Einen Blick in die Arbeitswelt von Karsten Schmitz und Volker Frenz werfen wir im dritten und letzten Teil des cruisetricks.de-Interviews.
Ein Ingenieur-Büro, das sich um den Innenausbau von Kreuzfahrtschiffen, gelegentlich auch von Yachten oder Hotels kümmert, liegt der Firmensitz Dietenheim nahe Ulm reichlich abseits und weit entfernt von sämtlichen Werften und Häfen. Oder doch nicht?
Wie kommen zwei Ingenieure aus Bayern überhaupt dazu, sich mit dem Innenausbau von Schiffen zu beschäftigen? Warum haben sie ihren Firmensitz bis heute hier?
Und wie geht ein relativ kleines Ingenieur-Büro eigentlich damit um, wenn einmal etwas schiefläuft, der Zeitdruck immer größer wird und naturgemäß kein Puffer vorhanden ist?
Angefangen hat alles mit einer Diplomarbeit
Mit seiner Diplomarbeit über den Innenausbau von Kreuzfahrtschiffen hat für Karsten Schmitz alles angefangen. Er war damals 1999/2000 für ein Memminger Innenausbauunternehmen ein Jahr lang auf der Meyer Werft in Papenburg, als die Radiance of the Seas entstand.
Zusammen mit seinem Studienkollegen Volker Frenz machte er sich einige Jahre später selbständig – um für verschiedene Auftraggeber in den unterschiedlichsten Sparten des Innenausbaus Projekte von Anfang an zu planen und bis zur Abnahme zu begleiten. Und genau das tun sie heute sehr erfolgreich.
Warum haben Sie ihr Planungsbüro immer noch in Dietenheim, Bayerisch-Schwaben, ganz weit weg vom Meer?
Karsten Schmitz: Von Dietenheim fahren wir mit dem Auto gut sechs Stunden bis Papenburg, immer nachts. Zugfahren haben wir uns komplett abgeschminkt. Die Verbindung ist eine Katastrophe und Fliegen geht auch nicht schneller. Die Werften in Wismar oder Stralsund sind via Flugzeug (Hamburg oder Berlin) und Mietwagen auch in 6 Stunden zu erreichen. Es dauert eigentlich immer um die sechs Stunden. Saint Nazaire in Frankreich oder Cadiz in Spanien, dasselbe. Sechs Stunden. Deshalb sind wir in Dietenheim: Wir erreichen jede Werft europaweit innerhalb von sechs Stunden. Zu den Bahamas brauchen wir etwas länger.
Sie sind eine relativ kleine Firma – haben Sie freie Mitarbeiter, die bei Bedarf schnell einspringen können?
Karsten Schmitz: Wir sind unser eigenes Backup; wir haben zwei Tage pro Woche mehr als andere(lacht). Tatsächlich ist es manchmal eng und wir haben jetzt gerade erst rekrutiert. Wir müssen uns verstärken. Aber wir sind tatsächlich auch jemand, der „nein“ sagt. Manchmal geht’s einfach nicht. Es macht auch keinen Sinn, sich dauerhaft zu übernehmen. Die vorgegebenen Terminpläne sind in der Regel unflexibel und eng getaktet. Sind wir zu spät, badet es der Letzte vor Ort aus. Lange im Voraus gebuchte Kreuzfahrten bedeuten einen fixen Fertigstellungstermin.
Volker Frenz: Die letzten Wochen vor Fertigstellung und Ablieferung sind hektisch und jeder ist angespannt. Ich kenne das aus meiner Zeit an Bord. Da liegt man nachts im Bett mit dem Schreibblock auf dem Nachtkästchen, wacht auf „Mist, habe ich vergessen“, schreiben es auf, schlafen weiter.
Volker Frenz: Das ist nämlich richtig übel ...
Wenn wir zum Beispiel auf den Bahamas sind, der geplante Einbau nicht läuft oder das Material nicht rechtzeitig kommt oder von den Vorleistungen etwas nicht klappt; der Zeitplan läuft. Sie haben 60, 70 Mann im Nacken und es geht nicht vorwärts, da die Nerven nicht zu verlieren ist nicht einfach. Da braucht man schon ein extrem dickes Fell, um das als Hauptberuf auszuüben. Vor den Menschen vor Ort haben wir großen Respekt, denn es geht sehr an die Substanz. Vor allem, wenn sie das wirkliche, ehrliche Bestreben haben, am Ende richtig abzuliefern.
Karsten Schmitz: Es gibt nun mal Arbeitsvorgänge, die brauchen ihre Zeit. Und wenn ich weiß, ich muss das noch so und so oft ausführen und theoretisch kann das gar nicht mehr gehen …
Volker Frenz: Läuft es nicht rund und die Auswirkungen sind auf dem Terminplan der Projektleitung bemerkbar, ertönt meist sehr schnell der Ruf nach mehr Manpower.
Volker Frenz: Aber aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Wenn sie in einer solchen Situation sind, sie glauben nicht, wie viel Kreativität in Ihnen steckt. Da sind sie wie MacGyver und lösen die kompliziertesten Probleme sprichwörtlich mit dem Taschenmesser.
Karsten Schmitz: Ich erinnere mich noch eine Situation. Da haben wir einen riesigen Shop gemacht, alle Möbel positioniert. Diese Verkaufsmöbel müssen ja festgemacht werden. Das bedeutet: Löcher in den Teppich positioniert, Bolzen geschweißt.
Und dann sagt jemand: Oh, die stehen ja wo ganz anders. Also alle Bolzen wieder weg. Dann hat sich einer hingestellt mit dem Locheisen und hat Teppichflicken gemacht, die da reinpassen. Es konnte niemand wissen, dass die Möbel jetzt an einer anderen Position zu sein hatten und dann mussten wir das halt ausflicken.
Volker Frenz: Das war so eine typische Änderung: Sie planen etwas, haben schon geschweißt, es ist schon alles am Laufen und dann sagt irgendjemand: Wir verschieben das Konzept. Dann ändern sie alle Pläne entsprechend, schicken die neuen Pläne auf die Baustelle.
Aber garantiert hat der, der schweißt, in seiner Werkzeugkiste noch den alten Plan, schaut kurz drauf, sagt: ‚ach, den habe ich ja schon‘, hat nicht gesehen, dass da ‚Revision 08‘ statt ‚07‘ draufsteht, schmeißt ihn weg und arbeitet mit seinem alten Plan weiter. Auch deshalb, weil er sich sogar noch Notizen drauf gemacht hat, die er ja auf den neuen übertragen müsste. Dann braucht es wieder Kreativität zum Schluss.
Wir danken Karsten Schmitz und Volker Frenz ganz herzlich für dieses intensive Interview mit spannenden Einblicken und für den Kreuzfahrtpassagier eher unbekannten Details!
Ein spannender Bericht bis zur letzten Zeile!
Toller Bericht :)