Nach Flusskreuzfahrt und kleineren Expeditionsschiffen hat der Neustart der Kreuzfahrt nun auch mit großen Schiffen begonnen: TUI Cruises hat gerade die erste Kurzreise ab Hamburg mit der Mein Schiff 2 abgeschlossen. Bei Dream Cruises ist die Explorer Dream am Sonntag, 26. Juli, von Taiwan aus erstmals wieder gefahren.
Deutsche Reedereien sind beim Neustart großer Kreuzfahrtschiffe nach dem Corona-Shutdown die Vorreiter weltweit. Aber auch in Asien ist das erste große Kreuzfahrtschiff jetzt wieder in Dienst. Die USA wird dagegen angesichts der hohen Infektionszahlen noch länger warten müssen, bis die ersten großen Schiffe wieder fahren dürfen.
Mit weniger als der geplanten Passagierauslastung von maximal 60 Prozent startete die Mein Schiff 2. Rund 1.200 Passagiere waren am 24. Juli in Hamburg beim Start der ersten „Blauen Reise“ in Richtung Norwegen an Bord. Hafenstopps gab es auf der Kreuzfahrt keine. Weitere Reisen von Hamburg und Kiel aus folgen. Die Crew absolvierte zuvor eine 14tägige Quarantänephase.
AIDA schickt am 5. August mit der AIDAperla ab Hamburg das erste Kreuzfahrtschiff nach dem Corona-Shutdown wieder auf Reisen. Auch dieses Schiff wird auf seiner Kurzreise keine Hafenstopps machen. AIDAmar und AIDAblu sollen am 12. August ab Warnemünde beziehungsweise 16. August ab Kiel mit gleichem Konzept folgen. Auch bei AIDA geht die Crew zunächst für zwei Wochen in Quarantäne.
Die asiatische Kreuzfahrtmarke Dream Cruises ist am 26. Juli vom taiwanesischen Keelung mit der Explorer Dream dagegen schon auf einer Route inklusive Anläufen mehrerer taiwanesischer Inseln unterwegs: Peng Hu, Matsu Island, Kinmen und Hualien. Vor der Reise hatte Dream Cruises nach eigenen Angaben die Crew übrigens sogar für 21 Tage in Quarantäne geschickt.
Interessant ist das Restaurant-Konzept namens „Flexi-Feast“, das Dream Cruises für die Reisen in Coronazeiten entwickelt hat. Die Passagiere erhalten bei der Einschiffung Gutscheine, die sie während der Reise flexibel in allen Restaurants – auch den eigentlich kostenpflichtigen Spezialitätenrestaurants – einlösen oder für den Room-Service einsetzen können. So will Dream Cruises möglichst viel Flexibilität beim Essen anbieten, ohne dass es zur Überfüllung einzelner Restaurants kommt.
Deutliche Kritik von Cruise-Tourism-Management-Professor Papathanassis
Ganz ohne Kritik geht der Neustart von TUI Cruises am 24. Juli sowie der bevorstehende Start bei AIDA am 5. August allerdings vonstatten. Unter anderem in der Ostseezeitung und im Spiegel warnt Alexis Papathanassis, Professor für Kreuzfahrtmanagement an der Hochschule Bremerhaven, vor den Risiken des Neustarts. Seiner Ansicht nach sei der Zeitpunkt dafür noch zu früh. Kunden dürften nicht zum „Testobjekt“ werden.
Verschnupft reagiert darauf der Oberbürgermeister von Bremerhaven, Melf Grantz, in einer Pressemitteilung. Die Hygienepläne der Reedereien seien von „verantwortungsvollen Gesundheitsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland genehmigt worden und seien mit großer Sicherheit keine Placebo-Beruhigungspillen“, wie Papathanassis es unterstellt habe.
Im Vorfeld des Neustarte bei AIDA hatte es indes elf identifizierte Fälle von Covid-19-Infektionen unter der Crew gegeben, die für den Neustart zunächst 14 Tage in Quarantäne gehen sollten. Bei einem erneuten Test zwei Tage später wurde ein weiterer Infizierter gefunden.
AIDA sagt in einem Statement dazu, die Fälle hätten gezeigt, dass die strengen, gemeinsam mit den Behörden erarbeiteten Hygieneprotokolle greifen und die richtigen Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor Covid-19 ergriffen worden seien. Die betroffenen Crew-Mitglieder sind isoliert und in Quarantäne. Ob sich die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen weiterhin bestätigt, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen müssen. Auf Flusskreuzfahrtschiffen, die teils schon seit Anfang Juni wieder fahren, haben sich die dortigen Hygienekonzepte bislang bewährt.
USA beobachtet den Neustart skeptisch
Aus den USA wird der Kreuzfahrt-Start in Deutschland ebenfalls genau beobachtet, ist AIDA doch eine Marke des US-Unternehmens Carnival Corp. und TUI Cruises ein Joint Venture von TUI und der amerikanischen Royal Caribbean Group.
In den dortigen Medien liest man verhaltene Zweifel, was angesichts der Infektionslage insbesondere auch in Florida nicht verwunderlich ist. Harte Kritik kommt vom bekanntermaßen Kreuzfahrt-kritischen Anwalt Jim Walker (Cruise Law News), der für den Neustart der Kreuzfahrt verpflichtende Coronatests für alle Passagiere fordert. Solche Tests sehen die umfangreichen Empfehlungen der Europäischen Union für den Neustart der Kreuzfahrt (PDF-Link) nicht vor. Deshalb erhebt Walker auch den Vorwurf, die EU-Empfehlungen seien von diversen Leuten entworfen worden, die von US-Reedereien bezahlt würden. Tatsächlich aber setzt sich die Arbeitsgruppe aus Vertreter von Forschungslaboren, Gesundheitsinstituten und Ministerien verschiedener europäischer Länder zusammen.
Danke Franz! Du bist hier der erste der das Thema „Neustart“ sachlich und wertneutral schildert. Denn an anderen Stellen gibt es entweder die Meinungen „alles ist toll“ oder „alles ist schrecklich“. Und keiner akzeptiert Teile der jeweiligen anderen Meinung. Aber ich denke so einfach ist es eben nicht und somit helfen Berichte wie der Deine um sich ein vernünftiges Bild zu machen!
Lieber Franz Neumeier,
ich bin erst seit Kurzem Abonnent des Newsletters und erwarte inzwischen gespannt jeden Freitag die Neuigkeiten aus unserem liebsten Urlaubssegment. Toll gemacht, ganz großes Lob! Gerade weil sich neutrale News zum Thema Cruising häufig nur schwer finden lassen, schätze ich Ihre sehr sachlichen Berichte. Insofern kann ich dem vorigen Kommentar von Dierk nur zustimmen…und diese Sachlichkeit zeigt sich auch in Ihren Antworten auf kritische Einwürfe. Wohltuend, bitte weiter so!