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Sea Cloud

Sea Cloud: Luxus, Nostalgie, Segelromantik

Die Sea Cloud ist ein wirklich besonderes Kreuzfahrtschiff. Und das nicht nur, weil sie ein Großsegler ist. Die 1931 gebaute Sea Cloud ist auch so etwas wie ein schwimmendes Museum. Wir hatten in Venedig Gelegenheit, an Bord zu gehen und uns das Schiff genauer anzusehen.

Der Duft von Holz-Lasur und Teakholz-Boden, Aufbauten mit dunkler Holzvertäfelung und der Blick hinauf in die Masten mit einem scheinbar wirren Geflecht aus Takelage – schon bei den ersten Schritten auf der Sea Cloud ist klar, dass man nicht auf einem gewöhnlichen Kreuzfahrtschiff ist. Keine große Pool-Landschaft, dafür ein breites Promenaden-Deck, das zur Seite hin abfällt, statt toter Stahlplatten. Steile und enge Treppen, viel Holz und Messing und nicht nur historische anmutende, sondern tatsächlich historische Innenausstattung versetzen den Passagier zurück in ein Zeitalter ohne Smartphone und Facebook, ohne Fernsehen und Mega-Video-Screen am Pool.

Sea Cloud vor Dubrovnik
Sea Cloud vor Dubrovnik

Noch ein nicht ganz unwesentliches Detail unterscheidet die Sea Cloud von anderen Kreuzfahrtschiffen – das sei nebenbei bemerkt: Die Fahrtrouten sind meist so geplant, dass Hafenstopps nicht den ganzen Tag dauern, sondern beispielsweise nur eine Vormittag oder einen Nachmittag. Denn – ganz ähnlich wie die großen Mega-Schiffe, aber aus einem ganz anderen Grund – ist auch bei der Sea Cloud für viele Passagiere das Schiff selbst das eigentliche Reiseziel. Und so bietet die Reederei ihren Passagieren nicht nur kleine, selten angefahrene Häfen und Buchten als Reiseziele, sondern auch möglichst viel Fahrzeit unter Segel bei Tageslicht.

Rund 60 Crew-Mitglieder kümmern sich auf der Sea Cloud um gerade einmal 64 Passagiere. Sie wohnen entweder ganz prunkvoll und nostalgisch in einer der acht Original-Kabinen und -Suiten oder zwei neu eingerichtete Kabinen am Hauptdeck oder – ein wenig moderner, aber auch preisgünstiger – in einer der 18 Ende der 1970er-Jahre neu hinzugefügten Außenkabinen am Promenaden- oder Lido-Deck oder einer der vier ehemaligen Offiziers-Kabinen mit Zugang vom Promenadendeck aus.

Original-Kabinen

Original-Eignerkabine Nr. 1
Original-Eignerkabine Nr. 1

Eine echte Rarität sind die Original-Kabinen und -Suiten auf der Sea Cloud. Diese acht Kabinen sind noch weitgehend im Originalzustand aus den 1930er-Jahren erhalten, großzügige Räume und ebenso großen Marmor-Bädern inklusive goldener Wasserhähne in Schwanenform und teils mit – heute nicht mehr mit echtem Feuer betriebenen – Kaminen und beeindruckend luxuriöser Einrichtung.

Original-Eignerkabine Nr. 2
Original-Eignerkabine Nr. 2

Ebenso reizvoll: Jede diese Kabine hat ihre eigene Geschichte, sieht anders aus, ist anders eingerichtet, hat einen anderen Schnitt. Bei der Buchung ist also genaues Studium des Katalogs (und alternativ unserer Bildergalerie) ratsam um herauszufinden, ob man lieber beispielsweise in der filigran und sehr hell gestalteten Eigner-Kabine Nr. 1, oder in der mehr rustikal und dunkel mit Ahorn-Holz getäfelten Eigner-Kabine Nr. 2 wohnen möchte.

Neue Kabinen

De-Luxe Außenkabine Nr. 10
De-Luxe Außenkabine Nr. 10

Die in den späten 1970er-Jahren auf dem Promenaden- und Lido-Deck hinzugefügten Kabinen sind kleiner und schlichter, aber trotzdem elegant eingerichtet. Hier sind die Kabinen innerhalb des jeweiligen Kabinentyps – Außenkabinen und De-Luxe-Außenkabine in verschiedenen Kategorien – einheitlich eingerichtet. Eine Besonderheit bieten die beiden Außenkabinen 30 und 31: Sie haben nämlich sowohl ein Fenster zur Seite als auch nach vorne – zwar ohne direkten Blick nach vorne aufs Meer, aber sehr hell und recht großzügig.

Ehem. Offizierskabine
Ehem. Offizierskabine

Interessant sind auch die ehemaligen Offizierskabinen auf dem Promenadendeck: Hier schläft man in Stockbetten, die Kabinentür öffnet sich direkt nach außen zum Promenadendeck. Kaum ein Schiff hat heutzutage noch solche nostalgisch anmutenden Kabinentypen.

Lounge, Restaurant, Lido-Deck und -Bar

Restaurant
Restaurant

Die öffentlichen Räume der Sea Cloud sind schnell beschrieben: Der mit Eichenholz vertäfelte Salon der ursprünglichen Eigner der Luxus-Segelyacht dient heute als Restaurant. Gegessen – nein: gespeist – wird hier in einer Sitzung an großen Tischen bei freier Platzwahl. Vor dem Restaurant liegt die Lounge – das gesellschaftliche Zentrum vor allem bei schlechtem Wetter.

Lido-Deck und -Bar
Lido-Deck und Bar

Ansonsten konzentriert sich alles auf das offene, aber mit Zelttuch überdachte Lido-Deck mit der Lido-Bar. Dort wird, wenn das Wetter es zulässt, auch Frühstück und Mittagessen serviert. Direkt an die Lido-Bar schließt sich das Spanker-Deck an, das zum Sonnenbaden und Genießen auf den Sonnenliegen unter freiem Himmel einlädt.

Spanker Deck
Spanker Deck

Alternative für Sonnenanbeter: Die steile, enge Treppe hinauf auf das kleine, erhaben gelegene Sonnendeck direkt unter den Segeln. Wer Ruhe und Entspannung sucht, findet aber auch auf den umlaufenden Decks viele ruhige Ecken mit Sonnenliegen oder hölzerne Mahagoni-Bänke mit Blick aufs Meer.

Promenaden-Deck am Heck
Promenaden-Deck am Heck

Vom Spanker-Deck aus führt eine steile Treppe hinab aufs Promenaden-Deck mit einer großzügigen, gepolsterten Liegefläche ganz am Heck des Schiffs – aber dieser Bereich ist natürlich auch über das Promenaden-Deck selbst erreichbar. Für Schiffsnostalgiker spannend: Hier ist noch das historische Notsteuerrad erhalten. Es wird nicht mehr benutzt, wäre aber wahrscheinlich noch funktionstüchtig.

Geschichte der Sea Cloud

Promenaden-Deck
Promenaden-Deck

Die Sea Cloud wurde 1931 für einen reichen Wall-Street-Broker als Geschenk für seine Frau gebaut – übrigens in der Germania-Werft in Kiel. Damals bekam das Schiff den Namen „Hussar“. Um die Innenausstattung kümmerte sich die Beschenkte und stattete das Schiff mit allem nur denkbaren Luxus aus. Das sieht man bis heute, denn Vieles davon ist noch erhalten.

Wheel House der Sea Cloud
Wheel House der Sea Cloud

Nach der Scheidung schon kurz darauf im Jahr 1935 bekam die Ehefrau, Marjorie Merriweather Post, das Schiff und benannte es in „Sea Cloud“ um. Post heiratet noch im selben Jahr einen Anwalt und Diplomaten – die Sea Cloud wurde zu einer Art schwimmender Diplomatenresidenz, lag eine Zeit lang in Rußland, dann in Istanbul. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie 1942 offiziell zum amerikanischen Kriegsschiff und fuhr unter dem Namen IX-99 im Gebiet um die Azoren und südlich Grönlands als schwimmende Wetterstation.

Sea Cloud

Reederei: Sea Cloud Cruises
Baujahr: 1931; umgebaut 1979; renoviert: 2011
Dimensionen: 109,5 m lang, 14,94 m breit, 5,13 m Tiefgang
Masthöhe: 54,20 m über Deck (Großmast)
Tonnage: 2.532 BRZ
Flagge: Malta
Crew: ca. 60
Passagiere: 64

Die Sea Cloud überlebte den Krieg, wurde in ihrer alten Pracht wieder hergestellt und verbrachte ihre Zeit als Party-Yacht zumeist entlang der US-Ostküste – bis das Schiff 1955 an Rafael Leonidas Trujillo Monitas verkauft wurde, dem damals diktatorisch herrschenden Staatschef der Dominikanischen Republik. Neuer Name des Schiff: Angelita. Nach dem gewaltsamen Tod des Diktators 1961 wurde das Schiff in Patria umbenannt, erneut verkauft und erneut umbenannt, diesmal in „Antara“. Käufer: die amerikanische Operation Sea Cruises Inc. Nach einigen Wirrungen landete das Schiff letztlich in Colón, Panama, wo es jahrelang weitgehend unbeachtet auflag.

1978 kaufte eine Gruppe von Hamburger Kaufleuten die Luxusyacht und machte sie unter Federführung von Kapitän Hartmut Paschberg zunächst in Panama notdürftig seetüchtig und überführte sie schließlich nach Hamburg und im Februar 1979 nach Kiel. In der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG wurde sie acht Monate lang instandgesetzt, umgebaut und anschließend unter ihrem heutigen Namen Sea Cloud in Dienst gestellt und von Sea Cloud Cruises als Kreuzfahrtschiff betrieben. Ein erneuter Umbau wurde im Winter 2010/11 in der Bremerhavener MWB-Werft nötig, um das historische Schiff an die strengen Vorschriften des internationalen Konvention SOLAS 2010 anzupassen.

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Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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