, wenn diese Servicegebühren nach deutscher Preisangabenverordnung vielleicht nicht ganz ordnungsgemäß ausgewiesen sind.