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NCLH, Carnival, MSC und Royal Caribbean zu 439 Millionen Dollar Schadensersatz verurteilt – wegen Nutzung der Kreuzfahrt-Terminals in Havanna

Es sind skurrile und zugleich folgenreiche Urteile in juristisch komplexen Verfahren: Ein Bundesgericht in Florida hat die vier größten Kreuzfahrtunternehmen der Welt zu jeweils mehr als 110 Millionen Dollar Schadensersatzzahlungen verpflichtet. Die Kreuzfahrtunternehmen hatten in den Jahren 2015 bis 2019 das Kreuzfahrt-Terminal im kubanischen Havanna genutzt und damit gegen Kuba-Sanktionen der USA verstoßen.

Der Schadensersatz geht an die Havana Docks Corporation. Sie war einst Eigentümer der Havana Cruise Port Terminals. 1960, nach der kubanischen Revolution, wurde die Havana Dock Corporation von der kubanischen Regierung enteignet und gezwungen, das Geschäft aufgeben – nach der amerikanischen Sichtweise rechtwidrig. Carnival Corp. hat bereits angekündigt, das Urteil anzufechten, die übrigen Reedereien werden sich voraussichtlich ebenfalls wehren.

Es sind die ersten Urteile über die Höhe des Schadensersatzes, den die vier großen Kreuzfahrtunternehmen in Zusammenhang mit den zwischen 2015 und 2019 genutzten Kreuzfahrtterminals in Kuba zahlen sollen. Es sind aber noch eine Reihe weiterer Verfahren anhängig, die ähnlich gelagert sind. Die juristische Situation ist kompliziert und hält diverse Fallstricke für die Kläger bereit, sodass der Ausgang dieser Prozesse alles andere als vorhersehbar ist.

Ein Verfahren um das Terminal in Santiago de Chile hatten Carnival Corp. und Royal Caribbean im November gewonnen, weil der Kläger vom Gericht als nicht klageberechtigt befunden wurde. Er hatte die Rechte an dem Termine zu einem Zeitpunkt geerbt, als der Helms-Burton Act bereits in Kraft war. Das Gesetz sieht aber vor, dass man die Rechte vor Erlass des Gesetzes erworben haben muss. Das Gericht sah den Erbvorgang als Zeitpunkt des „Erwerbs“ an.

Der Helms-Burton Act und amerikanische Sanktionen gegen Kuba

Von 2015 bis Mitte 2019 waren Kreuzfahrten von US-Häfen aus nach Kuba unter bestimmten Bedingungen erlaubt, weil die USA entsprechende Sanktionsgesetze gegen Kuba vorübergehend gelockert hatten. Die juristischen Sachverhalte sind aber insgesamt ein wenig kompliziert.

Im Rahmen eines Sanktionsgesetzes, dem Libertad Act, auch als Helms-Burton Act bekannt, verbot die USA 1996 Geschäfte in Zusammenhang mit nach der kubanischen Revolution enteigneten Besitztümern. Zugleich hatten jedoch seitdem sämtliche US-Präsidenten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, in nationalem Interesse zwei Abschnitte des Helm-Burton Acts auszusetzen. In diesen Abschnitten enthalten ist auch das Klagerecht auf Schadensersatz des ursprünglichen Eigentümers gegen Unternehmen, die solche Geschäfte machen.

Nachdem Präsident Barack Obama die Sanktionen gegen Kuba 2015 gelockert hatte, durfte Kuba auch auf Kreuzfahrten von den USA aus wieder angelaufen werden. Zuvor durften Amerikaner weder nach Kuba reisen noch durfte es entsprechende Kreuzfahrten dorthin geben.  Nun war das unter der Auflage möglich, dass es sich nicht um touristische Reisen handle, sondern eines der Kriterien aus einer Liste von humanitären und religiösen Ausnahmegründen erfüllten. Die Kreuzfahrt-Reedereien deklarierten die Landausflüge auf diesen Reisen daher entsprechend dieser Ausnahmeregelungen als humanitäre Hilfe oder Fortbildung und gaben ihnen formell – mal mehr, mal weniger – einen solchen Anstrich.

Im Mai 2019 verschärfte Präsident Donald Trump dann aber nicht nur die Kuba-Sanktionen wieder, sodass die Kreuzfahrten nach Kuba abrupt eingestellt werden mussten. Er machte auch erstmals nicht von seinem Recht Gebrauch, die Möglichkeit zu Schadensersatzklagen außer Kraft zu setzen. Auch sein Nachfolger President Joe Biden tat das nicht, sodass der Helms-Burton Act mit allen seinen Abschnitten voll anwendbar wurde und bis heute ist.

Havana Dock Corporation verklagt die vier größten Kreuzfahrtunternehmen

Daraufhin verklagte die Havana Dock Corporation gleich alle vier große Kreuzfahrt-Unternehmen: Carnival Corp., MSC Cruises, Royal Caribbean Cruises und Norwegian Cruise Line Holdings – und bekam in einem Aufsehen erregenden Urteil im März 2022 Recht. Ein US-Bundesgericht im Southern District of Florida stellte fest, dass die Reedereien gegen den Helms-Burton Act verstoßen hätten und daher gegenüber der Havana Dock Corporation schadensersatzpflichtig seien.

Aus den Gerichtspapieren geht laut der Nachrichtenagentur Associated Press auch hervor, wird auch die finanzielle Dimension in dem Prozess klar: Die Kreuzfahrt-Unternehmen sollen mit den Kuba-Reisen Einnahmen in Höhe von mindestens 1,1 Milliarden Dollar erzielt und 138 Millionen Dollar an kubanische Regierungsstellen, wohl vor allem für die Nutzung der Kreuzfahrt-Terminals, gezahlt haben.

Die neuerlichen Urteile im Dezember 2022 legen nun die Höhe des Schadensersatzes fest, den die Reedereien zahlen sollen. Im Falle von Norwegian Cruise Line Holdings beläuft sich die Schadensersatzzahlung auf exakt 109.848.747,87 Dollar sowie rund drei Millionen an Gerichtskosten und Gebühren. CBS Miami berichtet, dass Carnival Corp., Royal Caribbean und MSC Cruises zu etwa den gleichen Schadensersatz-Summen verurteilt worden seien.

Ein wesentlicher Aspekt, warum die Reedereien in diesem Zusammenhang nun wohl Schadensersatz leisten müssen, sind die Details der Ausnahmeregelungen für die Reisen nach Kuba von 2015 bis 2019. Denn unter diesen Bedingungen wären die Kreuzfahrten unproblematisch gewesen, das Klagerecht wegen illegaler Nutzung von enteignetem Eigentum in Kuba hätte nicht gegriffen. In dem Urteil vom März 2022 hatte das Gericht aber festgestellt, dass sich die Reedereien nicht an die Ausnahmeregelungen gehalten hätten. Die durchgeführten Reisen hätten zweifelsfrei touristische Zwecke verfolgt. Genau das war aber auch nach den 2015 gelockerten Sanktionsregeln ausdrücklich verboten.

3 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

3 Gedanken zu „NCLH, Carnival, MSC und Royal Caribbean zu 439 Millionen Dollar Schadensersatz verurteilt – wegen Nutzung der Kreuzfahrt-Terminals in Havanna“

  1. Verrückt! Scheinbar ist das ESTA für Personen, die sich in den letzten 10 Jahren in Kuba aufgehalten haben auch empfindlich teurer, als für alle Anderen. kannst du das bestätigen Franz?

  2. @Wolfgang: Thematisch passt die Frage hier jetzt aber nicht wirklich her … ;-) Zum Thema Einreise in die USA und Kuba gibt’s einen ausführlichen Beitrag hier: https://www.cruisetricks.de/einreise-probleme-in-die-usa-mit-esta-fuer-kuba-urlauber-wen-es-betrifft-und-wen-wahrscheinlich-nicht/
    Aber um Deine eigentliche Frage zu beantworten: Wenn Du seit dem 12. Januar 2021 in Kuba warst, darfst Du überhaupt nicht mit Esta in die USA einreisen, sondern brauchst ein Visum (siehe der hier im Kommentar verlinkte Beitrag). Wenn Du vor dem 12. Januar 2021 in Kuba warst, reicht Esta und das kostet eben, was Esta kostet; eine extra „Kuba-Gebühr“ o.ä. gibt’s da nicht. Das ist zumindest mein Wissensstand – rechtsverbindliche Auskunft zu dem Thema gibt’s nur bei der amerikanischen Botschaft …

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