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Sydney zwingt Kreuzfahrtschiffe zum Verlassen der Region

In Sydney eskaliert die Haltung der Behörden gegenüber Kreuzfahrtschiffen. Die Polizei hat die Pacific Explorer sowie die Carnival Splendor angewiesen, den Hafen zu verlassen. Beide Schiffe haben Crew, aber keine Passagiere mehr an Bord. Die unter britischer Flagge fahrende Pacific Explorer von P&O Australia hat ihren Basishafen in Sydney. Entsprechend harsch fiel die Reaktion der Reederei auf den Rauswurf aus.

Sture Myrmell, President von P&O Australia, sagte lokalen Medien, es sei ein beispielloser Vorgang, eine australische Reederei anzuweisen, Australien zu verlassen. Es gebe keinerlei Infektionen an Bord der Pacific Explorer. Weder Crewmitglieder noch Passagiere seien während der vergangenen Wochen positiv auf Covid-19 getestet worden. P&O Australia sei die einzige Reederei, die ihr Hauptquartier in Australien habe. Das Unternehmen sei in der Region bereits seit 88 Jahren aktiv.

Der Police Commissioner von New South Wales, Mick Fuller sagte: „Jedes Kreuzfahrtschiff, das ausläuft, sehe ich als einen Sieg für NSW.“ Ihm zufolge befinden sich derzeit noch 8.500 Menschen an Bord von insgesamt acht Kreuzfahrtschiffen vor New South Wales, denen das Anlaufen von Sydney verweigert worden sei. Keines von diesen Schiffen hat Passagiere an Bord.

Nach der Pacific Explorer und der Carnival Splendor müssen am Sonntag, 5. April, weitere Kreuzfahrtschiffe die Gewässer vor New South Wales verlassen. Sie sollen nun betankt und mit Lebensmitteln versorgt und dann zum Verlassen Australiens aufgefordert werden.

Immerhin schlägt der Chef der Border Force Michael Outram in einem Punkt vernünftige Töne an: Man werde keine Menschen in Gefahr bringen. Für Schiffe, auf denen Covid-19-Infektionen bekannt sind, soll medizinisches Personal an Bord gehen, um die Situation zu klären und festzustellen, unter welchen Bedingungen die Schiffe australische Gewässer verlassen können.

The Guardian zitiert Outram mit den Worten: „Wenn die Schiffe keinen Grund haben, sich in unseren Gewässern aufzuhalten und wenn es der Besatzung gut geht, müssen sie sich von hier wegbewegen.“

Gewerkschaften befürchten humanitäre Katastrophe für die Crewmitglieder an Bord

Neben Australien verweigern auch die meisten anderen Länder der Welt den Crew-Mitgliedern von Schiffen während der Corona-Krise die Ausschiffung und Heimreise. Über die zunehmend harte Linie der Behörden in Florida haben wir bereits berichtet. Aktuell mehr für den Frachtverkehr als für die Kreuzfahrt ein zunehmendes Problem: Auch neue Crew-Mitglieder können nicht an Bord gehen. Teils laufen bei der Besatzung Lizenzen aus, die sie derzeit nicht erneuern können. Ersatzpersonal mit gültiger Lizenz kann aber nicht an Bord kommen.

Die International Transport Workers’ Federation und andere Seefahrer-Gewerkschaften schlagen schon seit vielen Tagen Alarm. Sie befürchten eine humanitäre Katastrophe auf den Schiffen – insbesondere dort, wo es bereits Covid-19-Fälle unter den Crew-Mitgliedern gibt. Auf mindestens drei Kreuzfahrtschiffen, die derzeit vor der Küste Australiens liegen, sind Covid-19-Fälle bekannt.

Laut Financial Times haben sich mehrere Reedereien der Anweisung der NSW-Behörden widersetzt, die Schiffe zum Verlassen australischer Gewässer verlangt hatten. Sie fordern die Regierung von Australien der Hauptstadt Canberra auf, bei der Rückführung der Crew in ihre Heimatländer zu helfen. Zuvor hatte die Polizei von NSW alle Kreuzfahrtschiffe aufgefordert, Sydney sofort zu verlassen und in ihre Heimathäfen zu fahren, statt zu riskieren, dass „Krankenhäuser in NSW mit Covid-19-Patienten geflutet“ würden. Australiens Innenminister Peter Dutton erhebt den Vorwurf, einige Reedereien hätten über den Gesundheitszustand von Passagieren an Bord ihrer Schiffe gelogen.

P&O Australia hat unterdessen beschlossen, nach Indonesien und zu den Philippinen zu fahren, um die dort beheimateten Crew-Mitglieder nach Hause zu bringen. Auch die Sun Princess und die Seas Princess von Princess Cruises schließen sich bei dieser Aktion an.

Harte Linie, um eine Wiederholung des Debakels um die Ruby Princess zu verhindern

Der Rauswurf der Pacific Explorer aus Sydney, wo das Schiff zuletzt am White Bay Cruise Terminal lag, ist der bisherige Höhepunkt einer Entwicklung, die nach dem Anlauf der Ruby Princess am 20. März begann. Obwohl bekannt war, dass es an Bord der Ruby Princess Covid-19-Verdachtsfälle gab, durften die Passagiere unkontrolliert ausschiffen. Zwei Behörden schieben sich nun gegenseitig die Schuld daran zu, dass diese Passagiere wohl für eine wesentliche Verbreitung des Virus in Australien verantwortlich sind.

Mehr als 400 Covid-19-Fälle in Australien wurden mit dem Kreuzfahrtschiff in Verbindung gebracht. Das sind etwa zehn Prozent aller aktuellen Infektionen. Die Border Force sagt, es sei der Fehler von NSW Health gewesen, keine Tests an Bord der Ruby Princess durchzuführen und das Risiko als niedrig einzustufen. NSW Health beschuldigt die Border Force, die Passagiere ungehindert an Land gelassen zu haben. Die Regierung von New South Wales und auch die Regierung von Western Australia fahren nun verspätet eine harte Linie gegenüber Kreuzfahrtschiffen – wohl auch, um durch Härte von ihren eigenen Fehlern abzulenken.

Inzwischen hat allerdings auch die Mordkommission der Polizei von New South Wales Ermittlungen aufgenommen. Sie soll klären, ob der Kapitän der Ruby Princess und die Verantwortlichen der Reederei die Behörden ausreichend über die Situation an Bord und mögliche Infektionsfälle informiert haben.

Kreuzfahrtschiffe im Südwesten Australiens

Die Pacific Explorer ist seit ihrem Rauswurf aus Sydney am 2. April mit unbestimmtem Ziel in Richtung Norden entlang der australischen Ostküste unterwegs. Sie fährt mutmaßlich nach Gladstone an der Ostküste Australiens. Dorthin ist auch die Carnival Splendor unterwegs. Die übrigen zwei Schiffe von P&O Australia liegen in Brisbane (Pacific Dawn) und Adelaide (Pacific Aria).

In Gladstone liegt bereits die Queen Elizabeth von Cunard Line vor Anker. Auf dem Weg dorthin sind aktuell auch die Carnival Spirit und Sun Princess.

Im Hafen von Sydney vor Anker liegt derzeit noch die Spectrum of the Seas von Royal Caribbean International vor Anker. Außerhalb des Hafens liegen die Ruby Princess, Radiance of the Seas, Voyager of the Seas, Ovation of the Seas und Celebrity Solstice.

4 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

4 Gedanken zu „Sydney zwingt Kreuzfahrtschiffe zum Verlassen der Region“

  1. Hallo von der Magnifica, wir sind froh und glücklich, dass wir den „Herrschaftsbereich“ dieser unmenschlichen Politiker verlassen haben. Wir werden diese Erfahrungen bei unseren künftigen Urlaubsplänen nicht vergessen. Wir hoffen, dass dies auch die Kreuzfahrgesellschaften berücksichtigen werden. Für uns ist Australien, insbesondere NSW erstmal gestrichen.
    Uns geht es nach wie vor gut. Am 6.4. werden wir Colombo für einen technischen Stop erreichen.

  2. „Jedes Kreuzfahrtschiff, das ausläuft, sehe ich als einen Sieg für NSW.“

    Und ich sehe jeden Touristen, der zukünftig einen weiten Bogen um New Saouth Wales macht, als Sieg gegen Unmenschlichkeit, Ignoranz, Kleinstaaterei und Fremdenfeindlichkeit.

  3. Erst lässt man die Passagiere der Ruby Princess unkontrolliert von Bord, weshalb sich Corona in Australien verbreiten konnte –> erstes Versagen der Behörden zulasten der Gesundheit

    Nun sorgt man dafür, dass auf den Schiffen eine humanitäre Katastrophe entsteht –> zweites Versagen der Behörden zulasten der Behörden, angeblich, um die Gesundheit im Land zu gewährleisten.

    Wo ist denn da die Logik? Man hat doch selber die Corona-Situation im Land zu verschulden.

    Wie schon geschrieben wurde, unmenschlich, ignorant und verachtenswert!

  4. … wobei man auch mal abwarten muss, was jetzt die polizeilichen Ermittlungen angeht, sprich: Hatten die Behörden überhaupt ausreichend bzw. korrekte Informationen vor der Entscheidung, das Schiff als niedriges Risiko einzustufen? Vermutlich ist das alles nicht so schwarz-weiß, wie es zunächst aussah. Bzgl. Menschen nicht an Land lassen (aktuell betrifft das v.a. die Crew): Das ist leider auch kein Australien-spezifisches Thema, sondern ist fast weltweit so. Sehr traurig, aber auch eine gewaltige Aufgabe, letztlich Hunderttausenden von Crew-Mitgliedern (nicht nur Kreuzfahrt, sondern auch im Frachtbereich) das Reisen weiterhin zu ermöglichen – ob vom Kreuzfahrtschiff nach Hause zur Familie, oder im Frachtbereich für Crew-Wechsel, um den Warentransport aufrecht zu erhalten, auf den wir alle angewiesen sind.

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