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Vom Schneckentempo zum Highspeed-Surfen: 25 Jahre Internet auf Kreuzfahrtschiffen

Es erscheint beinahe unwirklich: Noch vor 25 Jahren war man während einer Kreuzfahrt auf See nahezu komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Bis 1999 gab es auf Kreuzfahrtschiffen nämlich keine Internet-Verbindung. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Instagram, Facebook & Co ihren Weg auf die Kreuzfahrtschiffe gefunden haben, wer erstmals Internet auf hoher See angeboten hat und wie Kreuzfahrtschiff-Internet sich vom Schneckentempo bis zum heutigen Highspeed entwickelt hat.

Über 100 Jahre lang ist die Kreuzfahrt ohne Internet ausgekommen. Dann kam das Jahr 1999: Erstmals hatte ein Kreuzfahrtschiff ein Internet-Café – eine kleine Sensation. Erstmals konnten die Passagiere auch auf hoher See von Bord aus ins Internet. Damals ging es vor allem noch um das Verschicken und Empfangen von E-Mails. Erst ein Jahr zuvor, 1998, war Google gegründet worden.

Wann gab es erstmals Internet und Wlan auf einem Kreuzfahrtschiff?

Das erste Mal während einer Kreuzfahrt im Internet surfen konnten Passagiere auf der Norwegian Sky. Das NCL-Kreuzfahrtschiff hatte bei Indienststellung im Juli 1999 ein Internet-Café, in dem die Passagiere an insgesamt 14 Terminals ins Internet gehen konnten.

Norwegian Sky
Norwegian Sky

Die Celebrity Millennium war bei Indienststellung im Juni 2000 wahrscheinlich das erste Kreuzfahrtschiff mit Internet-Zugang direkt in der Kabine, wenn auch noch kabelgebunden. Dort gab es – wie in der Folge auch auf vielen anderen Kreuzfahrtschiffen – tatsächlich eine Netzwerk-Buchse, wo man heute eher USB-Ladebuchsen findet.

Celebrity Millennium
Celebrity Millennium

Internet über eine schnurlose Wlan-Verbindung gab es nur an wenigen Stellen in öffentlichen Bereichen an Bord. Fun Fact:  Auf dem Schiff gab es damals auch ein Faxgerät. Das Versenden einer einzelnen Seite kostete mindestens fünf Dollar.

Internet-Terminals, Celebrity Constellation, 2010
Internet-Terminals, Celebrity Constellation, 2010

Wann erstmals Internet per Wlan-Verbindung in allen Bereichen eines Schiffs inklusive der Kabinen angeboten wurde, ist nicht ganz klar. Jedenfalls boten ab Mitte der 2000er-Jahre immer mehr Kreuzfahrtschiffe den Internet-Zugang über ein bordeigenes Wlan.

Internet auf Kreuzfahrt: die technische Entwicklung

Lange Zeit war Internet auf Kreuzfahrtschiffen langsam, umständlich und teuer. Die Kosten lagen damals bei um die 75 Cent pro Minute – was gegenüber den Passagieren besonders unfair war. Denn die hatten keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Datenübertragung, mussten für die langen Wartezeiten aber hohe Minutenpreise bezahlen.

Preistabelle für Internetzugang auf einem Kreuzfahrtschiff im Jahr 2010
Preistabelle für Internetzugang auf einem Kreuzfahrtschiff im Jahr 2010

Ein heißer Tipp damals: Tageszeiten finden, zu denen möglichst wenig Mitreisende das Internet nutzten, um trotz geringer Bandbreite wenigstens eine halbwegs schnelle Datenübertragung zu bekommen. Frühmorgens ging das meist am besten.

Später wechselten viele Reedereien dann zu Datenvolumen-Paketen: eine bestimmte Datenmenge kostete Betrag X. Bei dieser Abrechnung konnte es dem Passagier zumindest unter dem Kostenaspekt egal sein, wie langsam die Verbindung war (und sie war meist gähnend langsam). Man bezahlte nur für die Datenmenge, unabhängig von der Übertragungsdauer. Andererseits war es schwer abschätzbar, wie große die Datenmengen beim Surfen im „World Wide Web“ waren.

O3b-Satelliten und alle möglichen, technischen Tricks

Ein erster, großer Durchbruch kam 2014, als der Satellitennetz-Betreiber O3b (gehört inzwischen zu SES), Satelliten in einem deutlich niederen Orbit positionierte und damit sehr viel schnelleres Internet zu deutlich günstigeren Preisen anbot. Die Oasis of the Seas war das erste Schiff, das mit diesem neuen System ausgerüstet wurde.

Oasis of the Seas, 2014 in Malaga
Oasis of the Seas, 2014 in Malaga

Royal Caribbean International nutzte O3b zunächst nur in der Karibik, ein Jahr später auch in Europa verfügbare O3B-Netz als erste Kreuzfahrtreederei auf den Schiffen der Oasis- und Quantum-Klasse.

Auf den Schiffen mit O3b-Technik verlangte Royal Caribbean nur noch 15 Euro täglich für eine echte Flatrate – und das bei Verbindungsgeschwindigkeiten, die sich beinahe schon mit DSL an Land messen ließen. Erstmals konnte man das Internet auf Kreuzfahrtschiffen ernsthaft auch beruflich nutzen – wenn man das im Urlaub denn tun muss.

Die bisherigen Satelliten-Betreiber ließen sich angesichts der ernsten, neuen Konkurrenz technisch und bei ihrer Preisstruktur einiges einfallen, um mithalten zu können. Und auch relativ einfache Tricks halfen, die zu übertragenden Datenmengen zu reduzieren und damit die vorhandene Satelliten-Bandbreite besser auszunutzen. Häufig abgerufene Daten wie Nachrichten von News-Websites wurden beispielsweise auf Servern am Schiff zwischengespeichert, sodass sie nur einmal über Satellit übertragen werden mussten, statt für jeden Passagier, der auf diesen Seiten surfte, erneut.

Hybrid-Systeme aus Satelliten und Mobilfunk-Netzen an Land

2014 führte Carnival Corp für alle seine Kreuzfahrtmarken ein hybrides System namens „WiFi@Sea“ ein, bei dem Satelliten mit landbasierten Funknetzen oder sogenanntem Long-Range Wifi kombiniert wurden. Sobald ein Schiff nahe genug an der Küste fuhr oder im Hafen lag, nahm das Netz Kontakt zu Funknetzen an Land auf und leitete den Datenverkehr – deutlich schneller und billiger – darüber statt über Satellit. Rund zehnmal schneller als bis dahin sollten diese Internet-Verbindungen sein.

Regal Princess
Regal Princess

2018 meldete Princess Cruises auf der Regal Princess einen Rekord bei der Übertragungsgeschwindigkeit mit deren neuer Internet-Technik Medallion Net in Kooperation mit dem Satellitenbetreiber SES. Bei einem Test erreichte das Schiff eine Gesamtbandbreite von 2,25 Gigabit pro Sekunde – mehr als genug, um theoretisch 1.500 Netflix-Videos gleichzeitig zu streamen. Flatrate-Preis für die Passagiere damals: 9,99 Dollar pro Tag.

Die Kreuzfahrt im Sturm erobert hat dann jedoch Starlink seit 2022. Nahezu alle Reederei nutzen inzwischen diese rasant schnelle und noch dazu kostengünstige Internet-Anbindung über die tief fliegenden Satelliten-Schwärme des Raumfahrtunternehmens von Elon Musk.

Hurtigruten reklamiert für sich, die erste Reederei zu sein, die schon 2022 Starlink eingerichtet hat (erste Installation im März 2022). Test-Installationen gab es 2022 aber auch schon beispielsweise bei MSC Cruises (MSC Magnifica, Dezember 2022) und Royal Caribbean International (Freedom of the Seas, Juni 2022).

Die übrigen Reedereien zogen sehr schnell nach und bis Ende 2023 war Starlink bereits omnipräsent. Wie schnell Starlink ist, konnten wir bereits im Herbst 2022 auf der Freedom of the Seas testen: „So schnell ist das neue Starlink-Internet von Space X“.

Starlink-Installation auf der Freedom of the Seas
Starlink-Testinstallation auf der Freedom of the Seas

Für die Kreuzfahrt-Passagiere hat Starlink zwei große Vorteile gebracht: Die Preise für den Internet-Zugang an Bord der Kreuzfahrtschiffe sind bei den meisten Reedereien weiter gesunken. Einige – vor allem Luxus-Reedereien – haben die Einführung von Starlink sogar zum Anlass genommen, Internet gleich ganz kostenlos zu machen.

Flatrate-Preise für Starlink-Internet auf der Freedom of the Seas 2022
Flatrate-Preise für Starlink-Internet auf der Freedom of the Seas 2022 – heute, 2024, kosten die Pakete übrigens nur noch die Hälfte.

Vor allem aber gehören langsame Datenübertragung nun endgültig der Vergangenheit an. Wurde das Internet (WWW, World Wide Web) in den 2000er-Jahren noch als „World Wide Wait“ verballhornt – nicht nur auf den Schiffen – hat sich zu einer Technik entwickelt, über die man sich keine Gedanken mehr macht. Sie läuft im Hintergrund und funktioniert einfach …

Mit einer guten Internet-Verbindung an Bord klappt sogar die Kombination aus Arbeit und Kreuzfahrt
Mit einer guten Internet-Verbindung an Bord klappt sogar die Kombination aus Arbeit und Kreuzfahrt

Jedenfalls, sobald man die Hürde überwunden hat, den Internet-Zugang am Smartphone einzurichten. Denn das ist bei vielen Reedereien immer noch ein großer Schwachpunkt: Apps oder Bordportale sind umständlich zu bedienen, funktionieren zeitweise nicht oder treiben die Passagiere aus andere Weise in den Wahnsinn.

Bis man also im Internet ist, steht immer wiedermal ein Besuch beim Internet-Betreuer des Schiffs an, der einem bei der Einrichtung hilft oder unbeabsichtigt falsch konfigurierte Accounts in Ordnung bringt.

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Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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